05/2017 Schule-Spezial
Fritz + Fränzi
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Erziehung & <strong>Schule</strong><br />
Oskar Jenni: «Ich<br />
rate Eltern zu<br />
Gelassenheit.<br />
Kinder sind<br />
robuster, als wir<br />
denken.»<br />
>>> machen, dass ihr Kind in der<br />
<strong>Schule</strong> nicht erfolgreich ist.<br />
Eltern stehen tatsächlich unter<br />
einem grossen Druck. Man macht<br />
sie heute für den Erfolg ihrer Kinder<br />
verantwortlich. Doch die kindliche<br />
Entwicklung kann man nicht be <br />
schleunigen.<br />
Können Eltern denn nichts tun?<br />
Eltern sollen Vertrauen in die Fähigkeiten<br />
ihres Kindes haben, Geborgenheit<br />
und Sicherheit vermitteln,<br />
aber auch Führung und Struktur<br />
geben und ihre eigenen Vorstellungen<br />
und Wünsche zurückstellen. Es<br />
gilt, zu spüren, was ein Kind bewältigen<br />
kann und in welchen Situationen<br />
es überfordert ist und Unterstützung<br />
braucht.<br />
Und mehr nicht?<br />
Die Gesellschaft geht von einem veralteten<br />
Entwicklungsmodell aus, das<br />
sagt, dass das Kind von aussen ge <br />
steuert werden kann. Dabei ist Entwicklung<br />
ein ausserordentlich komplexer<br />
Prozess, der vom Kind aus in<br />
engem Zusammenspiel mit der<br />
Umwelt gesteuert wird. Entwicklung<br />
ist eine Mischung aus dem, was das<br />
Kind selbst mitbringt, und dem, was<br />
ihm die Umwelt bereitstellt. Es gibt<br />
viele Untersuchungen, die zeigen,<br />
dass der elterliche Einfluss für eine<br />
erfolgreiche Schulkarriere eher ge <br />
ring ist.<br />
«Ein Kind, das<br />
zu früh eingeschult<br />
wurde, kann schon<br />
früh Misserfolge<br />
erleben.»<br />
Das hört sich entlastend an.<br />
Ja, ob ein Kind erfolgreich ist, hängt<br />
von ganz vielen Faktoren ab. Von den<br />
Eigenschaften, die das Kind selbst<br />
mitbringt, vom Umfeld, das wir<br />
bereitstellen, und von den Vorbildern.<br />
Das sind Treiber der Entwicklung,<br />
die eine grosse Rolle spielen.<br />
Als Eltern hat man wenig Einfluss<br />
darauf, diese aktiv und gezielt zu<br />
beeinflussen und zu steuern.<br />
Also sollten Eltern sich früh überlegen,<br />
in welchem <strong>Schule</strong>inzugsgebiet<br />
sie mit ihren Kindern leben wollen?<br />
Das ist keine Garantie, dass es gut<br />
kommt. Es gibt Faktoren, die man<br />
im Vorfeld nicht beeinflussen kann.<br />
Wie ist die Lehrperson? Wie ist die<br />
Klassenzusammensetzung? Gibt es<br />
viele schwierige Kinder, die die Aufmerksamkeit<br />
der Lehrperson beanspruchen?<br />
Fragen, die man nicht<br />
zuverlässig beantworten kann. Da<br />
plädiere ich dafür, dass die Eltern<br />
gelassen bleiben.<br />
Also kann man als Eltern im Vorfeld<br />
gar keinen Einfluss nehmen?<br />
Einen gewissen Einfluss auf den<br />
<strong>Schule</strong>rfolg haben Eltern bei der<br />
Wahl des Einschulungszeitpunktes.<br />
Wenn das Kind in der Entwicklung<br />
oder in seinem Verhalten verzögert<br />
ist, dann rate ich, lieber etwas zuzuwarten.<br />
So hat das Kind noch Zeit,<br />
weitere Entwicklungsschritte zu<br />
machen, und es kommt gestärkt in<br />
die <strong>Schule</strong>. Ein Kind, das zu früh<br />
eingeschult wird, kann schon früh<br />
Misserfolge erleben und den Rückstand<br />
nicht mehr aufholen. Es gibt<br />
eine Reihe von Studien, die belegen,<br />
dass eine zu frühe Einschulung<br />
Grund für späteres Schulversagen<br />
beziehungsweise schlechtere Leistungen<br />
sein kann.<br />
Nun rückt der grosse Tag also näher.<br />
Wie bereite ich mein Kind auf die<br />
Einschulung vor?<br />
Der erste Schultag ist ein grosses<br />
Ereignis im Leben, wer erinnert sich<br />
nicht daran? Man sollte das mit seinem<br />
Kind entspannt besprechen.<br />
Welchen Schulthek wollen wir kaufen?<br />
Wie ist der Schulweg? Mit wem<br />
kommst du in eine Klasse, wie wird<br />
die Lehrerin sein? Ich bin überzeugt,<br />
dass die meisten Kinder den Übergang<br />
vom Kindergarten in die erste<br />
Klasse gut meistern. Vertrauen wir<br />
den Kindern. Sie sind ohnehin viel<br />
widerstandsfähiger, als wir denken.<br />
Meine Botschaft an die Eltern lautet:<br />
In den ersten zwei Schuljahren sollte<br />
die Leistung des Kindes nicht im<br />
Vordergrund stehen. Es geht darum,<br />
das Schulleben kennenzulernen und<br />
nicht primär die Leistungsanforderungen<br />
zu spüren.<br />
Und was kann ich als Mutter oder<br />
Vater dafür tun, dass mein Kind den<br />
Spass an der <strong>Schule</strong> auch über die<br />
ersten zwei Jahre hinaus behält?<br />
«Bei schulischen<br />
Problemen ist es<br />
wichtig, als Eltern<br />
nicht in einen<br />
Rollenkonflikt zu<br />
geraten.»<br />
Wenn Eltern merken, dass ihr Kind<br />
nicht klarkommt, ist es falsch, sich<br />
auf die Probleme zu fokussieren, sich<br />
ständig mit dem Kind hinzusetzen,<br />
viel gemeinsam zu lernen und Hausaufgaben<br />
zu machen. Es ist dann<br />
wichtig, das Gespräch mit den Lehrpersonen<br />
zu suchen und schulische<br />
Aufgaben an die <strong>Schule</strong> zu delegieren.<br />
Ansonsten geraten Eltern in<br />
einen Rollenkonflikt.<br />
Warum das?<br />
Kinder brauchen die Eltern als Be <br />
zugspersonen, die ihnen Geborgenheit<br />
und Sicherheit geben. Leistungsstress<br />
beeinträchtigt diese Beziehung.<br />
Eltern kommen oft zu mir und sagen:<br />
Die Beziehung zu meinem Kind ist<br />
gestört, wir streiten oft, aber nur bei<br />
den Hausaufgaben und Schulthemen.<br />
Sobald der Schuldruck weg ist,<br />
finden wir wieder zu uns.<br />
Also sind Eltern gar nicht für die<br />
Hausaufgaben ihrer Kinder verantwortlich?<br />
Bei denjenigen Kindern, die keine<br />
Probleme mit schulischen Anforderungen<br />
haben und die Anforderungen<br />
gut meistern, ist es wichtig, In <br />
ter esse zu zeigen. Aber in dem<br />
Moment, in dem es Probleme >>><br />
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />
Frühjahr <strong>2017</strong>21