VSAO JOURNAL Nr. 4 - August 2015

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POLITIK GESUNDHEITSPOLITIK Durchzogene Prognose Nach mehrjährigem – fast jahrzehntelangem – Kampf geht die Diskussion um die definitive Zulassungssteuerung auf die Zielgerade. Die Zeichen stehen gut, dass sich der Kompromiss vorschlag von FMH und VSAO durchsetzen wird: Weiterführung der 3-Jahres-Regelung. In anderen Dossiers stehen die Zeichen dafür wieder auf Sturm: Die Pflegenden wollen ihren Verantwortungs bereich ausweiten, und die Krankenkassen stürmen gegen eine griffige Aufsicht an. Nico van der Heiden, Stv. Geschäftsführer/Leiter Politik und Kommunikation VSAO Die Politik ist manchmal ebenso unberechenbar wie das Wetter. Aufziehende Gewitterwolken (der Vorschlag des Bundesrates zur Zulassungssteuerung) künden ein veritables Unwetter an, das kurz vorher doch noch abdreht und an einem vorbeizieht. Hat man die gesamte Aufmerksamkeit auf dieses Unwetter gerichtet, merkt man erst, nachdem es durchgezogen ist, dass bereits verschiedenste weitere Gewitterzellen am Horizont sichtbar sind (Parlamentarische Initiative Joder, Krankenkassenaufsicht). Eine gesundheitspolitische Schönwetterperiode auf längere Sicht ist unwahrscheinlich, umso mehr muss man die kurzen Phasen ohne Regenwahrscheinlichkeit geniessen. Zulassungssteuerung Die Ausgangslage ist hinlänglich bekannt: Der Bundesrat wollte die aktuell gültige und bewährte Lösung zur Zulassungssteuerung durch ein komplexes System, das kantonal sämtliche Gesundheitsberufe steuert, ablösen (wir haben ausführlich in den VSAO-Journalen 5/2014 und 1/2015 berichtet). Bereits in der Vernehmlassung haben wir uns – ebenso wie viele andere Vereinigungen auch – kritisch dazu geäussert. Nun hat sich die nationalrätliche Kommission als Erstes mit der Vorlage befasst und sie kurzerhand in den Papierkorb spediert. Die Kommission schlägt vor, dass die bewährte, aktuell gültige Lösung unbefristet weitergeführt wird. Dies war auch der Vorschlag von VSAO und FMH. Die Weichen sind hier nun also richtig gestellt, allerdings müssen National- und Ständerat diesem Vorschlag noch zustimmen, bevor wir uns in dieser Sache definitiv über einen wolkenlosen Himmel freuen dürfen. Aufwertung der Pflege Das Parlament beschäftigt sich bereits seit mehr als vier Jahren mit einer Parlamentarischen Initiative von Rudolf Joder (SVP, Bern), welche eine «gesetzliche Anerkennung der Verantwortung der Pflege» verlangt. Obwohl im Parlament grundsätzlich grosses Wohlwollen gegenüber dem Anliegen bestand, tat man sich mit der Umsetzung schwer. Erst jetzt liegt ein konkreter Vorschlag für die Änderung des Krankenversicherungsgesetzes vor, die notwendig ist für die Umsetzung der Parlamentarischen Initiative. Neu soll ein bestimmter Teil der Pflegeleistungen auch dann von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung bezahlt werden, wenn keine ärztliche Anordnung vorliegt. Es würde somit neu zwischen einem Bereich unterschieden, der weiterhin nur auf ärztliche Anordnung ausgeführt werden darf und einem Teil, der künftig ohne solche Anordnung ausgeführt werden kann und damit der Eigenverantwortung der Pflege unterliegt. Der VSAO hat sich frühzeitig und intensiv mit den möglichen Folgen dieser Gesetzesänderung befasst, auch im Austausch mit dem Schweizerischen Berufsverband der Pflegefachfrauen und -männer (SBK). Der Geschäftsausschuss des VSAO lehnt die geplante Gesetzesänderung ab. Eine geteilte Verantwortung zwischen Arzt und Pflege im Spital führt zu einer Verkomplizierung des Systems, welche nicht im Sinne der Patienten wäre: Es entstehen unklare Zuständigkeiten und zusätzliche (unnötige) und riskante Schnittstellen, dadurch ergeben sich weitere Fehlerquellen, was grosse Unsicherheiten beim Patienten hinterlässt. Zudem ist für uns nicht ersichtlich, wieso aktuell Bedarf nach einer Gesetzesänderung besteht. Die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Spitalberufen läuft aus Sicht des VSAO heute insgesamt gut. Die Teamarbeit in den Spitälern ist vielerorts etabliert und Interdisziplinarität wird gelebt. Es wird fälschlicherweise der Anschein erweckt, dass die Pflegefachleute heute keine (Eigen-)Verantwortung tragen würden. Dem ist nicht so! Die medizinische Verantwortung liegt aber richtigerweise in ärztlicher Hand. Die eingespielten Abläufe im Spital sollen nicht verändert werden. Krankenkassenaufsicht Früher konnte der Bund nur sehr beschränkt in die Tätigkeiten der Krankenkassen eingreifen. So konnten beispielsweise nur zu tiefe, aber nicht zu hohe Prämien moniert werden und die maximale Busse, welche das Bundesamt für Gesundheit gegen Krankenkassen aussprechen konnte, lag bei lächerlichen 5000 Franken. Im Jahre 2011 hat der Bundesrat deshalb ein Gesetz in die Vernehmlassung gegeben, mit dem er die Aufsicht über die Krankenkassen stärken wollte. Das Gesetz verlangt von den Krankenkassen mehr Transparenz und erlässt detaillierte Vorschriften zur Geschäftsführung. Unter dem Druck der anstehenden Abstimmung über die Einheitskasse wurde das Gesetz im September 2014 von National- und Ständerat beschlossen. Es wurde argumentiert, dass eine Einheitskasse dann nicht mehr notwendig sei, wenn die Aufsicht besser würde. Für den VSAO war die teilweise unerfreuliche Zusammenarbeit der Ärzteschaft mit den Krankenkassen ein wichtiges Argument für die Unterstützung des Krankenkassen-Aufsichtsgesetzes (und der Einheitskasseninitiative). Aktuell läuft die Anhörung zur Verordnung, also zur Konkretisierung des Gesetzes. Wie nicht anders zu erwarten, wehren sich die 6 VSAO JOURNAL ASMAC Nr. 4 August 2015
POLITIK Krankenkassen vehement gegen eine zu starke Regulierung ihrer Tätigkeiten. Der VSAO setzt sich mit aller Deutlichkeit für eine starke Krankenkassenaufsicht ein, im Wissen um deren Nutzen nicht nur für unsere Mitglieder, sondern auch für die Patienten. Spital.illegal.normal! Ein wolkenloser Himmel bietet sich uns hoffentlich am 1./2. September 2015. Dann nämlich werden wir eine friedliche Mahnwache vor dem SECO in Bern veranstalten und die gesammelten Unterschriftenkarten übergeben. Bereits sind mehr als 15000 Unterschriften aus der Bevölkerung bei uns eingetroffen, ein starkes Zeichen für die Einhaltung des Arbeitsgesetzes in den Spitälern! Wir sind gespannt, wie Bundesrat Johann Schneider-Ammann darauf reagieren wird. ■ Nr. 4 August 2015 VSAO JOURNAL ASMAC 7
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