Perspektivwechsel Empowerment
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Dies war die Ausgangssituation ...<br />
Viele der Geflüchteten, mit denen wir bereits in engem Kontakt stehen, kommen aus Kriegsgebieten, in denen<br />
Tötung, Geiselnahme, Verfolgung, Folter, Vergewaltigung, Zwangsprostitution und Menschenhandel alltäglich<br />
sind. Sie haben miterlebt, wie ihr Heimatort zerstört wurde, Familienangehörige und Freunde oder andere<br />
Bezugspersonen umgebracht oder in Gefängnisse gesteckt wurden. Auf der langen Flucht nach Europa haben<br />
sie ihr Leben riskiert und manchmal auch weitere Angehörige verloren. Sie kamen entkräftet, fast verdurstet und<br />
ausgehungert an. Nun leben sie in Bonner Unterkünften mit ihren Familienangehörigen, als alleinerziehende oder<br />
alleinstehende Frauen.<br />
Die sehr belastenden bis traumatischen Erlebnisse vor und während der Flucht und die Lebensbedingungen in<br />
den Unterkünften erhöhen bei der Zielgruppe das Risiko für psychosomatische Erkrankungen. Schlafstörungen,<br />
Konzentrationsschwäche, Verdauungsprobleme und Schmerzen im Körper sind nur einige Beispiele, die von den<br />
Frauen genannt werden. Die gesetzlich eingeschränkte und oftmals nicht vorhandene finanzielle, soziale und<br />
gesundheitliche Versorgung von Geflüchteten, längere Aufenthalte in Gemeinschaftsunterkünften, sprachliche<br />
Barrieren, Belastungen durch Behördengänge und schleppende Asylverfahren, mangelnde Kita- und Schulplätze<br />
erschweren die Normalisierung des Alltags.<br />
Erschwerend kommt die mangelnde interkulturelle Öffnung von Institutionen hinzu. Zudem erleben die Geflüchteten<br />
ein zunehmend unfreundliches bis rassistisches Klima, mit dem sie in Behörden, Schulen, auf dem Wohnungsmarkt,<br />
in den Unterkünften und in den Medien konfrontiert werden.<br />
Diesen Handlungs- und <strong>Empowerment</strong>ansatz verfolgen wir ...<br />
Durch unsere Projekt reagieren wir auf die oben geschilderte Ausgangssituation folgendermaßen:<br />
• Stärkung der geflüchteten Frauen durch gemeinsame, niedrigschwellige Aktivitäten, die den Austausch,<br />
den Zusammenhalt, das Selbsthilfepotenzial stärken und zur Normalisierung des Alltags beitragen.<br />
• Stärkung der Handlungskompetenzen von geflüchteten Frauen durch Verbesserung des<br />
Informationsstandes in Hinblick auf die rechtlichen und sozialen Ansprüche und Heranführung<br />
der Zielgruppe an die Angebote der sozialen und gesundheitlichen Versorgungslandschaft und der<br />
Bildungseinrichtungen in Bonn.<br />
• Sensibilisierung der Öffentlichkeit, Bonner Politik und Verwaltung für die Situation von Geflüchteten,<br />
indem auch die geflüchteten Frauen selbst zu Wort kommen.<br />
• Intensivierung unserer bereits bestehenden Vernetzungsarbeit, um die bereits bestehenden Angebote<br />
und Strukturen im Bildungs-, Sozial- und Gesundheitswesen zielgruppenorientiert zu erweitern und die<br />
interkulturelle Öffnung voranzutreiben.<br />
Diese (innovativen) Ziele und diesen Mehrwert wollen wir durch den Handlungsansatz erreichen ...<br />
Unser Hauptanliegen ist es, zu einem <strong>Perspektivwechsel</strong> beizutragen, in dem die Stärken, Kapazitäten und<br />
Erfahrungen von geflüchteten Menschen wahrgenommen und gefördert, aber auch die Hindernisse erkennbar<br />
gemacht werden. Wir sind der Meinung, dass geflüchtete Menschen auf struktureller Ebene viel mehr offene<br />
Türen und einen respektvolleren Umgang brauchen, als das, was ihnen von oben herab als „Benimmregeln“<br />
hingestellt wird. Wir werden sie dabei unterstützen, sich über ihre eigenen Kompetenzen und Ressourcen<br />
bewusst zu werden, Meinungen zu äußern, Kritik auszuüben, sich selbst zu organisieren und ihre Rechte<br />
einzufordern.<br />
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