Lebenslust Gottingen - Winter 2016

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46 VERMISCHTES lebenslust:gö Roman VON CARL-OTTO VON MOPSVELDEN TEIL 7 Carl-Otto von Mopsvelden, seines Zeichens reinrassiger Mops aus edelstem Hause und unseren Lesern als langjähriger Kolumnist bekannt, erschließt sich neue literarische Horizonte: Exklusiv veröffentlichen wir an dieser Stelle das bemerkenswerte Erstlingswerk dieses tierischen Nachwuchsautoren als Fortsetzungsroman. Ein Mops auf Irrwegen Was bisher geschah: Carl-Otto, der reinrassige Mops aus edelstem Geblüt und seine vierbeinigen Freunde von der Güterbahnhofsbande schlagen sich zusammen eigentlich ganz gut durch. Wenn nur nicht diese finsteren Gestalten wären, die nachts im Bahnhof auf Jagd gehen. Und natürlich der tägliche Kampf um Nahrungsmittel. Hunde und insbesondere Möpse haben nämlich immer Hunger . . . Wenn es um die Beschaffung von Essbarem ging, mussten Carl-Otto und seine vierbeinigen Freunde häufig tief in die Trickkiste greifen. Hier war Joschi, der Zirkuspudel, besonders einfallsreich. Sein bester Trick war der „Sterbende Pudel“: Wenn ein Zweibeiner sich an einem der Imbisstische niedergelassen hatte, um seine Mahlzeit zu verzehren, stellte Joschi sich auf beide Hinterpfoten und tänzelte fröhlich kläffend auf diesen zu. Mal drehte er sich rechts herum, mal links herum und erregte so jede Menge Aufmerksamkeit. All diese Kunststücke hatte er in seiner Zeit als Zirkuspudel gelernt. Die Zweibeiner lachten und klatschten und versuchten Joschi mit dem einen oder anderen kleinen Bissen anzulocken. Und dann kam der Trick. Nach einer besonders gewagten Pirouette tat Joschi so, als ob er stürzen würde. Er klatschte auf den harten Betonboden des Bahnhofsvorplatzes und begann sofort, jämmerlich zu winseln. Das erregte natürlich das Mitleid der Zweibeiner, die sich sofort von ihren Plätzen erhoben und versuchten, dem armen kleinen Hund Hilfe zu leisten. Jetzt schlug die Stunde von Carl-Otto, Till und Ayk, die hinter einer Säule geduldig auf ihren Einsatz gewartet hatten. Carl-Otto rannte auf die Zweibeiner zu und begann wütend zu kläffen. Nun sind Möpse zwar keine besonders imposanten Tiere, aber immerhin verfügen sie über ein lautes Organ und können, wenn es darauf ankommt, auch einen angriffslustigen Eindruck machen. Natürlich hatte keiner der Zweibeiner ernsthaft Angst vor Carl-Otto, aber dessen Auftritt war auch gar nicht dazu gedacht, diese in die Flucht zu schlagen. „Wie niedlich, willst Du Deinem kleinen Freund helfen?“, frohlockten diese regelmäßig und versuchten, Carl-Otto zu streicheln. Dabei waren sie derartig abgelenkt, dass Till und Ayk auf die verlassenen Stühle des Straßencafés springen und die dort befindlichen Speisen in aller Ruhe abräumen konnten. Kaum hatten die beiden Cocker Spaniel die Beute in Sicherheit gebracht, sprang Joschi wieder auf die Beine und trottete langsam davon, während Carl-Otto mit seinem lauten Gebelle die Menschen noch weiter ablenkte, bevor auch er das Weite suchte. Die auf diese Weise gewonnenen Nahrungsmittel wurden natürlich brüderlich mit den anderen Hunden geteilt. „Meinen allerliebsten herzlichen Jack Russel-Dank“, jubilierte Daggi, die mit ihren 14 Jahren schon etwas lahm war, dankbar. Und selbst Gerome, der sonst eher wortkarg war, knurrte anerkennend: „Ich weiß nicht, wie ihr es macht, aber ihr Jungs seid schon harte Köter“. Und wenn Gerome von „harten Kötern“ sprach, dann war das ein ganz großes Kompliment. Und so verging ein Tag nach dem anderen. Wochen reihten sich an Wochen. Die warme Jahreszeit ging langsam vorüber, es wurde kälter und die Abende wurden länger. Glücklicherweise war der Güterwagon mit Stroh ausgelegt und von Zeit zu Zeit war es den Hunden auf ihren Raubzügen durch den Bahnhof gelungen, alte Kleidungsstücke und sogar eine ausrangierte Decke zu erbeuten. Und so wurde es in den langen Winternächten im Wagon durchaus gemütlich. Gerade Daggi konnte aus ihrem Jack Russel- Leben viele lustige Geschichten erzählen und sogar Gerome steuerte den einen oder anderen mürrischen Kommentar bei. „Das ist ja alles schön und gut, aber aus der Perspektive eines Straßenköters, der ich nun mal bin, sieht die Sache so aus…“, begann er seine Ausführungen immer, um dann seine Sicht der Dinge zu schildern. Die lustigsten Geschichten wusste allerdings immer wieder Joschi beizusteuern. Während seiner Zeit im Zirkus hatte er alle möglichen Tiere kennengelernt, Elefanten, Pferde und sogar Katzen. „Die Katzen, die ich kenne, sind nicht so wie diese fiesen kleinen verwöhnten Teppichschnurrer, die uns immer so frech anfauchen“, wusste er zu berichten. „Die Katzen, die ich kenne, kommen aus einem ganz heißen Land, noch weit hinter dem großen Ozean und sie sind noch viel größer als die größte Dogge, die ihr euch überhaupt vorstellen könnt. In ihrer Freizeit jagen sie gestreifte Pferde oder andere komische Tiere mit Geweihen, manchmal sogar Büffel. Zu mir waren sie auf jeden Fall immer sehr freundlich und wir haben häufig miteinander gescherzt. Diese Katzen wissen sich zu benehmen.“ Es war schon seltsam, was Joschi immer wieder zum Besten gab, und auch wenn die anderen Hunde noch nie eine so große Katze gesehen hatten, glaubten sie seine Geschichten gerne, denn sie verkürzten die langen Winterabende auf angenehme Weise. Dann allerdings passierte etwas Besonderes. Hiervon mehr in der nächsten Folge . . . ■
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