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Mitteilungsblatt - Deutscher Altphilologenverband

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dung. Latein als Basissprache Europas - die<br />

Schlüsselqualifikation zum Denken, zur Gedächtnisschulung.<br />

Wenn wir heute das gemeinsame Europa vorantreiben,<br />

dann dürfen wir daran erinnern: Die<br />

lateinische Sprache hat Europa gebaut. Das Lateinische<br />

hielt über Jahrhunderte die gelehrte<br />

Gesellschaft dieses Kontinents zusammen. Noch<br />

zur Zeit des jungen Goethe war jedes dritte<br />

Buch im deutschen Raum in lateinischer Sprache<br />

geschrieben. Ich bin zuversichtlich - dum<br />

spiro spero - Europa gelingt. Zurück zu den<br />

geistigen Wurzeln Europas, nur so können wir<br />

das gemeinsame Haus bauen.<br />

Das Latein verschafft uns im gemeinsamen Europa<br />

leichten Zugang zu romanischen Töchtern<br />

wie Italienisch, Französisch und Spanisch. Und<br />

Latein und Griechisch bauen Grundlagen, die<br />

von Dauer sind: im sprachlichen und menschlichen<br />

Bereich. Die Alten Sprachen, sie sind im<br />

technischen Zeitalter aktueller denn je: Solarkollektor,<br />

Katalysator, Gentechnologie. Die<br />

„geheimnisvolle, weltbewegende Macht des<br />

Wortes in der menschlichen Geschichte“, von<br />

Václav Havel in der Frankfurter Paulskirche<br />

1989 beschworen, begann mit Demosthenes und<br />

Cicero. So wie Sie, die Altphilologen, uns Mut<br />

und Zuversicht in den jungen Ländern machen,<br />

will ich es Ihnen zurückgeben. Verbunden mit<br />

der Bitte: Bauen Sie weiter mutig an der Brücke<br />

zwischen Vergangenheit und Zukunft.<br />

Wie modern die Antike ist, mag ein Satz von<br />

Werner Heisenberg zeigen, Nobelpreisträger<br />

und Absolvent des Humanistischen Maxgymnasiums<br />

in München, wo mein Vater, mein Bruder<br />

und ich Abitur gemacht haben: „Am Anfang der<br />

abendländischen Kultur steht die enge Verbindung<br />

von prinzipieller Fragestellung und praktischem<br />

Handeln, die von den Griechen geleistet<br />

worden ist. Auf dieser Verbindung beruht die<br />

ganze Kraft unserer Kultur auch heute noch.<br />

Fast alle Fortschritte leiten sich aus ihr her. Und<br />

in diesem Sinn ist ein Bekenntnis zur humanistischen<br />

Bildung einfach ein Bekenntnis zum<br />

Abendland und seiner kulturbildenden Kraft.“<br />

54<br />

Es ist nicht meine Aufgabe als Politiker, eine<br />

oratio suasoria, eine defensio für die Antike zu<br />

halten.<br />

Consuetudo altera natura, gravissimum est imperium<br />

consuetudinis. Das ganze Deutschland<br />

ist im Wandel begriffen. Das Rad der Geschichte<br />

läßt sich weder anhalten noch zurückdrehen.<br />

Und dies will ernsthaft auch niemand.<br />

Wir werden es aber nur nach vorn bewegen.<br />

Und es wird uns gelingen, wenn wir nach dem<br />

Motto handeln: viribus unitis. Und nur dann,<br />

wenn wir Plinius auch heute noch beherzigen:<br />

multum non multa, nur dann, wenn wir die Humaniora<br />

über die Materia, wenn wir die überzeitlichen<br />

Güter dem Gleichgültigen vorziehen.<br />

Und nur dann, wenn wir nach Seneca nicht<br />

gleich vor jedem Problem kapitulieren. Seneca<br />

hatte seinem Freund Lucilius nach Ägypten<br />

geschrieben, der damals eine schwierige Aufgabe<br />

zu bewältigen hatte: non quia difficilia sunt,<br />

non audemus, sed quia non audemus, difficilia<br />

sunt (Seneca, Epistel 104, 26). Man könnte diesen<br />

Satz vielen Deutschen heute ins Stammbuch<br />

schreiben.<br />

Ich habe lateinisch begonnen und - respice finem<br />

- ich will auch so schließen:<br />

Gaudeo, quod hac quoque in Provincia non<br />

solum litterae classicae Germanicae, sed etiam<br />

antiquitatis vigent. Egomet - tutor et patronus -<br />

opto, ut iste conventus Jenensis vobis bene eveniat,<br />

ut genius loci linguis classicis faveat, ut<br />

humanitas ipsa novo impetu impellatur, novis<br />

viribus imbuatur.<br />

Oriantur hac ex urbe elatio firma et impetus<br />

diuturnus. Augeantur mores humanitasque provinciarum<br />

recentium et iuvenilium! Congregationi<br />

autem vestrae, quae vulgo dicitur <strong>Deutscher</strong><br />

<strong>Altphilologenverband</strong>, isti ergo DAV idem<br />

succedat, quod omnes - spero - Provinciae nostrae<br />

Thuringiae optant: vivat, crescat, floreat.<br />

Sit vobis hic bene! Tum Thuringia vobis patria<br />

erit. Nam: ubi bene, ibi patria. Valete!<br />

BERNHARD VOGEL, Erfurt

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