Freiheitsentziehende Maßnahmen in der Jugendhilfe - AWO ...
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5. Das FM-Sett<strong>in</strong>g: <strong>in</strong>sgesamt för<strong>der</strong>lich?<br />
Die meisten Jugendlichen me<strong>in</strong>en am Ende:<br />
„Ohne die „Geschlossene“ hätte ich es nicht<br />
geschafft!“<br />
„es war hart, aber ich habe viel gelernt“ –<br />
„sonst wäre ich jetzt auf <strong>der</strong> Straße/im Knast“<br />
– „ich komme mit me<strong>in</strong>en Eltern besser klar“<br />
– „gut, dass ich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schule war“<br />
Die meisten Betreuenden urteilen:<br />
„Die „Geschlossene“ war die richtige Maßnahme!“<br />
(obwohl sie die Fortschritte <strong>der</strong> Jugendlichen<br />
sehr viel vorsichtiger e<strong>in</strong>schätzen als die<br />
Jugendlichen selbst)<br />
Manchen Jugendlichen wird erst im Laufe <strong>der</strong> FM<br />
klar, warum sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e teilgeschlossene Gruppe<br />
kamen und was sie dort vielleicht lernen können,<br />
an<strong>der</strong>e wussten schon vorher (und erzählten<br />
uns auch davon), dass sie „viel Mist gebaut“,<br />
aber ke<strong>in</strong>en Ausweg mehr gesehen haben. Sie<br />
s<strong>in</strong>d überzeugt, dass sie durch die „Geschlossene“<br />
(wie sie die FM nennen) Alternativen<br />
gewonnen haben. Ob die Lernerfolge reichen,<br />
um schließlich auch e<strong>in</strong>e berufliche Perspektive<br />
zu gew<strong>in</strong>nen, ist allerd<strong>in</strong>gs die große Frage.<br />
6. Was hat FM für Funktionen?<br />
6. Wirkungen <strong>der</strong> FM: was bleibt auf<br />
Dauer?<br />
Funktionen von FM für die Betreuten:<br />
• Schutz („Rettungs“- o<strong>der</strong> „Isolierstation“)<br />
• Schulische + soziale För<strong>der</strong>ung („Rolltreppe“)<br />
• Motivierung und Befähigung für e<strong>in</strong> subjektiv<br />
gel<strong>in</strong>gendes Leben („Steigbügel“)<br />
Aber auch: Belastungen und vielleicht sogar<br />
Schädigungen und (erneutes) Scheitern<br />
Die möglichen Funktionen von FM für die Jugendlichen<br />
bleiben also immer ambivalent, s<strong>in</strong>d<br />
„Rettung“ aber auch Isolierung, e<strong>in</strong> Mädchen<br />
me<strong>in</strong>te sogar: „Das Heim ist me<strong>in</strong> Zuhause, ist<br />
aber auch Knast“.<br />
<strong>Freiheitsentziehende</strong> Maßnahmen ... aus Sicht <strong>der</strong> Forschung<br />
Mit dem Bild <strong>der</strong> Rolltreppe ist geme<strong>in</strong>t, dass die<br />
Jugendlichen im FM-Sett<strong>in</strong>g sich <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung<br />
praktisch gar nicht mehr entziehen können.<br />
Die Motivierung und Befähigung gel<strong>in</strong>gt sicher<br />
nicht bei allen Jugendlichen. Aber auch, wenn<br />
sie gel<strong>in</strong>gt, bleibt häufig die Ambivalenz: „Ich<br />
habe die Geschlossene gebraucht, aber wünschen<br />
tue ich sie ke<strong>in</strong>em!“. Bei manchen<br />
Jugendlichen gibt es aber auch e<strong>in</strong> nachträgliche<br />
Idealisierung <strong>der</strong> FM: „Wir waren e<strong>in</strong>e Familie“<br />
etc., was die am Ende <strong>der</strong> FM gefor<strong>der</strong>te Ablösung<br />
und Verselbstständigung erschweren kann.<br />
Damit b<strong>in</strong> ich bei dem letzten <strong>der</strong> e<strong>in</strong>gangs<br />
genannten Paradoxien, nämlich beim Übergang<br />
von <strong>der</strong> Fremd- zur Selbstbestimmung am Ende<br />
<strong>der</strong> FM – o<strong>der</strong> auch bei <strong>der</strong> Frage: was passiert,<br />
wenn die <strong>Jugendhilfe</strong> ke<strong>in</strong>en Zwang mehr ausüben<br />
kann? Dass dieser Tag kommt, vergisst die<br />
<strong>Jugendhilfe</strong> m.E. manchmal. Da wird vergessen,<br />
dass <strong>der</strong> Jugendliche – manchmal nach e<strong>in</strong>em<br />
halben Jahr, manchmal nach e<strong>in</strong>em Jahr und <strong>in</strong><br />
Extrem- und E<strong>in</strong>zelfällen auch erst nach 3 Jahren<br />
– teilgeschlossener Unterbr<strong>in</strong>gung rechtzeitig<br />
wie<strong>der</strong> sehr viel stärker beteiligt werden<br />
muss an <strong>der</strong> Frage, „Wo willst du denn h<strong>in</strong>?“<br />
„Was könnte denn für dich passen?“ E<strong>in</strong> Jugendlicher,<br />
<strong>der</strong> nach <strong>der</strong> FM <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Gruppe<br />
mehr gehen wollte, hat das mal so ausgedrückt:<br />
„Im Heim wird mir gesagt, wann ich zum Arzt<br />
gehen muss und jetzt stehe ich alle<strong>in</strong>e da und<br />
muss mir e<strong>in</strong>en Ausbildungsplatz suchen!“<br />
Was also ist wichtig, damit die Jugendlichen diesen<br />
Schritt schaffen:<br />
6. Übergänge aus FM <strong>in</strong> die „Freiheit“ –<br />
was bleibt auf Dauer?<br />
Übergang von Fremd- zu Selbstbestimmung:<br />
(„Was machen die Jugendlichen mit ihrer<br />
Freiheit, wenn das JA ke<strong>in</strong>en Zwang mehr<br />
ausüben kann?“)<br />
Zentral:<br />
• Mitbestimmung über „richtigen“ Anschluss<br />
(bezüglich Betreuung und Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
an die Jugendlichen)<br />
• Motivation und Fähigkeiten <strong>der</strong> Jugendlichen,<br />
sich für sozial akzeptables und sub-<br />
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