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blu Mai 2017

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MUSIK<br />

DAS COMEBACK VON TEXAS<br />

Fröhlich mit 50: Texas’ Sharleen<br />

Spiteri feiert das Leben mit<br />

einem neuen Album „Jump on Board“.<br />

Mal ehrlich: Wer träumt nicht davon, einmal<br />

mit Thierry Henry durch die Nacht zu<br />

cruisen? Der ehemalige Elitekicker des FC<br />

Arsenal kutschiert die Frontfrau der schottischen<br />

Pop-Institution Texas im neuen<br />

Video zum Song „Let’s Work It Out“ durch<br />

London. Beneidenswert. Begründung:<br />

„Thierry ist der Patenonkel meiner Tochter.<br />

Wir sind seit langem gut befreundet, also<br />

dachte ich, ich frag ihn einfach mal“, verrät<br />

die schöne Schottin, eigentlich glühender<br />

Fan von Celtic aus ihrer Heimatstadt<br />

Glasgow. „Es gibt aber eine historische<br />

Beziehung zwischen Celtic und Arsenal“,<br />

erklärt sie. „Charlie Nicholas war ein berühmter<br />

Glasgower Kicker und hat in den<br />

Achtzigerjahren bei Arsenal gespielt. Daher<br />

unterstütze ich in meiner Wahlheimat<br />

London natürlich Arsenal.“<br />

Seit 31 Jahren gehört die Glasgower Band,<br />

die sich nach Wim Wenders‘ Kultfilm „Paris,<br />

Texas“ benannte, zu den wichtigsten und<br />

stilprägendsten Acts der schottischen<br />

Musikszene. Neben der stimmlichen Souveränität<br />

und der entwaffnend natürlichen<br />

Ausstrahlung ihrer Frontfrau liegt das Erfolgsgeheimnis<br />

der Schottenrocker darin,<br />

sich stets neu, vor allem aber glaubhaft<br />

zu erfinden. „Würden wir heute noch die<br />

gleiche Musik machen wie 1986, gäbe es<br />

uns vermutlich nicht mehr. Du musst dich<br />

weiterentwickeln“, sagt Spiteri.<br />

Folglich arbeiteten Texas auf ihren bisherigen<br />

acht Alben mit Koautoren wie<br />

der Londoner Dancehall Crew Suncycle,<br />

Robbie Williams’ Songwriter-Sauf-Kumpel<br />

Guy Chambers, dem kanadischen Ragga<br />

MC Kardinal Offishall oder Suede-Gitarrist<br />

Bernard Butler. Doch wer auch<br />

immer ihre Song-Sterne<br />

zum Strahlen bringt, sie<br />

drehen sich stets<br />

um den Fixstern<br />

Spiteri. Auf ihrem neuen, neunten Album<br />

„Jump On Board“ besinnen sich Texas nun<br />

wieder auf ihre Wurzeln, auf lupenreinen<br />

Blue-Eyed Soul mit Sixties-Vibe, auf Motown-<br />

und Stax-Einflüsse und ihre sympathische,<br />

schottische Herzlichkeit. Wie damals<br />

stammen alle zehn neuen Nummern<br />

aus der Zusammenarbeit von Spiteri und<br />

ihrem Bassisten Johnny McElhone.<br />

Im Frühjahr 2016 beginnen die Aufnahmen<br />

im bandeigenen Studio in Glasgow, wo<br />

auch gleich selbst produziert wird. Spiteri<br />

hasst sterile Aufnahmestudios. „Für mich<br />

ist unser Heimstudio die beste Umgebung,<br />

um persönliche und ehrliche Musik zu<br />

machen“, erklärt sie. Mit Erfolg: Fans und<br />

Kritiker attestieren Spiteris Stimme stets<br />

eine faszinierende Nähe und Intimität – ihr<br />

kleines Geheimnis. In einer Dokumentation<br />

über ihr Idol Marvin Gaye erfährt sie, dass<br />

der Soul-Altmeister das kuschelige Gefühl<br />

seiner Songs einer ganz eigenen Arbeitsweise<br />

zu verdanken hat: „Er sang viele<br />

seiner Stücke zu Hause ein – liegend auf<br />

seinem Sofa.“ Auch Spiteri hat die horizontale<br />

Arbeitsweise adaptiert. Und erneut<br />

klingt ihre Stimme faszinierend nah und<br />

vertraut, souverän und sinnlich.<br />

Überhaupt haben Musiker seltsame<br />

Eigenheiten. Spiteri hat zum Beispiel eine<br />

ausgesprochene Schwäche für einen<br />

deutschen Kräuterschnaps, der vermutlich<br />

mal Sponsor eines Gassenhauers einer<br />

Düsseldorfer Punk-Band war. Ihr Gitarrist<br />

Ally McErlaine sammelt russische Taschenuhren.<br />

Seine Schwäche ist es, sie ständig<br />

zu verlieren. Sein Schicksal aber ist, 2009<br />

ein lebensbedrohliches Aneurysma zu<br />

erleiden, von dem er sich glücklicherweise<br />

völlig erholt. „Dass Ally wieder bei uns ist,<br />

macht unser Glück perfekt.“<br />

FOTO: VIVECKA NAIR<br />

„Life’s too short / let’s work it out“ heißt<br />

es in der ersten Single-Auskopplung aus<br />

„Jump on Board“, eine Aufforderung, den<br />

Moment zu schätzen und zu genießen.<br />

Es passt, dass die Songs fast durchweg<br />

tanzbar sind – Ausdruck purer Lebensfreude.<br />

Denn: Sharleen wird dieses Jahr 50.<br />

„Das Album handelt davon, älter zu werden<br />

und Frieden mit sich selbst zu schließen“,<br />

erklärt sie. „Ich habe meinen Seelenfrieden<br />

gefunden.“ Wer Sharleen in Video tanzen<br />

sieht, glaubt es ihr sofort. Glücklich, wer<br />

das von sich sagen kann … und dann von<br />

einem schönen Mann durch die Nacht<br />

gefahren wird.<br />

*Stefan Woldach

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