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COMPACT-Magazin 03-2016

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<strong>COMPACT</strong> Leben<br />

Autoren und Agenten<br />

_ von Helmut Roewer<br />

Zu Sean Connerys Zeiten durften<br />

die Helden noch rauchen. Foto:<br />

Verleih<br />

Meisterspione des 20. Jahrhundert (Teil XII und Schluss): James Bond ist eine Kunstfigur<br />

– doch die Schriftsteller, die ihn und andere britische Helden schufen, spielten durchaus<br />

eine Rolle im Dienste Ihrer Majestät.<br />

Zum Abschluss meiner Serie über die Topspione<br />

will ich einen erwähnen, den es gar nicht gab. Eine<br />

pure Erfindung sollte man denken, doch ganz so ist es<br />

nicht: 007, die Spitzenkraft im Dienste des MI6, wurde<br />

von einem echten Agenten erfunden.<br />

Es begann vor 110 Jahren. In merry old England<br />

hatte soeben, im Januar 1906, die liberale Partei<br />

mit dem Versprechen, die Kolonialkriege in Übersee<br />

augenblicklich zu beenden und sich um die soziale<br />

Schieflage der arbeitenden Bevölkerung zu kümmern,<br />

einen Erdrutschsieg eingefahren. Diese Rechnung war<br />

ohne die tonangebende Schicht der Waffenhändler,<br />

Zeitungsleute und Spitzenmilitärs gemacht worden. In<br />

diesen Kreisen setzte man auf Krieg. Nach den Kap-<br />

Provinzen in Südafrika war der neue Wunschgegner<br />

das Deutsche Reich.<br />

Um auch die Öffentlichkeit auf diesen Wunschgegner<br />

einzustimmen, begann die Schlacht auf dem Papier.<br />

Das Monster Deutschland wurde aufgeblasen<br />

und die Gilde der britischen Spitzenschreiber von der<br />

Leine gelassen. Es waren genau zwei Romane, die<br />

das Gewünschte vollbrachten. In beiden ging es um<br />

das kriegslüsterne Deutschland, das heimlich gegen<br />

das friedliche England zur Invasion schritt. Doch zum<br />

Glück gab es jedes Mal den aus dem Nichts auftauchenden<br />

Helden, der durch todesmutiges, listiges Einschreiten<br />

den Inselstaat vor den sogenannten Hunnen<br />

bewahren konnte.<br />

Die neununddreißig Stufen<br />

Neben dem Roman Das Rätsel der Sandbank – dazu<br />

ausführlich in meinem Artikel in <strong>COMPACT</strong> 8/2014 –<br />

begeisterte vor allem das Buch Die neununddreißig<br />

Stufen seine Auftraggeber. Mit heimlichem staatlichen<br />

Sponsoring wurde es ein Bestseller der Sonderklasse,<br />

in alle gängigen Weltsprachen übersetzt, und<br />

man kann es heute noch kaufen. Sein Autor John Buchan<br />

mischte beim Krieg gegen die Buren in Südafrika<br />

mit, bevor er als Spitzenfeder in die imperialistische<br />

Pressure-Group des vom Diamantenkönig Cecil<br />

Rhodes finanzierten Round Table einstieg. Hier saßen<br />

die Vordenker der One World, wie wir sie heute kennen.<br />

Als Großbritannien dann 1914 tatsächlich im erwünschten<br />

Krieg gegen Deutschland war, wechselte<br />

Buchan ins echte Nachrichtendienstgeschäft bei<br />

den britischen Expeditionsstreitkräften in Nordfrankreich.<br />

Und weil er sich dort bewährte, ernannte man<br />

den jungen Mann zum Direktor der Nachrichtenabteilung<br />

im britischen Propagandaministerium. Auch das<br />

Der Weg vom<br />

Journalismus zur<br />

Geheimdiensttätigkeit<br />

war vorgezeichnet.<br />

_ Helmut Roewer (*1950) war<br />

von 1994 bis 2000 Chef des<br />

Thüringer Landesamtes für<br />

Verfassungsschutz. – Die erste<br />

Folge von «Meisterspione des 20.<br />

Jahrhunderts» war in <strong>COMPACT</strong><br />

11/2014 zu lesen. Mittlerweile kann<br />

die gesamte Serie als eDossier<br />

auf shop.compact-magazin.com<br />

heruntergeladen werden.<br />

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