Freiheitsentziehende Maßnahmen in der Jugendhilfe - AWO ...
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Jochen Goerdeler<br />
Deutschen Vere<strong>in</strong>igung für Jugendgerichte<br />
und Jugendgerichtshilfen e. V.<br />
(DVJJ)<br />
<strong>Freiheitsentziehende</strong><br />
Maßnahmen<br />
... aus Sicht <strong>der</strong> Justiz<br />
Sehr geehrte Damen und Herren,<br />
Drei Fragen s<strong>in</strong>d mir mitgegeben worden:<br />
1. Wo versagt aus Sicht des Jugendstrafrechts die<br />
<strong>Jugendhilfe</strong>?<br />
2. Wo würden aus krim<strong>in</strong>ologischer Sicht früher<br />
ansetzende Zwangsmaßnahmen gegenüber<br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong>n und Jugendlichen e<strong>in</strong>en präventiven<br />
Effekt haben?<br />
3. Sollten mehr freiheitsentziehende Maßnahmen<br />
aus jugendstrafrechtlicher Sicht überhaupt<br />
und häufiger angewendet werden?<br />
1. Frage: Wo versagt aus Sicht des Jugendstrafrechtes<br />
die <strong>Jugendhilfe</strong>?<br />
Ich möchte zunächst klarstellen, dass ich es<br />
unangebracht f<strong>in</strong>de, von e<strong>in</strong>em „Versagen“ <strong>der</strong><br />
<strong>Jugendhilfe</strong>, gar im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es Systemversagens,<br />
zu sprechen. Es gibt sicherlich e<strong>in</strong>iges, was<br />
aufzugreifen ist, wo es Verbesserungsbedarf und<br />
Gelegenheit zur Kritik gibt. Darauf will ich e<strong>in</strong>gehen.<br />
So hart und grundsätzlich, dass im Kontext<br />
des Jugendstrafrechts von e<strong>in</strong>em Versagen<br />
<strong>der</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> zu sprechen wäre, kann ich das<br />
sicher nicht formulieren.<br />
Es ist schwierig, Bil<strong>der</strong> darzustellen, die belastbar<br />
e<strong>in</strong>en realitätsgerechten Gesamte<strong>in</strong>druck<br />
darstellen. Die <strong>Jugendhilfe</strong> ist ja sehr heterogen.<br />
Alles was ich mitbekomme, s<strong>in</strong>d letztendlich<br />
E<strong>in</strong>zelfälle, Erzählungen, Wahrnehmungen von<br />
Personen, die die Szene e<strong>in</strong> bisschen kennen,<br />
letztendlich lokale Gegebenheiten, die im nächsten<br />
Landkreis schon wie<strong>der</strong> ganz an<strong>der</strong>s aussehen<br />
können. Also e<strong>in</strong> sehr buntscheckiges Bild.<br />
<strong>Freiheitsentziehende</strong> Maßnahmen ... aus Sicht <strong>der</strong> Justiz<br />
Dennoch will ich versuchen, diese E<strong>in</strong>zelberichte<br />
zu e<strong>in</strong>em größeren Bild zusammenzufügen.<br />
Das größte Problem, wenn wir über die Zusammenarbeit<br />
mit <strong>der</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> aus Sicht des<br />
Jugendstrafrechtes reden, liegt sicher nicht bei<br />
den fehlenden o<strong>der</strong> unzureichenden Angeboten<br />
<strong>der</strong> freiheitsentziehenden Maßnahmen. Sicher<br />
liegt e<strong>in</strong> Problem auch im Bereich <strong>der</strong> <strong>Jugendhilfe</strong>angebote,<br />
die für straffällige junge Menschen<br />
erreichbar s<strong>in</strong>d – darauf komme ich im zweiten<br />
Punkt. Als erstes aber wird <strong>der</strong> Bereich <strong>der</strong> Mitwirkung<br />
im Jugendstrafverfahren zu thematisieren<br />
se<strong>in</strong>. Das ist e<strong>in</strong> Punkt, zu dem Richter und<br />
Staatsanwälte auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Seite, aber auch<br />
Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen aus <strong>der</strong> <strong>Jugendhilfe</strong><br />
immer wie<strong>der</strong> berichten, dass da e<strong>in</strong>iges im<br />
Argen liegt.<br />
Als Reaktion auf das Kick-Gesetzgebungsverfahren<br />
und den neu <strong>in</strong> das SGB VIII e<strong>in</strong>gefügten<br />
§ 36a „Steuerungsverantwortung des öffentlichen<br />
<strong>Jugendhilfe</strong>trägers“ hat sich bekanntlich<br />
auch die Justizm<strong>in</strong>isterkonferenz mit dieser Problematik<br />
befasst und letzten Sommer e<strong>in</strong>en<br />
umfänglichen Bericht über die Situation aus<br />
ihrer Sicht erarbeitet. Dieser hat nicht an erster<br />
Stelle e<strong>in</strong>en Mangel an Angeboten und Leistungen<br />
beklagt, son<strong>der</strong>n vor allem als Kernproblem<br />
die Zusammenarbeit zwischen Jugendamt und<br />
Jugendgerichtsbarkeit herausgestellt.<br />
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