stahlmarkt 02.2017 (Februar)
Aus dem Inhalt: Steel International / Stahlstandort Deutschland / Stahlhandel & Stahl-Service-Center / IT, Digitalisierung / Trennende Fertigungsverfahren
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14 Stahlstandort Deutschland<br />
Fragile Erholung der Stahlkonjunktur<br />
Unsicherheiten gefährden die Lage in Deutschland<br />
Düsseldorf. »Globale Überkapazitäten, Dumpingstahl aus China und<br />
anderen Ländern und die industriefeindliche Politik beim europäischen<br />
Emissionsrechtehandel bedrohen weiterhin die Substanz unserer<br />
Stahlindustrie.« Das sagte Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident der Wirtschaftsvereinigung<br />
(WV) Stahl, zum Jahresbeginn über die Stahlkonjunktur 2017.<br />
»Ein zentrales Risiko sehen wir darin,<br />
dass sich protektionistische Tendenzen auf<br />
den globalen Stahlmärkten noch weiter ausbreiten«,<br />
erläuterte er. Die Stahlmengenkonjunktur<br />
in Deutschland habe sich in den vergangenen<br />
Monaten stabilisiert. Dafür sprechen<br />
die gestiegenen Auftragseingänge.<br />
Außerdem befinden sich die Stahl verarbeitenden<br />
Wirtschaftszweige in Deutschland<br />
trotz schwacher Weltkonjunktur in einer<br />
robusten Verfassung. Vor diesem Hintergrund<br />
dürfte die Rohstahlproduktion im laufenden<br />
Jahr leicht um rd. 1 % auf 42,7 Mill. t<br />
zulegen, so die Prognose aus der WV Stahl.<br />
Dennoch könne man keine Entwarnung für<br />
die unverändert bedrohliche Lage der Stahlindustrie<br />
in Deutschland geben.<br />
Indirekte Stahlexporte aus Deutschland<br />
in Mill. t Walzstahlgewicht<br />
Die globale Strukturkrise beim Stahl sei weiter<br />
ungelöst. Dies zeige sich deutlich an der<br />
weltweit niedrigen Kapazitätsauslastung,<br />
die trotz konjunktureller Stabilisierung im<br />
vergangenen Jahr bei 71 % »nahe historischen<br />
Tiefständen« liegen. Auch für dieses<br />
Jahr sei keine wesentliche Besserung zu er -<br />
warten.<br />
Im Mittelpunkt der Strukturkrise beim<br />
Stahl steht weiterhin China: Die chinesische<br />
Regierung hat ihre Bemühungen zwar intensiviert,<br />
jedoch dürfte sich der überwiegende<br />
Teil des Kapazitätsabbaus im Jahr 2016 auf<br />
solche Anlagen beziehen, die bereits stillgelegt<br />
waren. Zudem bleiben die chinesischen<br />
Überkapazitäten mit rd. 360 Mill. t weiterhin<br />
auf extrem hohem Niveau.<br />
Vereinigtes Königreich 2,7<br />
USA<br />
Frankreich<br />
Polen<br />
China<br />
Niederlande<br />
Österreich<br />
Italien<br />
Spanien<br />
Tschechische Republik<br />
1,2<br />
1,2<br />
1,3<br />
1,4<br />
1,6<br />
1,6<br />
1,7<br />
2,3<br />
2,5<br />
Gesamt:<br />
32 Mill. t 2016<br />
Quelle: WV Stahl<br />
Dies erkläre, warum die chinesischen Ex -<br />
porte trotz zunehmenden internationalen<br />
Drucks im vergangenen Jahr kaum gesunken<br />
seien. Die WV Stahl schätzt, dass die<br />
Überkapazitäten in der chinesischen Stahlindustrie<br />
auch 2020 noch deutlich über der<br />
300-Mill.-t-Marke liegen werden.<br />
»Protektionismus ist die falsche Antwort<br />
auf die Herausforderungen für die globale<br />
Stahlindustrie«, betonte Kerkhoff. Spielräume<br />
für Schutzmaßnahmen sehe die Stahlindustrie<br />
nur dann, wenn diese WTO-konform<br />
ausgestaltet seien. Daher seien Antidumping-<br />
oder Antisubventionsmaßnahmen<br />
lediglich ein Korrektiv und kein Protektionismus.<br />
Wachsende Unsicherheiten gehen<br />
nach Ansicht der WV Stahl von einer möglichen<br />
Hinwendung zu einer stärker protektionistischen<br />
Handelspolitik in der Welt aus.<br />
Viele Länder haben inzwischen Barrieren im<br />
Stahlbereich aufgebaut, wobei die USA<br />
besonders im Fokus stehen. Deutschlands<br />
Außenhandel ist mit den USA im Stahlbereich<br />
besonders verflochten: Die USA stehen<br />
mit 700.000 t für rd. ein Viertel der deutschen<br />
Stahlexporte außerhalb der EU. Nach<br />
Großbritannien sind die USA auch größter<br />
Abnehmer von stahlintensiven Gütern aus<br />
Deutschland. Diese indirekten Stahlexporte<br />
übersteigen mit 2,5 Mill. t die direkten Stahleinlieferungen<br />
um mehr als das Dreifache.<br />
Hinzu kommt, dass die Vereinigten Staaten<br />
mit 31 Mill. t die mit Abstand größten<br />
Stahlmengen importieren, wobei rd. 30 %<br />
der Einfuhren auf Lieferungen aus dem NAF-<br />
TA-Raum bzw. aus Asien fallen. Eine handelspolitische<br />
Konfrontation mit diesen Ländern<br />
berge daher die Gefahr einer erheblichen<br />
Handelsumlenkung in die offenen und<br />
ungeschützten Märkte. Die EU müsse daher<br />
ihr eigenes handelspolitisches Instrumentarium<br />
schärfen.<br />
Durch den Regierungswechsel in den USA<br />
seien gleiche Bedingungen beim Emissionsrechtehandel<br />
in weite Ferne gerückt. Dem<br />
müsse auch die europäische Politik Rechnung<br />
tragen und in Brüssel bei der Überarbeitung<br />
des Emissionsrechtehandels für die<br />
Zeit ab 2021 weitere Belastungen für die<br />
<strong>stahlmarkt</strong> 2.2017