VSAO JOURNAL Nr. 4 - August 2015
Wasser Gastroenterologie/Rheumatologie Noten für Spitäler
Wasser Gastroenterologie/Rheumatologie Noten für Spitäler
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PERSPEKTIVEN<br />
Schmerzen ohne makroskopische Entzündungsaktivität<br />
und ohne laborchemische<br />
Entzündungsreaktion) untersucht.<br />
Hier konnte gezeigt werden, dass insbesondere<br />
die Kombination der beiden Substanzen<br />
die Entstehung einer Divertikulitis<br />
reduzieren (8).<br />
Weitere Studien sind erforderlich, bevor<br />
Probiotika einen evidenzbasierten Stellenwert<br />
in der Behandlung der Divertikelkrankheit<br />
erhalten.<br />
Antibiotika<br />
Bisher umfasste die Standardbehandlung<br />
einer unkomplizierten Divertikulitis nebst<br />
symptomatischen Massnahmen eine empirische<br />
antibiotische Therapie, obwohl<br />
hierzu keine kontrollierten Studien vorlagen.<br />
Zunehmend wird die Notwendigkeit<br />
einer antibiotischen Therapie in Frage<br />
gestellt.<br />
In einer 2012 publizierten, randomisierten<br />
Studie aus Schweden wurden 623<br />
Patienten mit im CT nachgewiesener akuter,<br />
unkomplizierter Divertikulitis analysiert.<br />
Die Patienten wurden in zwei Gruppen<br />
(mit und ohne Antibiotika) aufgeteilt.<br />
In dieser Studie konnte nachgewiesen<br />
werden, dass eine antibiotische Therapie<br />
weder die Komplikationsrate innert eines<br />
Jahres noch die Hospitalisationsdauer<br />
oder die Rezidivwahrscheinlichkeit (innerhalb<br />
eines Jahres) signifikant senken<br />
konnte (9).<br />
Zwei retrospektive Fall-Kontroll-Studien<br />
zeigten unabhängig von einer Antibiotikagabe<br />
ähnliche Krankheitsverläufe bei<br />
Patienten mit milder Divertikulitis (10;<br />
11). Bei akuter unkomplizierter linksseitiger<br />
Divertikulitis ohne Risikoindikatoren<br />
kann unter engmaschiger klinischer<br />
Kontrolle auf eine Antibiotikatherapie<br />
verzichtet und mittels Analgetika und faserarmer<br />
Kost therapiert werden. Der Antibiotikaeinsatz<br />
bleibt somit schweren<br />
Schüben, Komplikationen und immunsupprimierten<br />
Patienten vorbehalten. Dies<br />
ist insbesondere in Anbetracht der steigenden<br />
Resistenzraten von Bedeutung.<br />
Operative Therapie<br />
Die Operationsindikation bei rezidivierender<br />
Divertikulitis wurde bis vor einigen<br />
Jahren nach dem zweiten Schub festgelegt<br />
oder beim jungen Patienten sogar bereits<br />
nach dem ersten unkomplizierten Schub.<br />
Diese Empfehlungen gemäss amerikanischen<br />
(12) und europäischen Guidelines<br />
(13) wurden in den letzten Jahren kritisch<br />
analysiert, und einige neuere Studien haben<br />
gezeigt, dass die «grosszügige» Operationsindikation<br />
nicht gerechtfertigt ist.<br />
Die Morbidität und Mortalität der Patienten<br />
mit mehr als zwei Divertikulitisschüben<br />
nehmen nicht zu. Das Risiko einer<br />
freien Perforation, der gefürchtesten Komplikation,<br />
nimmt mit der Anzahl der<br />
durchgemachten Schübe eher ab (14). Die<br />
Divertikulitis-assoziierte Mortalität erwies<br />
sich im Vergleich zu der operationsbedingten<br />
Mortalität als geringer (15).<br />
Heutzutage wird die Indikation zur chirurgischen<br />
Resektion bei rezidivierender<br />
Divertikulitis individuell gestellt, d.h. unter<br />
Berücksichtigung von Alter und Leidensdruck<br />
des Patienten sowie der Komorbiditäten<br />
bzw. Operationsrisiken (16).<br />
Aufgrund des erhöhten Perforationsrisikos<br />
und einer höheren Mortalitätsrate unter<br />
einer rein medikamentösen Therapie sollte<br />
aber bei immunsupprimierten Patienten<br />
oder Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz<br />
die Resektion weiterhin<br />
nach dem ersten Schub evaluiert werden.<br />
Die Operationstechnik der elektiven Resektion<br />
besteht in einer laparoskopischen<br />
Rektosigmoidresektion. Der laparoskopische<br />
Zugang zeigte in mehreren Studien<br />
seine Überlegenheit in den frühpostoperativen<br />
Resultaten (17), jedoch keinen<br />
Unterschied zu der offenen Technik bezüglich<br />
Lebensqualität und Rezidivrate<br />
im Langzeitverlauf (18).<br />
Wenn eine Operation durchgeführt wird,<br />
wird sowohl in der Notfallsituation, wie<br />
auch im elektiven Setting eine Resektion<br />
mit primärer Anastomosierung und<br />
Schutzileostomie angestrebt. Die früher<br />
durchgeführte Hartmann-Operation hat<br />
in dieser Situation weitgehend an Bedeutung<br />
verloren.<br />
Bei eitriger oder fäkaler Peritonitis wird<br />
zunehmend die reine laparoskopische<br />
Lavage ohne Resektion des perforierten<br />
Kolonsegmentes propagiert. Die Literatur<br />
dazu ist noch limitiert. Diese Technik<br />
bringt das Risiko eines persistierenden<br />
bzw. rezidivierenden Infektes mit sich. Sie<br />
stellt heutzutage noch keine valable Alternative<br />
zur Resektion dar und sollte nur in<br />
Rahmen von Studien angewandt werden<br />
(16).<br />
■<br />
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<strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2015</strong><br />
<strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC<br />
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