Courage, Mumm, Schneid
Credit Suisse bulletin, 1998/04
Credit Suisse bulletin, 1998/04
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Economic Research<br />
25<br />
frageentscheidungen der Marktteilnehmer<br />
aufeinander abzustimmen. Folglich orientiert<br />
sich auch der Einsatz der Produktions faktoren<br />
sowie deren Entgelt an den Preisen.<br />
Dort, wo Gewinne möglich sind, wird investiert<br />
und werden Arbeitsplätze geschaffen.<br />
Eine hohe Inflation ist in der Tat ein Ungemach,<br />
da sie diese Signalfunktion der<br />
Preise stört. Für Anbieter wird es schwerer,<br />
zwischen echten und vermeintlichen Knappheiten<br />
zu unterscheiden. Die Einschätzung<br />
der künftigen Preisentwicklung ist nicht<br />
mehr gut möglich – und die gerade wäre<br />
unabdingbar für jede Kauf- und Inve stitionsentscheidung.<br />
Die Unsicherheit, unter<br />
der diese Entscheidungen getroffen werden<br />
müssen, wird also grösser. Die Konsequenz:<br />
Aufgrund von falschen Erwar tungen<br />
steigt das Risiko von Fehlentscheidungen,<br />
und die daraus entstehenden Kosten wiederum<br />
dämpfen das Wachstum.<br />
Nicht nur in der Schweiz, sondern auch<br />
bei ihren wichtigsten Handelspartnern<br />
Frankreich, Deutschland, Italien, Niederlande,<br />
Japan, Grossbritannien und den<br />
USA ist heute festzustellen, dass das<br />
Preis niveau stabiler ist als in der Vergangenheit.<br />
So liegen zum Beispiel die<br />
durchschnitt lichen Inflationsraten der<br />
neunziger Jahre deutlich unter jenen der<br />
achtziger Jahre.<br />
Ein niedriges Inflationsniveau allein<br />
erleichtert indes die Einschätzung der<br />
künftigen Preisentwicklung noch nicht<br />
umfassend Auch eine geringe Schwankungs-<br />
breite der Inflationsraten müsste<br />
einen positiven Einfluss haben. Damit die<br />
In fla tionsraten nur wenig schwanken,<br />
braucht es eine stabilitätsorientierte Geldpolitik.<br />
Die Streuung der Inflationsraten ist<br />
bei den genannten Handelspartnern der<br />
Schweiz in den neunziger Jahren markant<br />
Inflationsraten im sinkflug<br />
Durchschnittliche Inflationsraten<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
tiefer als in der vorangegangenen Dekade.<br />
Eine Ausnahme bildet die Schweiz selber:<br />
In unserem Land haben die Schwankungen<br />
in den letzten Jahren zugenommen (siehe<br />
Grafik). Diese Erhöhung erklärt sich dadurch,<br />
dass die Stabilität der Inflationsraten<br />
in der Schweiz ohnehin schon sehr<br />
hoch ist.<br />
Und wie sieht’s in der Praxis aus ? Dieser<br />
Frage ist die CREDIT SUISSE in einer<br />
Unter suchung nachgegangen, die sich in<br />
eine Serie von Studien zur Wettbewerbsfähigkeit<br />
einreiht. Die Fragestellung lautete:<br />
Ist die Bedeutung der Preisniveaustabilität<br />
für das Wirtschaftswachstum<br />
auch durch die Erfahrung belegbar ?<br />
Untersucht wurde der Zusammenhang<br />
zwischen Wirtschaftswachs tum, Inflation<br />
und Streuung der Inflationsraten; er wurde<br />
anhand eines kleinen Modells analysiert.<br />
Die Untersuchungsperiode reichte von<br />
1970 bis 1997. Daten der OECD zu den<br />
erwähnten Ländern und der Schweiz dienten<br />
der Studie als Grundlage. Die von<br />
Preis- und Wech selkurseinflüssen bereinigten<br />
Zahlen zum Wachstum wurden der<br />
Infla tion und der In fla tionsstreuung gegenübergestellt;<br />
der Kon sumenten preis index<br />
diente als Massstab.<br />
«preisstabilität stärkt<br />
die wettbewerbsfähigkeit.»<br />
7.30<br />
2.23<br />
2.95<br />
11.07<br />
4.73<br />
2.84<br />
2.53<br />
2.51<br />
1.46<br />
3.26<br />
2.80<br />
7.36<br />
3.99<br />
5.50<br />
Standardabweichung der Inflationsraten<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
F D I NL J CH UK US F D I NL J CH UK US<br />
Periode 1980 – 1989 Periode 1990 – 1997 Periode 1980 – 1989 Periode 1990 – 1997<br />
Quelle: OECD, eigene Berechnungen<br />
3.28<br />
4.26<br />
0.77<br />
1.28<br />
5.47<br />
1.36<br />
2.66<br />
0.48<br />
2.24<br />
1.23<br />
1.74<br />
2.09<br />
4.15<br />
2.44<br />
Das erste Ergebnis der Auswertungen:<br />
Der Einfluss der Inflation auf das Wachstum<br />
gleicht der Flugbahn eines geworfenen<br />
Balls, die zu nächst leicht aufwärts<br />
geht, um dann stark abzufallen. Ein geringes<br />
Mass an Inflation ist mit einer wachsenden<br />
Wirtschaft vereinbar. Sobald die<br />
Inflation aber weiter wächst, kippt der<br />
Zusammenhang ins Gegenteil, und das<br />
Wachstum sinkt. Allerdings wird die Teuerung<br />
aufgrund statistischer Ungenauigkeiten<br />
bei der Mes sung überschätzt. Eine<br />
Inflationsrate von 0,5 bis 1,0 Prozent kann<br />
bereits als Preisstabilität angesehen werden.<br />
Und wird Preisstabilität so definiert,<br />
erklärt sich der positive Zusammenhang<br />
von geringer Infla tion und Wachstum. Fazit:<br />
Preisniveaustabilität ist also aus Wachstumsaspekten<br />
wünschens wert.<br />
Der zweite Befund der Untersuchung<br />
bestätigte uneingeschränkt, was die Theorie<br />
schon vermuten liess: Auch die Streuung<br />
der Inflationsrate hemmt das Wachstum.<br />
Eine um einen Prozentpunkt höhere Standardabweichung<br />
senkt das Wachstum<br />
nämlich um 1/4 Prozentpunkt im Fünfjahresdurchschnitt.<br />
Die Ergebnisse dieser empirischen Unter<br />
suchung stützen die theoretischen<br />
Ausfüh rungen. Denn sowohl eine hohe Inflation<br />
als auch starke Schwankungen der<br />
Inflationsraten bremsen das Wirtschaftswachstum.<br />
Dr. Karl Rappl, Telefon (01) 333 72 65<br />
e-mail: karl.rappl@credit-suisse.ch<br />
3.41<br />
0.98<br />
CREDIT SUISSE BULLETIN 4 |98