Perspektivwechsel Empowerment
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höhere Sensibilität für Ungleichheiten zu schaffen. Die<br />
Wahrnehmung und Anerkennung von Menschen in ihrer<br />
Komplexität bewirkt den längst überfälligen Abbau<br />
von Vorurteilen, Stereotypen und Stigmatisierungen.<br />
Das bewusste Erkennen und Aufzeigen von Macht- und<br />
Dominanzstrukturen, die Teil einer jeden Organisation<br />
sind, geht mit dem Ziel einher, strukturelle Barrieren<br />
und Diskriminierungen abzubauen. Dieses neue und<br />
diskriminierungskritische Verständnis von Diversität ist<br />
ein wichtiger Schritt für die Soziale Arbeit hin zu einer<br />
gleichberechtigten Teilhabe aller – auch in den eigenen<br />
Strukturen.<br />
Es besteht also deutlicher und dringender Handlungsbedarf<br />
für die Entwicklung eines ganzheitlichen neuen<br />
Verständnisses von Vielfalt in der Sozialen Arbeit,<br />
dem eine kritische Betrachtung der sozialen und kulturellen<br />
Herstellung von Differenz in allen Dimensionen<br />
zu Grunde liegen muss. Nur so kann das Ziel<br />
der Schaffung von gleichwertigen Zugängen und des<br />
Abbaus von Ausschlüssen tatsächlich erreicht werden.<br />
Soziale Arbeit – ein Handlungsbedarf<br />
Die Soziale Arbeit ist qua Definition bereits eine praxisorientierte<br />
und wissenschaftliche Disziplin, die sich<br />
der Förderung des sozialen Wandels, der sozialen Entwicklung,<br />
des sozialen Zusammenhalts und der Stärkung<br />
und Befreiung der Menschen verschieben hat.<br />
Dabei stützt sie sich auf die Prinzipien der sozialen Gerechtigkeit<br />
und der Menschenrechte und formuliert<br />
eine gemeinsame Verantwortung und die Achtung<br />
der Vielfalt als Grundlagen ihrer Arbeit (Deutscher Berufsverband<br />
für Soziale Arbeit e. V.).<br />
Man könnte meinen, dass damit alle Anforderungen<br />
einer diskriminierungskritischen Diversitätsorientierung<br />
erfüllt sind. Leider mangelt es in der Sozialen Arbeit<br />
jedoch noch oft an einer ausreichenden Diskriminierungssensibilität<br />
und an ganzheitlichen Antworten<br />
auf komplexe Herausforderungen und Perspektiven<br />
– vor allem, wenn es um ihre eigenen Strukturen und<br />
Organisationen geht.<br />
Diversitätsorientierung in der Sozialen Arbeit – und<br />
nicht nur dort – braucht die Anerkennung lebensweltlicher<br />
Differenz als „Norm“ und darauf aufbauende<br />
neue diskriminierungskritische Ansätze der Organisations-<br />
und Personalentwicklung. Dieser umfassende<br />
Veränderungsansatz benötigt dringend strategische<br />
Gesamtkonzepte, welche kurz-, mittel- und langfristig<br />
einen strukturellen Wandel fordern und fördern.<br />
Eine diversitätsorientierte Organisationsentwicklung<br />
hat demnach Auswirkungen auf Strukturen, Prozesse<br />
und auch die Ergebnisse Sozialer Arbeit. Dieser langangelegte<br />
Prozess muss sich intensiv mit allen Bereichen<br />
innerhalb einer Organisation auseinandersetzen:<br />
Organisationskultur<br />
– Leitbild, Selbstverständnis und Haltung<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Organisationsstruktur<br />
– Personal, Entscheidungsstrukturen, Finanzierung<br />
Kommunikation<br />
– intern, extern, analog, digital<br />
Angebotsgestaltung<br />
– Inhalte, Mitarbeitende, Kooperationen <br />
Arbeitsplatzgestaltung<br />
– Barrierefreiheit, flexible Modelle <br />
Dominanzstrukturen<br />
– Wissen, Diskriminierungssensibilität <br />
Am zentralen Beispiel der in Organisationen gelebten<br />
Praxis der Personalauswahl und -entwicklung lässt<br />
sich exemplarisch aufzeigen, was eine ernst gemeinte<br />
Diversitätsorientierung bedeutet. Die Zweckbestimmung<br />
Sozialer Arbeit „Gleiche Chancen und gerechte<br />
Behandlung für alle Menschen“ fordert mit Blick auf<br />
die eigenen Strukturen die Schaffung neuer Zugänge<br />
und den Abbau von Barrieren z. B. in Bezug auf Besetzung<br />
von Stellen. Ein diversitätsorientiertes Personalmanagement<br />
sollte also die Gewinnung neuer qualifizierter<br />
Mitarbeitenden aus unterrepräsentierten und<br />
von Benachteiligung betroffenen Gruppen für alle Arbeitsbereiche<br />
fordern und fördern – auch und besonders<br />
in den Führungsebenen.<br />
Was nicht ausreicht, ist beispielsweise das Einstellen von<br />
diskriminierungserfahrenem Personal ausschließlich in<br />
Bereichen, die mit eben diesen Erfahrungen zu tun haben<br />
– also klassischerweise in Arbeitsbereichen zu den<br />
Themen Migration und Flucht. Auch der Einsatz von Menschen<br />
aus verschiedenen Kultur- und Sprachräumen ausschließlich<br />
als „Sprach- und Kulturmittler/-innen“ genügt<br />
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