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Zeit für Reform von E. G. White

Vor fünfhundert Jahren, eine Zeit der Reform war ausgebrochen. Die Aufmerksamkeit aller Parteien richtete sich nun auf die Versammlung der deutschen Länder, die kurz nach Karls Thronbesteigung in Worms tagte. Wichtige politische Fragen und Belange sollten auf diesem Reichstag erörtert werden; zum erstenmal sollten die deutschen Fürsten ihrem jugendlichen Monarchen auf einer Ratsversammlung begegnen. Aus allen deutschen Landen hatten sich die Würdenträger der Kirche und des Reiches eingefunden. Der weltliche Adel, gewaltig und eifersüchtig auf seine Erbrechte bedacht; Kirchenfürsten, stolz in dem Bewußtsein ihrer Überlegenheit an Rang und Macht; höfische Ritter und ihr bewaffnetes Gefolge; Gesandte aus fremden und fernen Ländern — alle versammelten sich in Worms. Und auf dieser großartigen Versammlung erregte die Sache des sächsischen Reformators die größte Aufmerksamkeit.

Vor fünfhundert Jahren, eine Zeit der Reform war ausgebrochen. Die Aufmerksamkeit aller Parteien richtete sich nun auf die Versammlung der deutschen Länder, die kurz nach Karls Thronbesteigung in Worms tagte. Wichtige politische Fragen und Belange sollten auf diesem Reichstag erörtert werden; zum erstenmal sollten die deutschen Fürsten ihrem jugendlichen Monarchen auf einer Ratsversammlung begegnen. Aus allen deutschen Landen hatten sich die Würdenträger der Kirche und des Reiches eingefunden. Der weltliche Adel, gewaltig und eifersüchtig auf seine Erbrechte bedacht; Kirchenfürsten, stolz in dem Bewußtsein ihrer Überlegenheit an Rang und Macht; höfische Ritter und ihr bewaffnetes Gefolge; Gesandte aus fremden und fernen Ländern — alle versammelten sich in Worms. Und auf dieser großartigen Versammlung erregte die Sache des sächsischen Reformators die größte Aufmerksamkeit.

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<strong>Zeit</strong> <strong>für</strong> <strong>Reform</strong><br />

Das auf den Altären des Protestantismus nahezu ausgelöschte Feuer der göttlichen Wahrheit sollte <strong>von</strong><br />

der alten Fackel, die die böhmischen Christen brennend erhalten hatten, wieder angezündet werden. Nach<br />

der <strong>Reform</strong>ation war der Protestantismus in Böhmen <strong>von</strong> den römischen Horden niedergetreten worden.<br />

Alle, die der Wahrheit nicht entsagen wollten, wurden zur Flucht gezwungen.Etliche <strong>von</strong> diesen fanden eine<br />

Zuflucht in Sachsen, wo sie den alten Glauben aufrechterhielten. Über die Nachkommen dieser Christen<br />

gelangte das Licht zu Wesley und seinen Gefährten.<br />

Nachdem John und Charles Wesley zum Predigtamt eingesegnet worden waren, wurden sie mit einem<br />

Missionsauftrag nach Amerika gesandt. An Bord des Schiffes befand sich eine Gesellschaft mährischer<br />

Brüder. Während der Überfahrt gab es heftige Stürme und als John Wesley den Tod vor Augen sah, fühlte<br />

er, daß er nicht die Gewißheit des Friedens mit Gott hatte. Die mährischen Brüder hingegen bekundeten eine<br />

Ruhe und ein Vertrauen, die ihm fremd waren.<br />

Er sagte: „Ich hatte lange zuvor den großen Ernst in ihrem Benehmen beobachtet. Sie hatten beständig<br />

ihre Demut an den Tag gelegt, indem sie <strong>für</strong> die andern Reisenden niedrige Dienstleistungen verrichteten,<br />

deren sich keiner der Engländer unterziehen wollte. Sie hatten da<strong>für</strong> keine Bezahlung verlangt, sondern sie<br />

ausgeschlagen, indem sie sagten, es wäre gut <strong>für</strong> ihre stolzen Herzen, und ihr Heiland hätte noch mehr <strong>für</strong><br />

sie getan. Jeder Tag hatte ihnen Gelegenheit geboten, eine Sanftmut zu zeigen, die keine Beleidigung<br />

beseitigen konnte. Wurden sie gestoßen, geschlagen oder niedergeworfen, so erhoben sie sich wieder und<br />

gingen weg; aber keine Klage wurde in ihrem Munde gefunden. Jetzt sollten sie geprüft werden, ob sie <strong>von</strong><br />

dem Geist der Furcht ebenso frei waren wie <strong>von</strong> dem des Stolzes, des Zornes und der Rachsucht. Während<br />

sie gerade einen Psalm sangen mit dem ihr Gottesdienst begann, brach eine Sturzwelle herein, riß das große<br />

Segel in Stücke, bedeckte das Schiff und ergoß sich zwischen die Decks, so daß es schien, als ob die große<br />

Tiefe uns bereits verschlungen hätte. Unter den Engländern erhob sich ein furchtbares Angstgeschrei. Die<br />

Brüder aber sangen ruhig weiter. Ich fragte nachher einen <strong>von</strong> ihnen: ‚Waren Sie nicht erschrocken¿.<br />

Er antwortete: ‚Gott sei Dank nicht.‘ ‚Aber‘, sagte ich, ‚waren ihre Weiber und ihre Kinder nicht<br />

erschrocken¿. Er erwiderte mild: ‚Nein unsere Weiber und Kinder <strong>für</strong>chten sich nicht, zu sterben.‘“ Nach<br />

der Ankunft in Savannah weilte Wesley kurze <strong>Zeit</strong> bei den mährischen Brüdern und war tief beeindruckt<br />

<strong>von</strong> ihrem christlichen Verhalten. Über einen ihrer Gottesdienste, die in auffallendem Gegensatz zu dem<br />

leblosen Formenwesen der anglikanischen Kirche standen, schrieb er: „Sowohl die große Einfachheit als<br />

auch die Feierlichkeit des Ganzen ließen mich die dazwischenliegenden 1700 Jahre beinahe vergessen und<br />

versetzten mich in eine Versammlung wo Form und Staat nicht galten, sondern wo Paulus, der Zeltmacher,<br />

oder Petrus, der Fischer, unter Bekundung des Geistes und der Kraft den Vorsitz hatten.“<br />

Auf seiner Rückreise nach England gelangte Wesley unter der Belehrung eines mährischen Predigers<br />

zu einem klareren Verständnis des biblischen Glaubens. Er ließ sich überzeugen, daß sein Seelenheil nicht<br />

<strong>von</strong> seinen eigenen Werken abhängt, sondern daß er einzig auf „Gottes Lamm, welches der Welt Sünde<br />

trägt“, vertrauen müsse. Auf einer in London tagenden Versammlung der mährischen Brüder wurde eine<br />

Schrift Luthers vorgelesen (Luthers Vorrede zum Römerbrief, enthaltend die Lehre <strong>von</strong> der Rechtfertigung<br />

durch den Glauben), welche die Veränderung beschrieb, die der Geist Gottes im Herzen des Gläubigen<br />

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