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Freiheitsentziehende Maßnahmen in der Jugendhilfe - AWO ...

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4. Klare Indikationen für „offen“ o<strong>der</strong><br />

„geschlossen“, für Heim, Jugendpsychiatrie<br />

o<strong>der</strong> Alternativen?<br />

Indikationen für FM können nicht e<strong>in</strong>deutig<br />

se<strong>in</strong>:<br />

➔ Komplexes Zusammenwirken verschiedener<br />

<strong>in</strong>terner und externer E<strong>in</strong>flüsse auf die<br />

Indikationsstellung<br />

Stattdessen benennen die Fachleute bestimmte<br />

(wenn auch <strong>in</strong>terpretierbare) Kriterien:<br />

➔ „Selbst- und Fremdgefährdung“ gekoppelt<br />

mit<br />

➔ „mangeln<strong>der</strong> E<strong>in</strong>sicht“ <strong>der</strong> Jugendlichen<br />

und<br />

➔ „Fehlen“ von Alternativen im konkreten Fall<br />

Es gibt ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutigen Indikationen! Das war<br />

das Ergebnis unserer ersten Befragung. Es gibt<br />

e<strong>in</strong> komplexes Zusammenwirken verschiedener<br />

<strong>in</strong>terner und externer E<strong>in</strong>flüsse und ob die <strong>in</strong>ternen,<br />

also die fallbezogenen Merkmale tatsächlich<br />

wichtiger s<strong>in</strong>d als die politischen o<strong>der</strong> die<br />

fachlichen o<strong>der</strong> die Überzeugungen, die man<br />

<strong>in</strong> bestimmten Jugendämtern hat, das mag ich<br />

gar nicht abwägen. Auf jeden Fall ist es <strong>in</strong><br />

Bayern so, dass man lieber jemanden geschlossen<br />

unterbr<strong>in</strong>gt und <strong>in</strong> Nie<strong>der</strong>sachsen<br />

br<strong>in</strong>gt man dann so jemanden lieber <strong>in</strong> Namibia<br />

unter – da gibt es e<strong>in</strong>fach spezifische Vorlieben.<br />

Es gibt aber immerh<strong>in</strong> gewisse Kriterien, bei<br />

denen die Fachleute übere<strong>in</strong>stimmen – die<br />

allerd<strong>in</strong>gs im E<strong>in</strong>zelfall auch wie<strong>der</strong> <strong>in</strong>terpretierbar<br />

s<strong>in</strong>d:<br />

• Selbst- und Fremdgefährdung wird diesen<br />

Jugendlichen attestiert, gekoppelt mit<br />

• Fehlen von Alternativen, nicht eben pr<strong>in</strong>zipiell,<br />

aber im konkreten Fall. Und:<br />

• Die Jugendlichen zeigen ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>sicht <strong>in</strong><br />

ihren Hilfebedarf.<br />

4. Indikationen für FM <strong>in</strong> KJH bzw.<br />

Jugendpsychiatrie:<br />

(Aktenauswertung 2004)<br />

• 75 % <strong>der</strong> Jugendlichen <strong>in</strong> <strong>der</strong> FM waren<br />

vorher <strong>in</strong> psychiatrischer Behandlung, alle<br />

hatten ICD-10-Diagnosen:<br />

<strong>Freiheitsentziehende</strong> Maßnahmen ... aus Sicht <strong>der</strong> Forschung<br />

• Meist chronische „Störungen des Sozialverhaltens“<br />

(SSV), oft <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit an<strong>der</strong>en<br />

Störungen, z. B. ADHS, Drogenmissbrauch<br />

➔ Zuweisungskriterium für JH o<strong>der</strong> Jugendpsychiatrie:<br />

Probleme eher psychiatrisch o<strong>der</strong> pädagogisch<br />

bee<strong>in</strong>flussbar?<br />

➔ überwiegend wird für Jugendliche mit SSV<br />

(ggf. nach kurzem Aufenthalt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Jugendpsychiatrie)<br />

die <strong>Jugendhilfe</strong> als geeigneter<br />

längerfristiger Lebensort angesehen!<br />

Aus den 125 Akten g<strong>in</strong>g hervor, dass 75 % <strong>der</strong><br />

Jugendlichen, die <strong>in</strong> teilgeschlossenen Gruppen<br />

waren, Erfahrungen mit <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>- und Jugendpsychiatrie<br />

hatten, z. T. ambulant, z. T.<br />

aber auch geschlossen. Dort wurden ihnen<br />

meistens chronische Störungen des Sozialverhaltens<br />

besche<strong>in</strong>igt, oft <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit an<strong>der</strong>en<br />

Störungen. Ob jetzt e<strong>in</strong> Jugendlicher <strong>in</strong> die<br />

<strong>Jugendhilfe</strong> o<strong>der</strong> <strong>in</strong> die Jugendpsychiatrie gehört,<br />

entscheidet sich – jedenfalls <strong>in</strong> <strong>der</strong> Theorie<br />

– danach, ob se<strong>in</strong>e Probleme eher psychiatrisch<br />

o<strong>der</strong> pädagogisch bee<strong>in</strong>flussbar s<strong>in</strong>d. In <strong>der</strong> Praxis<br />

sche<strong>in</strong>t es aber auch e<strong>in</strong> bisschen damit zusammenzuhängen,<br />

wo es gerade welche Plätze<br />

gibt und wie die Kooperation zwischen <strong>Jugendhilfe</strong><br />

und Jugendpsychiatrie funktioniert.<br />

Zudem muss man sagen: Weitaus nicht alle<br />

Jugendlichen, die von den Jugendämtern dafür<br />

vorgeschlagen werden, landen tatsächlich <strong>in</strong><br />

teilgeschlossenen Heimen. Die Heime treffen<br />

ihrerseits nochmals e<strong>in</strong>e Auswahl und zwar danach,<br />

ob denn für diese Jugendlichen, die ihnen<br />

da angedient werden, überhaupt e<strong>in</strong>e Chance<br />

besteht, von <strong>der</strong> GU profitieren zu können. Denn<br />

es ist ja so: die Maßnahme muss verhältnismäßig<br />

se<strong>in</strong>, es darf nichts „Mil<strong>der</strong>es“ möglich<br />

se<strong>in</strong> und sie muss „geeignet“ se<strong>in</strong>, d.h. es muss<br />

auch e<strong>in</strong>e Erfolgsaussicht bestehen. Und es muss<br />

gerade e<strong>in</strong> Platz frei se<strong>in</strong> und die Jugendlichen<br />

sollen auch <strong>in</strong> die Gruppe passen.<br />

Hier nun e<strong>in</strong>e Tabelle zu den Indikationsstellungen<br />

<strong>der</strong> Jugendämter, wobei für alle Jugendlichen<br />

immer mehrere Gründe für die FM genannt<br />

wurden.<br />

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