durchblick 2/2016

Entlassungsmanagement
Bethesda-Krankenhaus Freudenberg
Der Minister will eine angeblich hohe Summe für die Verbesserung
der Pflegestellen in den Krankenhäusern bereitstellen.
Das würde konkret bedeuten, dass in einem 500-Betten
Haus etwa drei neue Stellen geschaffen werden, fällt somit
in der Gesamtheit überhaupt nicht auf und wird auch nicht
sofort in einem Schritt umgesetzt. Niemand glaubt hier an
einen durchschlagenden Erfolg. Die genauen Zahlen sind folgende:
insgesamt werden offiziell 6350 Stellen geschaffen
für etwa 2000 Kliniken*. Mit einem gewissen Recht fürchten
Patienten wegen der Überlastung des Pflegepersonals und
auch der Ärzte folgenschwere Behandlungsfehler. So haben
eine Mehrheit der Patienten Angst vor Methicillin-resistenter
Staphylococcus aureus (MRSA) -Infektionen – man rechnet
hier pro Jahr mit ungefähr 10.000 – 15.000 Todesfällen – und
etwa die Hälfte der Patienten befürchten Behandlungsfehler
der Ärzte durch Überlastung und Zeitmangel, und immerhin
noch ein Viertel der Patienten fürchten, aus dem gleichen
Grund falsche Medikamente verabreicht zu bekommen. Der
jetzt bestehende Personalmangel bei dem unzureichenden
Personalschlüssel kann nicht die von Herrn Minister Gröhe
geforderte Qualität in der Pflege erreichen! Immerhin ist doch
bemerkenswert: nach dem jetzigen Pflegeschlüssel kommt
eine Pflegekraft auf zehn Patienten (das ist zusammen mit
Spanien das Schlusslicht im europäischen Vergleich). Gefordert
und ideal wäre ein Verhältnis von 1:4 (bis 1:6).
*Dt.Ärtzeblatt Jahrg.112, Nov. 2015 Seite 728-729
Kreisklinikum Siegen-Weidenau
Weitere bisher unbefriedigend gelöste Probleme sind
die des Entlassungsmanagements und die Regelung des
ärztlichen Notfalldienstes. Die DRGs und der Zwang
zum Sparen bedingen eine nur möglichst kurze Liegezeit
in der Klinik und eine schnelle Entlassung. Ein
sorgfältiges Entlassungsmanagement ist auch deshalb
notwendig, weil immer mehr ältere Menschen betroffen
sind. Es ist immer die Frage, in welchem Zustand
wird der Patient entlassen, braucht er anschließend noch
Hilfe und wer vor allem leistet diese Hilfe? Die Familie, der
Pflegedienst, der Hausarzt, der Facharzt? Diese Probleme
müssen sicher geregelt sein damit die Qualität der ärztlichen
Behandlung in der Klinik auch erhalten bleibt. Ist der Patient
gesund? Ist eine allgemeine oder spezifische Nachsorgebehandlung
notwendig? Ist die Familie in der Lage diese Nachsorge
sachgerecht durchzuführen? Das alles muss bis in alle
Einzelheiten geregelt sein, damit der gefürchtete Drehtüreffekt
nicht eintritt. Die Sozialarbeiter im klinischen Entlassungsmanagement
haben deswegen eine wirklich wichtige
Funktion im sozialen Gefüge einer Klinik, und sie sollten
eigentlich schon zum Zeitpunkt der klinischen Aufnahme
in Aktion treten. Sie müssen sich kümmern um die eventuell
notwendigen Hilfsmittel, müssen schon Hausbesuche
durch die sozialen Dienste organisieren, müssen die Zuständigkeit
der Pflegeversicherung klären, sich eventuell. um
eine Wohnraumanpassung bei fortschreitender Hilflosigkeit
bemühen, eventuell. mit Pflegeheimen, Angehörigen- oder
Selbsthilfegruppen Kontakte aufnehmen.
Foto:Ulla D'Amico
Die Notdienste
Die Notaufnahmen und die Notdienste in den Krankenhäusern
sind überall stark überlastet, sind absolut unterfinanziert
und werden immer stärker zum Lückenbüßer für die eigentlich
zuständigen Bereitschaftsdienste
der kassenärztlichen
Vereinigung. Die Kliniken
können keine weitergehende
Öffnung für die ambulante
Versorgung der Patienten verkraften.
Mehr als 50 % der in
den Kliniken versorgten Notfälle
können ebenso gut in
der allgemeinen Notfallversorgung
behandelt werden.
Bei einer Inanspruchnahme
in einer Notfallklinik werden
nicht nur Ärzte und Pflegekräfte
belastet, es werden
auch Kosten ausgelöst, die an
sich nicht in die Tätigkeit der
Krankenhäuser abgestimmt
sind, weil z.B. die Kliniken
viel mehr an Personal und
Technik bereitstellen müssen.
Einem Gutachten zufolge er-
Foto:Rita Petri
62 durchblick 2/2016