Perspektivwechsel Empowerment
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Neben dem barrierefreien Zugang zu Informationen<br />
über eigene Rechte, einer umfassenden Asylverfahrensberatung<br />
sowie psychotherapeutischen<br />
Unterstützungsangeboten für die Betroffenen<br />
selbst, braucht es ein erhöhtes Verständnis und eine<br />
Sensibilität gegenüber Frauen mit Gewalterfahrungen<br />
und deren Aussageverhalten in der bürokratischen<br />
Praxis des Asylverfahrens. Mittlerweile setzt das Bundesamt<br />
für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Sonderbeauftragte<br />
ein, wenn sich Anhaltspunkte von<br />
geschlechtsspezifischer Verfolgung erkennen lassen.<br />
Jedoch trauen sich viele Frauen nicht, ihr Anliegen vorzutragen<br />
oer ihnen wird nicht geglaubt. Zusätzlich besteht<br />
das Problem, dass die spezifischen Fluchtgründe<br />
von Frauen, die gemeinsam mit ihrer Familie bzw. ihrem<br />
Partner einen Asylantrag stellen, häufig unberücksichtigt<br />
bleiben.<br />
Zweifellos wächst in der aktuellen politischen, wissenschaftlichen<br />
und medialen Öffentlichkeit das Bewusstsein<br />
darüber, dass Menschen in ihren Herkunftsländern<br />
und auf der Flucht vielfältigen Diskriminierungs- und<br />
Gewaltformen aufgrund ihres Geschlechts ausgesetzt<br />
sind. Dabei gilt sexualisierte Gewalt weltweit in Friedens-<br />
wie in Kriegszeiten als fester Bestandteil patriarchaler<br />
Gesellschaften und als Mittel zum Machterhalt.<br />
Es ist also gefordert, sich kontinuierlich mit einer<br />
feministischen Perspektive und genderspezifischen<br />
Erfahrungen auseinanderzusetzen und das Ziel – die<br />
Gleichstellung der Geschlechter – nicht aus den Augen<br />
zu verlieren. Gleichzeitig dürfen die komplexen<br />
und multidimensionalen Kontexte von Flucht – die<br />
politischen, rassistischen und religiösen Ursachen von<br />
Verfolgung, die Frauen ihrem Handeln aktiv zu Grunde<br />
legen – nicht unberücksichtigt bleiben. So betont<br />
Edwards [2010]:<br />
„Nonetheless, the emphasis on gender in women’s<br />
asylum claims and in policies and programmes on humanitarian<br />
assistance often minimizes the political,<br />
racial, and religious causes of persecution that affect<br />
women and the agency of women in making decisions<br />
based on these causes. The conflation of women-children-sexual<br />
violence-vulnerability has further<br />
led to instrumental yet unhelpful assumptions being<br />
made about refugee women. Efforts to bring women<br />
onto an equal footing with men through “gender<br />
mainstreaming” and “age, gender and diversity mainstreaming”<br />
though have not been without problems.<br />
In particular, the potential ousting of an emphasis on<br />
equality to a more generic focus on gender must be<br />
cautioned against.”<br />
…und das (Über)Leben vor Ort<br />
„Ich sitze hier und warte. Ist das ein Leben? Ich weiß<br />
es nicht. Wenn wir Leben sagen, meinen wir nicht<br />
das Heimleben. Vielleicht ist das einfach nur Überleben.“<br />
(IWS 2015: 118)<br />
Ein Großteil der hier ankommenden Frauen wird zusammen<br />
mit männlichen Geflüchteten in Erstaufnahmeeinrichtungen,<br />
Notunterkünften und später in<br />
kommunalen Gemeinschaftsunterkünften untergebracht.<br />
Dort, wo sich Frauen doch eigentlich sicher<br />
fühlen sollten, erleben sie erneut physische und psychische<br />
Verletzungen. Von geflüchteten Frauen selbst,<br />
Frauenberatungsstellen, Sozialarbeiter/-innen und<br />
Medienberichten ist bekannt, dass Frauen in den Unterkünften<br />
der Gefahr von geschlechtsspezifischer Gewalt<br />
und sexualisierten Übergriffen durch ihre Partner,<br />
andere Bewohner oder Mitarbeiter und Sicherheitsdienste<br />
der Einrichtungen ausgesetzt sind [vgl. Dilger<br />
2016]. Häufig können Schlafräume, Toiletten und Duschen<br />
nicht abgeschlossen werden, in Turnhallen gibt<br />
es gar keine Abschließmöglichkeiten. Einige Frauen<br />
schlafen daher sogar hockend in ihrer Kleidung oder<br />
vermeiden nachts den Gang über den langen Flur<br />
aus Angst vor (erneuten) Übergriffen. Hinzu kommen<br />
beengte Räumlichkeiten sowie fehlende Privatsphäre,<br />
Rückzugsorte oder Stillräume. Bisher gibt es keine<br />
gesicherten Zahlen über das Ausmaß der Gewalt. Dies<br />
liegt unter anderem auch daran, dass viele Frauen<br />
Angst vor eventuellen negativen Auswirkungen einer<br />
Anzeige auf ihr Asylverfahren haben oder aus diversen<br />
anderen Gründen nicht über das ihnen Widerfahrene<br />
sprechen wollen oder können. Insbesondere auch aus<br />
diesem Grund braucht es Schutzräume sowie Räume<br />
für Austausch und Selbstorganisation nur für Frauen.<br />
Die Tatsache von sexueller Gewalt gegen Frauen findet<br />
im aktuellen öffentlichen Diskurs großen Widerhall.<br />
Dabei konzentriert sich dieser aber größtenteils<br />
auf stereotype Bilder von geflüchteten Frauen als<br />
„Opfer“ und geflüchteten Männern als „Tätern“. Die<br />
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