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Aber nicht nur als Direktkäufer sind die Jungen attraktiv, auch ihr<br />
indirekter Einfluss auf Kaufentscheidungen innerhalb der Familie ist<br />
nicht zu unterschätzen. US-Untersuchungen haben aufgezeigt, dass<br />
die so genannten Skippies (School Kids with Income and Purchasing<br />
Power) einen Kaufeinfluss in doppelter Höhe ihrer persönlichen<br />
Geldmittel haben. Rund 80 Prozent aller Computereinkäufe in den<br />
Vereinigten Staaten lassen sich auf den Einfluss <strong>Jugend</strong>licher auf<br />
ihre Eltern zurückführen. Beim Handykauf dürfte es sich ähnlich verhalten.<br />
Die im Auftrag der deutschen Zeitschrift «Eltern» vom Institut<br />
für Demoskopie Allensbach durchgeführte Studie «Familien Analyse<br />
20<strong>02</strong>» hat ergeben, dass Kids beim Autokauf in rund 60 Prozent<br />
der Fälle entscheiden, welches Modell die Familie schliesslich<br />
anschaffen wird. Diese Erkenntnis macht man sich auch in der Werbung<br />
gern zunutze. Produkt- und Markentreue will früh aufgebaut<br />
und gefestigt sein. Eine deutsche Marketingagentur frohlockt: «Aber<br />
auch wenn Ihr Produkt in der Erwachsenenwelt<br />
<strong>Jugend</strong>liche lassen<br />
sich nichts vormachen.<br />
Wer Erfolg haben<br />
will, muss trendig und<br />
glaubwürdig sein.<br />
angesiedelt ist, vergessen Sie nicht die Kinder<br />
und ihre Wünsche. Stichwort: frühe Markenpositionierung.<br />
Schaffen Sie positive und nachhaltige<br />
Eindrücke Ihres Produkts und die Kundentreue<br />
ist Ihnen sicher.»<br />
Wofür gibt die goldene <strong>Jugend</strong> ihr Geld aus?<br />
In der 1997 durchgeführten Studie «Kinder und<br />
<strong>Jugend</strong>liche im sich wandelnden Medienumfeld» des Schweizer<br />
Medienforschers Daniel Süss wurden 850 Schweizer <strong>Jugend</strong>liche<br />
unter anderem dazu befragt, was sie mit ihrem Sackgeld kaufen.<br />
Laut der Studie gaben 80 Prozent der 14- bis 16-Jährigen ihr Geld<br />
für Tonträger her, 46 Prozent erwarben Computerspiele und Videos<br />
und jeweils rund 40 Prozent schoben das Geld für Zeitschriften und<br />
Kleider über den Ladentisch. 20<strong>02</strong> dürfte sich das Bild ein wenig<br />
verändert haben, denn das Mobiltelefon macht der CD den ersten<br />
Rang streitig. «Viele <strong>Jugend</strong>liche brauchen jetzt ihr Taschengeld, um<br />
die Handyrechnung zu bezahlen; für den Kauf der monatlichen CD<br />
bleibt kein Rappen übrig», beklagte sich ein Vertreter der Schweizer<br />
Musikindustrie im Herbst 2001 bei der «Handelszeitung». Kein Zweifel,<br />
das magische Dreieck Musik, Mode, Sport entwickelt sich dank<br />
der Mobiltelefonie zum lukrativen Viereck.<br />
In der «Grischa Online Zeitung» präsentiert ein Schüler der Oberstufe<br />
Felsberg die Ergebnisse seiner Pausenplatz-Umfrage: «Es ist<br />
ja schon fast tragisch: Wir <strong>Jugend</strong>lichen geben mehr Geld aus, als<br />
wir besitzen. Wir verdienen noch nichts und sind zu beschäftigt, um<br />
etwas zu tun. Es nahm mich einmal wunder, wofür andere <strong>Jugend</strong>liche<br />
ihr Geld ausgeben.» Das Resultat seiner Feldforschung bestätigt<br />
den Trend: Auf Platz eins thront das Handy, gefolgt von CDs<br />
auf Platz zwei. Auf Platz drei rangieren Kleider, Sport und Ausgang.<br />
Das Handy als Spitzenreiter in der Gunst der Teenager. Da stellt<br />
sich die Frage, was Telekommunikationsanbieter unternehmen, um<br />
die junge Klientel anzulocken und an sich zu binden. Wer die Jungen<br />
heutzutage vom eigenen Produkt überzeugen will, muss sich etwas<br />
einfallen lassen. Die Zeiten, in denen Werber der Zielgruppe <strong>Jugend</strong><br />
sagten, wo es langgeht, sind vorbei. Das früher bewährte Werbekonzept<br />
«Schau mich, mag mich, kauf mich» richtet bei den heutigen<br />
<strong>Jugend</strong>lichen nicht mehr viel aus und provoziert höchstens<br />
noch ein müdes Lächeln. Das weiss man auch bei Swisscom.<br />
«<strong>Jugend</strong>liche sind mit Werbung gross geworden und sind entsprechend<br />
sensibilisiert auf Echtheit und Stimmigkeit, auch gegenüber<br />
dem Markenimage eines Produktes», meint Simon Hofmann<br />
von Swisscom Mobile.<br />
Telekomanbieter werben eifrig um die Gunst der <strong>Jugend</strong>lichen<br />
Wie gross ist der Anteil an jugendlichen Kunden? Bei Swisscom,<br />
Sunrise und Orange gibt man sich diesbezüglich bedeckt – aus<br />
«wettbewerbs- und datenschutztechnischen Gründen». Was man<br />
gerade noch zugeben mag, ist, dass die <strong>Jugend</strong> ein begehrtes<br />
Marktsegment ist: «Es ist sicher kein Geheimnis, dass die Kundengruppe<br />
zwischen 15 und 25 Jahren für uns eine grosse Bedeutung<br />
hat», erklärt Norbert Egli von Sunrise. Auch bei Swisscom ist die<br />
<strong>Jugend</strong> begehrt. «Dieses Marktfeld überlassen wir nicht gerne unseren<br />
Mitbewerbern, sondern versuchen die <strong>Jugend</strong>lichen möglichst<br />
früh von den Vorteilen von Swisscom Mobile zu überzeugen», so<br />
Simon Hofmann. Mit Gratis-SMS, speziell auf<br />
die jugendlichen Gewohnheiten zugeschnittenen<br />
Angeboten und günstigeren Tarifen versuchen<br />
alle Anbieter, die Jungen an sich zu binden.<br />
Immerhin: Der Kostenhammer Handy und die<br />
drohende Verschuldung und Zahlungsunfähigkeit<br />
bei Teenagern ist auch bei den Mobilfunkanbietern<br />
ein Thema. Alle haben speziell auf<br />
jugendliche Budgets ausgerichtete Angebote, die es entweder den<br />
Eltern oder den Kids erlauben, die Handykosten in den Griff zu bekommen.<br />
Solche Angebote, so Therese Wenger von Orange, würden<br />
aber vermehrt auch von Erwachsenen selbst genutzt.<br />
Beworben wird die junge Käuferschaft auf unterschiedlichsten<br />
Kanälen: TV für Teenager, Kino für junge Erwachsene, Mailings,<br />
Gratis-Postkarten in Restaurants, Kleider- und Musikläden. Schliesslich<br />
sind auch <strong>Jugend</strong>magazine wie «Bravo», «Mädchen», «Popcorn»,<br />
«Yam!» oder Gratis-Szenemagazine wie «forecast» und «Kult» nach<br />
wie vor ein gutes Werbeinstrument. Neben Werbung aus dem<br />
Schönheitssektor (auch heute leiden Teenager noch unter Pickeln)<br />
macht der Werbeanteil von Handyherstellern, Mobilfunkanbietern,<br />
SMS-Logos und sonstigem Zubehör einen grossen Anteil der<br />
Inserateseiten in den <strong>Jugend</strong>zeitschriften aus. Selbstverständlich<br />
gehört auch der Auftritt an Events – entweder direkt als Organisator<br />
(SMS-Partys) oder indirekt als Sponsor (Openairkino) – ins<br />
Massnahmenpaket.<br />
Zusätzlich wird der <strong>Jugend</strong> regelmässig auf den Zahn gefühlt. Sei<br />
es mittels interner Marktforschungsabteilungen, Kundenbefragungen<br />
oder externen Studien zu Konsum- und Freizeitverhalten. Firmen, die<br />
es auf das Geld der Jungen abgesehen haben, möchten verständlicherweise<br />
sicher gehen, dass sich ihre Bemühungen auch auszahlen,<br />
ihre PR- und Marketingstrategien greifen. Bei Swisscom<br />
lässt man neue Werbekampagnen durch <strong>Jugend</strong>liche vor- und<br />
nachtesten. Zudem, so Hofmann, kämen internationale Studien, die<br />
von Partnern wie Nokia, Ericsson und Motorola durchgeführt worden<br />
seien, zur Anwendung.<br />
Eines ist klar: Die <strong>Jugend</strong>lichen von heute sind eigentliche Werbeund<br />
Kommunikationsprofis. Ihnen macht so schnell keiner was vor.<br />
Wer Erfolg haben will, muss seine Glaubwürdigkeit unter Beweis<br />
stellen und kann so vielleicht die Gunst der <strong>Jugend</strong> erlangen. Ob und<br />
wie lange er sie behalten wird, steht auf einem anderen Blatt. ❙<br />
12 Credit Suisse Bulletin 4-<strong>02</strong>