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Credit Suisse bulletin, 2002/04

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WEALTH MANAGEMENT TOPICS<br />

Wege und Irrwege von<br />

Reformen im Gesundheitswesen<br />

Das Schweizer Gesundheitswesen steht im Brennpunkt der Politik. Der gute Leistungsausweis bleibt<br />

unbestritten, doch Kostenanstieg und Prämienentwicklung sind problematisch. Leistungskürzungen sind<br />

nicht angezeigt, da Rationalisierungspotenzial besteht. Von Petra Huth und Semya Ayoubi, Economic Research & Consulting<br />

Fotos: Muriel Lässer, Martin Stollenwerk<br />

Die guten Leistungen des Gesundheitswesens<br />

erhöhen die Lebensqualität und<br />

reduzieren die volkswirtschaftlichen Kosten<br />

von Unfall und Krankheit. Doch gehören die<br />

Ausgaben für das Gesundheitswesen in der<br />

Schweiz im internationalen Vergleich zu den<br />

höchsten und drohen aus dem Ruder zu laufen.<br />

Während das Bruttoinlandprodukt (BIP)<br />

zwischen 1990 und 2000 um durchschnittlich<br />

2,5 Prozent pro Jahr gestiegen ist, nahmen<br />

die Kosten für das Gesundheitswesen um<br />

4,8 Prozent, jene für die Grundpflegeversicherung<br />

gar um 6,7 Prozent zu. Brisant ist,<br />

dass diese Kostenentwicklung eine Sozialversicherung<br />

betrifft, die über Kopfprämien<br />

finanziert wird. Die Prämienverbilligungen<br />

entlasten zwar die untersten Einkommensschichten,<br />

doch lastet der grösste Prämiendruck<br />

nun auf den Haushalten mit mittleren<br />

Einkommen ohne Verbilligungsanspruch.<br />

Warum explodieren die Kosten?<br />

Die wesentlichen Triebkräfte der Kostensteigerung<br />

lassen sich in externe und im<br />

Krankenversicherungssystem enthaltene Faktoren<br />

unterteilen. Ein externer Faktor ist<br />

die demographische Alterung. Weil der<br />

Anteil älterer Menschen in der Bevölkerung<br />

zunimmt, werden mehr Pflegeleistungen in<br />

Anspruch genommen. Erfahrungsgemäss<br />

führt auch die Nähe zum Todeszeitpunkt zu<br />

höheren Krankheitskosten. Weil aber die<br />

Mortalität gegenwärtig noch sinkt, schlägt<br />

sich dies noch nicht negativ in der Krankenversicherung<br />

nieder. Erst in etwa zehn Jahren<br />

wird die Sterbequote mit den entsprechenden<br />

Kostenfolgen tendenziell ansteigen.<br />

Der zweite externe Faktor der Kostensteigerung<br />

ist der medizinische Fortschritt. Damit<br />

gehen zwar verbesserte, aber auch teurere<br />

Behandlungsformen einher.<br />

«Das Potenzial für<br />

Rationalisierungen ist<br />

beträchtlich.»<br />

Semya Ayoubi (links) und Petra Huth<br />

Diese externen Faktoren sind nicht beeinflussbar.<br />

Um ihre Wirkungen auf die Kostenentwicklung<br />

zu bremsen, müsste der Leistungskatalog<br />

der Krankenversicherung<br />

gekürzt werden. Dies ist aber gesellschaftspolitisch<br />

nicht wünschbar. Zuerst sollten die<br />

Einsparmöglichkeiten bei den im System<br />

enthaltenen kostentreibenden Faktoren ausgeschöpft<br />

werden. So führt der Versicherungsschutz<br />

zusammen mit der hohen Wertschätzung<br />

für die Gesundheit dazu, dass<br />

die Patienten das Kosten-Nutzen-Verhältnis<br />

kaum berücksichtigen. Gleichzeitig legen<br />

Ärzte den Behandlungsbedarf selber fest und<br />

können ihre Leistungen über die Krankenversicherung<br />

abrechnen. Dies setzt Anreize<br />

zur Ausweitung der Leistungsmenge. Auch<br />

strukturelle Gründe wie mangelnde Kostentransparenz<br />

und die nicht optimierte Aufgabenteilung<br />

unter den Akteuren stehen<br />

Einsparungen entgegen.<br />

Es gibt verschiedene Reformmöglichkeiten<br />

Im ambulanten Bereich kann der Mengenausweitung<br />

begegnet werden, indem auf das<br />

Verhalten der Patientinnen und Patienten<br />

korrigierend eingewirkt wird. Versicherungsformen<br />

mit höherer Franchise oder eingeschränkter<br />

Arztwahl sind bereits mit Erfolg<br />

eingeführt. Überdies kann der Informationsstand<br />

der Versicherten mit telefonischer<br />

Beratung oder Zweitmeinungen verbessert<br />

werden. Solche Massnahmen unterstützen<br />

Zwei Studien zum Thema «Diagnose und Behandlungsvorschläge»<br />

Das Economic Research & Consulting der Credit Suisse legt zum Thema Gesundheitswesen<br />

zwei Studien vor: Im Economic Briefing Nr. 30 mit dem Titel «Das Schweizer<br />

Gesundheitswesen – Diagnose für einen Patienten» werden die Strukturen und Wechselwirkungen<br />

des Gesundheitswesens nach Akteuren vorgestellt. Mit Blick auf die Kostenentwicklung<br />

werden zudem die wirtschaftlichen und sozialpolitischen Wirkungen des<br />

bestehenden Systems dargelegt. Die Spezialstudie mit dem Titel «Das Schweizer<br />

Gesundheitswesen – Behandlungsvorschläge für einen Patienten» greift die Analyse nach<br />

Akteuren wieder auf und beschreibt mögliche Reformen und ihre Konsequenzen. Die<br />

Vor- und Nachteile werden aus ökonomischem Blickwinkel bewertet, ohne die sozialpolitische<br />

Sicht aus den Augen zu verlieren. Beide Studien sind auf dem Internet abrufbar:<br />

www.credit-suisse.ch/de/economicresearch/publikationen/economicbriefings<br />

Credit Suisse Bulletin 4-<strong>02</strong> 63

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