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SPORT I<br />
Nachruf auf John Surtees<br />
Goodbye,<br />
John!<br />
Am 10. März starb John Surtees im Alter von 83<br />
Jahren. Alan Cathcart blickt zurück auf das Leben<br />
des einzigen Rennfahrers, der sowohl auf zwei<br />
als auch auf vier Rädern Weltmeister wurde.<br />
Text: Alan Cathcart; Fotos: Reinhard, H.P. Seufert, Archiv<br />
John Surtees, geboren am 11. Februar<br />
1934, wuchs im Süden Londons auf,<br />
wo er schon früh im Motorradladen<br />
seines Vaters Jack arbeitete. Jack war ein<br />
Seitenwagenpilot, der seinen Sohn schon<br />
im zarten Alter von 14 Jahren bei einem<br />
Wettbewerb an den Lenker seines Gespannes<br />
ließ. John gewann das Rennen –<br />
mit Daddy im Boot! Anschließend wurden<br />
die beiden aber disquali fiziert, da John<br />
noch zu jung war.<br />
Nachdem John die Schule mit 15 Jahren<br />
verlassen hatte, begann er mit dem Rennfahren<br />
auf den Grasbahnen um Brands<br />
Hatch. Mit Beginn seiner Ausbildung zum<br />
Mechaniker bei Vincent sattelte er auf<br />
Straßenrennen um. Auf der selbst vorbereiteten<br />
Halbliter-Vincent Grey Flash<br />
etablierte er sich 1951 mit vielen Siegen<br />
als der kommende Motorrad-Star.<br />
Im Jahr darauf startete er mit einer<br />
500er-Norton Manx erstmals auch bei<br />
einem Weltmeisterschaftslauf und wurde<br />
Sechster beim Ulster Grand Prix. Bis 1954<br />
dominierte John Surtees auf den Rundstrecken<br />
in England, dann gab ihm Norton-Rennleiter<br />
Joe Craig 1955 endlich eine<br />
Chance – und den Werksvertrag für die<br />
letzte Saison des britischen Herstellers auf<br />
dem mittlerweile unterlegenen Manx-<br />
Single. Dennoch gewann John damit in<br />
England 69 seiner 75 Rennen. Außerdem<br />
holte er sich seinen ersten WM-Sieg beim<br />
Ulster-GP auf einer 250er-NSU Sportmax.<br />
Nach Nortons Ausstieg aus dem Werksrennsport<br />
begann 1956 seine erfolgreiche<br />
Zeit bei MV Agusta. Auf der italienischen<br />
Vierzylinder-500er holte der erst 22-Jährige<br />
nicht nur seinen ersten von insgesamt<br />
sechs TT-Siegen, sondern gewann unangefochten<br />
auch den ersten Weltmeistertitel<br />
in der Königsklasse, obwohl er sich<br />
beim vorletzten Grand Prix der Saison auf<br />
der Solitude bei einem Sturz den Arm gebrochen<br />
hatte.<br />
In der Saison 1957 waren die MV<br />
Agustas chancenlos gegen die Gileras, für<br />
Surtees blieb im WM-Endklassement nur<br />
Rang drei bei den 500ern und Rang fünf<br />
bei den 350ern. Vergeblich hatte er den<br />
Conte Agusta gedrängt, das träge Handling<br />
und die mangelnde Zuverlässigkeit der mit<br />
einer üppigen Stromlinien-Verkleidung<br />
ver sehenen Vierzylinder-MV zu verbessern.<br />
John war drauf und dran, MV zu verlassen<br />
und bei Moto Guzzi die immer konkurrenzfähigere<br />
V8-500er zu fahren. Kurz<br />
vor dem vereinbarten Termin für eine<br />
Testfahrt verkündete Moto Guzzi jedoch<br />
zusammen mit Gilera und Mondial den<br />
Rückzug aus dem GP-Sport.<br />
Ursprünglich wollte sich MV Agusta<br />
diesem Schritt ebenfalls anschließen. Doch<br />
der Graf besann sich eines Besseren, bedeutete<br />
der Rückzug der Konkurrenz<br />
doch, dass die Tür für MV-Siege gegen<br />
die Privatfahrer auf ihren veralteten britischen<br />
Einzylindern weit offen stand.<br />
Was folgte, waren zwei Jahrzehnte ununterbrochene<br />
Dominanz der MV-Vierzylinder<br />
im Grand Prix-Sport. Nutznießer war<br />
John Surtees, der sich von 1958 bis 1960<br />
mit 32 Siegen bei 39 Starts insgesamt sechs<br />
WM-Titel in der 350er- und in der 500er-<br />
Klasse sicherte. Außerdem gewann er in<br />
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