05/2017 Schule-Spezial
Fritz + Fränzi
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Tipp 3: Fangen Sie Ihr Kind auf, wenn<br />
es Misserfolge einstecken muss<br />
Wie würden Sie sich fühlen, wenn<br />
Sie in Ihrem Beruf trotz vollem Einsatz<br />
Woche für Woche hören müssten:<br />
«Du bist nicht gut genug! Deine<br />
Leistung reicht nicht!»? Viele Kinder<br />
machen diese Erfahrung tagtäglich<br />
– über Jahre hinweg. Wie können wir<br />
als Eltern oder Lehrperson Kinder<br />
in dieser Situa tion stärken? Vielleicht<br />
gibt Ihnen der folgende Dialog zwischen<br />
der Mutter eines rechenschwachen<br />
Kindes und mir einen Hinweis:<br />
G.: «Wie schaffen Sie es, dass Ihre<br />
Tochter sich immer wieder auf das<br />
Rechnen einlässt, obwohl sie ständig<br />
Misserfolge erlebt?»<br />
Mutter: «Wissen Sie, ich erwarte<br />
von meiner Tochter, dass Sie täglich<br />
zehn Minuten mit mir übt. Da bin<br />
ich eisern. Ich habe aber gelernt,<br />
mich mit ihr zusammen über kleine<br />
Fortschritte zu freuen. Wenn sie mit<br />
einer Prüfung nach Hause kommt<br />
und eine 4 geschafft hat, gehen wir<br />
zusammen ein Siegerglace essen.»<br />
G.: «Und was, wenn sie mit einer<br />
ungenügenden Note nach Hause<br />
kommt?»<br />
Mutter: «Dann gehen wir ein<br />
Trostglace essen! Ich will, dass sie<br />
weiss: Wenn es gut lief, freuen wir<br />
uns mit dir. Wenn es schlecht lief,<br />
fangen wir dich auf.»<br />
Tipp 4: Geniessen Sie Momente<br />
zu zweit<br />
Wenn Kinder in die <strong>Schule</strong> kommen,<br />
nimmt die Kommunikation mit den<br />
Eltern oft deutlich ab. Die Gleichaltrigen<br />
werden wichtiger, und die Kinder<br />
verbringen weniger Zeit mit den<br />
Eltern. Auf die Frage, wie es in der<br />
<strong>Schule</strong> war, antworten viele Kinder<br />
mit einem einsilbigen «gut».<br />
Damit wir mit unseren Kindern<br />
im Austausch bleiben und auch Persönliches<br />
erfahren, ist es hilfreich,<br />
wenn wir uns bewusst Zeit dafür<br />
nehmen. Kinder sprechen Themen,<br />
die sie beschäftigen oder ihnen sogar<br />
Sorgen bereiten, nicht gerne am Esstisch<br />
mit der Familie an. Sie können<br />
als Mutter oder Vater darauf achten,<br />
Zeit mit einem Kind alleine einzuplanen.<br />
Statt dass man einen Ausflug<br />
zu viert macht, könnte die Mutter<br />
mit dem Sohn, der Vater mit der<br />
Tochter etwas unternehmen. Eltern<br />
sind regelmässig erstaunt, wie viel<br />
besser sie ihre Kinder kennenlernen<br />
und wie viel Nähe plötzlich wieder<br />
da ist, wenn sie sich ganz bewusst<br />
für ein Kind Zeit nehmen: nur zu<br />
zweit und ohne To-do-Liste im Kopf.<br />
Tipp 5: Geben Sie Ihrem Kind die<br />
Möglichkeit, sich zu engagieren<br />
Kinder, die die Erfahrung machen,<br />
dass sie für ihre Familie, ihr Team<br />
oder ihre Klasse wichtig sind und<br />
einen Beitrag zu einem grösseren<br />
Ganzen beisteuern können, entwickeln<br />
ein höheres Selbstwertgefühl.<br />
Das konnte sogar die Forschung<br />
nachweisen: Kinder, die sich eine<br />
Stunde pro Woche ehrenamtlich für<br />
eine gute Sache betätigen sind<br />
zufriedener, übernehmen auch in<br />
anderen Bereichen wie der <strong>Schule</strong><br />
mehr Verantwortung und entwickeln<br />
mehr Selbstvertrauen und<br />
höhere soziale Kompetenzen.<br />
Dabei haben Kinder vor allem<br />
dann das Gefühl, einen echten Beitrag<br />
geleistet zu haben, wenn sie<br />
etwas für sie Anspruchsvolles beitragen<br />
können. Ein 5-Jähriger ist stolz,<br />
wenn er den Tisch decken darf. Eine<br />
10-Jährige würde vielleicht lieber<br />
einmal pro Woche für die ganze<br />
Familie kochen.<br />
Unsere Gesellschaft ist sehr auf<br />
das Individuum ausgerichtet. Dabei<br />
wäre das Gefühl der Zugehörigkeit<br />
ein wichtiger Schutz vor psychischen<br />
Problemen. Wenn wir uns etwas<br />
mehr auf andere konzentrieren als<br />
auf uns selbst, wächst unser Selbstwertgefühl.<br />
Wir lesen an den Gesichtern<br />
anderer Menschen ab, dass<br />
unser Beitrag geschätzt wird. Wir<br />
sehen eine gute Sache wachsen, freuen<br />
uns darob, empfinden unser<br />
Leben als wert- und sinnvoll. Zu -<br />
gleich weitet sich der Blick. Wir sind<br />
nicht mehr so stark auf uns fixiert,<br />
Du kannst dich durch Üben<br />
verbessern; ich sehe<br />
(auch kleine!) Fortschritte<br />
und freue mich darüber.<br />
denken weniger darüber nach, wie<br />
andere uns sehen, wie wir wirken<br />
und wie bedeutsam wir sind.<br />
Ein starkes Kind sagt von sich:<br />
Ich kann<br />
• mich über Erfolge freuen,<br />
• aus Misserfolgen und Fehlern<br />
lernen,<br />
• mich durch Anstrengung und<br />
Übung verbessern,<br />
• Probleme lösen und Schwierigkeiten<br />
überwinden,<br />
• mit anderen sprechen, wenn<br />
mich Sorgen quälen,<br />
• mir Hilfe und Unterstützung<br />
holen.<br />
Ich bin<br />
• als Mensch liebenswert,<br />
• verantwortlich für das, was ich tue,<br />
• zuversichtlich, dass ich mit<br />
Proble men und schwierigen<br />
Gefühlen umgehen kann,<br />
• mir bewusst, dass mein Wert<br />
als Mensch nicht von meinen<br />
Leistungen abhängt.<br />
Ich habe<br />
• Eltern, die mir zuhören und sich<br />
Zeit für mich nehmen,<br />
• Menschen in meinem Leben, die<br />
mich so annehmen und lieben,<br />
wie ich bin,<br />
• Menschen, die mir helfen, wenn<br />
ich Hilfe brauche, und mich<br />
gleichzeitig darin bestärken,<br />
selbstbestimmt zu handeln,<br />
• Werte, die mir wichtig sind und<br />
für die ich mich einsetzen kann.<br />
Dieser Text ist erschienen in: Das<br />
Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi,<br />
Ausgabe 2 / März 2015.<br />
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />
Frühjahr <strong>2017</strong>15