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Zeit für Reform von E. G. White

Vor fünfhundert Jahren, eine Zeit der Reform war ausgebrochen. Die Aufmerksamkeit aller Parteien richtete sich nun auf die Versammlung der deutschen Länder, die kurz nach Karls Thronbesteigung in Worms tagte. Wichtige politische Fragen und Belange sollten auf diesem Reichstag erörtert werden; zum erstenmal sollten die deutschen Fürsten ihrem jugendlichen Monarchen auf einer Ratsversammlung begegnen. Aus allen deutschen Landen hatten sich die Würdenträger der Kirche und des Reiches eingefunden. Der weltliche Adel, gewaltig und eifersüchtig auf seine Erbrechte bedacht; Kirchenfürsten, stolz in dem Bewußtsein ihrer Überlegenheit an Rang und Macht; höfische Ritter und ihr bewaffnetes Gefolge; Gesandte aus fremden und fernen Ländern — alle versammelten sich in Worms. Und auf dieser großartigen Versammlung erregte die Sache des sächsischen Reformators die größte Aufmerksamkeit.

Vor fünfhundert Jahren, eine Zeit der Reform war ausgebrochen. Die Aufmerksamkeit aller Parteien richtete sich nun auf die Versammlung der deutschen Länder, die kurz nach Karls Thronbesteigung in Worms tagte. Wichtige politische Fragen und Belange sollten auf diesem Reichstag erörtert werden; zum erstenmal sollten die deutschen Fürsten ihrem jugendlichen Monarchen auf einer Ratsversammlung begegnen. Aus allen deutschen Landen hatten sich die Würdenträger der Kirche und des Reiches eingefunden. Der weltliche Adel, gewaltig und eifersüchtig auf seine Erbrechte bedacht; Kirchenfürsten, stolz in dem Bewußtsein ihrer Überlegenheit an Rang und Macht; höfische Ritter und ihr bewaffnetes Gefolge; Gesandte aus fremden und fernen Ländern — alle versammelten sich in Worms. Und auf dieser großartigen Versammlung erregte die Sache des sächsischen Reformators die größte Aufmerksamkeit.

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<strong>Zeit</strong> <strong>für</strong> <strong>Reform</strong><br />

Wer solche habe, solle sie binnen acht Tagen nach Veröffentlichung dieser Verordnung dem Bischofe des<br />

Orts ausliefern, damit sie verbrannt würden; wer das nicht tue, er sei Kleriker oder Laie, solle als der Ketzerei<br />

verdächtig erachtet werden ... 1486 erklärte der Erzbischof <strong>von</strong> Mainz, daß die deutsche Sprache nicht<br />

geeignet sei <strong>für</strong> den Ausdruck der tiefen Religionswahrheiten ... Erneuert und verschärft wurde das Verbot<br />

des Bibellesens gegenüber dem Jansenismus [<strong>Reform</strong>ationsrichtung in Frankreich], besonders nach dem<br />

Erscheinen der französischen Übersetzung des Neuen Testaments <strong>von</strong> Pater Quesnel (Paris 1693) mit<br />

Erklärungen, in welchen gelehrt wird, daß die Bibel <strong>für</strong> alle Christen gegeben worden sei, ja, daß sie ihnen<br />

nützlich, ja notwendig sei ... Diesen Lehrsätzen trat Clemens XI. in der berüchtigten Bulle Unigenitus 1713<br />

mit 101 Propositiones entgegen, in welchen nicht bloß Sätze aus Quesnels Neuem Testament, sondern auch<br />

solche, die beinahe buchstäblich in der Heiligen Schrift sich finden, ... kurz als Ausbund alles Schlechten<br />

verdammt wurden ... Nach heftigen Kämpfen gelang es den Jesuiten, bei dem Parlamente ihre Eintragung in<br />

die Reichsgesetze durchzusetzen.“(Meusel, Kirchliches Handlexikon, Bd.I, S.417f.)<br />

Anm 036: Die Unterdrückung und Vernichtung der Heiligen Schrift — (Seite 268)<br />

Das Konzil zu Toulouse, das zur <strong>Zeit</strong> des Kreuzzuges gegen die Albigenser tagte, entschied: „Wir<br />

untersagen auch, daß man den Laien gestatte, die Bücher des Alten und des Neuen Testaments zu besitzen ...<br />

Wir verbieten ihnen auf das nachdrücklichste, die oben erwähnten Bücher in der Volkssprache zu<br />

besitzen.“ — „Die Wohnungen, die elendesten Hütten und selbst die verborgensten Zufluchtsstätten jener<br />

Menschen, bei denen man derartige Schriften findet, sollen vollständig vernichtet werden. Diese Leute sollen<br />

bis in die Wälder und Höhlen verfolgt werden, und wer ihnen Obdach gewährt, hat strenge Strafe zu<br />

erwarten.“ (Concil. Tolosanum, Pope Gregory IX., Anno chr. 1229, Decree 2,14.)<br />

Das Konzil zu Tarragona (1234) bestimmte: „Niemand darf das Alte oder Neue Testament lesen oder<br />

verbreiten ... oder ... er würde der Ketzerei angeklagt werden.“ Auf dem Konzil zu Konstanz 1415 wurde<br />

Wiklif nachträglich noch durch den Erzbischof <strong>von</strong> Canterbury, Arundel, verdammt als „jener giftige Bube<br />

einer verdammungswürdigen Ketzerei, der eine neue Übersetzung der Heiligen Schrift in seiner<br />

Muttersprache eingeführt hat“.<br />

Der Kampf der katholischen Kirche gegen die Bibel zieht sich durch alle Jahrhunderte hindurch und<br />

entfaltete sich besonders zur <strong>Zeit</strong> der Gründung der Bibelgesellschaften. Am 8. Dezember 1866<br />

veröffentlichte Papst Pius IX. in dem der Enzyklika Quanta cura beigefügten Syllabus errorum ein<br />

Verzeichnis <strong>von</strong> 80 „Irrtümern“. Hier sind unter Hinweis auf frühere päpstliche Verlautbarungen die<br />

Bibelgesellschaften zusammen mit Sozialismus, Kommunismus, heimlichen Vereinigungen und<br />

Vereinigungen liberaler Geistlicher als „Pest“ verdammt,nachdem bereits 1864 Pius IX. in der Enzyklika<br />

Qui pluribus <strong>von</strong> den „überaus verschmitzten Bibelgesellschaften, die den alten Kunstgriff der Häretiker<br />

erneuert und die Bücher der göttlichen Schriften, entgegen den allerheiligsten Vorschriften der Kirche, in<br />

alle Landessprachen übersetzen und mit oft verdrehten Erklärungen versehen“, gesprochen hat.<br />

Erst in neuerer <strong>Zeit</strong> ist in dieser Hinsicht eine gewisse Wendung wahrnehmbar,wenn auch das<br />

Verbot,protestantische oder vom Heiligen Stuhl nicht genehmigte Übersetzungen zu lesen, noch fortbesteht<br />

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