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MOTORRAD Classic 05/2017

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SZENE I<br />

Vier Jahrzehnte mit der Honda CB 400 Four<br />

Insel Kreta. Über den Brenner geht es nach<br />

Ancona. Von dort bringt uns die Fähre per<br />

Deckspassage über Patras und Piräus nach<br />

Kreta. Vier Wochen bereisen wir die Insel<br />

mit ihren abenteuerlichen Straßenverhältnissen.<br />

Trotz mörderischer Hitze<br />

fahren wir in Lederkombis.<br />

Lieber schwitzen<br />

als sich bei einem eventuellen<br />

Sturz verletzen,<br />

wie wir es bei zahlreichen<br />

deutschen und österreichischen<br />

Motorradfahrern,<br />

die wir treffen,<br />

leider oft sehen müssen.<br />

Die Straße in den Ostteil<br />

der Insel soll laut Karte<br />

vierspurig ausgebaut sein.<br />

Tatsächlich ist es aber nur<br />

eine aufgeschüttete Schotterpiste mit zum<br />

Teil sehr tiefen Löchern. Viel zu schnelle<br />

Baustellen-Lkw hüllen uns immer wieder<br />

in eine Staubwolke ein und lassen uns die<br />

Steine um die Ohren fliegen. Bei sengender<br />

Hitze kann ich die Honda auf dieser<br />

Piste oft nur im ersten und zweiten Gang<br />

bewegen. Extreme Bedingungen, die den<br />

Motor bedenklich heiß laufen lasen. Nicht<br />

nur wegen des fehlenden Fahrtwinds,<br />

sondern vor allem wegen der simplen<br />

Drosselung auf 27 PS. Eine eingeschweißte<br />

Blende im Sammeltopf des Auspuffs,<br />

durch die nicht mal mein kleiner Finger<br />

passt, sorgt für zusätzlichen Hitzestau. Im<br />

kochenden Öl rutscht und rappelt die<br />

Kupplung, aber der Motor hält und bringt<br />

uns wieder nach Hause.<br />

Wegbereiter<br />

der Motorrad-<br />

Karriere: das alte<br />

Kreidler-Mokick<br />

und eine Honda<br />

CB 125 Disc<br />

1978: erster Kurzurlaub<br />

mit der<br />

Four und der<br />

Motorrad clique<br />

im Schwarzwald<br />

Backnang, Sommer 1981: Es geht erneut<br />

nach Irland, zu Kumpel Alberts Schwester,<br />

die dort auf einem idyllischen Bauernhof<br />

lebt. Es ist der heißeste und trockenste<br />

Sommer seit Jahren dort, was den Temperaturhaushalt<br />

der kleinen 400er insbesondere<br />

bei hoher Zuladung immer wieder<br />

an die Grenzen bringt. So entschließe<br />

ich mich kurzer- hand dazu, den unseligen<br />

Reduzierring zu entfernen. Schließlich<br />

kommt eine Motorrevision teurer als<br />

die höheren Versicherungsbeiträge für<br />

die 50-PS-Klasse. Nach einigem schweißtreibenden<br />

Feilen kann der Motor endlich<br />

frei durchatmen. Schnell noch Ventilspiel<br />

und Zündzeitpunkt kontrolliert, dann rollt<br />

die Four zum Hoftor raus.<br />

Die Probefahrt über die kleinen, unübersichtlichen,<br />

von Hecken, Sträuchern<br />

und Bruchsteinmauern gesäumten irischen<br />

Landsträßchen entlang des westlichen<br />

Lough-Derg-Ufers verläuft höchst<br />

befriedigend. Das Hoftor ist schon<br />

in Sichtweite, als mir einfällt,<br />

dass ich noch Zigaretten brauche.<br />

Also wieder am Kabel gezogen<br />

und flott in die enge<br />

Rechtskurve gebrettert, die in<br />

Richtung Whitegate führt, im<br />

Pub gibt’s Fluppen-Nachschub.<br />

Viel zu spät sehe ich den großen<br />

Kuhfladen in der Kurve, den ich<br />

prompt mit dem Vorderrad erwische.<br />

Das Rad schmiert weg, aber<br />

ich kann die Honda noch abfangen,<br />

indem ich sie blitzschnell aufrichte.<br />

Dadurch geht mir jedoch die Straße aus,<br />

die von einer steilen Böschung mit einer<br />

Hecke darauf gesäumt wird. Kopfüber<br />

fliege ich mit rund 60 Sachen ins buschige<br />

1979: endlich in<br />

Irland angekommen<br />

Alles dokumentiert: Bestellung<br />

der beiden CB und Benachrichtigung<br />

des Händlers<br />

und gar nicht mehr so saftige irische Grün.<br />

Ich habe mächtig Dusel und keinen Kratzer<br />

abbekommen. Anders die Honda: Der<br />

Lenkanschlag ist abgerissen, die Gabelbrücken<br />

und das Standrohr haben tiefe<br />

Abdrücke im Tank hinterlassen, außerdem<br />

sind beide Standrohre abgeknickt<br />

und etwa ein Drittel der Speichen mitsamt<br />

Nippeln aus dem Felgenband gerissen.<br />

Mit der Schubkarre schleifen Albert<br />

und ich das lädierte Motorrad die 100<br />

Meter bis zum Hof. Problematisch gestaltet<br />

sich die Suche nach Ersatzteilen, Honda<br />

Irland hat gerade zwei Wochen Betriebsferien.<br />

Mangels Materialnachschub<br />

schließen sich die Werkstätten dieser<br />

Urlaubsplanung an. Nach einiger Suche<br />

bekommen wir glücklicherweise telefonischen<br />

Kontakt mit einem Werkstatteigner,<br />

der uns von seinem schottischen Urlaubsdomizil<br />

aus den Standort einer Schlachtmaschine<br />

und seine Preisforderungen für<br />

die dringend benötigten Teile nennt, die<br />

wir allerdings selbst ausbauen müssten.<br />

Gesagt, getan.<br />

Nachdem wir die Unfall-Honda mit<br />

den Gebrauchtteilen wieder aufgebaut<br />

haben, zeigt sich, dass die Gabelbrücken<br />

verzogen sind. Doch die Zeit zur Rückreise<br />

drängt, in drei Tagen muss ich wieder<br />

beim Zivildienst antreten. Also biegen<br />

30 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2017</strong><br />

www.motorrad-classic.de

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