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werden, hätte sich der Aufwand für Ethikunterricht<br />

bei weitem gelohnt.<br />

Eines sollte sicher sein: Ethische Erziehung gehört<br />

in die Schule, die öffentliche Erziehung wird es<br />

sich nicht leisten können, dem Lauf der Dinge mit<br />

geschlossenen Augen zuzusehen und das Lehren<br />

ethischen Verhaltens dem freien Spiel der Kräfte<br />

am Markt, dem Angebot und der Nachfrage, den<br />

kommerziellen Massenmedien zu überlassen. Einer<br />

hochspezialisierten Wissenschaftlichkeit darf<br />

keine ethisch-politische Unwissenheit gegenüber<br />

stehen. Dies als dringender Appell an die politisch<br />

relevanten Kräfte in Österreich.<br />

Ergänzend noch ein Wort zum geforderten Ethikunterricht<br />

als solchem:<br />

Anton Hügli, emeritierter Professor für Philosophie<br />

und Pädagogik an der Universität in Basel, sagt,<br />

dass es zu den ältesten Ansichten gehört, dass der<br />

größte Teil moralischer Erziehung und Bewusstseinsbildung<br />

nicht über das gesprochene und gelehrte<br />

Wort – er meint hier Ethiktheorie – erfolgt,<br />

sondern über das Beispiel und die anschließende<br />

Vorbildwirkung. Man könnte wohl in Abwandlung<br />

eines bekannten Zitates von Immanuel Kant<br />

(<strong>17</strong>24-1804), deutscher Aufklärungsphilosoph,<br />

sagen: „Ethiktheorie ohne ethische Praxis ist leer,<br />

ethische Praxis ohne Ethiktheorie ist blind“. Auch<br />

hier ist ein Nachholbedarf an vielen Schulen auch<br />

für die Lehrenden gegeben.<br />

An der geforderten neuen Schule (der Schule als<br />

Polis) erfahren die Schüler die wichtigsten Merkmale<br />

unserer Gesellschaft – diejenigen, die sie hat<br />

und diejenigen, die sie haben will. Als eine „embryonic<br />

society“ soll Schule also den Lebensraum<br />

Gesellschaft realisieren, indem Spielregeln beachtet<br />

werden, die den Grundwerten der Gesellschaft<br />

entsprechen: Würde und Freiheit der Person, Vielfalt<br />

der Meinungen, von Lebenszielen und Lebensformen<br />

und ihre pluralistische Gestalt.<br />

„Schule als Ganzes ist Ethikunterricht“, so die Forderung,<br />

Schule als Lebens- und Erfahrungsraum.<br />

Gemeint ist damit, dass nicht nur die einzelnen<br />

Fächer Orte ethischen Lehrens und Lernens sind,<br />

sondern das Schulleben als Ganzes, das sich in regelmäßigen<br />

Festen, Feiern, Projekten und Exkursionen,<br />

im Umgangsstil, der an der Schule lebenden<br />

und arbeitenden Menschen und in vielem anderem<br />

ausdrückt und verlebendigt. Gelebte Ethik an der<br />

Schule betrifft letztlich alle am Bildungskontext<br />

Beteiligten, somit auch die Schulverwaltung und<br />

-politik. Ethik ist somit eine permanente und umfassende<br />

Aufgabe der Schule im weitesten Sinne.<br />

Ist ethisches Bewusstsein internalisiert, bietet es<br />

wesentlich größere Gewähr für richtiges und gerechtes<br />

Handeln, mehr als es präventive Gesetze<br />

jemals könnten. Oft wurde schon die Geschichte<br />

von Menschen durch die eigene Schulgeschichte<br />

geprägt, sowohl positiv als auch negativ (Stalin,<br />

Hitler); ein starkes Indiz für die Bedeutung der<br />

Schule als Lebens- und Erfahrungsraum.

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