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Courage, Mumm, Schneid

Credit Suisse bulletin, 1998/04

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Economic Research<br />

30<br />

den Druck auf die Währungen. Im Vordergrund<br />

stehen China und Hongkong, die<br />

seit der Abwertung des Baht als einzige<br />

ihre Währungen nicht abwerten mussten.<br />

Trotz Beteuerungen der Behörden wird<br />

unter dem Druck des schwachen Yen<br />

befürchtet, dass China gezwungen sein<br />

könnte, den Yuan abzuwerten und davon<br />

auch der Hongkong-Dollar nicht verschont<br />

bliebe. Die Hiobsbotschaft, dass die chinesischen<br />

Exporte im Mai erstmals rückläufig<br />

waren, und dass noch schlechtere<br />

Zahlen folgen werden, hat diesbezüg lich<br />

aufgeschreckt. Die zugespitzte Lage veranlasste<br />

die japanische und amerikanische<br />

Notenbank, am Devisenmarkt dem<br />

Yen mit massiven Stützungskäufen unter<br />

die Arme zu greifen. Insbesondere der<br />

amerikanischen Regierung war die Sache<br />

ernst genug. Sie beschloss eine Kehrtwende<br />

gegenüber ihrer Politik, nicht am<br />

Devisenmarkt zu intervenieren. Letztmals<br />

hatte sie im August 1995 zu diesem Mittel<br />

ge griffen, obwohl man sich über die Wirkung<br />

einer solchen Intervention uneinig<br />

war. Das Problem der Nachfrage schwäche<br />

Asiens bleibt damit ungelöst.<br />

Chinas Yuan gerät unter Druck<br />

Kurzfristig ist das Risiko einer Abwertung<br />

des Yuan trotz Verschlechterung der Exporte<br />

vergleichsweise gering – und zwar<br />

aufgrund einer guten chinesischen Leistungsbilanz<br />

und Devisenreserven, die höher<br />

sind als diejenigen der amerikanischen<br />

Notenbank. Mittelfristig erscheint indes<br />

eine Abwertung des Yuan wegen der<br />

wachsenden Marktöffnung Chinas wahrscheinlich.<br />

Kursverluste in Asien und eine<br />

vorübergehende Eintrübung an den westlichen<br />

Börsen wären die Folge. Eine Abwertung<br />

der zwei letzten Wäh rungshochburgen<br />

Asiens würde wohl die<br />

asia tische Abwertungsrunde beschlies sen<br />

und ein Nachlassen von Währungsunsicherheiten<br />

einleiten. Für die Entwicklung<br />

der westlichen Börsen entscheiden aber<br />

die Gewinnaussichten der Unternehmen.<br />

Diese profitieren weiterhin von der starken<br />

Verbilligung der Rohstoffe, die den Weg<br />

für tiefere Infla tion und Zinsen ebnete.<br />

Die jüngsten Entwicklungen in Asien<br />

dürften daran wenig ändern. Als Nachteil<br />

erweist sich indes die hohe glo ba le Konkurrenz,<br />

die Preiserhöhungen bei Produkten<br />

so gut wie verunmöglicht. Deshalb<br />

sind die tiefen Inflationsraten der Industrieländer<br />

auch Ausdruck hoher globaler<br />

Konkurrenz. Andererseits beginnt der Nachfrageausfall<br />

aus Asien, sich auf die Gewinndynamik<br />

niederzuschlagen. Im ersten Quartal<br />

stiegen die Gewinne von US-Firmen um<br />

3,8 Prozent und lagen damit über den<br />

Erwar tungen. Allerdings wurden diese im<br />

Verlauf des Quartals mehrere Male deutlich<br />

nach unten revidiert.<br />

Gleiches gilt für das zweite Quartal. Bei<br />

Jahresbeginn standen die Erwartungen<br />

bei über zwölf Prozent; zurzeit bei knapp<br />

vier Prozent für die demnächst publizierten<br />

Gewinne. Da wundert es nicht, dass der<br />

US-Aktienmarkt seit Ende des ersten<br />

Quartals auf der Stelle tritt. Deshalb gleicht<br />

das Festhalten der Analysten an Gewinnzuwachsraten<br />

von elf Prozent für das dritte<br />

Quartal und 16 Prozent fürs vierte einem<br />

Blick durch die rosa Brille. Demgegenüber<br />

weisen Erträge euro päischer Firmen eine<br />

hohe Dynamik aus, so dass die Gewinne<br />

laufend nach oben revidiert werden. Woran<br />

liegt das ?<br />

Die US-Unternehmen konnten in der<br />

nun mehr achtjährigen Expansionsphase<br />

ihre Produktionskosten signifikant senken<br />

– das als Konsequenz früherer Restrukturierungs-<br />

und Investitionsmassnahmen.<br />

Ihre Kostenvorteile laufen jedoch langsam<br />

aus. In Europa wurde mit den Restruk turie<br />

rungsmass nah men erst vor wenigen Jahren<br />

begonnen. Die europäischen Früchte<br />

sind noch nicht voll gereift. Aber je länger<br />

desto mehr wer den Kostenein sparungen<br />

zu stei gen den Gewinnen führen. Zu dem<br />

ist in Europa das Restrukturierungspotential<br />

bei vielen Firmen noch nicht ausgeschöpft.<br />

Auch wird der alte Kontinent<br />

weiter hin von der Euro-Phantasie als<br />

Kata lysator profitieren.<br />

Europas Lohnstückkosten fallen<br />

Ein Vergleich der Entwicklung der Lohnstückkosten,<br />

das heisst der Arbeitskosten<br />

pro Produktionseinheit, fällt deutlich zugunsten<br />

Europas aus. Sowohl in den USA<br />

als auch in Europa sind sie auf historischem<br />

Tiefstand. In Deutschland fallen sie<br />

seit 1993. In den USA ist der Trend jedoch<br />

seit dem vierten Quartal 1996 steigend.<br />

Angesichts des angespann ten Arbeitsmarkts<br />

in den USA und der hohen Arbeitslosigkeit<br />

in Europa dürfte sich dieser Trend<br />

fortsetzen. Wir denken deshalb, dass sich<br />

ein Anstieg der Börse in den USA schwerer<br />

gestal ten wird als in Europa, wo die Unternehmen<br />

weiterhin mit sinkenden Lohn stückkosten<br />

rechnen können, um die Gewinndynamik<br />

zu stützen.<br />

Massimo cavaletto, Telefon (01) 333 45 31<br />

e-mail: massimo.cavaletto@credit-suisse.ch<br />

Asiatische Nachfrageschwäche hält an<br />

Auch Mexiko fiel 1995 infolge der Peso-Abwertung in eine Rezession, die jedoch<br />

innerhalb nur eines Jahres überwunden werden konnte. Als günstige Voraussetzung<br />

erwies sich die boomende Nachfrage der US-Wirtschaft, die eine zügige<br />

exportgetriebene mexikanische Erholung ermöglichte. Vergleichbares steht den<br />

rezessionsgebeutelten asiatischen Staaten, nachdem Japan selbst in die Rezession<br />

gefallen ist, nicht zur Verfügung. Als zusätzliche Belastung dürfte sich die<br />

teilweise instabile Lage und die notorische Abneigung asiatischer Regierungen<br />

gegen Strukturreformen erweisen. Damit wird sich eine Erholung der betroffenen<br />

Länder schleppend gestalten. Der Druck auf den Yen bleibt mittelfristig bestehen.<br />

CREDIT SUISSE BULLETIN 4 |98

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