Perspektivwechsel Empowerment
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die miteinander redeten und dass Frauenthemen in<br />
einen größeren Zusammenhang gerückt wurden. Das<br />
machte der IWS möglich.<br />
Kannst Du beschreiben, wie Eure Arbeit heute<br />
aussieht?<br />
Es ist sehr wichtig zu erwähnen, dass die Leute nach<br />
der Räumung müde waren. Die Leute waren verwirrt,<br />
sie waren im Streit wegen dieser Situation. Das<br />
galt auch für uns. Durch diese Konflikte sind mehrere<br />
Frauen im IWS andere Wege gegangen. Wir drei<br />
aus der Gruppe mussten einen Weg finden, die Arbeit<br />
fortzuführen, denn wir hatten mehrere Projekte, in die<br />
wir uns stark eingebracht hatten und wir hatten für<br />
die Dokumentation „In our own words“ („Mit unseren<br />
eigenen Worten“) eine Förderung bekommen. Da hatten<br />
wir die Wahl, das Geld zurückzugeben oder mit<br />
dem Projekt weiter zu machen. Für uns war klar: Wir<br />
mussten weitermachen, weil es ein Zeitfenster gab. Es<br />
war für uns interessant, zu sehen, wie unterstützend<br />
unsere Geldgeberinnen, Mama Cash 12 , waren. Sie haben<br />
uns einfach mehr Zeit gegeben. Für sie war es das<br />
erste Mal, dass jemand mehr Zeit und nicht mehr Geld<br />
haben wollte. Schließlich fingen wir an, uns in Cafés<br />
zu treffen oder in Privatwohnungen. Dann trafen wir<br />
uns in Räumen von Frauenorganisationen, in Stadtteilbüros,<br />
Hausprojekten oder Buchhandlungen, die<br />
uns Platz anboten. Heute haben wir drei verschiedene<br />
Treffpunkte an drei verschiedenen Tagen die Woche.<br />
Und wir arbeiten daran, eine Finanzierung für unseren<br />
eigenen IWS zu bekommen, wo wir verschiedenen<br />
Frauengruppen die Möglichkeit eröffnen können, sich<br />
zu treffen – ohne dass sie mit uns zusammenarbeiten<br />
müssen. Wir hatten schon Kontakt mit einer Gruppe<br />
von Frauen aus Afghanistan, die wollten einen Raum,<br />
um ihre Dinge in ihrer Sprache zu diskutieren und es<br />
war frustrierend, weil wir genau so einen Raum vorher<br />
ja hatten. Wir stellen uns einen Raum vor, in dem<br />
verschiedene Frauengruppen ihre Dinge tun können<br />
ohne mit uns arbeiten zu müssen, außer sie wollen<br />
das. Denn das ist unser Konzept. Wir brauchen Räume<br />
für Frauen.<br />
12 Anmerkung der Redaktion: Mama Cash ist ein internationaler Fonds,<br />
der durch gezielte Förderung und Investitionen Projekte und Initiativen<br />
von Frauengruppen unterstützt. http://www.mamacash.org/<br />
Wenn man von Eurer Perspektive ausgeht, was notwendig<br />
ist, wäre so etwas flächendeckend notwendig?<br />
Bräuchten das Frauen in allen Heimen, eine<br />
Struktur für eigene Räume?<br />
Das war unsere Forderung an den Bezirk: wir brauchen<br />
überall Räume für Frauen. In der Schule gibt es heute<br />
einen Raum für Frauen. Und wir sagen weiterhin,<br />
dass auch in den Sammelunterbringungen die Möglichkeit<br />
für Frauenräume geschaffen werden muss.<br />
Das sagen wir, auch wenn wir grundsätzlich gegen<br />
das Sammelunterbringungssystem sind. Aber solange,<br />
bis Frauen eigene Wohnungen haben, fordern wir<br />
das für die Sammelunterbringungen. Ich gebe mal ein<br />
„Wir brauchen Räume<br />
für Frauen“<br />
Beispiel: Henningsdorf.<br />
Da gibt es<br />
sechs Häuser und<br />
in diesen sechs<br />
Häusern wohnen die Menschen gemischt. Aber es gibt<br />
ein Haus für Männer. Es ist schwer zu verstehen, warum<br />
es kein Haus für Frauen gibt, aber eins für Männer. Das<br />
ist eine strukturelle Sache: sie legen es darauf an, dass<br />
Konflikte in den Sammelunterbringungen entstehen<br />
und versetzen die Menschen in schwierige Situationen.<br />
Sie tun nichts, um Frauen vor Gewalt zu beschützen.<br />
Stattdessen stützen sie diese patriarchalen Strukturen<br />
der Gewalt gegen Frauen. Und das ist ein Grund für<br />
unsere Forderung nach Räumen für Frauen. Wir müssen<br />
das ändern. In den Sammelunterbringungen und<br />
in anderen Situationen: Frauen brauchen diese Räume.<br />
Was braucht Ihr für Eure Arbeit zu Gewalt gegen<br />
Frauen?<br />
Zuerst sollte diese Maßnahme ergriffen werden: Räume<br />
für Frauen zu schaffen. Wenn Frauen in diesen<br />
Sammelunterbringungen Gewalt erfahren, ist es selbst<br />
für die Polizei zu kompliziert, um bei dieser geschlechterspezifischen<br />
Gewalt unterstützend zu wirken. Das<br />
führt dazu, dass die Frauen lieber still bleiben, als durch<br />
dieses sehr bürokratische System zu gehen. Und wenn<br />
doch ein paar wenige Frauen in der Lage sind, sich<br />
dazu zu entscheiden: ich will das bei der Polizei melden,<br />
dann handhabt die Polizei das in einer Weise, die<br />
diesen Gewaltopfern ein weiteres Mal Gewalt antut.<br />
Dabei ist es wichtig im Kopf zu haben, dass die Polizei<br />
erstens gar nicht die Sprache der Person spricht und<br />
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