23.02.2017 Aufrufe

COMPACT-Magazin 03-2016

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>COMPACT</strong> Politik<br />

Kollateralschaden<br />

Tod<br />

Im Zuständigkeitsbereich des<br />

Bielefelder Sozialdezernats<br />

knirscht und kracht es an allen<br />

Ecken und Enden. Das Jugendhilfesystem<br />

der Stadt steht am<br />

Rande des Zusammenbruchs.<br />

Es geht um das Schicksal eines<br />

dreieinhalb Monate alten<br />

Babys. Die Drogensucht des<br />

32-jährigen Vaters, die nach den<br />

Ermittlungen der Mordkommission<br />

«Zwilling» ein Grund für<br />

den gewaltsamen Tod des Säuglings<br />

am 24. November 2015<br />

sein dürfte, war dem Jugendamt<br />

bekannt.Ttrotzdem geschah<br />

nichts. Waren die Sozialarbeiter<br />

durch die Flüchtlingsbetreuung<br />

überlastet?<br />

Jugendamtsleiter Georg Epp, Sozialdezernent<br />

Ingo Nürnberger und<br />

dessen Referentin Kerstin Beckmann-Schönwälder.<br />

Foto: Christian Mathiesen<br />

Jugendbanden schlagen zu<br />

Allem Anschein nach hat der Mann sein Dezernat<br />

nicht im Griff. Anders sind die katastrophalen Zustände<br />

in der Bielefelder Jugendbetreuung nicht zu erklären.<br />

In mindestens einem Fall hatte das bereits dramatische<br />

Folgen für Leib und Leben eines Unbeteiligten.<br />

Der Skandal: In der Silvesternacht um 23.30 Uhr schlagen<br />

mehrere «unbegleitete minderjährige Flüchtlinge»<br />

auf dem Bahnhof der Stadt Hamm – sie liegt knapp 80<br />

Kilometer von Bielefeld entfernt – einen 40-Jährigen<br />

brutal zusammen. Der Mann wird schwer verletzt. Die<br />

Bundespolizei hat Mühe, die Täter (13, 14, 15, 16 und<br />

17 Jahre alt) zu überwältigen. Dann die Überraschung:<br />

Vier der fünf Jugendlichen, darunter der 13-Jährige,<br />

geben als Wohnsitz Einrichtungen für «unbegleitete<br />

minderjährige Flüchtlinge» in Bielefeld an.<br />

Für die Unterbringung der Jugendlichen<br />

zahlt die Stadt 5.000 Euro<br />

pro Kopf und Monat.<br />

Noch in der Nacht wird von der Bundespolizei ein<br />

Sozialarbeiter aus Bielefeld nach Hamm beordert, um<br />

zumindest den 13-Jährigen so schnell wie möglich<br />

wieder in sein Bettchen zu bringen. Keiner der Jugendlichen<br />

war offenbar von seinen Betreuern vermisst<br />

worden. Minderjährige, die unter der Obhut des<br />

Jugendamtes stehen, können in Bielefeld scheinbar<br />

machen, was sie wollen. Tag und Nacht. Sie könnten<br />

saufen, koksen, randalieren oder rauben – keinem Betreuer<br />

oder Sozialarbeiter würde es womöglich auffallen.<br />

Oder sie schlagen einen Menschen krankenhausreif.<br />

Die «unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge»,<br />

von den deutschen Behörden unter dem Verwaltungskürzel<br />

UMF geführt, bedeuten für die Betreiber entsprechender<br />

Wohngruppen einen gewaltigen Umsatz.<br />

Für Unterbringung und Betreuung zahlen die Jugendämter<br />

pro Platz etwa 5.000 Euro im Monat. Das macht<br />

60.000 Euro im Jahr. Das berichtet das in Bielefeld erscheinende<br />

Westfalen-Blatt und zitiert eine Insiderin:<br />

«Das ist ein richtiger Geschäftszweig geworden. Ich<br />

kenne Häuser, in die mehr Betten als eigentlich vorgesehen<br />

gestellt werden, weil halt jedes Bett 60.000<br />

Euro Umsatz im Jahr bedeutet.» Das Geld gehe in der<br />

Regel an Organisationen wie AWO oder Bethel, die<br />

entsprechende Wohngruppen unterhielten. Hübsche<br />

Beträge kommen da zusammen. Gibt es dafür aber<br />

auch die vom Gesetzgeber geforderte intensive Fürsorge<br />

und Betreuung? Oder handelt man inzwischen<br />

nur noch nach dem Motto: Augen zu und durch, egal<br />

was es kostet und egal, ob es etwas nützt?<br />

Bleibt noch, auf ein Wort des Bielefelder Oberbürgermeisters<br />

Pit Clausen zu verweisen – wie sein Sozialdezernent<br />

ein Mann der SPD. Clausen sprach vor<br />

100 geladenen Gästen von einem «Willkommensmärchen»<br />

in Bielefeld. Der Oberbürgermeister meinte das<br />

keinesfalls ironisch. Er meinte das ernst. Nicht nur die<br />

Rentnerin Edith M. dürfte das anders sehen.<br />

Die Belagerung hält an: Männer vor<br />

der Außenstelle des Bundesamtes<br />

für Migration und Flüchtlinge in<br />

Bielefeld. Foto: Andreas Frücht/<br />

nw.de<br />

32<br />

_ Hans-Hermann Gockel hat als<br />

TV-Journalist viele Jahre für RTL,<br />

Sat1 und N24 gearbeitet. Heute ist<br />

er freier Journalist und Produzent.<br />

Vor Kurzem ist sein Buch «Finale<br />

Deutschland – Asyl, Islam, Innere<br />

Sicherheit. Mit Klartext gegen die<br />

Gedankenfeigheit» (HHG-Verlag,<br />

19,99 Euro) erschienen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!