14.07.2017 Aufrufe

Zeit für Reform von E. G. White

Vor fünfhundert Jahren, eine Zeit der Reform war ausgebrochen. Die Aufmerksamkeit aller Parteien richtete sich nun auf die Versammlung der deutschen Länder, die kurz nach Karls Thronbesteigung in Worms tagte. Wichtige politische Fragen und Belange sollten auf diesem Reichstag erörtert werden; zum erstenmal sollten die deutschen Fürsten ihrem jugendlichen Monarchen auf einer Ratsversammlung begegnen. Aus allen deutschen Landen hatten sich die Würdenträger der Kirche und des Reiches eingefunden. Der weltliche Adel, gewaltig und eifersüchtig auf seine Erbrechte bedacht; Kirchenfürsten, stolz in dem Bewußtsein ihrer Überlegenheit an Rang und Macht; höfische Ritter und ihr bewaffnetes Gefolge; Gesandte aus fremden und fernen Ländern — alle versammelten sich in Worms. Und auf dieser großartigen Versammlung erregte die Sache des sächsischen Reformators die größte Aufmerksamkeit.

Vor fünfhundert Jahren, eine Zeit der Reform war ausgebrochen. Die Aufmerksamkeit aller Parteien richtete sich nun auf die Versammlung der deutschen Länder, die kurz nach Karls Thronbesteigung in Worms tagte. Wichtige politische Fragen und Belange sollten auf diesem Reichstag erörtert werden; zum erstenmal sollten die deutschen Fürsten ihrem jugendlichen Monarchen auf einer Ratsversammlung begegnen. Aus allen deutschen Landen hatten sich die Würdenträger der Kirche und des Reiches eingefunden. Der weltliche Adel, gewaltig und eifersüchtig auf seine Erbrechte bedacht; Kirchenfürsten, stolz in dem Bewußtsein ihrer Überlegenheit an Rang und Macht; höfische Ritter und ihr bewaffnetes Gefolge; Gesandte aus fremden und fernen Ländern — alle versammelten sich in Worms. Und auf dieser großartigen Versammlung erregte die Sache des sächsischen Reformators die größte Aufmerksamkeit.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Zeit</strong> <strong>für</strong> <strong>Reform</strong><br />

waren in viele Parteien zersplittert, die es auf nichts anderes als auf ihre gegenseitige Ausrottung abgesehen<br />

zu haben schienen.“ Zu dem allgemeinen Elend kam noch hinzu, daß die Nation in einen langen,<br />

verheerenden Krieg mit den europäischen Großmächten verwickelt wurde.<br />

„Das Land war beinahe bankrott, die Truppen schrien nach ihrem rückständigen Sold, die Pariser<br />

waren am Verhungern, die Provinzen wurden <strong>von</strong> Räubern verwüstet und die Zivilisation ging beinahe unter<br />

im Aufruhr und in der Zügellosigkeit.“ Nur zu genau hatte das Volk die Lehren der Grausamkeit und der<br />

Folter gelernt, die Rom mit solchem Fleiß erteilt hatte. Jetzt war der Tag der Vergeltung gekommen. Aber<br />

es waren nicht mehr die Jünger Jesu, die in Kerker geworfen und auf Scheiterhaufen geschleppt wurden;<br />

denn diese waren längst umgekommen oder aus ihrer Heimat vertrieben worden. Das unbarmherzige Rom<br />

selbst fühlte die tödliche Macht derer, die es ausgebildet hatte, sich an Bluttaten zu vergnügen. „Das Beispiel<br />

der Verfolgung, das die französische Geistlichkeit so lange gegeben hatte, wurde ihr nun mit großem<br />

Nachdruck vergolten. Die Schafotte färbten sich rot <strong>von</strong> dem Blut der Priester. Die Galeeren und<br />

Gefängnisse, die einst Hugenotten bargen, wurden jetzt mit deren Verfolgern angefüllt. An die Ruderbank<br />

gekettet und mühsam am Riemen ziehend, machte die katholische Geistlichkeit alle Qualen durch, die sie so<br />

reichlich über die friedliebenden Ketzer gebracht hatte.“ (Siehe Anm. 039)<br />

„Dann kamen jene Tage, als die grausamsten aller Gesetze <strong>von</strong> dem unmenschlichsten aller<br />

Gerichtshöfe gehandhabt wurden, als niemand seinen Nachbar grüßen oder sein Gebet verrichten konnte ...,<br />

ohne Gefahr zu laufen, ein Kapitalverbrechen zu begehen, als in jedem Winkel Spione lauerten, als<br />

allmorgendlich die Guillotine lange und schwer arbeitete, die Gefängnisse so gedrängt voll waren wie die<br />

Räume eines Sklavenschiffes, in den Straßenrinnen das Blut schäumend der Seine zueilte ... Während täglich<br />

Wagenladungen mit Opfern durch die Straßen <strong>von</strong> Paris ihrem Schicksal entgegengefahren wurden,<br />

schwelgten die Kommissare, die der Konvent in die Provinzen gesandt hatte, in übermäßiger Grausamkeit,<br />

wie man sie selbst in der Hauptstadt nicht kannte. Das Messer der Todesmaschine stieg und fiel zu langsam<br />

<strong>für</strong> das Werk der Metzelei. Lange Reihen <strong>von</strong> Gefangenen mähte man mit Kartätschen nieder. Besetzte<br />

Boote wurden angebohrt. Lyon wurde zur Wüste. In Arras blieb den Gefangenen selbst die grausame<br />

Barmherzigkeit eines schnellen Todes versagt. Die ganze Loire hinab, <strong>von</strong> Saumur bis zum Meer, fraßen<br />

Scharen <strong>von</strong> Krähen und Weihen (habichtartige Falken) an den nackten Leichnamen, die in abscheulichen<br />

Umarmungen miteinander verschlungen waren. Weder dem Geschlecht noch dem Alter erwies man<br />

Barmherzigkeit. Die Anzahl der Jünglinge und Mädchen <strong>von</strong> siebzehn Jahren, die <strong>von</strong> dieser fluchwürdigen<br />

Regierung ermordet wurde, läßt sich nach Hunderten berechnen. Der Brust entrissene Säuglinge wurden <strong>von</strong><br />

Spieß zu Spieß die Reihen der Jakobiner entlang geworfen.“ (Siehe Anm. 040) In dem kurzen <strong>Zeit</strong>raum <strong>von</strong><br />

zehn Jahren kamen Scharen <strong>von</strong> Menschen ums Leben.<br />

All dies war nach Satans Sinn; dies zu erreichen, hatte er sich seit Jahrhunderten bemüht. Sein Plan<br />

beruhte <strong>von</strong> Anfang bis Ende auf Täuschung, und sein unverwandter Vorsatz ist, Leid und Elend über die<br />

Menschen zu bringen, Gottes Werke zu entstellen und zu beflecken, die göttliche Absicht der Liebe und des<br />

Wohlwollens zu vereiteln und dadurch Trauer im Himmel zu verursachen. Dann verblendet er durch seine<br />

täuschenden Künste die Sinne der Menschen und verleitet sie, statt ihn, Gott zu tadeln, als sei alles Elend<br />

171

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!