WELTCUP 2017 In Adelboden leben etwa 3600 E<strong>in</strong>wohner. Am ersten Wochenende im Januar steigt die Zahl aber um das Zehnfache an, wenn hier der FIS-Weltcup haltmacht. E<strong>in</strong> solches Rennen verlangt vor allem viel Verständnis von den Adelbodnern. Denn was man bei den TV-Übertragungen nicht sieht: Rund um das Zielgelände im «Boden», wo die Tribüne und die Festzelte aufgebaut werden, wohnen Menschen – auch während des Rennwochenendes. E<strong>in</strong>e von ihnen ist die 89-jährige Berta Aellig. «Die letzten Jahre stand e<strong>in</strong> riesiges Zelt gleich vor me<strong>in</strong>er Haustür», sagt sie. Wenn die 120 Sattelschlepper mit dem Material aufs Gelände fahren, schaue sie, dass sie nicht so oft raus müsse. Genervt von dem Trubel ist Berta Aellig aber nicht. «Wir s<strong>in</strong>d das ja gewohnt und tragen gern e<strong>in</strong>en Teil dazu bei, dass der Grossanlass e<strong>in</strong> Erfolg wird.» Bode Miller parkierte den Camper gleich h<strong>in</strong>ter dem Restaurant Am Wochenende selbst gilt Ausnahmezustand. Die Schwestern Therese und Christ<strong>in</strong>e Aellig erleben ihn, seit sie 1993 das Restaurant Wildstrubel im «Boden» von ihren Eltern übernommen haben. Am Rennwochenende arbeiten 25 bis 30 Personen schichtweise <strong>in</strong> ihrem Betrieb. Als Tr<strong>in</strong>kgeld gibt es schöne Er<strong>in</strong>nerungen, etwa an Bode Miller, der se<strong>in</strong>en Camper gleich h<strong>in</strong>ter dem Restaurant parkierte, oder an Marc Girardelli, der am Morgen vor dem Rennen im Wildstrubel e<strong>in</strong>e Ovomalt<strong>in</strong>e trank. Urs Gerber arbeitet seit über drei Jahrzehnten im Restaurant Bodehüttli, gleich neben der Zuschauertribüne – erst als Koch, seit diesem Juni als Wirt. «Früher kam Michael von Grünigen nach dem Rennen mit se<strong>in</strong>er Familie immer zu uns», er<strong>in</strong>nert sich der 51-Jährige, «oder auch Marc Girardelli und Pirm<strong>in</strong> Zurbriggen.» Heute würden die Sportler viel mehr abgeschottet und reisten nach dem Rennen meist gleich weiter. «Dass Sportler wie Alberto Tomba oder Hermann Maier vor dem Rennen Fussball spielen, erlebt man jedenfalls nicht mehr.» Dennoch schauen Adelboden 2017 Dieses Jahr gastiert der Weltcup-Zirkus am 7. Januar (Riesenslalom) und 8. Januar (Slalom) <strong>in</strong> Adelboden. Erwartet werden rund 40 000 Zuschauer<strong>in</strong>nen und Zuschauer. FREITAG, 6. JANUAR Ab 16 Uhr Abendprogramm mit Boxenstrasse und Startnummernauslosung auf dem Märitplatz SAMSTAG, 7. JANUAR Ab 8 Uhr Skichilbi im Zielgelände 10.30 Uhr Start 1. Lauf Riesenslalom 13.30 Uhr Start 2. Lauf Riesenslalom, anschliessend Unterhaltung im Weltcup-Dorf Ab 18 Uhr Abendprogramm mit Siegerehrung Riesenslalom und Startnummernauslosung Slalom auf dem Märitplatz SONNTAG, 8. JANUAR Ab 8 Uhr Skichilbi im Zielgelände 10.30 Uhr Start 1. Lauf Slalom 13.30 Uhr Start 2. Lauf Slalom, anschliessend Siegerehrung Slalom Bis 18 Uhr Unterhaltung im Weltcup-Dorf auch heute noch viele Prom<strong>in</strong>ente während der Rennen im Bodehüttli vorbei. Auch wenn Urs Gerber am Weltcup-Wochenende auf etwa zwanzig Hilfskräfte zurückgreifen muss, stimmt die Kasse. «Nicht auszudenken, wenn uns die FIS die Rennen wegnähme», resümiert der Gastronom. «Aber nicht nur vom f<strong>in</strong>anziellen Standpunkt aus, sondern auch, weil es e<strong>in</strong>e tolle Veranstaltung mit grossartiger Stimmung ist.» «Während des Weltcups liegt das Geld auf der Strasse», bestätigt auch Metzger Fritz Gemperle, der se<strong>in</strong> Geschäft im Dorf selbst hat. «Man muss zwar hart arbeiten, aber es lohnt sich.» Gemperle und se<strong>in</strong> Team können zweigleisig fahren. E<strong>in</strong>erseits liefern sie Fleisch und Wurstwaren <strong>in</strong> das Weltcup-Dorf, andererseits betreiben sie Bratwurststände im Dorf, wo die Auslosungen der Startnummern und die Siegerehrungen stattf<strong>in</strong>den. «Uns als Veranstalter ist es sehr wichtig, dass die lokalen Geschäfte etwas vom Weltcup haben», sagt Kathr<strong>in</strong> Hager, Geschäftsführer<strong>in</strong> der Ski-Weltcup Adelboden AG. Konkret heisst das, dass jedes Hotel <strong>in</strong> Adelboden und Umgebung für die Athleten, Medienvertreter oder Sponsoren gebucht ist. Zuschauer, die übernachten wollen, müssen bis nach Spiez ausweichen oder versuchen, e<strong>in</strong>s der privat vermieteten Zimmer zu ergattern. Die regionale Wertschöpfung beträgt 5,3 Millionen Franken Ortsansässige übernehmen aber auch die Leitung der Auf- und Abbauarbeiten. Der örtliche We<strong>in</strong>händler und die Bäckereien liefern Speis und Trank, Blumengeschäfte sorgen für Dekorationen. E<strong>in</strong>e Studie von 2009 ergab e<strong>in</strong>e regionale Wertschöpfung von 5,3 Millionen Franken – bei e<strong>in</strong>em Budget von etwa drei Millionen Franken. «Bei normalen Skiverhältnissen stopft der Weltcup unser Januarloch», so Kathr<strong>in</strong> Hager. Damit die Organisatoren weiterh<strong>in</strong> auf das Verständnis der Bevölkerung zählen können, <strong>in</strong>vestieren sie viel <strong>in</strong> die Kommunikation. Schon im September gehen sie zu den Landbe- 22 MADE IN BERN 1/2016
Fest <strong>in</strong> Schweizer Hand: Über 40 000 Zuschauer feuern die Ski-Cracks bei den Weltcup- Rennen <strong>in</strong> Adelboden an 1/2016 MADE IN BERN 23