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Credit Suisse bulletin, 2002/04

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Aber nicht nur als Direktkäufer sind die Jungen attraktiv, auch ihr<br />

indirekter Einfluss auf Kaufentscheidungen innerhalb der Familie ist<br />

nicht zu unterschätzen. US-Untersuchungen haben aufgezeigt, dass<br />

die so genannten Skippies (School Kids with Income and Purchasing<br />

Power) einen Kaufeinfluss in doppelter Höhe ihrer persönlichen<br />

Geldmittel haben. Rund 80 Prozent aller Computereinkäufe in den<br />

Vereinigten Staaten lassen sich auf den Einfluss <strong>Jugend</strong>licher auf<br />

ihre Eltern zurückführen. Beim Handykauf dürfte es sich ähnlich verhalten.<br />

Die im Auftrag der deutschen Zeitschrift «Eltern» vom Institut<br />

für Demoskopie Allensbach durchgeführte Studie «Familien Analyse<br />

20<strong>02</strong>» hat ergeben, dass Kids beim Autokauf in rund 60 Prozent<br />

der Fälle entscheiden, welches Modell die Familie schliesslich<br />

anschaffen wird. Diese Erkenntnis macht man sich auch in der Werbung<br />

gern zunutze. Produkt- und Markentreue will früh aufgebaut<br />

und gefestigt sein. Eine deutsche Marketingagentur frohlockt: «Aber<br />

auch wenn Ihr Produkt in der Erwachsenenwelt<br />

<strong>Jugend</strong>liche lassen<br />

sich nichts vormachen.<br />

Wer Erfolg haben<br />

will, muss trendig und<br />

glaubwürdig sein.<br />

angesiedelt ist, vergessen Sie nicht die Kinder<br />

und ihre Wünsche. Stichwort: frühe Markenpositionierung.<br />

Schaffen Sie positive und nachhaltige<br />

Eindrücke Ihres Produkts und die Kundentreue<br />

ist Ihnen sicher.»<br />

Wofür gibt die goldene <strong>Jugend</strong> ihr Geld aus?<br />

In der 1997 durchgeführten Studie «Kinder und<br />

<strong>Jugend</strong>liche im sich wandelnden Medienumfeld» des Schweizer<br />

Medienforschers Daniel Süss wurden 850 Schweizer <strong>Jugend</strong>liche<br />

unter anderem dazu befragt, was sie mit ihrem Sackgeld kaufen.<br />

Laut der Studie gaben 80 Prozent der 14- bis 16-Jährigen ihr Geld<br />

für Tonträger her, 46 Prozent erwarben Computerspiele und Videos<br />

und jeweils rund 40 Prozent schoben das Geld für Zeitschriften und<br />

Kleider über den Ladentisch. 20<strong>02</strong> dürfte sich das Bild ein wenig<br />

verändert haben, denn das Mobiltelefon macht der CD den ersten<br />

Rang streitig. «Viele <strong>Jugend</strong>liche brauchen jetzt ihr Taschengeld, um<br />

die Handyrechnung zu bezahlen; für den Kauf der monatlichen CD<br />

bleibt kein Rappen übrig», beklagte sich ein Vertreter der Schweizer<br />

Musikindustrie im Herbst 2001 bei der «Handelszeitung». Kein Zweifel,<br />

das magische Dreieck Musik, Mode, Sport entwickelt sich dank<br />

der Mobiltelefonie zum lukrativen Viereck.<br />

In der «Grischa Online Zeitung» präsentiert ein Schüler der Oberstufe<br />

Felsberg die Ergebnisse seiner Pausenplatz-Umfrage: «Es ist<br />

ja schon fast tragisch: Wir <strong>Jugend</strong>lichen geben mehr Geld aus, als<br />

wir besitzen. Wir verdienen noch nichts und sind zu beschäftigt, um<br />

etwas zu tun. Es nahm mich einmal wunder, wofür andere <strong>Jugend</strong>liche<br />

ihr Geld ausgeben.» Das Resultat seiner Feldforschung bestätigt<br />

den Trend: Auf Platz eins thront das Handy, gefolgt von CDs<br />

auf Platz zwei. Auf Platz drei rangieren Kleider, Sport und Ausgang.<br />

Das Handy als Spitzenreiter in der Gunst der Teenager. Da stellt<br />

sich die Frage, was Telekommunikationsanbieter unternehmen, um<br />

die junge Klientel anzulocken und an sich zu binden. Wer die Jungen<br />

heutzutage vom eigenen Produkt überzeugen will, muss sich etwas<br />

einfallen lassen. Die Zeiten, in denen Werber der Zielgruppe <strong>Jugend</strong><br />

sagten, wo es langgeht, sind vorbei. Das früher bewährte Werbekonzept<br />

«Schau mich, mag mich, kauf mich» richtet bei den heutigen<br />

<strong>Jugend</strong>lichen nicht mehr viel aus und provoziert höchstens<br />

noch ein müdes Lächeln. Das weiss man auch bei Swisscom.<br />

«<strong>Jugend</strong>liche sind mit Werbung gross geworden und sind entsprechend<br />

sensibilisiert auf Echtheit und Stimmigkeit, auch gegenüber<br />

dem Markenimage eines Produktes», meint Simon Hofmann<br />

von Swisscom Mobile.<br />

Telekomanbieter werben eifrig um die Gunst der <strong>Jugend</strong>lichen<br />

Wie gross ist der Anteil an jugendlichen Kunden? Bei Swisscom,<br />

Sunrise und Orange gibt man sich diesbezüglich bedeckt – aus<br />

«wettbewerbs- und datenschutztechnischen Gründen». Was man<br />

gerade noch zugeben mag, ist, dass die <strong>Jugend</strong> ein begehrtes<br />

Marktsegment ist: «Es ist sicher kein Geheimnis, dass die Kundengruppe<br />

zwischen 15 und 25 Jahren für uns eine grosse Bedeutung<br />

hat», erklärt Norbert Egli von Sunrise. Auch bei Swisscom ist die<br />

<strong>Jugend</strong> begehrt. «Dieses Marktfeld überlassen wir nicht gerne unseren<br />

Mitbewerbern, sondern versuchen die <strong>Jugend</strong>lichen möglichst<br />

früh von den Vorteilen von Swisscom Mobile zu überzeugen», so<br />

Simon Hofmann. Mit Gratis-SMS, speziell auf<br />

die jugendlichen Gewohnheiten zugeschnittenen<br />

Angeboten und günstigeren Tarifen versuchen<br />

alle Anbieter, die Jungen an sich zu binden.<br />

Immerhin: Der Kostenhammer Handy und die<br />

drohende Verschuldung und Zahlungsunfähigkeit<br />

bei Teenagern ist auch bei den Mobilfunkanbietern<br />

ein Thema. Alle haben speziell auf<br />

jugendliche Budgets ausgerichtete Angebote, die es entweder den<br />

Eltern oder den Kids erlauben, die Handykosten in den Griff zu bekommen.<br />

Solche Angebote, so Therese Wenger von Orange, würden<br />

aber vermehrt auch von Erwachsenen selbst genutzt.<br />

Beworben wird die junge Käuferschaft auf unterschiedlichsten<br />

Kanälen: TV für Teenager, Kino für junge Erwachsene, Mailings,<br />

Gratis-Postkarten in Restaurants, Kleider- und Musikläden. Schliesslich<br />

sind auch <strong>Jugend</strong>magazine wie «Bravo», «Mädchen», «Popcorn»,<br />

«Yam!» oder Gratis-Szenemagazine wie «forecast» und «Kult» nach<br />

wie vor ein gutes Werbeinstrument. Neben Werbung aus dem<br />

Schönheitssektor (auch heute leiden Teenager noch unter Pickeln)<br />

macht der Werbeanteil von Handyherstellern, Mobilfunkanbietern,<br />

SMS-Logos und sonstigem Zubehör einen grossen Anteil der<br />

Inserateseiten in den <strong>Jugend</strong>zeitschriften aus. Selbstverständlich<br />

gehört auch der Auftritt an Events – entweder direkt als Organisator<br />

(SMS-Partys) oder indirekt als Sponsor (Openairkino) – ins<br />

Massnahmenpaket.<br />

Zusätzlich wird der <strong>Jugend</strong> regelmässig auf den Zahn gefühlt. Sei<br />

es mittels interner Marktforschungsabteilungen, Kundenbefragungen<br />

oder externen Studien zu Konsum- und Freizeitverhalten. Firmen, die<br />

es auf das Geld der Jungen abgesehen haben, möchten verständlicherweise<br />

sicher gehen, dass sich ihre Bemühungen auch auszahlen,<br />

ihre PR- und Marketingstrategien greifen. Bei Swisscom<br />

lässt man neue Werbekampagnen durch <strong>Jugend</strong>liche vor- und<br />

nachtesten. Zudem, so Hofmann, kämen internationale Studien, die<br />

von Partnern wie Nokia, Ericsson und Motorola durchgeführt worden<br />

seien, zur Anwendung.<br />

Eines ist klar: Die <strong>Jugend</strong>lichen von heute sind eigentliche Werbeund<br />

Kommunikationsprofis. Ihnen macht so schnell keiner was vor.<br />

Wer Erfolg haben will, muss seine Glaubwürdigkeit unter Beweis<br />

stellen und kann so vielleicht die Gunst der <strong>Jugend</strong> erlangen. Ob und<br />

wie lange er sie behalten wird, steht auf einem anderen Blatt. ❙<br />

12 Credit Suisse Bulletin 4-<strong>02</strong>

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