11.01.2017 Aufrufe

Perspektivwechsel Empowerment

1VRs307SFQ7

1VRs307SFQ7

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Die Geschichte des <strong>Empowerment</strong>s<br />

Der Begriff des <strong>Empowerment</strong>s leitet sich aus dem Englischen<br />

ab und so liegt auch nahe, dass dieser Ansatz<br />

seinen Ursprung<br />

in den USA hat.<br />

Schon im späten<br />

19. Jahrhundert<br />

können wir dort<br />

den Begriff im<br />

Rahmen psychosozialer<br />

Arbeit<br />

entdecken. <strong>Empowerment</strong> in seiner politischen Dimension<br />

und mit seinen entsprechenden theoretischen und<br />

praxisorientierten Konzepten kommt jedoch weltweit<br />

erst nach dem Zweiten Weltkrieg, v. a. im Zusammenhang<br />

mit den Unabhängigkeits- und Befreiungsbewegungen<br />

in den kolonisierten Ländern zur Anwendung<br />

[Freire 1977; Fanon 1981; Boal 1989]. In den 1960er Jahren<br />

gewinnt er in den USA v. a. im Rahmen der Schwarzen<br />

Bürgerrechts-Bewegung (Civil Rights Movement)<br />

aber auch in den feministischen Frauenbewegungen<br />

an Bedeutung. Auch die Selbtshilfe-Bewegungen der<br />

1970er Jahre machten sich mehr und mehr die Konzepte<br />

der <strong>Empowerment</strong>-Arbeit zu Nutzen.<br />

Die Geschichte des <strong>Empowerment</strong>s in Deutschland ist<br />

eng mit den politischen Bewegungen von Schwarzen<br />

Menschen und anderen Menschen mit Rassismuserfahrung<br />

verwoben. Hier wurde der <strong>Empowerment</strong>-Ansatz<br />

bereits seit den 1980er Jahren als Instrument politischer<br />

Selbstbestimmung diskutiert und angewandt.<br />

Im Rahmen dieser Bewegungen wurde auch der Begriff<br />

„People of Colour“ (POC) aus US-amerikanischen<br />

Diskursen in deutsche Diskurse eingeführt und verwendet<br />

und ist auch heute noch Gegenstand teils kritischer<br />

Auseinandersetzungen im Umgang mit Selbstund<br />

Fremdbezeichnungen. Der Begriff versteht sich als<br />

eine politische (Selbst-)Bezeichnung von Menschen,<br />

die rassistische Diskriminierung erfahren. In diesem<br />

Sinne geht es nicht um „Hautfarbe“, sondern um die<br />

benachteiligte Position von Menschen in einem gesellschaftlichen<br />

Kontext. Der Begriff findet heute eine<br />

immer breitere Verwendung in Abgrenzung und als<br />

Alternative zu dem verzerrenden Begriff „Migrationshintergrund“,<br />

der die diskriminierungs- und machtkritische<br />

Dimension ausblendet.<br />

29<br />

„Integration ist sinnlos ohne Teilhabe an der Macht.<br />

Wenn ich von Integration spreche,<br />

dann meine ich [...] eine wirkliche Aufteilung<br />

von Macht und Verantwortung.”<br />

Martin Luther King<br />

Außerhalb dieser Bewegungen hielt das <strong>Empowerment</strong>-Konzept<br />

erst in den 1990er Jahren Einzug in<br />

Deutschland. Hier fand der Ansatz jedoch vorwiegend<br />

im akademischen Bereich in den Berufsfeldern der Sozialen<br />

Arbeit, des<br />

Gesundheitswesens,<br />

der Entwicklungshilfe<br />

und der<br />

Gemeinwesenarbeit<br />

Verwendung.<br />

Zentrales Merkmal<br />

dieser Diskurse war<br />

die Etablierung eines ressourcenorientierten Ansatzes<br />

als Gegensatz zu dem defizitären und paternalistischen<br />

Hilfe-Ansatz Mitte des letzten Jahrhunderts.<br />

<strong>Empowerment</strong> und (De-)Kolonialität<br />

Das Konzept von <strong>Empowerment</strong> weist auch auf kolonialhistorische<br />

Zusammenhänge zwischen Macht<br />

und Ohnmacht hin. Die weltweit bestehenden gesellschaftlichen,<br />

politischen und wirtschaftlichen Ungleichheiten<br />

bewegen sich im historischen Kontext<br />

der Eroberung der Amerikas, Afrikas, Asiens und des<br />

Pazifiks. Die Betrachtung von Machtstrukturen und<br />

-systemen sollte für eine vollständigere Abbildung in<br />

engem Zusammenhang mit und unter Einbeziehung<br />

der Weltgeschichte geschehen.<br />

Die Grundlagen für die Etablierung einer rassistischen<br />

Ideologie und des strukturellen Rassismus<br />

wurden zum Ende des 15. Jahrhunderts gelegt. Diese<br />

bestanden aus der Konstruktion der weißen europäischen<br />

Eroberer als „höherwertig“ und der durch<br />

diese eroberten Menschen als „niederwertig“. Die<br />

damit einhergehende Entmenschlichung von Millionen<br />

von Menschen über die vergangenen Jahrhunderte<br />

war Basis für das Zugestehen bzw. Absprechen<br />

von Rechten und Zugängen. Ein grundlegendes und<br />

nur den „Eroberern“ zustehendes Recht war z. B. die<br />

freie Religionsausübung im Rahmen der christlichen<br />

Religion und die weltweite Indoktrination des christlichen<br />

Glaubens mit gewaltvollen und menschenunwürdigen<br />

Methoden.<br />

Im Laufe der Jahrhunderte waren also auch Deutschland<br />

und seine europäischen Nachbarn aktiv in den

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!