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2007-02

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Inhaltsübersicht:<br />

Aus der Redaktion<br />

Aus der Redaktion............................................................................<br />

Seniorenbeirat wird erstmals per Brief gewählt................................<br />

Bewegte Vergangenheit.....................................................................<br />

Warum der Rollbraten „Rollbraten“ heißt.........................................<br />

„Leimber Wäjjer“............................................................................... 7<br />

Hans Berner....................................................................................... 8<br />

Ein Urlaubstag in den Hohenheimer Gärten..................................... 10<br />

Des Sängers Fluch Ludwig Uhland ............................................. 12<br />

Himalaya nicht zu hoch für Rollstuhl................................................ 13<br />

Selbst Max Schmeling liebte Sigis Küstenlandschaften................... 16<br />

Risiken und Nebenwirkungen........................................................... 19<br />

Tante Elses Geheimnis...................................................................... 20<br />

Die Klatschmohnfrau........................................................................ 22<br />

Rettung durch Seitensprünge............................................................ 25<br />

Lied ohne Worte................................................................................ 26<br />

Zweisamkeit und Naturerlebnis......................................................... 27<br />

Fragen an die Kandidaten für das Amt des Bürgermeisters.............. 29<br />

Stadt Siegen verleiht Rubenspreis an Sigmar Polke......................... 35<br />

Gott in der Falle der Hirnforscher?.................................................... 36<br />

Serviceseite....................................................................................... 43<br />

Gedächtnistraining............................................................................ 44<br />

Ein Pinsel vor Gericht....................................................................... 46<br />

Vor zwanzig Jahren im „durchblick“................................................ 47<br />

Kein Urinal für Uri............................................................................ 48<br />

Leistungsfähige Altenpflege durch motivierte Beschäftigte............. 49<br />

Statistiken, Prognosen und Interpretationen...................................... 49<br />

Lösungen / Das fiel uns auf............................................................... 50<br />

Impressum / Zu guter Letzt............................................................... 50<br />

Sommer und Reisen, diesem Thema widmen wir uns, ganz ungewollt, in dieser<br />

Ausgabe besonders ausführlich. Warum auch nicht? Das haben wir uns gefragt und entschieden,<br />

zwei von unseren Redakteuren eingereichte Reise-Beiträge sowie eine kurze<br />

(Reise)-Buchbesprechung aus unserer Buchreihe in dieser Ausgabe zu veröffentlichen.<br />

Der Sommer wird hoffentlich lang!<br />

Passend zum Titelbild, das in Erinnerung bringt, wie Amerika seine Politiker in Stein<br />

gemeißelt verewigt, kommen unsere drei Bürgermeisterkandidaten zu Wort. Unsere Fragen<br />

und ihre Antworten finden Sie im durchblick ab Seite 29. Das Titelbild wurde von<br />

dem neuen „durchblick-Photoshop-Club“ erstellt, der damit sein Debüt gibt. Der Club,<br />

der neben der Bildbearbeitung für unsere Zeitschrift auch die weiteren Verlagsprodukte<br />

bildtechnisch gestalten hilft, trifft sich wöchentlich dienstags zwischen 18 und 20 Uhr in<br />

unserem Redaktionsraum. Interessenten sind herzlich willkommen.<br />

Wann kann man von einem gelungenen Altern sprechen? Voraussetzung dafür sind<br />

– möglichst lebenslang – körperliche und geistige Beweglichkeit, die zu sinnvollen Aufgaben<br />

und Aktivitäten mobil machen. Der durchblick stellt seit geraumer Zeit immer wieder<br />

Personen vor, denen dies offensichtlich gelungen ist. In dieser Ausgabe erinnern sich<br />

„Weggefährten“ an Begegnungen mit Hans Berner. Im Alter von 89 Jahren gibt Berner in<br />

diesem Jahr den Vorsitz des Seniorenbeirats ab (Seite 8).<br />

Ihnen nun viel Freude beim Lesen des neuen durchblick.<br />

durchblick 2/ <strong>2007</strong> 3<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6


Aus dem Seniorenbeirat<br />

Seniorenbeirat wird erstmals per Brief gewählt<br />

Herausforderung und Chance<br />

Im Juni endete<br />

die Wahlzeit des<br />

jetzigen Seniorenbeirats<br />

der Stadt<br />

Siegen. Die Neuwahlen<br />

finden in<br />

der Zeit vom 21. Juni<br />

bis 30. Juli <strong>2007</strong><br />

statt.<br />

Zeitlicher Ablauf<br />

der Wahlen<br />

Die entsprechend<br />

der Wahlordnung<br />

zugelassenen<br />

Kandidaten<br />

werden am 21. Juni<br />

in einer Pressekonferenz<br />

präsentiert.<br />

Im Zeitraum 21.<br />

Juni bis 17. Juli<br />

erhalten dann die<br />

Siegener Senioren<br />

ihre Wahlunterlagen;<br />

letzter Tag der<br />

Stimmabgabe ist<br />

der 30. Juli. Am 31.<br />

Juli werden die Ergebnisse<br />

ermittelt und am 1. August bekannt gegeben. Die<br />

konstituierende Sitzung des neuen Seniorenbeirats findet<br />

am 14. August <strong>2007</strong> statt.<br />

Umfassende Änderungen<br />

Durch das positive Votum des Rates am 17. April <strong>2007</strong><br />

wurden zwei einschneidende Änderungen auf den Weg<br />

gebracht: die Heraufsetzung des Wahlalters von 58 auf 60<br />

Jahre sowie die Durchführung der Wahlen ausschließlich<br />

als Briefwahlverfahren.<br />

Die Einführung des Briefwahlverfahrens war von Anfang<br />

an erklärtes Ziel der Verantwortlichen. „Eine Bevölkerungsgruppe,<br />

die häufiger als andere mit mobilitäts- oder<br />

gesundheitlichen Problemen zu tun hat, muss die Möglichkeit<br />

der Briefwahl haben“, so Astrid E. Schneider, Seniorenbeauftragte<br />

und Leiterin der Regiestelle „Leben im<br />

Alter“.<br />

Der größte Vorteil des Briefwahlverfahrens sieht der alte<br />

Seniorenbeirat in einer deutlichen Erhöhung der Wahlbeteiligung.<br />

„Bei der letzten Wahl des Seniorenbeirats, die<br />

bekanntlich in allen sechs Bezirken als Urwahl stattgefunden<br />

hat, lag die Wahlbeteiligung bei lediglich rund vier<br />

Prozent. Erfahrungen aus anderen Städten zeigen, dass die<br />

Wahlbeteiligung bei Durchführung der Wahl als Briefwahl<br />

in der Regel deutlich höher sein kann. In Dortmund lag die<br />

Beteiligung bei den Wahlen zum Seniorenbeirat im Jahr<br />

2005 so zum Beispiel bei 29 Prozent!“, berichtet ein Sprecher<br />

des Siegener Seniorenbeirats.<br />

„Mit einer deutlich erhöhten Wahlbeteiligung würde<br />

die äußerst engagierte Arbeit unseres Seniorenbeirates auf<br />

eine wesentlich breitere Basis gestellt“, berichtet Stadtrat<br />

Steffen Mues.<br />

Mut machender Start<br />

Unabhängig davon, wie viele ältere Siegenerinnen und<br />

Siegener ihre (maximal drei) Kreuzchen auf dem Wahlschein<br />

machen werden, steht bereits jetzt fest, dass die<br />

Wahlen die Stadtverwaltung vor eine besondere Herausforderung<br />

stellen werden – liegen doch bisher keine vergleichbaren<br />

Erfahrungen in Siegen vor. Dennoch ist Astrid E.<br />

Schneider zuversichtlich, das Ganze gut „über die Bühne“<br />

zu bringen, und freut sich über den gelungen Auftakt der<br />

Neuwahlen zum Seniorenbeirat <strong>2007</strong>.<br />

Für die Heraufsetzung des Wahlalters sprechen mehrere<br />

Gründe: Ein wichtiger Grund ist die zunehmend höhere<br />

Lebenserwartung Älterer und damit auch die Verlängerung<br />

der Lebensphase „Alter“ bzw. der spätere Eintritt in diese<br />

Lebensphase.<br />

„Eine zweite Begründung leiten wir ab aus den Diskussionen<br />

über die Erhöhung des Renteneinstiegsalters.<br />

Außerdem passt das bisherige Eintrittsalter von 58 Jahren<br />

nicht zu allen statistischen Erhebungen, die immer in<br />

5-Jahres-Schritten vorgehen“, erklärt der zuständige Beigeordnete<br />

– und Wahlleiter – Stadtrat Steffen Mues.<br />

Der scheidende Seniorenbeirat<br />

4 durchblick 2/<strong>2007</strong>


Aktivitäten<br />

Bewegte Vergangenheit – 20 Jahre VHS-Tanzkreis Seelbach<br />

entschließen, mitzutanzen, sodass eine<br />

große Gemeinschaft entstand. Es war<br />

sehr viel mehr als nur die Lust am Tanzen,<br />

es waren Augenblicke der Freude,<br />

inneren Begeisterung, man spürte eine<br />

verbindende Kraft und gegenseitiges<br />

Vertrauen. Tanzen ist Honig für die<br />

Seele, hat jemand gesagt, spricht Körper<br />

und Geist an und bringt diese drei<br />

Einheiten unseres Seins in Einklang.<br />

Der Tanz bringt der Seele Frieden und<br />

Entspannung. Er führt Menschen zusammen,<br />

fördert das soziale Verhalten.<br />

Tanzen spricht für Freude am Leben.<br />

Der Tanzkreis Seelbach feiert mit Gästen sein 20-jähriges Bestehen.<br />

Am Samstag, dem 28. April <strong>2007</strong>, fanden sich<br />

Tanzgruppen aus dem Siegerland in der Mehrzweckhalle<br />

in Niederdielfen ein. Der Tanzkreis aus Seelbach feierte<br />

in einer festlichen Feierstunde sein 20-jähriges Bestehen.<br />

Der Tanzkreis wurde vor 20 Jahren von Barbara Kerkhoff<br />

gegründet, den sie bis heute mit großem Erfolg leitet, seit<br />

zwei Jahren im Wechsel mit Karin Daschke.<br />

Einer der Höhepunkte war der<br />

Schlusstanz, der von Frau Kerkhoff<br />

organisiert und geleitet wurde.<br />

Alle Anwesenden kamen auf die Tanzfläche,<br />

bildeten drei Kreise, und reichten<br />

sich die Hände. Im gemeinsamen<br />

Reigen, Tanz und Lied wurde die Feier<br />

beendet.<br />

Dorothea Istock<br />

Zu den Teilnehmern der Feier gehörten der VHS-Tanzkreis<br />

Seelbach, Tanzkreis Freudenberg, die Tanzgruppen<br />

aus Kreuztal und Engsbach, die Montagsgruppe, der Tanzclub<br />

AWO sowie die Gymnastik-Gruppe VTB – Siegen/<br />

TSG Dielfen und andere geladene Gäste. Insgesamt waren<br />

ungefähr 120 Teilnehmer versammelt. Nach den herzlichen<br />

Begrüßungsworten von Barbara Kerkhoff, folgten<br />

drei Tänze mit allen Tanzgruppen. Auch diejenigen, die<br />

zu keiner Tanzgruppe gehörten, konnten mittanzen. Durch<br />

diese gemeinsamen Tänze wurde bereits eine lockere Gemeinschaft,<br />

Verbundenheit mit den anderen im Kreis, Begeisterung<br />

und Freude am Tanzen hergestellt.<br />

„Mit dem Tanz kommt immer wieder der Rhythmus des<br />

Lebens zum Ausdruck, der eigentlich unserem ganzen Dasein<br />

zugrunde liegt, selbst unserem Atmen. Unser gesamtes<br />

Sein und Tun bewegt sich in tänzerischen Rhythmen. Richtig<br />

verstanden, schenkt uns der Tanz eine zusätzliche Sprache,<br />

die mehr ausdrücken kann als alle Worte. Da kann man<br />

Sympathie für einen Menschen ebenso ausdrücken wie seine<br />

Antipathie.----“. (O. Betz, Der Leib als sichtbare Seele.)<br />

Nach einer Kaffeepause folgte eine schöne Tanzdarbietung<br />

aller aktiven Teilnehmer, spontan konnte sich jeder<br />

durchblick 2/<strong>2007</strong> 5


Im Sommer 1943<br />

machte ich im Landjahr<br />

meine Hauswirtschaftsprüfung.<br />

Die<br />

Theorie war überstanden.<br />

Heute war<br />

der Tag der Praxis.<br />

Morgens um acht Uhr<br />

bekamen wir, mein<br />

Mitprüfling Waltraud<br />

und ich, das Kuvert,<br />

in dem die Arbeiten<br />

für den Vormittag<br />

aufgeführt waren.<br />

Also: Ich musste<br />

ein Kleid waschen,<br />

eine weiße Bluse<br />

bügeln, eine Leinenschürze<br />

flicken, ein<br />

großes Doppelfenster mit Rahmen säubern und natürlich<br />

kochen. Ich musste gefüllte Gurken braten und einen<br />

großen Rollbraten herrichten. Waltraud, mein Mitprüfling,<br />

richtete einen Hefekloß mit Kompott an. Zusammen<br />

mussten wir auch noch eine schöne Tischdekoration<br />

machen und dann natürlich das fertige Essen auch noch<br />

stilgerecht servieren. In der großen Küche lag alles bereit,<br />

was wir benötigten.<br />

Ich ging aber zuerst ins Waschhaus, um alles zu erledigen,<br />

was mich später beim Kochen nicht mehr belasten<br />

konnte. Ich machte mich an die Arbeit. Alles klappte<br />

prima, ich lag gut in der Zeit. Dann aber zurück in die<br />

Küche. Während mich nach kurzer Zeit der prachtvolle<br />

Rollbraten anlachte, entwickelten sich die Gurken zu<br />

meinem Feind. Ich hatte sie ausgekratzt und mit Gehacktem<br />

gefüllt. Mit Zahnstochern wurden sie zusammengehalten<br />

und so ins heiße Fett gelegt. So weit – so<br />

Lassen Sie Ihren<br />

Trauring umarbeiten<br />

Aus einem alten Trauring kann<br />

ein wunderschöner Schmuckring<br />

werden, der seine Innengravur<br />

behält – mit Farbstein oder<br />

Brillant.<br />

Ihr Altgold nehmen wir in Zahlung.<br />

Unterhaltung<br />

Warum der Rollbraten „Rollbraten“ heißt?<br />

Bei jeder Scheibe Fleisch, die ich ihnen auf den Teller legte,<br />

musste ich mir ein innerliches Lachen verkneifen.<br />

ab € 98,-<br />

Am Dicken Turm<br />

Peter Müller | Kölner Straße 48 | 57072 Siegen | <strong>02</strong>71 53616<br />

gut – aber sobald ich<br />

sie wendete, blieb das<br />

Braune in der Pfanne<br />

und die Gurke war<br />

wieder grün. Diese<br />

Prozedur brachte mich<br />

zur Verzweiflung.<br />

Gurke braun – Gurke<br />

drehen – Gurke grün.<br />

So was Blödes werde<br />

ich nie in meinem<br />

Leben auf den Tisch<br />

bringen, schwor ich<br />

mir, habe ich auch nie<br />

getan. Sonst klappte<br />

alles richtig gut, auch<br />

bei meinem Mitprüfling.<br />

Wir machten einen<br />

hübschen Tischschmuck<br />

und deckten<br />

den großen Tisch für den Prüfungsausschuss. Als Letztes<br />

machte ich noch die Soße des Rollbratens. Schmeckte<br />

alles noch mal ab und war zufrieden mit mir. Die Prüferin<br />

auch, denn sie lächelte mir zu. Nun musste alles so gut<br />

serviert werden, dass der Eindruck passte. Ich band mir<br />

eine lange, weiße Schürze vor, löste das dünne Seil vom<br />

Rollbraten und legte ihn fein säuberlich auf die bereits<br />

dekorierte Fleischplatte. Es schlug gerade zwölf, – ooh<br />

– als ich voller Stolz meinen Braten die hohe steinerne<br />

Treppe von der Küche zum Speisesaal hochtrug.<br />

Da ..., was war das? Ein Ruck ging durch meinen<br />

ganzen Körper. Ich konnte absolut nicht weitergehen.<br />

Hilfe ..., ich bin gelähmt!!! Was war geschehen? Simpel,<br />

Simpel, ich stand auf meiner langen Schürze. Stocksteif,<br />

bewegungsunfähig. Mein Rollbraten aber war im Gegensatz<br />

zu mir mopsfidel. Er sprang von der Platte und<br />

hopste und rollte, hopste, hopste und rollte, keine Stufe<br />

auslassend die ganze, lange Treppe hinunter. Unten stand<br />

die Prüferin. Fassungslos! Sekunden vergingen. Dann<br />

rief sie mich zurück. Schnappte den Braten vom Boden<br />

mit der Hand, zog ihn kurzerhand durch die Soße. Legte<br />

ihn auf eine neue Platte, band mir eine saubere Schürze<br />

um und erweckte mich mit einem Klaps auf den Po zu<br />

neuem Leben. Ich erkannte, was geschehen war, welch<br />

eine Chance ich bekommen hatte und eilte vorsichtig und<br />

erleichtert in den Speisesaal. Allen am Tisch schmeckte<br />

es vorzüglich und waren voll des Lobes. Bei jeder Scheibe<br />

Fleisch, die ich ihnen auf den Teller legte, musste<br />

ich mir trotz meiner Aufregung ein innerliches Lachen<br />

verkneifen.<br />

Jedenfalls wusste ich seit dem Vorfall, warum der<br />

„Rollbraten“ ... Rollbraten heißt!<br />

Inge Göbel<br />

6 durchblick 2/<strong>2007</strong>


Mundart<br />

„Leimber Wäjjer“ en Seje en de drissicher Joarn<br />

So gearn wi mier em Wender foar de körberliche Railichkait<br />

en de Barea’schdalt gengen, so gearn gengen m’r<br />

och em Sommer d’rfoar en d’r Leimber Wäjjer. Mier wollden<br />

os awer net nuer wäsche, mier wollden Schbass ha, en<br />

d’r Sonn läjje, schwemme, schbeln, Iss ässe on schbäer da<br />

och noch no de Jonge gucke.<br />

Groasmodder, Modder, Kenner, all Onkeln on Dande<br />

gengen bi os altemo em Sommer met Sack on Pack am<br />

Wochänn zom Leimber Wäjjer en d’r Iserner Schdrose, do<br />

wo itz d’r Audo-Bald es. Em Wender sin m’r om Wäjjer<br />

Schlettscho gelaufe, on en de groase Ferije woar d’r Leimber<br />

Wäjjer os „Urlaubsdomizil“. So fel geränt wi ho härret<br />

domols net, on wännet ränt, erret och em Wasser schea,<br />

nuer bim Gewedder sin m’r da schdifde gange. A’et ferraise<br />

hät kainer gedocht; do woar och ga kai Gäld foar do.<br />

Samsdachs, wann fel Li komen, ha ech emmer gewadet<br />

bes so fenne orrer sekse a d’r Kasse schdonnen. Ech sin da<br />

onner so nem glaine Kassebrätt gebeckt duerchgeflutscht,<br />

henner dä Li hergange und ha mech da wane gefräjjt ewer<br />

di zwanzich Pänning me foar Iss. Fier Mol foar fenf Pänning<br />

Iss, on jedesmo noch e Waffel-Hörnche d’rbi, wat m’r<br />

awer bal zom Hals russ heng. Soo drij.<br />

drenke zom Keln rengeschdallt. A d’r Bachsidde schdonnen<br />

Baim, wo m’r schea em Schadde läjje konn. Of d’r<br />

groase Wes on em Sand konnen de Kenner schbeln; en<br />

Wibbe gobet, e Kesdsches Dreller on en Rondlauf. Dat zog<br />

ainem oarndlech en de Arme, och de Bain mossde m’r arich<br />

schdrecke, wann m’r do dra heng. Ech glauwe, d’rwäje ha<br />

ech och de Arme on de Bain ze lang.<br />

„Wedde met m’r duerch d’r Wäjjer schwemme, hin on<br />

zerecke“, frogde mech emo min Onkel Emil, d’r Ma fa ain<br />

dä fenf Schwäsdern fa minner Modder. „Du kast dech a de<br />

Drägern fa minnem Bare’azoch fäsdehale on schwemmst<br />

met de Bain wi’e Grotsche, orrer häsde Angst?“ Ech scherrelde<br />

d’r Kobb. Da komm!<br />

M’r konn, wann m’r woll, sech nom Schwemme dusse<br />

onnern isskale Brause schdälln. Zom grendlich wäsche<br />

geng m’r en e glai Kabueffje woet warm Wasser gob, awer<br />

da mossde m’r wat bezaln. En nem Lare gobet Kaffe on<br />

Ko‘che, Dailcher, Schnuck on Iss ze kaufe. Postkade, Zaidonge,<br />

Zigaredde, Bier on Gleckerwasser woarn och ze ha.<br />

Gleckerwasser gobet en Fläsche, di oawe en Koggel (en<br />

Glecker) zom Endrecke hadden. Dräj Sorde konn m’ ha,<br />

Kirsch, Waldmaisder on Zidrone.<br />

Grotscher sin en jedem Wäjjer d’rhaim, em Leimber<br />

woarn se och. Wann di gelaicht hadden, woar foarn em<br />

glaine Bäcke der Borem zogesät met Gullbatsche. Et wemmelde<br />

nuer so foar ludder glaine schwarze Knäbbe met<br />

webbelije Färm. Geng m’r da end Wasser, woar darre gledschich<br />

Gedä onner de Fese. Mier hadden os awer dra geweant.<br />

Bim Schwemme ha m’r net geschwatt, os Mull blef<br />

fäsde zo. Wä well schoa en Gullbatsch em Bu’ch ha?<br />

Wann de Gullbatsche greaser wuern, zo glaine Fröschelcher,<br />

da hauden se ab fam Wäjjer uss a d’r Sidde e<br />

Schdeckelche de Wes hoch, ewern Wäch, henne werrer<br />

e Schdeckelche de Wes ronner zo end Bachbädde fa d’r<br />

Leimbe ren. Dat woar d’r Wasserzofloss foar d’r Wäjjer.<br />

En däm duermelden di sech da schbäer rem on ha de Li<br />

nächdens met earem Gegwake net schlofe lose.<br />

Em glassglore, emmer kale Leimbewasser ha m’r, wann<br />

m’r en ganze Dach blewen, d’r Doffelns’salot on wat ze<br />

Der alte Leimbacher Weiher<br />

En däm Sommer woar ech em Frejoar grad dräj Joar alt.<br />

Als m’r em Wasser woarn, säde min Onkel noch: „Mossde<br />

dech no emo lossloase, egal wearem, da kemmsde<br />

mem Kobb aimo onner Wasser, doch schwubb ha ech dech<br />

gepackt on Du läjjst mem Recke of minnem Buch, kast<br />

de Fejjelcher se’ on m’r zwai schwemme zerecke. Ech<br />

schwomm wi e Grotsche on hadde en wane Schbass d’rbi.<br />

Hennerhear säden se en d‘r Familje: „Dat Glai erren rechdje<br />

Wasserratte.“<br />

Aimol, a nem haisse Dach, kom och fa minner Dande<br />

Leni d’r Ma met; doch fel lewer wär d’r Fritz d’rhaim<br />

geblewe, si hadde än awer rechdech metgezerrt. „Ech lä<br />

mech en de Sonn, ear konnt jo schwemme go“, säde hä<br />

e bessje ogehale. Am schbäe Nommedach woaret äm da<br />

ze haiss woarn, hä sog och so glenich uss, woll ofschdo<br />

on fel aifach em. „Hitzschlag“, säden de Sanitäter on en<br />

defdije Sonnebrand d’rzo. En Zittlang sog d’r Fritz uss wi<br />

en Gwälldoffel, di geschällt wearn moss, doch hennerhear<br />

genget äm werrer got, on wann hä schbäer emo erjendwat<br />

net woll on säde: „En-nä! Frou!“, da säde det Leni: „Es got!<br />

Ma!“ – Scha, darret d’r Leimber Wäjjer neme get.<br />

Gerda Greis<br />

durchblick 2/<strong>2007</strong> 7


Gesellschaft<br />

Hans Berner<br />

ständigung und zum Wissen übereinander<br />

beizutragen, ein Zusammensein zu organisieren,<br />

sich mitzuteilen und Anerkennung<br />

und wohlmeinende Kritik zu äußern.<br />

Im Juli <strong>2007</strong> vollendet Hans Berner sein<br />

89. Lebensjahr und beweist damit, dass die<br />

persönliche Weiterentwicklung des Menschen<br />

und seine Gestaltungskraft nicht mit<br />

50 enden muss. Auch in diesem Sinn ist<br />

Hans Berner ein ermutigendes Vorbild – ich<br />

bin ihm dankbar!<br />

Erich Kerkhoff<br />

¹ („Staat, Gesellschaft, Freiheit“ 1976, S. 60).<br />

Gelungenes Altern: Hans Berner und Ehefrau Betty geb. Junker<br />

Geb. am 24. Juli 1918 im Hessischen. In Bosserode bei<br />

Wildeck begann seine kommunalpolitische Karriere. Gerade<br />

aus der Kriegsgefangenschaft entlassen, trat Hans 1945 in<br />

die SPD ein. Er wurde Gemeindevertreter und kurz danach<br />

jüngster Bürgermeister im Kreis Rotenburg/Fulda. 1951<br />

zog Hans Berner nach seiner Heirat mit Betty Junker nach<br />

Klafeld. Schon 1952 wurde er mit Stimmenmehrheit in die<br />

Gemeindevertretung Klafeld gewählt. Das war die Zeit des<br />

Wiederaufbaus, die Wenschtsiedlung wurde gebaut. Hans<br />

Berner war der letzte Bürgermeister der Gemeinde Geisweid.<br />

Er war maßgeblich am Zustandekommen der Partnerschaft<br />

mit der Gemeinde Rijnsburg 1963 beteiligt. 1966 wurde<br />

Hans Berner stellv. Bürgermeister der Stadt Hüttental und<br />

gehörte nach der Neugliederung dem Rat der Stadt Siegen<br />

bis 1989 an. 10 Jahre war er Vorsitzender des Bezirksausschusses<br />

Geisweid. 33 Jahre war er Mitglied im Kreistag und<br />

zehn Jahre lang stellv. Landrat. Seit 1997 – seit Gründung<br />

– ist er Vorsitzender des Seniorenbeirats.<br />

Ich kenne Hans Berner seit 1973. Damals<br />

war ich eine engagierte Jungsozialistin, mit<br />

dem Recht der Jugend auf Unausgewogenheit,<br />

Überschwang und extreme Positionen.<br />

Hans hingegen besaß schon in den siebziger<br />

Jahren das, was ihn bis heute auszeichnet.<br />

Nämlich ein großes Verständnis für alles<br />

Menschliche, Fürsorge und ein hohes Maß<br />

an Toleranz und Gerechtigkeitsempfinden. Dazu viel Lebensfreude<br />

und Zufriedenheit.<br />

Seit 10 Jahren nun erlebe ich Hans Berner mit diesen Eigenschaften<br />

ganz aus der Nähe. Wenngleich ich selbst auch<br />

an Jahren und Lebenserfahrung zugelegt habe, sind mir seine<br />

Tipps und Ausgeglichenheit, seine Ruhe und Zuversicht,<br />

seine Solidarität und Fürsorge auch heute noch lieb und<br />

wert. Hans Berner ist es zu verdanken, dass der Seniorenbeirat<br />

sich fern von parteipolitischem Taktieren entwickeln<br />

konnte. Er hat mit all seinem politischen Sachverstand und<br />

seinen menschlichen Eigenschaften die Weichen richtig<br />

gestellt und den Seniorenbeirat zu einer unverzichtbaren<br />

Größe im kommunalen Geschehen gemacht.<br />

Mich persönlich inspiriert seit Jahren sein Rat, niemals<br />

im Streit schlafen zu gehen. Und: Lieber Hans, ein besonderes<br />

Dankeschön für die leckeren Schinkenbrote, die du mir<br />

immer geschmiert hast, wenn wir auf Dienstreise gingen!<br />

Astrid E. Schneider<br />

„Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen,<br />

die er selbst nicht garantieren kann ...“. Das<br />

stellte Ernst-Wolfgang Böckenförde, Richter am Bundesverfassungsgericht<br />

fest.¹ Böckenförde deutet an, dass vor<br />

allem „moralische Substanz des Einzelnen“ gefragt ist.<br />

Hier denke ich an Hans Berner. Vor einigen Wochen konnte<br />

ich ihn im Rathaus Geisweid beobachten. Er war Mittelpunkt<br />

einer Gruppe älterer Erwachsener, die ihn befragten<br />

und mit ihm diskutierten. Offenbar ging es um das Thema<br />

einer zuvor im Rathaus stattgefundenen Versammlung. In<br />

der beobachteten Szene wurde deutlich, wofür ich Hans<br />

Berner nach einer jetzt 10-jährigen Bekanntschaft besonders<br />

schätze: Es ist seine Fähigkeit, zur gegenseitigen Ver-<br />

....Meine Eltern bauten 1953 mit großen Anstrengungen<br />

ein Haus für die achtköpfige Familie. Das Geld reichte<br />

nicht mehr für den Bau einer Bruchsteinmauer zur Grundstücksabgrenzung.<br />

Im September 1954 lieh Hans Berner<br />

meinen Eltern 1.000 DM für die Mauer. Das Darlehen wurde<br />

1955/1956 mit monatlich 50,– DM zurückgezahlt. Hans<br />

Berner quittierte die monatlichen Eingänge. Der Schuldschein<br />

und die Quittungen liegen heute noch vor. Meine<br />

Eltern waren Hans Berner dafür sehr dankbar.<br />

Seit 1979 bin ich im Rat der Stadt Siegen und habe seit<br />

der Zeit mit Hans Berner zusammengearbeitet. Er leitete<br />

von 1979 bis 1989 den Bezirksausschuss Geisweid. Ich<br />

habe an Hans Berner seinen immer frohen Mut und<br />

8 durchblick 2/<strong>2007</strong>


Gesellschaft<br />

seine Bescheidenheit geschätzt. Bewundert habe ich, dass<br />

er sich trotz geschäftlicher Probleme nicht hat unterkriegen<br />

lassen, sondern ehrenamtlich weitergearbeitet und sich als<br />

Vorsitzender des Seniorenbeirates für die Anliegen der älteren<br />

Mitbürger eingesetzt hat.<br />

Nach wie vor arbeitet Hans im Bezirksausschuss. Ein<br />

Spezialgebiet waren früher die Buslinien der VWS, da er<br />

dort im Aufsichtsgremium mitarbeitete. Als „Elder Statesman“<br />

sind seine Meinungen und Ratschläge noch immer gefragt.<br />

Für sein jahrzehntlanges ehrenamtliches Engagement<br />

wurde Hans mit dem Bundesverdienstkreuz 1. und 2. Klasse<br />

ausgezeichnet. Er erhielt den Ehrenring der Stadt Hüttental.<br />

Wir hoffen, dass er uns weiterhin mit seinem Rat und so<br />

munter, wie bisher, zur Seite stehen kann. Traute Fries<br />

Es war der Eingang in das Jahr 1962, als ich meine Arbeit<br />

bei den Stahlwerken Südwestfalen aufnahm. Dies war auch<br />

der Zeitpunkt, zu dem ich meinen Wohnsitz und damit meinen<br />

Lebensmittelpunkt in das Siegerland verlegte. So trat<br />

auch Hans Berner in Berührung mit meinem Lebensweg.<br />

Politik war mein erster Kontakt. Hans war damals Bürgermeister<br />

der Gemeinde Geisweid.<br />

Bei den Auseinandersetzungen mit meinem Chef, dem<br />

Arbeitsdirektor Dr. Dudziak, war die Partei, die Gewerkschaft<br />

und der Rat zutiefst zerstritten.<br />

Hans Berner fiel die Rolle des Vermittlers zu. Es war eine<br />

schwere Rolle. Dies wurde noch zusätzlich erschwert, da<br />

Hans ein angesehener Unternehmer war. Er hatte die Firma<br />

seines Schwiegervaters ausgebaut und mit zahlreichen Mitarbeitern<br />

der Fa. Junker nahm er Aufgaben in den Stahlwerken<br />

Südwestfalen wahr. Trotz der schwierigen Situation hat<br />

Hans das Schiff der Firma durch alle Klippen gesteuert. Dabei<br />

hat er immer die Interessen seiner Mitarbeiter beachtet.<br />

Er hat auch nach der Gründung der Stadt Hüttental und<br />

der späteren Großstadt Siegen sich den Aufgaben gestellt.<br />

Als stellvertretender Bürgermeister und Landrat, als Vertreter<br />

in Aufsichtsräten hat er den Bürgern gedient. Er hat sein<br />

Fachwissen eingebracht, war immer freundlich und warmherzig.<br />

Bis ins hohe Alter war und ist er engagiert. Dabei hat das<br />

Leben nicht nur Erfolge und Höhen gehabt, auch Tiefen und<br />

Nackenschläge hielt es bereit, bewundernswert hat er dies<br />

alles getragen. Auch als ohne sein Verschulden sein Lebenswerk<br />

zerstört wurde.<br />

So habe ich Hans Berner als Nachbarn kennengelernt.<br />

Jederzeit hilfsbereit, tolerant und verständnisvoll. Hans ist<br />

ein geselliger Mensch, er liebt die Geselligkeit. Er liebt seine<br />

Familie und die Probleme werden gemeinsam getragen.<br />

Es ist wohl sein gelebter Glaube, der ihm die Kraft dazu<br />

gibt. Aber wohl auch dazu, im hohen Alter erneut ein öffentliches<br />

Amt zu übernehmen, den Vorsitz des Seniorenbeirates<br />

so viele Jahre zu leiten.<br />

Er ist ein liebenswerter Mensch, ein geachteter Bürger<br />

und es ist ein Gewinn, ihn zu erleben. Walter Nienhagen<br />

Viele sagen, meinem Vater sähe man sein Alter nicht an.<br />

Das liegt vor allem daran, dass er das Leben liebt und jeden<br />

Tag die Herausforderungen, die es stellt, guten Mutes<br />

annimmt. Sich zum alten Eisen gehörig zu fühlen kommt<br />

ihm nicht in den Sinn. Dafür warten auf ihn innerhalb und<br />

außerhalb der Familie zu viele Aufgaben.<br />

Die Familie bildet für meinen Vater den zentralen Mittelpunkt<br />

seines Lebens. Tage, an denen Kinder, Enkel und<br />

Urenkel um ihn versammelt sind, lassen ihn noch etwas<br />

„jünger“ erscheinen.<br />

Dass mein Vater so gut gelaunt alt werden konnte, liegt<br />

aber neben seinem unerschütterlichen Gottvertrauen vor<br />

allem an meiner Mutter, mit der er seit 61 Jahren glücklich<br />

verheiratet ist und die ihm in guten und schweren Zeiten<br />

immer zur Seite gestanden hat. Dr. Hans-Rainer Berner<br />

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noch vor dem nächsten Geburtstag, der ansteht.<br />

durchblick 2/<strong>2007</strong> 9


Botanik<br />

Ein Urlaubstag in den Hohenheimer Gärten<br />

Der älteste Gartenteil ist der Exotische Garten. Er geht<br />

auf die einst größere Englische Anlage zurück, die Herzog<br />

Carl Eugen mit seiner späteren Gemahlin Franziska von<br />

Hohenheim 1776-1779 begründete, und an deren Ausbau<br />

er bis zu seinem Tode 1793 rastlos arbeitete. Englische<br />

Gärten waren, nach der Mode der Zeit, Landschaftsgärten,<br />

die bewusst den Gegensatz zum streng gegliederten Barockgarten<br />

suchten. Sechs Jahre später (1785) wurde auf<br />

der Stelle eines alten Barockschlösschen der Grundstein<br />

für ein neues Schloss gelegt. Es sollte kein Lustschloss,<br />

sondern ein Residenzschloss werden. Geplant waren 75<br />

Räume auf zwei Etage. Das große botanische Interesse<br />

von Franziska von Hohenheim prägte von Anfang an die<br />

Gartengestaltung.<br />

Mit dem Anpflanzen heimischer und exotischer Pflanzen<br />

und Bäumen und mit der Einrichtung von nachgebildeten<br />

antiken und mittelalterlichen Bauten schuf sich das Herzogpaar<br />

eine romantische ländliche Welt. Die Anhäufung<br />

mit Monumenten und Gebäuden veränderte allerdings den<br />

ursprünglichen Charakter des Landschaftsgarten erheblich.<br />

Dieser Garten war zu Lebzeiten des Herzogspaar für die<br />

Öffentlichkeit nicht zugänglich und diente als Kulisse für<br />

Hoffeste sowie zum Aufenthalt in Mußestunden. Von den<br />

Architekturen des 18. Jahrhunderts gibt es heute noch das<br />

„Spielhaus“, das „Wirtshaus zur Stadt Rom“ und Reste der<br />

„drei Säulen des donnernden Jupiter“. In dem „Spielhaus“<br />

das einst dem Herzogpaar als Ort für gesellige und festliche<br />

Veranstaltungen diente, ist nach grundlegender Veränderung<br />

das Museum zur Geschichte Hohenheims eingerichtet.<br />

Blaugrüne Mammutbäume<br />

„Es gibt eine Kraft aus der Ewigkeit,<br />

und diese Kraft ist grün.“<br />

Hildegard von Bingen, 1098–1179<br />

Im Neckartal, südlich von Stuttgart, liegt Hohenheim.<br />

Hier wurde Geschichte gemacht und wurden Geschichten<br />

geschrieben. Auf einer Gesamtfläche von ungefähr 35 ha<br />

erstrecken sich die Hohenheimer Gärten. Sie sind ein botanisch<br />

äußerst vielseitiges, gartenbaulich sehr schönes und<br />

historisch über mehr als zwei Jahrhunderte gewachsenes<br />

Ensemble verschiedenartigster Gartenteile und sind eine<br />

wissenschaftliche Einrichtung der Universität Hohenheim<br />

für die Forschung und Lehre und wegen ihres hohen wissenschaftlichen<br />

Wertes international weithin bekannt.<br />

Der Exotische Garten fand Beachtung bei den Intellektuellen<br />

gegen Ende des 18. Jahrhunderts. Die Urteile fielen<br />

jedoch sehr verschieden aus: J.W. v. Goethe, der 1797<br />

auf seiner dritten Schweizer Reise Hohenheim besuchte,<br />

gefiel der Garten überhaupt nicht. Er sei „mit kleineren<br />

und größeren Gebäuden übersät, die mehr oder weniger<br />

teils einen engen, teils einen Repräsentationsgeist verraten“1.<br />

Ganz anders Fr. Schiller. Er, der als Schüler in der<br />

von Herzog Carl Eugen gegründeten Karlsschule viel unter<br />

dem Herzog zu leiden hatte, erkannte 1795 in dem Garten<br />

einen tieferen Sinn. „Ländliche Simplizität und versunkene<br />

städtische Herrlichkeit, die zwei äußersten Zustände der<br />

Gesellschaft, grenzen auf eine rührende Art aneinander,<br />

und das ernste Gefühl der Vergänglichkeit, verliert sich<br />

wunderbar schön in dem Gefühl des siegenden Lebens“.<br />

Ludwig Uhland soll im Sommer 1814 als er die Gärten<br />

besuchte durch die Szene „Drei Säulen des Donnernden Jupiters“<br />

zu der Ballade „Des Sängers Fluch“ angeregt worden<br />

sein. Die drei Säulen des donnernden Jupiters wurden<br />

den Tempelruinen auf dem Forum Romanum in Rom im<br />

Maßstab 1:4 nachgebaut. Der Schaft der östlichen Säule<br />

von den drei Säulen steht auch heute noch, die beiden anderen<br />

Säulen liegen als Trümmer am Boden.<br />

„Noch eine hohe Säule zeugt<br />

von verschwund’ner Pracht,<br />

auch diese, schon geborsten,<br />

kann stürzen über Nacht.“<br />

(Ballade „Des Sängers Fluch“).<br />

10 durchblick 2/<strong>2007</strong>


Für Eduard Mörike der in der von Hohenheim nahegelegenen<br />

Stadt Ludwigsburg geboren wurde, ausgebildeter<br />

Pfarrer und Dichter war es kein Zufall, dass die wichtigsten<br />

Ereignisse der Bibel sich gerade in Gärten abspielen: die<br />

Schöpfung im Paradiesgarten, die Todesangst Jesu im Ölgarten<br />

und seine Auferstehung im Garten mit dem leeren<br />

Grab. Der Garten wird damit zu einem umfassenden Bild,<br />

einem Zeichen<br />

der Hoffnung,<br />

in dem wir das<br />

Geheimnis von<br />

Leben, Tod<br />

und Auferstehung<br />

erkennen<br />

können.<br />

Im Laufe der Jahrhunderte erfuhr der Garten zahlreiche<br />

Umwandlungen und wurde durch verschiedene Nutzungen<br />

geprägt. Seit Gründung der „Landwirtschaftlichen Lehranstalt“<br />

auf dem Gelände im Jahre 1818, die im Jahre<br />

1967 den Rang einer Universität erhielt, wird der Garten<br />

für wissenschaftliche Versuche, reichliches Lehr- und Anschauungsmaterial<br />

für Studenten und Schüler genutzt, und<br />

für nicht wissenschaftlich interessierte Besucher ist er eine<br />

beliebte Erholungsstätte, die kostenlos und ganzjährig<br />

zur Verfügung steht. Heute stehen hier zusammen mit dem<br />

neuen Landschaftsgarten, der 1996 angelegt wurde, etwa<br />

2400 Gehölzarten und Varietäten aus über 90 Pflanzenfamilien<br />

und 270 Gattungen.<br />

Den besonderen Reiz dieses Garten macht jedoch der<br />

alte Baumbestand aus. Der aufmerksame Besucher wird<br />

öfter noch Bäume aus dem 18. Jahrhundert entdecken: so<br />

zum Beispiel die riesige nordamerikanische Platane beim<br />

„Spielhaus“ oder mehrere Tulpenbäume mit tulpenförmigen,<br />

gelbgrünen Blüten, die im Jahre 1779 gepflanzt<br />

wurden. Die Staudenterrasse mit Kleingehölzgarten vor<br />

dem historischen Spielhaus von 1788, das Rhododendrenquartier,<br />

die geheimnisvoll verschlungene Wege des Lavendel-Labyrinths<br />

bieten dem Besucher einen reizvollen<br />

Anblick.<br />

Der Schlosspark, eine ehemalige barocke Anlage im<br />

französischen Stil, der im Laufe der Zeit auch Veränderungen<br />

erfahren hat, dient heute als Park für Erholungssuchende.<br />

Bemerkenswert ist der im Jahre 1974 errichtete Botanische<br />

Garten mit dem neuzeitlichen Arzneipflanzengarten<br />

in dem etwa 400 Heil- und Giftpflanzen angepflanzt sind,<br />

und der nach den zu heilenden Organen geordnete mittelalterliche<br />

Heilpflanzengarten der Hildegard von Bingen.<br />

Botanik<br />

Gärten helfen uns, uns zu nähren, zu heilen<br />

und unser Wohlbefinden zu steigern.<br />

Zu erwähnen sind noch die Lehrgärten, die nur wissenschaftlichen<br />

Zwecken dienen und den Besuchern nicht<br />

zugänglich sind. Gärten helfen uns, unsere Umwelt zu verschönern,<br />

uns zu nähren, zu heilen und unser inneres und<br />

äußeres Wohlbefinden zu steigern.<br />

Sie sind Orte der Entspannung, der Stille, des Friedens<br />

und schenken uns Kraft für den Alltag. Gärten erwecken<br />

unsere Neugierde und Entdeckerfreude. Wie riecht diese<br />

Blume, wann wurde der Baum angepflanzt, für was werden<br />

die Nutzpflanzen verwendet? Viele andere Fragen kommen<br />

auf.<br />

Mit viel Liebe und Fürsorge<br />

werden die Gärten von der Hohenheimer<br />

Universität betreut.<br />

Ich habe die verschiedenen<br />

Gartenteile in Hohenheim<br />

zu verschiedenen Jahreszeiten besucht. Der historische<br />

Rundweg, ein erholsamer Spaziergang durch die ehemaligen<br />

Schlossanlagen, dem heutigen Universitätscampus,<br />

war für mich immer interessant und sehenswert, versetzte<br />

mich sogar in eine spannende Zeitreise durch 250 Jahre<br />

Gartenbaugeschichte.<br />

Historische Gärten wie die Hohenheimer Gärten sind<br />

keine beliebigen Überbleibsel von einst oder vorübergehende<br />

Einrichtungen auf Zeit, sondern kostbare Vermächtnisse<br />

der Geschichte und Gegenwart für die Zukunft.<br />

(1. Aus Goethes Tagebuch)<br />

Dorothea Istock<br />

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durchblick 2/<strong>2007</strong> 11


Ballade<br />

Des Sängers Fluch<br />

LUDWIG UHLAND<br />

(1787–1862)<br />

Es stand in alten Zeiten ein Schloß, so hoch und hehr,<br />

Weit glänzt es über die Lande bis an das blaue Meer,<br />

Und rings von duft´gen Gärten ein blütenreicher Kranz,<br />

Drin sprangen frische Brunnen im Regenbogenglanz.<br />

Dort saß ein stolzer König, an Land und Siegen reich,<br />

Er saß auf seinem Throne so finster und so bleich;<br />

Denn was er sinnt, ist Schrecken, und was er blickt, ist Wut,<br />

Und was er spricht ist Geißel, und was er schreibt, ist Blut.<br />

Einst zog nach diesem Schloße ein edles Sängerpar,<br />

Der ein´in goldnen Locken, der andre grau von Haar;<br />

Der Alte mit der Harfe, er saß auf schmuckem Roß,<br />

Es schritt ihm frisch zur Seite der blühende Genoß.<br />

Der Alte sprach zum Jungen: „Nun sei bereit, mein Sohn!<br />

Denk unsrer tiefsten Lieder, stimm an den vollsten Ton,<br />

Nimm alle Kraft zusammen, die Lust und auch den Schmerz!<br />

Es gilt uns heut zu rühren des Königs steinern Herz.“<br />

Schon stehn die beiden Sänger im hohen Säulensaal,<br />

Und auf dem Throne sitzen der König und sein Gemahl;<br />

Der König furchtbar prächtig, wie blut´ger Nordlichtschein,<br />

Die Königin, süß und milde, als blickte Vollmond drein.<br />

Da schlug der Greis die Saiten, er schlug sie wundervoll,<br />

Daß reicher, immer reicher der Klang zum Ohre schwoll.<br />

Dann strömte himmlisch helle des Jünglings Stimme vor,<br />

Des Alten Sang dazwischen wie dumpfer Geisterchor.<br />

Der Höflingsschar im Kreise verlernt jeden Spott,<br />

Des Königs trotz´ge Krieger, sie beugen sich vor Gott.<br />

Die Königin, zerflossen in Wehmut und in Lust,<br />

Sie wirft den Sängern nieder die Rose von ihrer Brust.<br />

„Ihr habt mein Volk verführet, verlockt ihr nun mein Weib?“<br />

Der König schreit es wütend, er bebt am ganzen Leib;<br />

Er wirft sein Schwert, das blitzend des Jünglings Brust durchdringt,<br />

Draus statt der goldnen Lieder, ein Blutstrahl hochauf springt.<br />

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Noch eine hohe Säule zeugt von verschwundner Pracht.<br />

Und wie vom Sturm zerstoben ist all der Hörer Schwarm,<br />

Der Jüngling hat verröchelt in seines Meister Arm.<br />

Der schlägt um ihn den Mantel und setzt ihn auf das Roß,<br />

Er bind´t ihn aufrecht feste, verläßt mit ihm das Schloß.<br />

Doch vor dem hohen Tore, da hält der Sängergreis<br />

Da faßt er seine Harfe, sie, aller Harfen Preis –<br />

An einer Marmorsäule, da hat er sie zerschellt,<br />

Dann ruft er, daß es schaurig durch Schloß und Garten gellt:<br />

„Weh euch, ihr stolzen Hallen! Nie töne süßer Klang<br />

Durch eure Räume wieder, nie Saite noch Gesang,<br />

Nein! Seufzer nur und Stöhnen und scheuer Sklavenschritt,<br />

Bis euch zu Schutt und Moder der Rachegeist zertritt!<br />

Weh euch, ihr duft´gen Gärten im holden Maienlicht!<br />

Euch zeig´ ich dieses Toten entstelltes Angesicht,<br />

Daß ihr darob verdorret, daß jeder Quell versiegt,<br />

Daß ihr in künft´gen Tagen versteint, verödet liegt.<br />

Weh dir, verruchter Mörder! Du Fluch des Sängertums!<br />

Umsonst sei all dein Ringen nach Kränzen blut´gen Ruhms,<br />

Dein Name sei vergessen, in ew´ge Nacht getaucht,<br />

Sei wie ein letztes Röcheln in leere Luft verhaucht!“<br />

Der Alte hat´s gerufen, der Himmel hat´gehört, –<br />

Die Mauern liegen nieder, die Hallen sind zerstört.<br />

Noch eine hohe Säule zeugt von verschwundner Pracht;<br />

Auch diese, schon geborsten, kann stürzen über Nacht.<br />

Und rings, statt duft´ger Gärten, ein ödes Heideland,<br />

Kein Baum streut Schatten, kein Quell durchdringt den Sand.<br />

Des Königs Namen meldet kein Lied, kein Heldenbuch;<br />

Versunken und vergessen! Das ist des Sängers Fluch.<br />

12 durchblick 2/<strong>2007</strong>


Reisen<br />

Himalaya nicht zu hoch für den Rollstuhl<br />

und öffentlichen Verkehrsmitteln. Nach weiteren sieben<br />

Jahren folgte dann die in drei Monaten erkämpfte Strecke<br />

auf 2700 Kilometern am Flusslauf bis hoch zum Himalaja<br />

von Kalkutta bis zur Quelle des heiligen Stroms.<br />

Der Plan, dem Ganges konsequent „mit Handbetrieb“<br />

zu folgen, brachte zwangsweise mit sich, dass der Rollstuhl<br />

auf dieser Route die öffentlichen Verkehrsmittel ersetzen<br />

musste. Dafür wurde er umfunktioniert in ein Allzweck-Reisemobil,<br />

extrem stabil, aber trotzdem leicht und faltbar. Mit<br />

dem roten, peppigen und schnittigen Flitzer will Pröve sich<br />

erkennbar distanzieren von Depression und Mutlosigkeit.<br />

Andreas Pröve mit dem Rollstuhl unterwegs,<br />

2700 km von der Mündung bis zur Quelle des Ganges.<br />

Andreas Pröve, Fotograf, Buchautor und Journalist, der<br />

sich den Traum erfüllte, Indien für sich zu entdecken und<br />

hoch im Himalaja Wasser aus der Quelle des Ganges zu<br />

schöpfen, ist querschnittsgelähmt. Er verunglückte 1981<br />

mit seiner Yamaha auf dem Nürburgring. Den Himalaja<br />

bezwang er mit seinem handbetriebenen Rollstuhl.<br />

Beim Kulturforum in Netphen startete der von Fernsehen<br />

und Presse bekannte Reporter im März seine Westfalentournee<br />

mit der faszinierenden Farb-Diaschau „Mein<br />

Traum von Indien“.<br />

In seinem gleichnamigen Buch schildert der Autor unsentimental<br />

und mit großer Erzählkunst neben dem Traum,<br />

den er sich erfüllte, den Albtraum, der vorangegangen war:<br />

„Ich lag hinter der Leitplanke auf dem Rücken und dachte:<br />

wie gut, du bist ja noch da“, beschreibt er sein Gefühl an<br />

dem Tag, der sein Leben grundlegend verändern sollte. „Die<br />

Beine waren weg, ich fühlte sie nicht mehr.“ Der Chefarzt<br />

im Krankenhaus teilte dem Patienten mit, was letzte Hoffnungen<br />

zerstören musste: „Gestern wurde ihr Rückgrat<br />

gestaucht, drei Wirbel sind gebrochen, die Nerven in der<br />

Wirbelsäule getrennt. Sie sind querschnittsgelähmt.“<br />

Ein „Handbike“, das vor den Rolli geschnallt wird, verwandelt<br />

das Gefährt zum Dreirad nach Maß, mit Frontantrieb<br />

und Gangschaltung, bewegt von einer Handkurbel.<br />

Auf engstem Raum, mit zehn Kilo Gepäck, ohne Bremse<br />

und Schutzblech, ist das Rollmobil ein einzigartiges in<br />

zahllosen Abenteuern und Gefahren bewährtes Zuhause,<br />

mit Reparaturwerkstatt, Miniküche und Plumpsklo.<br />

Die Reiseroute führt – im Fluge – über Belgrad und<br />

Istanbul, den Iran und Pakistan nach Kalkutta, der Stadt mit<br />

der größten Flussmündung der Welt. Mit dem akribischen<br />

Blick für das Wesentliche schöpft Pröve seine prallen Szenen<br />

aus dem vollen indischen Leben. Er beschreibt – oft mit<br />

hintergründigem Humor – ein indisches Stimmungsbild,<br />

das die Beschaffenheit des Landes und seiner Menschen,<br />

denen er ganz nahkommt, fast greifbar lebendig macht.<br />

Schockierende Armut wird immer wieder überglänzt von<br />

überschäumender Lebensfreude. Die Bewohner des mit<br />

kärglichen Lehm- und Holzhütten dicht besiedelten Umlands<br />

lieben und verehren den mit Umweltgiften verseuchten<br />

Fluss. Sie sind mit seinem Boden verwurzelt, und sie<br />

glauben zugleich an seine alles bezwingende Heilkraft.<br />

Das Gotteswort kommt da ins Gedächtnis. „Macht Euch<br />

die Erde untertan.“ Was Europäer in ihrer durch und durch<br />

zivilisierten Welt auf ihrem Teil der Erde mit ihren<br />

Ungebrochen bewies Andreas Pröve, dass er Rückgrat<br />

bewahrt hatte. „Es kommt im Leben nicht drauf an, ein<br />

gutes Blatt auf der Hand zu haben, sondern, mit schlechten<br />

Karten gut zu spielen“, sagte er im Gespräch mit dem<br />

durchblick. „Da war die Lähmung und der Rollstuhl, dagegengesetzt<br />

der ganz starke Wille, Barrieren zu überwinden<br />

und zu beweisen, es geht – jetzt gerade und trotz alledem.“<br />

Das ist der Appell des Überlebenskünstlers an Behinderte,<br />

die nicht aufgeben wollen: Träume noch verwirklichen,<br />

auch wenn alle Pläne durch Unfälle, Krankheiten, andere<br />

Schicksalsschläge – oder Nachlassen der Kräfte bei älteren<br />

Menschen – aus dem Gleichgewicht geraten sind. Die<br />

Quellen zur Kraft müssen dabei nicht unbedingt ganz oben<br />

im Himalaja entspringen. Drei Jahre nach dem Unfall brach<br />

Pröve zu seiner ersten Indienreise auf, mit dem Rollstuhl<br />

durchblick 2/<strong>2007</strong> 13


Möglichkeiten verunstalten oder gestalten können, ist vorrangig<br />

vom Gehirn gesteuert. In Indien, das verdeutlicht<br />

Pröve in Schlaglichtern, scheinen alle Sinne der Bewohner<br />

damit beschäftigt, aus dem dicht bevölkerten Stück Erde<br />

– mit dem Ganges als Göttergeschenk – herauszuholen,<br />

was darin steckt, mit Hören, Schmecken, Riechen, Ertasten<br />

und Fühlen.<br />

Das Ganges-Delta, dort, wo der Fluss sich in den Golf<br />

von Bengalen verströmt, war für den Abenteurer der Ausgangspunkt<br />

zum erträumten Ziel. Von der Insel aus, die jährlich<br />

Hundertschaften<br />

von wallfahrenden<br />

Touristen aufnimmt,<br />

rollte er todesmutig<br />

mit seinem Gefährt<br />

in den Ganges, dessen<br />

bisher unerklärliche<br />

Reinigungskraft die<br />

Besucherscharen magisch<br />

anzieht. Eine<br />

Welle, die ihre Brühe<br />

über den Badenden<br />

ergießt, bietet einen<br />

brodelnden, lauwarmen<br />

Schluck als<br />

Kostprobe. Pröve beschreibt,<br />

warum dieser<br />

Teil des Wunschtraums<br />

im Rückblick<br />

zum Albtraum geworden<br />

ist: „Dreihundert<br />

Millionen im Norden<br />

lebende Menschen<br />

leiten ihre Abwasser<br />

Reisen<br />

„Holi-Fest“ der Farben: Hindus zwischen Transzendenz, Musik und<br />

Hingabe, verstecken ihre Kastenunterschiede unter dicken Farbschichten.<br />

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ungeklärt in den Ganges und seine Nebenflüsse.“<br />

Unterwegs, am Flusslauf entlang,<br />

folgt dem Dreirad, wie überall auf den<br />

kommenden Etappen, ein Pulk von Dorfbewohnern,<br />

darunter eine lärmende Kinderschar.<br />

Pröves Behinderung stößt nicht<br />

auf Mitleid und nicht auf Ablehnung. Die<br />

Hindus, die mit ihrem Alltag am Fluss verankert<br />

und am Ufer verwurzelt sind, nehmen<br />

mit kindlicher Neugier auf, was sie<br />

nicht kennen. Der Wunsch des Gastes, ein<br />

Ziel für Extremkletterer mit dem Rollstuhl<br />

zu erzwingen, weckt Staunen und Bewunderung.<br />

Bei der Begegnung mit der Fangemeinde<br />

muss der Rolli-Reisende jedes<br />

Einzelteil der Spezialkonstruktion, die für<br />

die Inder eine Jahrhundert-Entdeckung ist,<br />

erklären.<br />

Ein Fischer bietet ein Nachtquartier in<br />

seiner mit Kokospalmblättern gedeckten<br />

Lehmhütte an. Die Kokospalme nutzt der Inder als Material<br />

für Matten, Einzäunungen und Überdachungen. Siegerländern<br />

würde hier ein Vergleich zur Haubergsnutzung<br />

einfallen.<br />

Im Zimmer ohne Möbel, auf der Erde sitzend, hat sich<br />

die Familie des gastfreundlichen Fischers auf dem Boden<br />

niedergelassen, vor dem mit Autobatterie gespeisten Fernseher.<br />

Die Flimmerkiste, Stolz ihrer Besitzer, bleibt dauerhaft<br />

angeschaltet und bewundert, obwohl es für die ausgediente<br />

Batterie keine Ersatzteile mehr gibt. Zur Nachtruhe<br />

wird dem Gast das Bett der Großfamilie angeboten. Für<br />

die Kinder wird unter dem Bett ein Lager bereitet. Solche<br />

Schilderungen reihen sich in Pröves Veröffentlichungen,<br />

die nicht nur bundesweit bekannt wurden, aneinander und<br />

lassen die Begegnung mit Land und Leuten hautnah greifbar<br />

werden.<br />

Höhepunkte der Traumreise sind die Schilderungen von<br />

Erlebnissen, die Schlaglichter auf die in Kasten aufgeteilte<br />

Gesellschaftsstruktur, Religionsvielfalt, Mentalität und<br />

Kultur werfen. Ein Beispiel gibt Pröves Teilnahme an dem<br />

tumultartigen „Holi-Fest“ der Farben. Da werden Körper<br />

und Gesicht von Hunderttausenden Gläubigen mit dicken<br />

Farbschichten bemalt, wobei ihre Kastenunterschiede<br />

übertüncht und vergessen werden. Fazit des staunenden<br />

Betrachters: „Zwischen Transzendenz, Musik und hemmunsloser<br />

Hingabe verschwimmt die Realität.“<br />

Immer wieder bestechen die Bilder des Fotografen, die<br />

die grandiose Schönheit der Natur so lebendig werden lassen,<br />

wie ihre zerstörerischen Kräfte, die im vergifteten, heiligen<br />

Wasser des Ganges lauern. Pröve berichtet, wie er sich „durch<br />

Zucker- und Reisfelder kurbelt“ und auf vollgestopften<br />

Straßen vor hoch beladenen Ochsenkarren, bedrohlichen<br />

Militärlastern, Straßenräubern, Hundertschaften<br />

14 durchblick 2/<strong>2007</strong>


Reisen<br />

Ein faszinierender Höhepunkt seiner Traumreise: Hunderttausende Gläubige<br />

stürzen sich in die schmutzigen Fluten des Ganges.<br />

von Ratten oder tief kreisenden Geiern flüchtet. Der Überlebenskünstler<br />

stellt fest: „Meine letzten funktionierenden<br />

Gliedmaßen müssen unversehrt bleiben. Ohne fremde Hilfe<br />

geht sonst nichts mehr.“<br />

Bevor Pröve die letzte Strecke zur Gangesquelle bewältigt,<br />

wird noch als ein faszinierender Höhepunkt das<br />

größte Badefest der Welt „Kumbh Mela“ zum Schauplatz<br />

gemacht. „Die Stadt Haridwar ist mit zehn Millionen Menschen<br />

um das Fünffache ihrer Einwohnerzahl angewachsen.<br />

In einem von Astrologen errechneten Moment stürzt<br />

sich eine riesige Menschenmenge in religiöser Verzückung<br />

in die Fluten. Sie tauchen fünf Mal auf und nieder, womit<br />

ihnen die Sünden vieler Lebenszeiten von Mutter Ganga<br />

für immer genommen sind.“<br />

Dass Behinderte trotz Willenskraft und Eigeninitiative,<br />

Kreativität und Lebensmut immer wieder auf die<br />

Hilfe anderer angewiesen sind, das ist auch am Beispiel<br />

des rollenden Reisenden zu erkennen. Als er auf einsamer<br />

Strecke in bergiger Landschaft in einem Schlagloch landet<br />

und das Rahmenrohr des Rollstuhls bricht, bringt nach<br />

schmerzvollem Ausharren ein Ochsenkarren die Rettung.<br />

Was geschehen kann, wenn Hilfe in solchen Notsituationen<br />

ausbleibt, nennt der Weltenbummler „Restrisiko“.<br />

Dass ein junger Inder, der ein Freund wird, sich entschließt,<br />

das Abenteuer – mal mit dem Taxi, mal mit dem<br />

Zug – zu verfolgen und schließlich auch den Endspurt<br />

zur Gangesquelle gemeinsam zu bewältigen, ist für Pröve<br />

eine unschätzbare Hilfe und menschliche Bereicherung<br />

zugleich.<br />

Er schildert in seinem Buch<br />

seine Versuche, in einem Schneckentempo,<br />

das der Tacho nicht<br />

messen kann, den Himalaja auch<br />

im Endspurt mit den Armen zu bezwingen.<br />

Die Quelle des Ganges<br />

auf 4000 Metern Höhe, über einer<br />

riesigen Lawine von abgebrochenem<br />

Geröll, verweigert sich<br />

jedoch diesem Wunsch.<br />

Im Huckepack zur Quelle<br />

Die Vorstellung, Rollstuhl<br />

und Fahrer über die Lawine<br />

hinwegzutragen, scheint die einzige<br />

Möglichkeit, zum Ziel zu<br />

kommen. Das bleibt jedoch zunächst<br />

Illusion. Für die spontan<br />

zusammengestellte kleine Begleittruppe,<br />

bestehend aus sechs<br />

trainierten Trägern (Sherpas), die<br />

mehrere pralle Säcke Gepäck über<br />

das etwa 50 Meter hohe Hindernis<br />

zu wuchten haben, ist der letzte<br />

Anstieg eine nicht ungewohnte<br />

Herausforderung. Ein per Hand gekurbelter Rollstuhl ist<br />

jedoch mit solcher Leistung überfordert.<br />

Der Vorschlag kommt von den Sherpas: „Huckepack<br />

zur Quelle“. Pröves Protest verhallt. Die Männer, die gewöhnt<br />

sind, von Touristen mit luxuriösem Gepäck Transportbefehle<br />

zu erhalten, geben bei so viel Durchhaltevermögen<br />

nicht auf.<br />

Bei der letzten Etappe wird der Rollstuhl auseinandermontiert.<br />

Was übrig bleibt, wird zu einer Sänfte umgebaut.<br />

Die Sherpas erklettern steile Trampelpfade mit ihrer zusammengeschnürten,<br />

lebendigen Last in der Sänfte, schlagen<br />

ihre Spitzhacken in Gletschereis. Als letzte Hürde wird eine<br />

über Abgründen klaffende steile Felswand überwunden.<br />

Der Rollstuhlsitz, an seinen vier Ecken mit Seilen befestigt,<br />

wird in die Höhe gezogen. Andreas Pröve schwebt mitten<br />

hinein in seinen Traum. Nun – endlich – geschafft!<br />

Am Fuß des siebentausend Meter hohen Baghirari-<br />

Berges, dessen Gipfel sich majestätisch vor dem erschöpften<br />

Team erhebt, entspringt der Ganges. Zwischen<br />

Felsbrocken quillt der Fluss unter dem Eis hervor. Eine<br />

Handvoll glitzernd klares Gangeswasser, in eine Filmdose<br />

gefüllt, ist für Andreas Pröve „das schönste Andenken“ an<br />

diesen Augenblick der Erfüllung.<br />

Die Quelle selbst, das Ziel wurde erobert. Und am Ende<br />

steht die Erkenntnis: „Nicht das Ziel macht den Wert der<br />

Reise aus, sondern der erkämpfte Weg dahin.“<br />

Maria Anspach<br />

durchblick 2/<strong>2007</strong> 15


Kultur<br />

Selbst Max Schmeling liebte Sigis Küstenlandschaften<br />

Die Bilder Reich an der Stolpes zeichnen sich durch Surrealistisches und gewaltige Farbkluften aus.<br />

Sie sprechen Gewühlswelten an.<br />

Tochter und Schwiegersohn plaudern<br />

in Wehbach über ihren berühmten Vater:<br />

Siegfried Reich an der Stolpe<br />

Das Haus liegt am Hang in Wehbach. Ein bisschen<br />

zurück. Es ist ein altes Haus. Die Ziegel haben zig Jahre<br />

auf dem Buckel. Ein schönes Haus. Mit viel Geschichte<br />

im Mauerwerk. Winklig ist das Haus. Und drinnen gibt es<br />

viel zu sehen. Beispielsweise einen Flügel, ein Keyboard<br />

und viel erlesene Kunst. Es gibt auch viel zu hören. Zum<br />

Beispiel Geschichten. Eine ganze Menge sogar. Wie jene<br />

von Sigi …<br />

Sigi ist berühmt. Da müssen Alben herbei, Fotos, teilweise<br />

zerknittert, angegilbt. Herbei müssen auch Presseberichte,<br />

Kunstkataloge, Fachgazetten. Beatrice und Klaus<br />

Schneider zeigen alles und sie erzählen dazu die Geschichte<br />

von Sigi – dem Maler.<br />

Im November 2001 legte Sigi den Pinsel für immer<br />

aus der Hand. Er trat ab von dieser Welt. Einer der großen<br />

Gegenwartskünstler. Ein Stilpräger. Ein charismatischer<br />

Künstler ist gegangen. Die Erinnerungen, die bleiben.<br />

Bei dampfendem Kaffee, der die Lebensgeister zur<br />

abendlichen Stunde weckt, wird die Geschichte vom Sigi<br />

aufgeblättert. In Wort und Bild. Nicht ganz einfach. Sigis<br />

Geschichte ist kompliziert. Und lang. Die chronologische<br />

Ordnung schält sich langsam heraus. Nun, das ist meistens<br />

so, wenn es um große Persönlichkeiten mit eng geschriebenem<br />

Lebenslauf geht.<br />

Am Ende steht dann fest: Der Sigi heißt nicht einfach<br />

Sigi, sondern hat einen langen Namen, unter dem ihn die<br />

kunstinteressierte Welt kennt: Siegfried Reich an der Stolpe.<br />

Beatrice ist eine seiner Töchter. Sie gibt Ballettunterricht.<br />

Ihr Mann Klaus ist privater Klavierlehrer.<br />

Also, der Sigi heißt eigentlich nur Reich. 1912 kommt<br />

er in einem verschlafenen Nest zur Welt. Stolp heißt es, und<br />

in Pommern liegt es. Das Nest liegt direkt an einem kleinen<br />

Flüsschen, das den Namen Stolpe trägt.<br />

An der Wiege seines künstlerischen Schaffens stehen<br />

Georg Grosz und Max Pechstein. Auch Schmitt-Rottluff<br />

beeinflusst Reich, der relativ schnell zu einem eigenen Stil<br />

findet. Klaus Schneider über seinen Schwiegervater: „Er<br />

nannte seinen Stil Emotionalismus.“<br />

Für Furore sorgt Reich an der Stolpe schnell. Kritiker<br />

erwähnen ihn in einem Atemzug mit Pechstein und eben<br />

Schmitt-Rottluff.<br />

In den 30er-Jahren kauft ihm Deutschlands berühmtester<br />

Boxer, Max Schmeling, ein Konvolut von Grafiken ab.<br />

Bevorzugte Motive: Küstenlandschaften, Meereswogen,<br />

Brandungen.<br />

Beatrice und Klaus Schneider sind sich einig: „Wichtiger<br />

und prägender als alle akademischen Ausbildungen<br />

und Studien waren für Sigi die Freundschaften mit und zu<br />

anderen Künstlern, beispielsweise zu Käthe Kollwitz.“<br />

Unter dem Hitler-Schreckensregime gelten seine Werke<br />

als entartete Kunst. Siegfried Reich an der Stolpe lebt in der<br />

brodelnden Metropole Berlin. Er führt unter dem wahnwitzigen<br />

Hitler-Regime ein Nischendasein. Wie viele Künstler<br />

in diesen „entarteten“ Zeiten.<br />

Und dann kommt einer der schwärzesten Tage im Leben<br />

des begnadeten Künstlers: Im irrsinnigen Bombenhagel<br />

geht sein Berliner Atelier zu Bruch. Fassungslos steht<br />

Reich an der Stolpe vor den Trümmern seines Domizils<br />

und seines Schaffens.<br />

Unterkriegen lässt er sich nicht. Jahre später fasst der<br />

Kriegsheimkehrer in Frankfurt Fuß. Sein Bekanntheitsgrad<br />

wächst. Seine Werke werden z. B. neben denen von<br />

16 durchblick 2/<strong>2007</strong>


Karl Hartung gezeigt. Reich an der Stolpe entwirft<br />

in seinem enormen Schaffensdrang ein<br />

„Manifest“ für eine Veranstaltungsreihe mit<br />

Themen aus Literatur, Malerei und Musik.<br />

– Deutschland in Trümmern. Die ersten Sekunden<br />

der Stunde Null ticken. Reich an der Stolpe<br />

weiß eines genau: Du musst der zerbombten und<br />

zersplitterten Realität ins Auge sehen und dabei<br />

den Blick auch fest auf die Zukunft richten. Nur,<br />

wie sieht die aus? Das weiß niemand zu sagen.<br />

Unsicherheiten und Ängste begleiten auch das<br />

künstlerische Streben.<br />

Klaus Schneider: „Imagination kommt ins<br />

Spiel.“ Sigis Bilder nehmen abstrakte Züge an.<br />

Das Ehepar Schneider legt Dokumente aus dieser<br />

Zeit vor. Drucke und Originale. Die Wiedergeburt<br />

der Farbe. Das Ansprechen der Gefühle.<br />

Und auch: Reichs Auseinandersetzung mit Paul<br />

Klee. Irgendein Kritiker schreibt damals etwas<br />

von Reichs „real-abstrakten Arabesken“.<br />

Als in Paris die Gruppe „Cobra“ (das steht<br />

für die drei Städte Copenhagen, Brüssel und Antwerpen)<br />

von damaligen Avantgardisten gegründet wird, ist<br />

Reich an der Stolpe neben Karl Otto Götz einer der ersten<br />

Deutschen, die Einladungen erhalten. Reich wird später für<br />

diese Gruppe mit prägend.<br />

Reichs Emotionalismus gewinnt immer mehr an Ausdruck<br />

und Form. Etwas Unverkennbares und Einmaliges<br />

lebt sich in seinen Werken aus: Surrealistisches mit gewaltigen<br />

Farbkluften ist vorherrschend. Daneben auch: überaus<br />

sensible Anordnungen und Arrangements. Die meisten<br />

seiner Bilder stürmen regelrecht auf den Betrachter ein,<br />

fordern ihn heraus – zu Zustimmung und Widerspruch.<br />

Kultur<br />

Beatrice und Klaus Schneider plaudern in ihrem Wehbacher<br />

Haus über den berühmten Maler Siegfried Reich an der Stolpe.<br />

Und immer sprechen sie Gefühlswelten an. Siegfried Reich<br />

an der Stolpe, der im Benelux-Raum auch eine Ausstellung<br />

mit Miró bestritt, war auch noch im hohen Alter von<br />

fast 90 Jahren immer einer der Leute, die sich aus dem<br />

Mainstream (Hauptstrom) regelrecht verdünnisierten, um<br />

Eigenständigkeit zu bewahren.<br />

Siegfried Reich an der Stolpe und seine Familie hatten<br />

ihre Zelte im spanischen Altea aufgeschlagen. Nach seinem<br />

Tod im Jahre 2001 siedelte seine Frau ebenfalls nach<br />

Kirchen-Wehbach um. Dem Ort, in dem Tochter Beatrice<br />

und Schwiegersohn Klaus leben. Der Siegener Maler Uwe<br />

Pieper, der ebenfalls in Altea Entspannung sucht und<br />

Museum für<br />

Gegenwartskunst<br />

Siegen<br />

www.mgk-siegen.de<br />

Sigmar Polke<br />

11. Rubenspreis<br />

24. Juni bis 16. September <strong>2007</strong><br />

durchblick 2/<strong>2007</strong> 17


in enger Nachbarschaft zu den Reichs wohnte, schätzt den<br />

Sigi sehr und findet ein dickes Lob: „Ein echter Individualist<br />

– einer der ganz großen Gegenwartskünstler.“<br />

Das dokumentierte sich auch darin: 1996 erhält Siegfried<br />

Reich an der Stolpe den Lovis-Corinth-Preis. Diese<br />

hohe Auszeichnung wird ihm verliehen von der Künstlergilde<br />

Esslingen und dem „Museum Ostdeutsche Galerie<br />

Regenburg“.<br />

Reich an der Stolpe sagte einmal: „Ein Bild ist Handschrift.<br />

Die zeitliche Bindung liegt nicht in der Illustration<br />

der Umwelt, sondern im seismografischen Aufzeichnen der<br />

innersten Schwingungen des kosmischen Geschehens.“<br />

Kultur<br />

Solche Sätze muss man wirken lassen. Das Begreifen<br />

des Gesagten geht relativ schnell über die Bühne. Aber:<br />

Das Erspüren, das innere Nachvollziehen eines derartigen<br />

Zeugnisses muss nicht hier und jetzt bei der dritten Tasse<br />

Kaffee – so gegen 22.50 Uhr – bei Schneiders stattfinden.<br />

Später in der Nacht vielleicht? Morgen? Oder nie? Wie<br />

wichtig ist das überhaupt?<br />

Übrigens organisierten die Schneiders kürzlich eine viel<br />

beachtete Ausstellung in der kleinen Freudenberger Galerie.<br />

Im „Alten Flecken“ gab sich zu diesem Anlass die<br />

Kunstwelt ein Stelldichein. Eine hochkarätige Ausstellung<br />

in kleinerem Rahmen. Vielleicht halten die Werke Siegfried<br />

Reichs an der Stolpe bald Einzug in andere Kulturstätten<br />

im Siegerland. Beispielsweise unter dem Siegener<br />

Krönchen. Das wär’s doch!<br />

Siegfried Reich an der Stolpe in seinem Atelier im<br />

spanischen Altea.<br />

Kurz vor Weihnachten des Jahres 1997 schreibt Siegfried<br />

Reich an der Stolpe anlässlich der Veröffentlichung<br />

des Kataloges „S. Reich a. d. Stolpe – Arbeiten/Obras<br />

1945–1997“ ein paar Sätze, die sein gesamtes Werk charakterisieren:<br />

„In meiner Kindheit und Jugend liegen die<br />

ersten Beobachtungen und Erkenntnisse in der Natur, die<br />

später Basis in der Vielfalt meines Schaffens wurden. Die<br />

Naturgeschehnisse bleiben der Urgrund meiner künstlerischen<br />

Ideen, die zum Bild führen. Das sind schöpferische<br />

Verkopplungen in sensibler und konstruktiver Form oder<br />

dynamischer Emotion. Die Idee, eine geistige und noch<br />

unfertige Vorstellung, ist die Geburt eines Bildes – ähnlich<br />

einer Befruchtung aus einem dunklen amorphen Urgrund<br />

bis hin zu mehr und mehr sichtbarem Licht. Gestaltformen<br />

und Farben verbinden sich zum Bild. Die Natur zeigt sich<br />

im Wachsen, Werden und Vergehen bis zum Zerfall (Geburt<br />

und Tod). Auch im Bild finden wir Ordnung, Komposition,<br />

auch Unordnung, Zerfall und wieder Aufbau. C’est la vie!<br />

– Viele Fakten, Möglichkeiten der Gestaltung, neue Mittel<br />

– Es bewegt sich etwas hin zum Bild. Meine Gestaltformen<br />

im Bild: Neuerleben und Anregungen von Objekten, Fundstücken<br />

verschiedenster Materialien, dynamisch emotional,<br />

dann Farbe, Tusche, Leinwandformate, Druckpapier<br />

– im Bildformat beginnt eine neue Phase des Farb-Form-<br />

Erlebnisses.“<br />

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18 durchblick 2/<strong>2007</strong>


Es war ein ziemlicher Skandal, als einzelnen Ärzte Mitte<br />

der 70er-Jahre betrügerische Abrechnungen nachgewiesen<br />

werden konnten. Die Ärzte hatten eine Bezahlung angeblich<br />

erbrachter Leistungen gefordert. Damals habe ich meine<br />

Krankenkasse um Kopien der mich betreffenden Arztrechnungen<br />

gebeten. Die Reaktion des zuständigen Sachbearbeiters<br />

verstehe ich zwar immer<br />

noch nicht („Dadurch würde nur<br />

das Vertrauensverhältnis zwischen<br />

Arzt und Patient gestört“),<br />

habe aber inzwischen begriffen,<br />

dass meine Frage ebenso naiv<br />

war wie die Antwort. Denn 1.<br />

kann ein Patient im herkömmlichen Abrechnungssystem<br />

nichts prüfen und 2. spielt das Patient-Arzt-Verhältnis in<br />

unserem Gesundheitssystem sowieso nur eine untergeordnete<br />

Rolle.<br />

Aber jetzt stehen wir am Beginn einer neuen Welt; mit<br />

der geplanten Einführung der elektronischen Gesundheitskarte<br />

(eGK) sind große Versprechen verbunden. Die eGK<br />

folgt der 1994/95 eingeführten Krankenversicherungskarte,<br />

die heute von 90 % der Bevölkerung benutzt wird. In<br />

einem ersten Schritt, ab Juni <strong>2007</strong>, soll die Möglichkeit geschaffen<br />

werden, alle „administrativen“ Daten eines Menschen<br />

auf seiner eGK zu speichern, als da sind: Alter, Name,<br />

Anschrift, Krankenkasse, Geburtsdatum, Geschlecht,<br />

Passbild usw. Gleichzeitig ist mit der eGK die Möglichkeit<br />

gegeben, auf ein Computernetzwerk zurückzugreifen. Ziel<br />

ist es, rund 80 Mio. gesetzlich und privat Versicherte mit<br />

neuen Chipkarten auszustatten und etwa 123.000 Arztpraxen,<br />

21.500 Apotheken, 2.200 Krankenhäuser und 300<br />

Krankenkassen miteinander zu vernetzen.<br />

Das alles beeinträchtigt noch niemanden – abgesehen davon,<br />

dass die Verwendung digitalisierter Passbilder äußerst<br />

bedenkliche Möglichkeiten der Überwachung zulässt.<br />

Gesundheitspolitik<br />

Risiken und Nebenwirkungen<br />

Werden Computerexperten zu<br />

Agenten im Gesundheitswesen?<br />

Hier geht es um die Finanzierung der Karten, der Lesegeräte<br />

und der technischen Infrastruktur in den Arztpraxen<br />

und Krankenhäusern. Alle Vorgänge müssen elektronisch<br />

signiert werden, wodurch zusätzliche Kosten entstehen.<br />

Das Bundesgesundheitsministerium erwartet, dass die<br />

Kosten im Wesentlichen von Ärzten,<br />

Apothekern und Krankenkassen aufgebracht<br />

werden. Allerdings könnte<br />

dies zu einer Beitragssatzsteigerung<br />

führen.<br />

Es bleibt unklar, wer alles Zugang<br />

zu den gespeicherten Daten hat bzw. ob der unberechtigte<br />

Zugriff verhindert werden kann. Das Interesse<br />

daran ist jedenfalls groß. Werden Computerexperten zu den<br />

eigentlichen Agenten im Gesundheitswesen? Kann ich als<br />

Bürger und Patient verhindern, dass ich einen gläsernen<br />

„Datenkörper“ habe? Im Blick auf die Strukturen unseres<br />

Gesundheitswesens sind gewisse Ängste begründet. Diese<br />

Einschätzung wird von vielen Ärzten geteilt. Sie sehen in<br />

der eGK weniger das Hilfsmitteln, sondern vor allem den<br />

Versuch der mächtigen Gesundheitsverbände, die Patienten<br />

und Heilberufler einer Doppelkontrolle zu unterwerfen.<br />

Erich Kerkhoff<br />

Kritisch ist ein zweiter Schritt zu sehen. Dann werden<br />

elektronische Rezepte auf der Karte gespeichert und außerdem<br />

sollen die Menschen in Deutschland überzeugt<br />

werden, sensible Daten auf ihrer eGK speichern zu lassen.<br />

Den Vorstellungen des Gesundheitsministeriums zufolge<br />

können auf diese Weise Kosten in Milliardenhöhe eingespart<br />

werden. Beispielsweise durch das Speichern von<br />

Untersuchungsdaten, um überflüssige Doppeldiagnosen zu<br />

vermeiden. Oder durch das elektronische Rezept und den<br />

elektronischen Arztbrief.<br />

Die geschätzten Gesamtkosten des Projekts „Einführung<br />

einer Gesundheitskarte“ liegen zwischen 1,4 und 1,7<br />

Mrd. Euro. Doch es gibt bereits Mahnungen, dass die Einführung<br />

eher 4 bis 7 Mrd. Euro verschlingen wird. Also<br />

ein Fünffaches. Zudem sollen die Betriebskosten bereits<br />

im ersten Jahr zwischen 120 und 150 Mio. Euro betragen.<br />

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durchblick 2/<strong>2007</strong> 19


Irma und Doris Bernsdorf saßen sich auf der Terrasse<br />

des Vorstadthäuschens gegenüber, das sie von Tante Else<br />

geerbt hatten. Sie waren zwei ungleiche Schwestern: Irma<br />

etwas mollig, mit Wuschelkopf und Grübchen, war immer<br />

bereit, sich für irgendetwas und irgendjemand einzusetzen.<br />

Doris, schwarzgelockt, schlank und elegant, blieb im Bezug<br />

auf die Einsatzbereitschaft für ihre Umwelt eher etwas<br />

zurückhaltend. Die Schwestern hatten mehrere Jahre wenig<br />

Kontakt zu einander gehabt. Das sollte nun anders werden<br />

durch Tante Elses Haus. Die beiden waren die einzigen<br />

Erben der Tante, außer einem ihnen unbekannten Mann,<br />

den der Testamentsvollstrecker im Gefängnis aufsuchen<br />

musste. Ihm hatte die alte Dame ihr restliches Vermögen<br />

vermacht, eine stattliche Summe, die den Wert des kleinen<br />

Häuschens überstieg. Irma beschäftigte eine Frage, die ihr<br />

nicht aus dem Kopf gehen wollte:<br />

„Ich möchte doch zu gerne wissen, warum Tante Else<br />

ihr gesamtes Geld einem Sträfling vererbt hat. Du weißt,<br />

wir brauchen es nicht, aber erfahren möchte ich doch, was<br />

die Tante mit diesem Menschen verbunden hat.“<br />

„Hör doch endlich auf und lass Tantchen ihr Geheimnis“,<br />

antwortete die Schwester lachend. „Entweder hat sie<br />

einen sozialen Tick gehabt oder eine große Liebe, die auf<br />

Abwege geraten ist.“ Irma musste der Schwester recht geben.<br />

Sie selbst hatte die Tante das letzte Mal vor 15 Jahren<br />

gesehen. Bei Doris war es wohl ähnlich, ihr Interesse an<br />

Tantes Geheimnis war noch nie groß gewesen.<br />

Aber Irma ließ nicht locker: „Sag mal Doris, erinnerst<br />

du dich noch an den Jungen, den die Tante bei sich aufge-<br />

Marias Krimi<br />

Tante Elses Geheimnis<br />

Vor Tante Elses vererbtem Häuschen kommen sich die<br />

Schwestern Irma und Doris Bernsdorf näher.<br />

nommen hat, als wir Kinder waren? Ich glaube,<br />

er war der Sohn einer verstorbenen Freundin. Er<br />

muss längere Zeit bei der Tante gelebt haben. Dann<br />

gab es einen großen Streit. Ich erinnere mich jetzt,<br />

dass sie einmal schrieb, der Junge sei für immer<br />

fort, und er sollte nie mehr erwähnt werden. Vielleicht<br />

ist er der Sträfling.“<br />

„Du hast verrückte Ideen“, konterte Doris. Der<br />

Sträfling heißt Fritz Braumann und ist ein bekannter<br />

Einbrecher, Dauergast im städtischen Knast.<br />

Sein Bewährungsgesuch wurde jetzt gerade wieder<br />

abgeschmettert, das stand in der Zeitung. Du<br />

glaubst doch nicht, dass ein Pflegekind unserer<br />

sanften Tante ein Verbrecher geworden ist.“<br />

Als Irma die Kaffeetassen abräumte, war ihr<br />

Entschluss gefasst. „Ich mache noch ein paar Besorgungen“,<br />

rief sie der Schwester zu. Doris sollte<br />

von ihrem Plan nichts wissen, sie würde kaum Verständnis<br />

dafür aufbringen. Irma nahm den von Doris<br />

mit ins Haus gebrachten, riesigen Bernhardiner<br />

Pluto an die Leine, der auch ihr treu ergeben war,<br />

und machte sich auf den Weg. Eine Stunde später<br />

saß sie in einem beklemmend engen, vergitterten Raum<br />

der Strafanstalt einem kleinen, hageren Mann gegenüber.<br />

Verlegen quetschte sie das große Kuchenpaket an sich, das<br />

sie mitgebracht hatte und wagte den Einstieg ins Gespräch:<br />

„Herr Braumann, verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Ich<br />

bin die Nichte von Frau Bernsdorf.“ Der spürbar erregte<br />

Häftling unterbrach sie barsch mit einem Wortschwall:<br />

„Wenn Sie das Geld zurückhaben wollen, das können Sie<br />

haben. Ich will es nicht. Ich will mein Recht. Ihre Tante<br />

wusste genau, wer der Mörder ist. Sie wollte den Schuft<br />

nur decken, der seine Frau erschossen hat. Bestimmt hat<br />

Michael Brückner die Frau selbst umgelegt, die nachts die<br />

Treppe herunterkam, als er mich im Laden erwischte. Ich<br />

war es nicht – Basta.“<br />

Alles drehte sich jetzt in Irmas Kopf: Michael Brückner,<br />

das war der Name des Jungen, den die Tante damals bei<br />

sich aufgenommen hatte. Niemals würde ihre Tante dem<br />

Mann ein Vermögen hinterlassen haben, der die Frau ihres<br />

Pflegesohns erschossen hatte. Es gab da wirklich nur eine<br />

Erklärung. Tante Else wusste um die Schuld des Juweliers<br />

und wollte ihr Gewissen erleichtern mit der Erbschaft für<br />

den unschuldig Verurteilten. Irma drückte dem Gefangenen<br />

die Hand und sprudelte heraus: „Verlassen Sie sich<br />

darauf, ich werde Ihnen helfen. Ganz bestimmt muss man<br />

sie freilassen.“<br />

Auf der Straße eilte Irma zum nächsten Telefonhäuschen<br />

und blätterte im Fernsprechbuch. „Michael Brückner,<br />

Juwelier, Steinstraße 29“. Das genügte. Mit ihrem kleinen<br />

Sportwagen hatte sie den eleganten Laden im Stadt-<br />

20 durchblick 2/<strong>2007</strong>


Marias Krimi<br />

zentrum schnell erreicht und stand atemlos dem Juwelier<br />

gegenüber. Das schmale Gesicht mit den großen, ernsten<br />

Augen erinnerte sie an einen Schuljungen, den sie vor langer<br />

Zeit gekannt hatte.<br />

Ihre Worte entsprachen nicht den überlegten Sätzen,<br />

die sie unterwegs eingeübt hatte: „Ich war gerade bei dem<br />

Mann, der für Sie im Gefängnis sitzt. Meine Tante Else<br />

Bernsdorf muss gewusst haben, dass Sie Ihre Frau erschossen<br />

haben. Aber der Unschuldige will das Geld nicht. Er<br />

will sein Recht.“<br />

Für einen Moment schien Michael Brückner um Fassung<br />

zu ringen, aber dann wich der wirre Ausdruck in seinem<br />

Gesicht einem höflichen Lächeln. Sein Stimme klang<br />

ruhig und sachlich: „Sie irren sich, meine Frau ist von dem<br />

Einbrecher erschossen worden. Das wurde klar bewiesen.<br />

Warum Ihre Tante, der ich auch viel zu verdanken habe,<br />

sich um ihn gekümmert hat, begreife ich nicht. Aber bitte,<br />

es ist mir schmerzlich diese Dinge wieder aufzurollen. Wir<br />

haben uns nichts mehr zu sagen.“<br />

Abrupt wandte sich Irma zum Gehen. Für sie war der<br />

Fall klar, aber wie sollte sie jemals Beweise finden. Und<br />

warum hatte Michael Brückner seine Frau erschossen? Voller<br />

Unruhe fuhr Irma nach Hause. Der Wunsch, von dem<br />

Mann, der sie so hart abgewiesen hatte, die Wahrheit zu<br />

erfahren, trieb sie zurück ins Stadtzentrum. Seltsam, auch<br />

Doris war fortgegangen, obwohl sie nichts von solcher Absicht<br />

gesagt hatte. Pluto, der sanfte „Höllenhund“, blieb an<br />

Irmas Seite und nahm ihr etwas von ihrer Angst.<br />

Das Juweliergeschäft war jetzt geschlossen. Irma ging<br />

hinter das Haus, wo eine Treppe zu einer leicht angelehnten<br />

Tür führte. Deutlich hörte sie die Stimme Brückners und<br />

versuchte, den Sinn seiner Worte zu verstehen. „Sie war<br />

vorhin hier,“ stieß der Juwelier aufgeregt hervor. „Sie hält<br />

mich für den Mörder. Ich habe damals meine hinter der<br />

Kasse liegende Waffe verschwinden lassen und niemand<br />

gesagt, dass du<br />

geschossen hast.<br />

Dich hatte niemand<br />

gesehen,<br />

auch der Einbrecher<br />

nicht, der auf<br />

der Flucht festgenommen<br />

wurde<br />

und für die Polizei<br />

der Täter war.“<br />

Michael Brückner<br />

steigerte sich<br />

zu höchster Erregung,<br />

als er fortfuhr:<br />

„Als meine<br />

Frau damals plötzlich<br />

vor dir stand,<br />

weil sie Lärm gehört<br />

hatte, hast du<br />

die Gelegenheit<br />

genutzt und sie<br />

getötet.“ Bei den<br />

Warum vermachte Tante Else ihr<br />

Vermögen einem Strafgefangenen?<br />

folgenden Worten versagte die Männerstimme fast: „Auch<br />

meine Liebe zu dir ist tot. Ein Mann hat 15 Jahre für deine<br />

Schuld gebüßt. Du wirst dich der Polizei ...“ Die Stimme<br />

verstummte.<br />

Die vor Angst zitternde Irma hatte nur einen Gedanken.<br />

Jetzt musste sie etwas tun. Sie zog den Hund vor den Türspalt<br />

und rief: „Fass, Pluto, fass.“ Der Hund stürzte ins Zimmer.<br />

Dann hörte Irma ein lautes freudiges Winseln. Als sie<br />

Pluto folgte, sah sie, dass ihre Schwester Doris gerade eine<br />

kleine, silberne Pistole an ihre Schläfe drückte. Nun begriff<br />

sie das Geheimnis der Tante. Als die beiden Frauen zum<br />

Polizeirevier fuhren, wühlte Doris den Kopf schluchzend in<br />

das dichte Fell des treuen Bernhardiners. Maria Anspach<br />

durchblick 2/<strong>2007</strong> 21


Erotik und Sexualität im Alter – ein Tabubruch – in der<br />

Generation meiner Eltern noch degoutant, abartig, verpönt,<br />

in der klassischen Literatur nicht der Stoff, aus dem die<br />

Träume sind. Dem Thema näherte man sich in den letzten<br />

Jahren zaghaft, so, als befürchte man, damit immer noch<br />

aus der Zeit zu fallen. Die Bücher flossen überwiegend aus<br />

den Federn weiblicher Autoren. Doch langsam hat auch<br />

die literarische Altherrenriege Geschmack gefunden an der<br />

Brisanz des Stoffes. Es ist wie<br />

ein Dammbruch. Vielleicht ist<br />

heute im alternden Menschen<br />

der Mut und die Kraft zur<br />

Wahrhaftigkeit stärker. Das<br />

allgemeine Interesse an der<br />

älteren Generation ist gewachsen,<br />

sowohl in positiver als<br />

auch in negativer Richtung. Sie<br />

hat sich aus ihrem Schattendasein<br />

herauskatapultiert und ist,<br />

neben den Kinderkrippen, auch<br />

vorherrschendes politisches<br />

Kalkül. Die Alten werden in<br />

so viele Nischen gepresst und<br />

bekommen so viele Etiketten<br />

verpasst, dass sie immer mehr<br />

zu Exoten mutieren.<br />

Das vorherrschende Klischee<br />

war immer: Ein Mann<br />

mit angegrauten Schläfen wird<br />

erst richtig interessant, aber eine<br />

Frau mit schütterem grauen<br />

Haar ... Doch liest man Martin<br />

Walser, Botho Strauß oder auch<br />

Hellmuth Karasek, ist es eine<br />

andere Melodie, die in ihren<br />

Bekenntnissen anklingt.<br />

Das Glücksangebot jagt<br />

den Menschen ein Leben lang<br />

durch das seelische Elend,<br />

welches in der stets von neuem<br />

verunglückenden Verständigung mit dem anderen<br />

sein Spiel treibt.<br />

Manchen Frauen tut das Altwerden Gewalt an. Schon<br />

sehr oft hat es mich schmerzhaft berührt, wenn ich auf<br />

Hochzeitsfotos strahlende Schönheiten gesehen habe und<br />

dann vergegenwärtigen musste, was davon übrig geblieben<br />

war. Viele ältere Frauen verweigern sich einer neuerlichen<br />

Liebesbeziehung, nicht nur lustige Witwen. Auf die Frage,<br />

warum, bekommt man oft die nichtssagende Antwort:<br />

Ich möchte nicht noch einmal die Socken eines anderen<br />

Buchbesprechung<br />

Die Klatschmohnfrau<br />

Das hohe Lied der Liebe<br />

„Die Klatschmohnfrau“ 174 Seiten. Erschienen bei<br />

Kiepenheuer und Witsch, Köln, 7,90 EUR<br />

waschen oder: Vielleicht wird er dann bald ein Pflegefall.<br />

Würde nur einmal die Ästhetik erwähnt, dann könnte ich<br />

es nachvollziehen, obwohl ich weiß, dass Ästhetik nicht<br />

gleich Erotik ist. Der körperliche Verfall – es braucht Mut,<br />

um weiterzumachen. Und wenn sich dann noch ein Mann<br />

für einen interessiert, multipliziert sich der Makel und<br />

verlängert den Schatten. Mich spaltet das Alter, ich muss<br />

immer wieder den Bezug zu mir selbst herstellen, zu der<br />

Frau, die ich einmal war.<br />

Und dann kommt so eine<br />

Geschichte daher, federleicht,<br />

anrührend, verführerisch.<br />

Aller Ballast abgeworfen.<br />

Geschrieben hat sie Noëlle<br />

Châtelet. Im Vorspann lese<br />

ich: in Deutschland würde<br />

man den Roman nicht als anspruchsvolle<br />

Literatur werten,<br />

in Frankreich sei das anders.<br />

Der Roman sei stilistisch sicher<br />

geschrieben und sehr<br />

genau durchkomponiert. Die<br />

weibliche Hauptfigur durchlebt<br />

eine Metamorphose. Ohne<br />

kritische Distanzierung werden<br />

Leidenschaft und gelebte<br />

Sexualität als reale und beglückende<br />

Anteile des Lebens<br />

alter Menschen akzeptiert<br />

und als berechtigter Anspruch<br />

gegenüber gesellschaftlichen<br />

Normen gesehen.<br />

Marthe gelingt , was ich einen<br />

Spagat nennen würde. Nun<br />

ist sie der Kindchentyp (nicht<br />

die Kindfrau Lolita), für meine<br />

Empfindungen sehr schlicht.<br />

Sie tritt aus einem Einband<br />

mit üppigem Klatschmohn<br />

hervor. Wir lernen sie kennen<br />

in ihrem Schlafzimmer aus verblichenem Beige. Die<br />

70-Jährige öffnet die Augen, sortiert ihre schmerzenden<br />

Gelenke, seufzt (sie nennt Seufzer Windstöße der Seele),<br />

schlüpft in ihren Morgenmantel aus rotem Satin und begibt<br />

sich in ihre Küche. Sie hat die Erfahrung einer lieblosen,<br />

unlebendigen Ehe mit Edmond hinter sich und ist<br />

seit zwanzig Jahren Witwe. Da gibt es einen Sohn und eine<br />

Tochter und Enkelkinder. Sie existiert eigentlich nur, es ist<br />

ein eintöniges Leben ohne jegliche Gelüste oder Ambivalenzen<br />

bis zu dem schicksalhaften Moment, in dem Felix,<br />

der Mann mit den 1000 Halstüchern, und sein Hund,<br />

22 durchblick 2/<strong>2007</strong>


Buchbesprechung<br />

der einfach nur Hund heißt,<br />

in ihr Leben treten. Felix ist<br />

10 Jahre älter, sehr lebendig<br />

und kreativ.<br />

An dem Morgen, an dem<br />

wir sie begleiten, verspürt sie<br />

plötzlich ein Verlangen nach<br />

Kaffee, ein sensationeller<br />

Vorgang, nachdem sie all die<br />

Jahre Eisenkrauttee bevorzugt<br />

hat. Felix hatte am Vortag<br />

im Bistro „Les Trois Canons“,<br />

einem Etablissement,<br />

welches Marthe regelmäßig<br />

nachmittags um 15 Uhr frequentierte,<br />

auf sich aufmerksam<br />

gemacht, indem er ihr<br />

mit einem Kaffee zutrank.<br />

Auch er ist Stammgast im<br />

Bistro. Diese seine Geste hatte<br />

in ihr etwas zum Klingen gebracht.<br />

Sie stellt an sich fest,<br />

dass sie plötzlich intensiver<br />

und bewusster lebt, die Farben, die Gerüche, die Gegenstände,<br />

die sie berührt, nimmt sie anders wahr. Man kennt<br />

diese Bewusstseinserweiterung aus Zeiten des eigenen Verliebtseins.<br />

Die Geste rührt an ihre Wurzeln, rüttelt an ihren<br />

Empfindungen. Die Zeit scheint Mitgefühl, Zärtlichkeit und<br />

Empfindsamkeit unter vergänglichem Fleisch zu begraben.<br />

Sie schmiedet einen Plan: Heute würde sie im Bistro zwei<br />

Espressi bestellen. Ihre Erscheinung: im Nacken geknotetes<br />

Haar, blaues Kleid aus Kreppseide, Netzhandschuhe, Hut,<br />

braune Handtasche aus geflochtenem Leder. Ich stelle sie<br />

mir etwas verhuscht vor und kann sie schlecht in die heutige<br />

Zeit transportieren. Felix ist nicht da. Trotzdem bestellt sie<br />

zwei Espressi. Sie ist sich der grotesken Situation durchaus<br />

bewusst, fühlt sich erniedrigt und verraten, amüsiert sich<br />

aber gleichzeitig über sich selbst.<br />

Am nächsten Tag erfährt sie durch die Concierge, dass<br />

in den „Trois Canons“ eine Explosion stattgefunden hat,<br />

dieselbe, die sie in ihrem Inneren erlebt. Der Boden tut sich<br />

unter ihr auf. Sie sieht Felix in einer Blutlache. So schnell,<br />

wie es ihre stechende Hüfte erlaubt, eilt sie zum Bistro.<br />

Der Schaden ist geringfügig. Sie taumelt vor Erleichterung,<br />

spürt Felix feste Hand auf ihrem Arm.<br />

Sie hat eine Verabredung. In ihrem Notizbuch standen<br />

bisher nur die Namen von Dr. Binet und einem Beamten<br />

der Pensionskasse, der ab und an überprüft, ob sie noch<br />

lebt. Sie erwirbt einen Taschenkalender aus rotem Saffianleder<br />

mit einem kleinen, goldenen Kugelschreiber. Vor<br />

dem Bistro wartet eine andere Marthe auf sie. Sie ist ihr<br />

fast fremd. Nur der Mann mit den 1000 Halstüchern ist<br />

über jeden Zweifel erhaben. Sie bewundert ihn, schaut zu<br />

ihm auf, stellt keine Bedingungen, sie lässt es geschehen.<br />

Man schenke mir noch einmal die Begegnung mit einem<br />

Mann, zu dem ich aufschauen könnte. Beim Lesen der<br />

Bildtitel: Marthes Alter Ego<br />

Lektüre sträuben sich mir manches Mal die Haare. Und,<br />

trotzdem, fasziniert diese Geschichte, weil sie eine Art<br />

von Beziehung in unsere Wirklichkeit rückt, nach der sich<br />

die Frau seit Urgedenken der Menschheit sehnt, nach all<br />

den Geschlechterkämpfen und Lebensschlachten, dennoch<br />

wissend, dass es eine Utopie ist.<br />

Felix trägt heute kein Halstuch, sie sieht einen nackten<br />

Hals, einen von geheimnisvollen Falten zerfurchten Hals, einen<br />

verbrauchten, lebendigen Hals. Ihr Mund wird trocken.<br />

Instinktiv greift sie sich an den eigenen Hals, der ebenso<br />

nackt, ebenso verbraucht ist. Ihre Verabredungen werden<br />

zu einem Ritual. Felix lädt sie ein in die Oper, der<br />

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durchblick 2/<strong>2007</strong> 23


„Barbier von Sevilla“ wird gegeben. Er trägt den granatfarbenen<br />

Schal mit den Kaschmirmustern. Es ist ein überwältigendes<br />

Erlebnis für sie. Rosinas Hauch schürt eine Glut<br />

in Marthe, die seit ihrer Jugend in ihr schwelt und endlich<br />

zum Ausdruck gekommen ist. Er<br />

überhäuft sie mit Geschenken. Sie<br />

bekommt ihren ersten Liebesbrief.<br />

Es kündigt sich ein dreitägiges Zuneigungsfieber<br />

an. Während der<br />

Rekonvaleszenz schreitet sie über<br />

die Boulevards, erlebt Paris völlig<br />

neu. Sie trifft ihr Alter Ego, eine junge Frau, die eine Bluse<br />

in dem Rot des Klatschmohns trägt, ähnlich wie die eigene,<br />

die sie vor ihrer Verlobung so geliebt hat. Klatschmohn, so<br />

sagt man, sei die Blume des Begehrens.<br />

Diese Begegnung ermutigt sie, einer Einladung Felix in<br />

sein Atelier zu folgen. Der Hund will wieder einmal nicht<br />

fressen. Felix möchte sie malen. Sie sitzen sich schutzlos<br />

gegenüber in dieser späten Stunde des Abends, ja, des Lebens,<br />

er ohne Halstuch, sie ohne Hut. Marthe beschließt,<br />

ihr Schlafzimmer zu verändern. Beigetöne verschwinden<br />

irgendwann ganz und sie mit ihnen. Sie entscheidet sich<br />

für einen perlmutglänzenden Stoff, der mit leuchtend roten<br />

Blumen übersät ist.<br />

Marthe schlägt Felix vor, ihm ihr neues Schlafzimmer<br />

zu zeigen. Trotz ihrer Verliebtheit bereut Marthe nicht,<br />

Buchbesprechung<br />

Das Glücksangebot jagt den<br />

Menschen ein Leben lang<br />

durch das seelische Elend.<br />

eine alte Frau zu sein. Die Prüfungen des Alterns, die ein<br />

wenig schmerzhaft sind, hat sie hinter sich. Die Schlacht<br />

ihres Körpers – die Zeit hat mit unerbittlicher Hand gearbeitet<br />

– hat sie verloren, aber, sie wird begehrt. Ich habe<br />

die vielen Spiegel in meiner Wohnung<br />

geliebt. Nun möchte ich sie am liebsten<br />

alle verhängen. Auch käme mir<br />

der Brauch, Schleier tragen zu dürfen,<br />

sehr gelegen. Sie sitzt Model und stellt<br />

Felix ihrer Familie vor. Einmal erspäht<br />

sie aus einem Taxi heraus auf der anderen<br />

Straßenseite eine Frau, die sie an die Klatschmohnfrau<br />

erinnert. Sie hätte es beschwören können, wenn diese<br />

Frau nicht einen straffen Knoten und ein Kleid aus blauer<br />

Kreppseide getragen hätte, eines, wie Marthe es eben abgelegt<br />

hatte.<br />

Sie behalten etwas mehr Haltung in ihrem Klatschmohnzimmer.<br />

Doch es kommt die Nacht in Felix Atelier,<br />

wo alles nicht mehr zählt, weder die Beschwerden des<br />

Alters, noch die Medikamente, weder die schlafstörende<br />

Hüfte noch das aufgelöste Haar. Vorerst letzter Höhepunkt<br />

ist eine Reise nach Sevilla. Sie war nur einmal in ihrem Leben<br />

von zu Hause weg, in Boulogne-sur-mer. Marthe trägt<br />

ein neues Kleid, natürlich mit roten Motiven auf cremefarbenem<br />

Untergrund, eine dazu passende Handtasche, darauf<br />

abgestimmte Schuhe und einen Strohhut. Erika Krumm<br />

24 durchblick 2/<strong>2007</strong>


Eigentlich widerstrebt es mir, in das Dickicht der enttäuschenden<br />

Affäre erneut einzutauchen. Trotz aller Aufklärung<br />

umkreise ich das ganze nur, die Rätselhaftigkeit bleibt<br />

unangetastet. Auch schließt sich in diesen wunderschönen<br />

Sonnentagen die Haut über der Wunde. Ich spüre aber, dass<br />

sich der Vorhang nach dem ersten Akt noch einmal heben<br />

sollte, um einem zweiten, nicht minder ominösen Raum<br />

zu geben.<br />

Im ersten Bericht habe ich die Frage aufgeworfen: Was<br />

ist mit der Sicht meines Vermieters auf die peinliche Situation?<br />

Ich erlaubte mir die Voraussage: Sie wird eine andere<br />

sein, und, tatsächlich, es prallen da Welten aufeinander.<br />

Hier, in selbst erwählter Einsamkeit, mein sich aufbäumendes<br />

Ich, in all seiner Anspannung, dem Ringen um<br />

Gerechtigkeit, wie es sie, da auch dieser Begriff relativ,<br />

auf dieser Welt nie geben wird. Mit Fantasien, die sich ins<br />

Krankhafte steigern, während dort ein Paar in trauter Gemeinsamkeit,<br />

nach den Mühen des Tages, vor dem Kamin<br />

sitzt, das Problem, sicherlich, hin und wieder berührt, nach<br />

einer wenig schmerzhaften Lösung sucht, es dann aber<br />

auch sehr gut loslassen kann.<br />

Es war als Abschlussgespräch gedacht. Die Begrüßungsworte<br />

meiner Vermieterin: Was gibt es denn jetzt<br />

noch zu klären, Frau E., die Anlage ist doch umgeklemmt,<br />

dann kommt sie auch noch mit ihren gesammelten Werken<br />

(sprich: meine Stromunterlagen), sollen wir etwa jetzt die<br />

Hälfte ihres Stromverbrauches bezahlen? Die Sätze trafen<br />

mich wie Fausthiebe, sie brachten mein Weltbild endgültig<br />

ins Wanken. Sie schnappte sich meinen Ordner, blätterte<br />

ihn durch und behielt ihn, was ich ihr in meinem grenzenlosen<br />

Entgegenkommen gestattete. Er saß, wie immer,<br />

abgeklärt in seinem Sessel, obwohl ich eine leichte Irritation<br />

zu bemerken meinte, ob des schroffen Empfangs von<br />

Seiten seiner Angetrauten. Ich murmelte in Richtung seiner<br />

Auch sonntags von 10 –18 Uhr geöffnet<br />

„Endlich Sommer –<br />

hinein ins heißkalte<br />

Vergnügen…!“<br />

Unter Kopfzeile Spannung<br />

Lied ohne Worte<br />

Das große Finale<br />

Person, dass es sich doch nicht nur um ein Kavaliersdelikt<br />

handele, worauf er mit einem lakonischen ja, ja reagierte.<br />

Angeblich verbrauche die Solaranlage nur Strom für drei<br />

Euro im Monat, und ich saß auf einem Mehrverbrauch von<br />

1000 kw im Jahr. Wer weiß, was da alles an meiner Strippe<br />

gehangen hat. Ihr Freund vom RWE ist mir nicht namentlich<br />

vorgestellt worden.<br />

Sie verabschiedeten sich mit dem lapidaren Versprechen,<br />

weitere Auskünfte einholen zu wollen. Die trockenen<br />

Sätze klangen hohl und unverbindlich. Vierzehn Tage lang<br />

geschah nichts, und ich hatte nicht das Gefühl, dass sie sich<br />

je wieder rühren würden. Ich spielte in meiner Wut und<br />

in meinem Frust wieder ungezählte Szenarien durch. Die<br />

schlimmste Vorstellung war, sie könnten meine Unterlagen<br />

fälschen, ja, sie könnten sie sogar, mit Hilfe ihres Freundes<br />

in den Computern des RWE löschen.<br />

Ich nahm mit dem Mieterbund Kontakt auf, durchforstete<br />

die Wohnungsanzeigen der Zeitung. Es waren zwei<br />

Ungeheuer, die über mir thronten. Ich schrieb einen Brief,<br />

in dem ich mit Mietminderung drohte und das sich Einschalten<br />

meines Rechtsanwaltes ankündigte. Endlich bewegte<br />

man sich.<br />

Es klopfte, und meine Vermieterin stand im Türrahmen<br />

ohne ihren Mann im Gefolge. Sie war völlig souverän,<br />

sie verblüffte mich. Sie vermittelte mir den Eindruck, als<br />

handele es sich um ganz selbstverständliche Abläufe. Ihre<br />

Worte auf meine diversen Einwände: Ach Gott, Frau E., die<br />

Unterlagen, die habe ich durchgeblättert, habe sie beiseite<br />

gelegt, sie irgendwann vom RWE durchrechnen lassen<br />

und sie dann über meinem Tagesablauf vergessen. Was das<br />

Gespräch angeht, wenn Sie es so verletzend empfunden haben,<br />

es war nicht so gemeint. Schon seit Wochen bin ich auf<br />

Grund von Überarbeitung sehr nervös. Ich war überwältigt,<br />

alles löste sich mal wieder in Wohlgefallen auf, jede<br />

weitere Vorhaltung meinerseits überging sie geflissentlich<br />

oder entschärfte ihn auf ihre Art. Uneingeschränktes Wohlwollen<br />

tropfte auf mich herab, und obwohl ich wusste, es<br />

konnte so nicht ganz gewesen sein, war es Balsam für mein<br />

wundes Hirn und mein krankes Herz. Die Summe, die sie<br />

errechnet hatte, deckte sich nicht mit der meinigen, aber<br />

sie war für mich akzeptabel. Ich war wie neu geboren, kein<br />

Anwalt, kein Prozess ...<br />

Wilhelm-Busch-Straße 1<br />

57078 Siegen-Geisweid<br />

Info-Tel. (<strong>02</strong> 71) 8 55 17<br />

www.huettental-sauna.de<br />

Die beiden Figuren schrumpften wieder auf Normalmaß,<br />

sowohl äußerlich als auch innerlich, auch, da ich gemerkt<br />

hatte, dass ich mit Hass und Verachtung nicht leben<br />

konnte. Der Vorhang senkt sich über dem finalen Akt. Und<br />

in Zukunft? Ich weiß, dass ich auf der Hut sein muss.<br />

Erika Krumm<br />

26 durchblick 2/<strong>2007</strong>


In seinem ersten Buch berichtet der Siegener Arzt<br />

Dietmar Berger über seine Kanu- und Floßwanderungen<br />

durch Schweden. Er will Mut machen, aus aktivem Naturerleben<br />

Kraft zu schöpfen. Das bebilderte Buch ist im<br />

Siegener Buchhandel erhältlich und kostet 12,90 €.<br />

„Biii-ber, Ää-älch, Rennn-tier“, so hallt es manchmal<br />

langgezogen über den See, als riefen wir Tiger, Panther<br />

und Puma, unsere Katzen, zum Futternapf. Aber im Gegensatz<br />

zu unseren ewig hungrigen „Fellmägen“ ist hier<br />

unser Rufen vergebens, kein Tier lässt sich daraufhin blicken.<br />

Der Biber macht seinen Mittagsschlaf in der Burg,<br />

an der wir gerade vorbeipaddeln. Der Elch kommt in der<br />

Frühe ans Ufer zur Tränke, wenn wir noch schlafen. Und<br />

Rentiere werden wir in diesem Urlaub noch zur Genüge<br />

sehen, allerdings nicht vom Boot aus. Diese drei Tiere sind<br />

für uns Symbole für Urlaub, Schweden, Zweisamkeit und<br />

Naturerlebnis. Ebenso gut könnten wir „Wasser, Sonne,<br />

Wald“ rufen oder mit anderen Worten einfach nur unser<br />

Glücksgefühl ausdrücken, so viel Schönes erleben zu dürfen.<br />

Deshalb nimmt für uns Kanuwandern in Schweden den<br />

ersten Platz ein, selbst noch vor Tauchen, Hundeschlittenfahren<br />

oder Bergbesteigung. Es macht nichts aus, ob es ein<br />

„durchblick-buchreihe“<br />

Kopfzeile<br />

Zweisamkeit und Naturerlebnis<br />

aus dem Buch: Biber, Elch und Rentier<br />

prächtiger Tag wie heute ist, an dem kleine Wölkchen am<br />

blauen Himmel ab und zu wohltuenden Schatten spenden,<br />

oder ob es andauernd auf unser Regenzeug nieselt oder ob<br />

uns der Wind ins Gesicht bläst und die Wellen das Kanu<br />

hochheben und wieder herunterklatschen lassen, sodass<br />

Anne durchaus nicht missmutig wieder einen ihrer Lieblingssprüche<br />

anbringt:<br />

„Ich weiß nicht, welche meiner Freundinnen das alles<br />

mit dir mitmachen würde!“<br />

„Keine“, entgegne ich, „weil du eben die falschen<br />

Freundinnen hast. Im Übrigen will ich das alles nur mit<br />

dir erleben.“<br />

Beide gemeinsam haben wir das Kanuwandern für uns<br />

entdeckt. Keiner muss sich dem Partner zuliebe überwinden,<br />

so wie sich ein deutsches Urlauberpaar im Gästebuch<br />

einer Heimatstube mit Sommercafé dargestellt hat. Auf der<br />

gelungenen Karikatur sitzen sie im Kanu, die Frau vorne,<br />

der Mann hinten.<br />

„Sprich mit mir“, fordert er sie auf.<br />

„Lenke!“, erwidert sie nur und denkt sich dabei: ‚Wann<br />

sind wir endlich wieder am Wohnwagen?‘<br />

Wir hingegen genießen die Stunden im Kanu und fragen<br />

uns umgekehrt beim langen Umtragen:<br />

„Wann schwimmen wir endlich wieder im Wasser?“<br />

Siegen muss in guten Händen bleiben<br />

mit Steffen Mues<br />

Bürgermeister für Siegen<br />

Bürgermeisterwahl in Siegen am 09. September <strong>2007</strong><br />

SIEGEN<br />

www.steffenmues.de<br />

durchblick 2/<strong>2007</strong> 27


Kopfzeile<br />

Gemeinsam handeln.<br />

Für Kinder. Für Jugend. Für Familie.<br />

Wahltag<br />

09.09.<strong>2007</strong><br />

Briefwahl nicht vergessen.<br />

Ihr Bürgermeister für Siegen<br />

www.rujanski.de<br />

28 durchblick 2/<strong>2007</strong>


1. Der demografische Wandel<br />

wurde in der jüngsten Vergangenheit<br />

zu einem Megathema. Entscheidungsträger<br />

in zahlreichen Städten<br />

sehen hier eine Aufgabe, die den<br />

Gestaltungswillen in praktisch allen<br />

kommunalen Handlungsfeldern<br />

herausfordert.<br />

Welche Vorstellung haben Sie<br />

von einer Stadt, die eine hohe<br />

Lebensqualität für alle Generationen<br />

bietet?<br />

Michael Groß Wir werden weniger,<br />

bunter und älter – das ist<br />

zugespitzt die Kernaussage der<br />

Auswirkungen des demografischen<br />

Wandels für Siegen. Es gilt diese<br />

Realität anzunehmen und sie zu gestalten.<br />

Und ich bin überzeugt, wir<br />

können auch mit einer etwas kleiner<br />

werdenden großen Stadt gut leben, denn Lebensqualität ist<br />

keine Frage der Größe.<br />

Mein Leitbild ist eine Stadt, die nicht nur hektisch und<br />

geschäftig wirkt, sondern die auch Ruhe und Verweilzonen<br />

anbietet. Orte, die nicht nur der kommerziellen Logik folgen.<br />

Ein zentraler Punkt für eine gesteigerte Lebensqualität<br />

in diesem Sinne wäre es, den „Erlebnisraum Sieg“ zu<br />

schaffen – die Sieg den Menschen wieder näherbringen.<br />

Konkret bedeutet dies: Abriss der Siegplatte und vernünftige<br />

Gestaltung des Uferbereichs. Beides fordert meine<br />

Fraktion seit Jahren.<br />

Zur Lebensqualität gehört es auch die Nahversorgung<br />

im Stadtteil zu garantieren. Wir werden älter – und deshalb<br />

ist es gut, eine barrierefreie fußgängerfreundliche<br />

Nahversorgung im Stadtteil zu schaffen. Daneben braucht<br />

es einen bedarfsgerecht ausgebauten ÖPNV. Lebensqualität,<br />

so wie ich sie verstehe, bedeutet Zusammenleben von<br />

Generationen und Kulturen. Wir werden eben nicht nur<br />

älter, sondern gleichzeitig auch bunter, d.h., der Anteil von<br />

Menschen, die zugewandert sind, ist größer geworden. Mir<br />

liegt an einer Stadtentwicklung, in der sich alle Menschen<br />

dieser Stadt aktiv begegnen.<br />

Ich denke, der demographische Wandel bietet auch die<br />

Chance von der Abkehr einer zu sehr autozentrierten Stadt,<br />

welche nicht der Lebensqualität dient. Der Lebensraum<br />

von Kindern wird durch den Kraftfahrzeugverkehr stark<br />

eingeschränkt. Aber auch ältere Menschen leiden darunter.<br />

Fazit: Der demografische Wandel gibt uns die Chance<br />

automobile Verkehrsinfrastruktur zurückzubauen und Orte<br />

wieder begehbarer und erlebbarer zu machen. Angefangen<br />

bei der fußgängerunfreundlichen Ampelschaltung, über<br />

Kopfzeile Wahlen<br />

Fragen an die Kandidaten für das Amt des Bürgermeisters<br />

Wer gewinnt die Schlacht um das Rathaus?<br />

Wir haben die Bewerber um das Amt des Bürgermeisters befragt und<br />

informieren Sie über deren Ansichten, Pläne und Vorhaben.<br />

den unübersichtlichen Zentralen Omnibusplatz bis hin zur<br />

Ausweisung von mehr Spielstraßen.<br />

Steffen Mues Für Menschen aller Generationen muss<br />

es erstrebenswert sein, in Siegen zu leben. Es geht daher<br />

um die Gesamtheit aller Angebote, die Lebensqualität und<br />

Attraktivität einer Stadt für ihre Bürger ausmachen. Das<br />

bedingt eine Infrastruktur, die den Belangen aller Altersgruppen<br />

in der Bevölkerung Rechnung trägt.<br />

Die zunehmende Anzahl älter werdender Menschen<br />

verlangt von uns eine völlig neue Ausrichtung unserer<br />

Angebote für Senioren – in quantitativer und qualitativer<br />

Hinsicht. Im gleichen Maße müssen wir allerdings auch die<br />

bereits vorhandenen hochwertigen familienfreundlichen<br />

Strukturen weiter ausbauen, damit es auch für junge Familien<br />

mit Kindern erstrebenswert ist, in Siegen zu leben.<br />

Detlef Rujanski Die SPD in Siegen hat bereits vor<br />

mehr als 10 Jahren diese demografische Entwicklung<br />

gesehen und aktiv und vorausschauend die Position der<br />

„Seniorenbeauftragten“ installiert.<br />

Die Thematik „Älter werden“ verstehe ich als eine kommunale<br />

Querschnittsaufgabe, die neben der Bereitstellung<br />

entsprechender Versorgungsstrukturen z. B. auch verkehrs-,<br />

kultur- und bildungspolitische Auswirkungen hat.<br />

Besonders wichtig ist der Bereich des Wohnens. Da gilt<br />

es aufzupassen, dass zentrumsnah bezahlbare Wohnangebote<br />

geschaffen werden, die nicht zu einer Isolation Älterer<br />

führen. Denn eine Stadt mit hoher Lebensqualität zeichnet<br />

sich dadurch aus, dass sie sowohl generationsübergreifende<br />

wie auch spezifische Angebote für unterschiedliche<br />

Lebenslagen vorhält.<br />

durchblick 2/<strong>2007</strong> 29


Kopfzeile Wahlen<br />

2. Die steigende Lebenserwartung und, damit verbunden,<br />

der zunehmende Anteil älterer Menschen an der Gesellschaft,<br />

führt zu einem Bedeutungsgewinn dieser Bevölkerungsgruppe.<br />

Der Siegener Seniorenbeirat fordert von der Landesregierung,<br />

gemeinsam mit den anderen mehr als 130 Seniorenbeiräten<br />

in NRW, als Pflichtvertretung (ähnlich dem<br />

Migrationsbeirat) in die Gemeindeordnung aufgenommen<br />

zu werden.<br />

Unterstützen Sie diese Forderung?<br />

Welche Möglichkeiten einer Partizipation älterer<br />

Menschen sehen Sie darüber hinaus?<br />

Rujanski Diese Forderung unterstütze ich. Aber Partizipation<br />

im Sinne von Teilhabe heißt auch, Möglichkeiten<br />

zu schaffen, an Kommunikation und Aktivität teilnehmen zu<br />

können. Das bedeutet z. B. Unterstützung zur Steigerung<br />

der Mobilität und Ausweitung sozialer Netzwerke.<br />

Mues Meine Ausführungen zu Frage 1 lassen nur eine<br />

Schlussfolgerung zu: Die Stimme der aktiven Senioren<br />

muss sich gerade im kommunalpolitischen Raum Gehör<br />

verschaffen können, ein Seniorenbeirat als Pflichtvertretung<br />

ist daher zu begrüßen.<br />

Darüber hinausgehende Partizipation am gesellschaftlichen<br />

Leben kann ich mir vor allem im ehrenamtlichen Bereich<br />

vorstellen, wie sie teilweise<br />

heute schon praktiziert werden:<br />

Zusatzangebote in Schulen und<br />

Kindergärten, Beratungs- und<br />

Hilfeangebote in fast allen Bereichen<br />

des gesellschaftlichen<br />

Lebens. Vorleseangebote sind<br />

z. B. in einigen Schulen und der<br />

Stadtbücherei bereits im festen<br />

Programm.<br />

Es wäre schön, wenn ältere<br />

Menschen ihre Kenntnisse und<br />

Fähigkeiten auch im Ruhestand<br />

noch einsetzen können, soweit<br />

sie es wollen. Außerdem halte<br />

ich die Mitwirkung der Senioren<br />

in den Vorständen von Vereinen<br />

und Verbänden nutzbringend für<br />

alle, um Traditionen zu erhalten,<br />

Erfahrungen weiterzugeben und<br />

Vorbild und Anreiz für die jüngeren<br />

Generationen zu sein.<br />

Groß Die Forderung unterstütze<br />

ich nicht pauschal – ich<br />

denke, das sollte sich in jeder<br />

Stadt eigenständig entwickeln.<br />

Anfangs stand ich dem Seniorenbeirat<br />

in Siegen kritisch gegenüber,<br />

bin aber mittlerweile von<br />

der Qualität dieses Gremiums<br />

überzeugt und halte ihn für einen<br />

Gewinn für Siegen.<br />

Der in der Frage genannte<br />

Hinweis auf den Migrationsbeirat<br />

ist insofern nicht ganz schlüssig,<br />

da Migranten ohne deutschen<br />

Pass hier kein Wahlrecht,<br />

also keine Stimme haben. Die<br />

Senioren aber haben eine Stimme<br />

– und die wird mehr Einfluss<br />

gewinnen. Aus meiner Erfahrung<br />

30 durchblick 2/<strong>2007</strong>


Kopfzeile Wahlen<br />

u.a. im Rat der Stadt Siegen weiß ich aber, dass allein das<br />

Lebensalter noch lange kein Garant dafür ist, „altengerechte“<br />

Politik umzusetzen.<br />

Partizipationsmöglichkeiten fehlen in vielen Lebensbereichen.<br />

So sollte meines Erachtens die Kompetenz auch<br />

der alten Menschen in den sozialräumlichen Planungen<br />

und stadtentwicklungspolitischen Fragen eingebunden<br />

werden. Schade, dass der Rat der Stadt Siegen den Prozess<br />

der Agenda 21, der viele Möglichkeiten geboten hätte,<br />

durch seine Politik faktisch beendet hat.<br />

Die Partizipation von älteren Menschen in Pflegeeinrichtungen<br />

macht mir ebenfalls Sorge – hier gilt es mehr<br />

offene Strukturen einzuführen und den alten Menschen<br />

ohne Stimme eine Stimme zu geben. Auch Menschen in<br />

schwierigen Lebenssituationen müssen als eigenständige<br />

Persönlichkeiten wahrgenommen und behandelt werden.<br />

3. Um die Aufgaben unseres Zusammenlebens zu lösen<br />

ist die Gesellschaft immer stärker darauf angewiesen,<br />

Wissen und Können der älteren Generation auch ohne<br />

finanzielle Gegenleistung nutzbar zu machen.<br />

Ist es für Sie vorstellbar, ehrenamtliches Engagement<br />

auch dadurch zu fördern, dass „Ehrenämtler“ in Ausübung<br />

ihrer Tätigkeit, vom Fahrpreis öffentlicher Verkehrsmittel<br />

und von Parkgebühren befreit werden?<br />

Groß Ja, ich kann mir gut vorstellen, das Ehrenamt<br />

durch diverse Vergünstigungen (z.B. Befreiung vom Fahrpreis<br />

bei Nutzung des ÖPNV) zu fördern – und ich halte es<br />

auch für wünschenswert.<br />

Rujanski Vergleichbare Vorstöße habe ich mit der SPD-<br />

Fraktion in der Vergangenheit wiederholt unternommen,<br />

z. B. für die Ehrenamtlichen der freiwilligen Feuerwehr.<br />

Richtig ist, dass wir verstärkt über eine Anerkennungskultur<br />

nachdenken müssen, die unbürokratisch und<br />

vor allem gerecht allen zukommt, die sich ehrenamtlich<br />

betätigen. Denn nach meiner festen Überzeugung engagieren<br />

sich viel mehr Menschen im Stillen als öffentlich<br />

bekannt ist.<br />

Mues Grundsätzlich halte ich das für wünschenswert,<br />

da oft ja nicht die besonders gut „Betuchten“ unter den<br />

Senioren Ehrenamtsarbeit leisten. Mit einer Entgeltbefreiung<br />

wäre zudem ein Motivationsschub verbunden.<br />

Inwieweit sich eine Lösung umsetzen lässt – beispielsweise<br />

ein „Ehrenamtsausweis für Senioren im Dienst“<br />

– müsste überprüft werden. Vorschläge Ihrerseits würde<br />

ich als Bürgermeister dieser Stadt gerne entgegennehmen.<br />

4. In einer alternden Gesellschaft ist eine wachsende<br />

Anzahl von Menschen auf ein Unterstützungsnetz angewiesen.<br />

Auch deshalb gewinnen bürgerschaftliches Engagement,<br />

Selbstorganisation und Selbsthilfe an Bedeutung.<br />

In den letzten Jahren haben sich zunehmend Vereine und<br />

Gruppen im Stadtgebiet etabliert, die sich der aktiven Altenarbeit<br />

verschrieben haben.<br />

Welche dieser Vereine sind Ihnen bekannt?<br />

Welche Möglichkeiten der Unterstützung können<br />

Sie diesen Vereinen oder Gruppen bieten?<br />

Rujanski Ehrenamtliches Engagement war und ist eine<br />

tragende Säule unserer Gesellschaft, weil wir dadurch die<br />

Menschen selbst einbeziehen in Gestaltung und Verantwortung<br />

für unser Gemeinwesen. Ich beobachte sehr genau<br />

die Entwicklung von neuen wie alten Gruppen, Vereinen<br />

und Initiativen und den dort Aktiven gilt meine besondere<br />

Hochachtung.<br />

Ich setze mich - neben der bisherigen finanziellen Unterstützung<br />

- für den Ausbau von kommunalen Engagementstrukturen<br />

ein, denn Ehrenamt bedarf auch der Unterstützung<br />

durch Hauptamtliche.<br />

Mues Neben dem vielfältigen Angebot der Wohlfahrtsverbände,<br />

Kirchen, Diakonischem Werk, SKF und einer<br />

Vielzahl von Selbsthilfegruppen sind hier natürlich die<br />

vielen im „Haus Herbstzeitlos“ organisierten Vereine und<br />

Gruppen von Alter Aktiv über die Seniorenhilfe, die verschiedenen<br />

Gruppen, die sich für bestimmte Tätigkeiten<br />

interessieren (Wandergruppen, Senec@fe und Schreibwerkstatt)<br />

zu nennen.<br />

Die Stadt Siegen unterstützt heute schon Vereine und<br />

Gruppen finanziell im Rahmen der sog. „freiwilligen<br />

Leistungen“. Darüber hinaus habe ich mir vorgenommen,<br />

einen Ehrenamtsservice in der Verwaltung zu etablieren<br />

und einen Ehrenamtspreis auszuloben, der einmal jährlich<br />

im Rahmen einer Feierstunde überreicht wird.<br />

Für Anregungen zu den Modalitäten wäre ich im Fall<br />

meiner Wahl dankbar. Der „Durchblick“ und der „Seniorenbeirat“<br />

könnten hier eine tragende Rolle übernehmen.<br />

Koordinierend unterstützt schon heute die Regiestelle<br />

„Leben im Alter“ Vereine und Gruppen bei der aktiven<br />

Seniorenarbeit. Diese Unterstützung sollte bei Bedarf ver-<br />

Damit man in jedem Alter<br />

die Zeit noch schöner<br />

genießen kann ...<br />

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durchblick 2/<strong>2007</strong> 31


Kopfzeile Wahlen<br />

Michael Groß, 48 Jahre, verh.<br />

2 Kinder, Kandidat der Grünen<br />

Steffen Mues, 42 Jahre, verh.<br />

2 Kinder, Kandidat der CDU<br />

Detlef Rujanski, 50 Jahre, verh.<br />

2 Kinder, Kandidat der SPD<br />

stärkt werden, z. B. im Rahmen von Mehrgenerationenhäusern<br />

gemäß Frage 5.<br />

Groß Mir sind diverse Initiativen und Organisationen<br />

bekannt: das „Haus Herbstzeitlos“ als Zentrum für verschiedene<br />

Gruppen und Vereine – Seniorenhilfe, Durchblick,<br />

Internetcafé, Alter Aktiv. Hinzu kommen der Siegen-<br />

Wittgensteiner Seniorenverband mit der Begegnungsstätte<br />

in Geisweid und weitere Altenbegegnungsstätten der<br />

Verbände.<br />

Nicht zu vergessen die zahlreichen Altenclubs (56) und<br />

Bewegungsgruppen (38) von Verbänden und Kirchengemeinden.<br />

Wichtig auch die Theatergruppe SenTheSi.<br />

Meine Partei hat schon vor einigen Jahren betont, dass<br />

die Mittel für „Zuschüsse für die Durchführung der Altenhilfe“<br />

aufgestockt werden müssen, da der Ansatz nicht<br />

mehr auskömmlich ist. Bisher gab es dafür aber keine<br />

Mehrheiten.<br />

Und ein ähnliches System wie die Jugendleitercard im<br />

Jugendbereich könnte auch für Selbsthilfegruppen im Altenbereich<br />

etabliert werden.<br />

5. Im Hinblick auf die verminderte Mobilität vieler älterer<br />

Menschen wird eine Förderung kleinräumiger (ortsteilbezogener)<br />

Netzwerke älterer Menschen empfohlen.<br />

Wir denken dabei z. B. an Mehrgenerationenhäuser,<br />

Internetcafés, Selbsthilfegruppen, Einrichtungen wie das<br />

„Haus Herbstzeitlos“ usw.<br />

Die Bereitstellung entsprechender Räume sowie organisatorische<br />

und personelle Hilfe wäre einer solchen Förderung<br />

hilfreich.<br />

Welche Pläne haben Sie in diesem Zusammenhang?<br />

(Die alte Jugendherberge am Oberen Schloss verrottet<br />

zusehends, ließe sich dieses Gebäude für Zwecke der<br />

Seniorenarbeit herrichten?)<br />

Mues Ich habe große Sympathie für die Einrichtung von<br />

Mehrgenerationenhäusern, wobei ich zwei Richtungen unterscheide.<br />

Die erste beinhaltet ein Haus, das verlässliche Kommunikationsstrukturen<br />

beherbergt. Es ist Anlaufstelle und<br />

Basisstation eines Netzwerks für alle Familien: generationen<br />

übergreifende gegenseitige Hilfen, spontane Kinderbetreuung,<br />

Wohnraumberatung, Unterstützungsdienste, ambulante Hilfen,<br />

Schulangebote etc. Das zweite ist das Mehrgenerationen-Wohnen<br />

und beinhaltet im Grunde die Struktur der Großfamilie<br />

früherer Zeiten. Junge helfen den Alten, Alte unterstützen die<br />

Jungen. Für beide Projekte würden Sie in mir als Bürgermeister<br />

einen Fürsprecher finden. Die richtige Standortwahl sollte<br />

genauen Planungen vorbehalten bleiben.<br />

Rujanski Ich bin dankbar, dass Sie das „Haus Herbstzeitlos“<br />

ansprechen, denn bereits vor 10 Jahren unterstützten<br />

die SPD-Landesregierung und der SPD-Stadtdirektor die<br />

Verwirklichung dieser selbstorganisierten Einrichtung.<br />

Nicht zuletzt aufgrund meiner langjährigen Tätigkeit als<br />

Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes,<br />

werde ich die weitere Entwicklung zum eigenverantwortlichen<br />

Handeln und dem Engagement auch für andere unterstützen.<br />

Inwieweit die ehemalige Jugendherberge dabei<br />

einbezogen werden kann, bedarf einer Überprüfung.<br />

Groß Wir sollten ein Mehrgenerationenhaus in jedem<br />

Stadtteil haben, wobei ich derzeit noch Diskussionsbedarf<br />

in Sachen erfolgreicher Konzeptionen habe. Die Idee der<br />

Begegnungsstätte von mehreren Generationen unter einem<br />

Dach finde ich gut – aber wie das geht in einer Gesellschaft,<br />

die zunehmend eher in Teilbereiche auseinanderfällt,<br />

da habe ich Beratungsbedarf. Da würde ich gerne<br />

einmal generationsübergreifende Stadtteilgespräche initiieren.<br />

Fazit: Vor konkreten Maßnahmen brauche ich noch<br />

mehr Erkenntnisse – deshalb auch hier keine definitive<br />

Aussage zur Jugendherberge.<br />

32 durchblick 2/<strong>2007</strong>


Kopfzeile Wahlen<br />

6. Die Zahl schwerstkranker, älterer und<br />

hochbetagter Menschen nimmt zu und mit<br />

ihr der Aufwand und die Kosten für eine<br />

qualifizierte Pflege, intensive Betreuung<br />

und humane Begleitung bis hin zum Tod.<br />

Diese Aufgabe einer menschenwürdigen<br />

Zuwendung am Lebensabend ist ohne<br />

ehrenamtliches Engagement kaum noch<br />

zu leisten.<br />

Wie sehen Sie diese wachsende<br />

Aufgabe?<br />

Welche Form der Betreuung bevorzugen<br />

Sie hier in Siegen: ambulant oder<br />

stationär ?<br />

Welche Möglichkeit sehen Sie, ehrenamtliches<br />

Engagement in diesem<br />

Bereich zu fördern?<br />

Mues Aufgrund der veränderten Familienstrukturen<br />

sind stationäre Pflegeeinrichtungen<br />

gerade im städtischen Bereich immer<br />

notwendig. Ich setze allerdings darauf, dass jeder Mensch<br />

nach Möglichkeit ein Wahlrecht hat, welche Betreuungsform<br />

er bevorzugt. Es ist daher notwendig, dass ambulante<br />

Betreuungsformen so sehr ausgebaut werden, dass jeder<br />

pflegebedürftige Mensch möglichst so lange er es wünscht<br />

zu Hause leben kann. Hier können die unter Punkt 5 angesprochenen<br />

Mehrgenerationenhäuser – beide Formen – einen<br />

wertvollen Beitrag leisten. Sehr wichtig ist aber außerdem<br />

der Aufbau ortsnaher Netzwerke für die Organisation<br />

und Koordination von ehrenamtlicher Unterstützung.<br />

Groß Sterben gehört zum Leben – also gehört das<br />

Thema in die Gesellschaft. Sterben darf kein Tabuthema<br />

sein.<br />

Durch die veränderte Familien- und Gesellschaftsstruktur<br />

kommt es häufiger vor, dass Menschen nicht mehr<br />

in Begleitung ihrer Angehörigen sterben dürfen/können.<br />

Ich weiß, dass hier der Hospizbewegung ein großer Verdienst<br />

zukommt und es gilt diese Bewegung auszubauen.<br />

Aber – ich weiß auch, dass Sterbebegleitung im Hospiz nur<br />

die zweitbeste Lösung ist.<br />

Da wo man lebt, da sollte auch der Ort sein, an dem<br />

man stirbt. Also ein klares Votum für ambulante Hilfen.<br />

Aber alles geht nicht ambulant und deshalb muss es auch<br />

ein „humanes Sterben“ in einer Einrichtung geben.<br />

Im Grundsatz hat Sterbebegleitung etwas mit Nähe zu<br />

tun, und um diese herzustellen braucht es Zeit und Gelegenheit.<br />

Ich denke, es muss gelingen dem Alleinsein etwas<br />

entgegenzusetzen – insofern sind Modelle der Begegnung<br />

der Generationen eine Voraussetzung dafür. Mehrgenerationenhäuser,<br />

Wohngemeinschaften, Selbsthilfegruppen<br />

wirken dem Alleinsein entgegen und sind deshalb auszubauen.<br />

Wichtig ist – und das sollte auch meine Generation<br />

wissen, dass man sich dem Thema Alter und Sterben<br />

viel früher stellen muss, es muss Bestandteil der Lebens-<br />

Der „Hübbelbummler“ erfreut sich steigender Beliebtheit.<br />

planung werden, auch wenn man diese Gedanken gerne<br />

„wegdrückt“.Mich bedrückt, dass viele ältere Menschen<br />

Angst davor haben, der Apparatemedizin ausgeliefert zu<br />

sein. Hier braucht es klarere Vorgaben für Patientenverfügungen<br />

und mehr juristische Aufklärung. Diese Aufklärung<br />

könnte von der Stadt geleistet werden – hierzu könnte ich<br />

mir Informationsveranstaltungen unter Federführung des<br />

städtischen Seniorenbüros vorstellen.<br />

Rujanski Richtig ist, dass wir im Bereich der Pflege stark<br />

auf ehrenamtliches Engagement angewiesen sind. Die Ursachen<br />

dafür liegen u. a. auch in der Veränderung von Familienstrukturen.<br />

Hier muss durch ehrenamtliches Engagement<br />

ein soziales Netzwerk aufgebaut werden, damit kein Mensch<br />

wochen- oder monatelang einsam in seiner Wohnung liegt.<br />

Aber klar muss auch sein, dass Ehrenamt professionelle<br />

Dienste nicht ersetzen kann und darf. Der auch von mir<br />

unterstützte Grundsatz „ambulant vor stationär“ kann nur<br />

umgesetzt werden, wenn wir verlässliche professionelle wie<br />

ehrenamtliche Versorgungsstrukturen vorhalten.<br />

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durchblick 2/<strong>2007</strong> 33


Kopfzeile Wahlen<br />

7. Der Siegener „Hübbelbummler“ erfreut sich steigender<br />

Beliebtheit.<br />

Werden Sie sich für den Erhalt und möglicherweise<br />

auch Erweiterung dieser Einrichtung einsetzen?<br />

8. Die Parkpalette über die Sieg wird immer mehr als<br />

städtebauliche Sünde wahrgenommen.<br />

Werden Sie sich für eine umfassende Neugestaltung<br />

des Siegufers als Naherholungsgebiet stark machen?<br />

Rujanski Dies ist eine<br />

tolle Verbindung zwischen<br />

der Ober- und Unterstadt.<br />

Gerade älteren Menschen<br />

hilft der Hübbelbummler<br />

„auf den Berg“ zu kommen.<br />

Ich freue mich, dass damit<br />

der vor einigen Jahren auch von der SPD unterstützte<br />

Oberstadtbus wiederbelebt wurde. Vor diesem Hintergrund<br />

stehe ich für den Erhalt des Hübbelbummlers und einer<br />

Erweiterung im Bedarfsfalle.<br />

Mues Diese Frage beantworte ich uneingeschränkt<br />

mit „ja“!<br />

Groß Ja, ja, der Hübbelbummler. Von den einen als<br />

originelles Transportmittel gelobt, von anderen als laute<br />

Dreckschleuder kritisiert. Bevor man das Konzept ausbaut,<br />

sollte man noch mal die Rahmenbedingungen klären.<br />

Transportmittel durch die Fußgängerzone ja, aber bitte<br />

umwelt- und menschenschonend mit Gasmotor.<br />

Groß<br />

Ich kandidiere für dieses Amt, weil Siegen eine politische<br />

Wende braucht, einen Neuanfang, der die Belange der<br />

Bürgerschaft nicht übergeht und die sozialen und ökologischen<br />

Herausforderungen unserer Zeit anpackt. Ich<br />

möchte mit den Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt<br />

ein Gemeinwesen aufbauen, in dem sich alle Generationen<br />

wohlfühlen können und ihr Auskommen haben.<br />

Mues<br />

Wir werden älter, bunter, weniger. Diesen demografischen<br />

Wandel zu gestalten, ist eine Gemeinschaftsaufgabe, der<br />

sich die Kommune stellen muss. Nur eine solide Haushaltspolitik<br />

gewährleistet langfristig den Erhalt und Ausbau<br />

der Lebensgrundlagen für die Bürgerinnen und Bürger<br />

aller Generationen. Politische Verantwortung übernehmen<br />

heißt deshalb, auf allen Ebenen innovative Konzepte zu<br />

entwickeln, die den kommunalen Handlungsspielraum erweitern.<br />

Rujanski<br />

In meinem politischen Konzept steht der einzelne Mensch<br />

mit all seinen Fähigkeiten im Vordergrund. Nur gemeinsam<br />

können wir die pädagogische Betreuung unserer<br />

Kinder professionalisieren, mehr Ausbildungs- und Arbeitsplätze<br />

schaffen sowie die Lebensqualität für Familien,<br />

einschließlich der Senior/innen, verbessern. Da dem<br />

Ehrenamt hier eine ganz zentrale Bedeutung zukommt,<br />

wird von mir die vielfältige „Vereinslandschaft“ in unserer<br />

Stadt in vollem Umfang unterstützt.<br />

Rujanski: Der Hübbelbummler ist eine tolle Verbindung<br />

zwischen der Ober- und Unterstadt.<br />

Mues: Ja, ich werde mich für den Erhalt und auch<br />

Erweiterung des Hübbelbummlers einsetzen.<br />

Groß: Hübbelbummler ja, aber bitte umwelt- und<br />

menschenschonend mit Gasmotor.<br />

Mues Der städtebauliche<br />

Wunschtraum<br />

ist Ziel – auch<br />

für mich. Dabei<br />

müssen aber sämtliche<br />

Konsequenzen<br />

gründlich bedacht<br />

werden. Und damit meine ich nicht nur die finanziellen Auswirkungen,<br />

die nach überschlägigen früheren Planungen<br />

dramatisch hoch sein sollen. Zu diskutieren sind z.B. auch<br />

folgende Aspekte:<br />

- Der Maria-Rubens-Platz ist erst vor kurzem ansprechend<br />

gestaltet worden und wird auch zum Verweilen gerne<br />

genutzt.<br />

- Die Parkplätze werden dringend benötigt und erfreuen<br />

sich bei Menschen aus nah und fern – insbesondere bei<br />

Frauen – größter Beliebtheit.<br />

- Welche Auswirkungen hat eine solche Maßnahme auf<br />

die Geschäfte in den Bereichen Sandstraße, Brüder-Busch-<br />

Straße, Bahnhofstraße und Herrengarten?<br />

- Wie kann ein ca. 30 m breiter Bereich zwischen zwei<br />

Häuserzeilen wirklich ansprechend gestaltet werden, insbesondere<br />

bei niedrigem Wasserstand?<br />

- Welche Kosten werden für die Gesamtmaßnahme inklusive<br />

Ankauf von Privateigentum, Abriss der Gesamtanlage,<br />

Neugestaltung und Neubau von Brückenbauwerken usw.<br />

entstehen?<br />

Ich halte es für richtig, diesbezüglich eine genaue Überprüfung<br />

unter Einbindung aller Betroffenen durchzuführen,<br />

halte es allerdings für sehr problematisch, mit einer solchen<br />

Maßnahme den städtischen Haushalt so sehr zu belasten,<br />

dass auf Jahre hinweg der finanzielle Handlungsspielraum<br />

der Stadt so eingeschränkt wird, dass andere wichtige Maßnahmen<br />

nicht mehr durchgeführt werden können.<br />

Groß Ja, wir wollen den Abriss der Siegplatte und eine<br />

Gestaltung des Siegufers. Wir GRÜNE und auch ich als<br />

Person fordern dies übrigens seit vielen, vielen Jahren. Die<br />

anderen Parteien finden das Thema abwechselnd mal ganz<br />

interessant oder manchmal sogar anstrebenswert. Nur<br />

wenn es darauf ankommt, bleibt die Ratsmehrheit stumm<br />

und erhält so seit vielen Jahren diese städtebauliche Sünde.<br />

Vor allem vor Wahlen wird die Siegplatte kritisch gesehen.<br />

Ich meine in diesem Zusammenhang: Weniger versprechen,<br />

mehr halten!!!<br />

Rujanski Mein Ziel ist der Rückbau der Siegplatte.<br />

Die Sieg wird renaturiert und das Siegufer wird zu einem<br />

Naherholungsgebiet umgestaltet. Dieses Ziel ist keine<br />

Utopie. Ich will, dass dieses Projekt bald zur Siegener<br />

Wirklichkeit wird.<br />

34 durchblick 2/<strong>2007</strong>


Ausstellung Kopfzeile<br />

Stadt Siegen verleiht Rubenspreis an den Künstler Sigmar Polke<br />

Ausstellung vom 24. Juni – 16. September <strong>2007</strong><br />

Das Highlight des Jahres in Siegen und auch im<br />

Museum für Gegenwartskunst ist die große Ausstellung<br />

des Künstlers Sigmar Polke. Die Eröffnung der<br />

Ausstellung am 24. Juni 07 um 14.00 Uhr folgt unmittelbar<br />

auf die feierliche Verleihung des Rubenspreises<br />

in der Siegerlandhalle. Den Preis erhalten<br />

renommierte Malerinnen und Maler für ihr Lebenswerk.<br />

Er wird seit 1957 alle fünf Jahre von der Stadt<br />

Siegen vergeben, in diesem Jahr bereits das 11. Mal<br />

- das ist gleichzeitig das 50jährige Jubiläum.<br />

Sigmar Polke (geb. 1942) ist ein bekannter Künstler<br />

seiner Generation. Er belegt seit Jahren die vorderen<br />

Plätze der Rangliste der teuersten Künstler.<br />

Sein Markenzeichen sind Rasterbilder, bei denen er<br />

vergrößerte Motive aus dem Zeitungsdruck auf die<br />

Leinwand überträgt. Seine Arbeiten begeistern durch<br />

ihre Gewitztheit und Ironie.<br />

Die Ausstellung wird vom Künstler eigens für<br />

Siegen konzipiert, es werden ganz neue Bilder gezeigt,<br />

die vorher noch nirgends zu sehen waren.<br />

Das Museum ist geöffnet:<br />

Dienstag bis Sonntag 11 bis 18 Uhr,<br />

Donnerstag 11 bis 20 Uhr.<br />

Montags geschlossen –<br />

Feiertage geöffnet.<br />

Museum für Gegenwartskunst<br />

Unteres Schloss 1, 57072 Siegen<br />

www.mgk-siegen.de, info@mgk-siegen.de<br />

Telefon: <strong>02</strong>71 - 405 77 10<br />

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Enkelkindern das Museum besuchen,<br />

erhalten freien Eintritt!<br />

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durchblick 2/<strong>2007</strong> 35


Philosophischer Kopfzeile Essay<br />

Gott in der Falle der Hirnforscher? 1<br />

Gedanken über die Erkenntnisse der modernen Hirnforschung (Teil 2)<br />

gleichnamigen Buch vermutet, oder ein „Gottes-Modul“<br />

im Gehirn, ein Begriff, den der amerikanische Neuropsychologe<br />

Vilaynur Ramachandran geprägt hat?<br />

Wie entsteht<br />

Glaube in<br />

unserem Gehirn?<br />

Sie erinnern sich? Im letzten durchblick (1/<strong>2007</strong>) bin<br />

ich in meinem Beitrag der beachtenswerten Frage nachgegangen,<br />

sind das ICH und der freie Wille des Menschen,<br />

wie von Naturwissenschaftlern aufgrund der Erkenntnisse<br />

der modernen Hirnforschung behauptet wird, nur eine<br />

Illusion?<br />

Heute nun möchte ich mich, wie angekündigt, der noch<br />

offenen und nicht weniger bedenkenswerten zweiten Frage<br />

zuwenden, die ebenfalls durch die Hirnforschung neu aufgeworfen<br />

wird: Ist Gott nur ein Hirngespinst in den Köpfen<br />

der Menschen? Bevor ich diesem Gedanken jedoch etwas<br />

nachgehe, erscheint es mir sinnvoll zu sein, zunächst einmal<br />

die Frage selbst ein wenig zu betrachten, denn mit ihr<br />

schwingt eine zusätzliche spannende Frage mit: Warum<br />

eigentlich ist der Mensch religiös? Bietet religiöser Glaube<br />

der Spezies Mensch Lebensvorteile und wenn ja, welche<br />

sind das? Immerhin bezeichnen sich über 90 % aller<br />

Menschen auf unserer Erde, und das sind in der Minute,<br />

in der ich diese Zeilen schreibe und einen Blick auf die<br />

Weltbevölkerungsuhr im Internet werfe, insgesamt stattliche<br />

6.607.284.700 menschliche Wesen, die in irgendeiner<br />

Form religiös sind. Dafür muss es Gründe geben. Aber was<br />

sind die Ursachen und wo liegen die Wurzeln für die Religiosität<br />

des Menschen? Tiere kennen (und brauchen) keine<br />

Religion. Gibt es im Menschen eine biologische Veranlagung<br />

für Religion? So etwas wie ein „Gottes-Gen“, wie der<br />

amerikanische Molekularbiologe Dean Hamer in seinem<br />

Warum ist der Mensch religiös?<br />

(ein völlig unprofessioneller Erklärungsversuch)<br />

Der Mensch ist ein „Mängelwesen, ein Begriff, den der<br />

Philosoph und Soziologe Arnold Gehlen (1904–1976) im<br />

organischen Vergleich mit den Tieren geprägt hat. Sein<br />

Überleben verdankt er nicht seiner biologischen Organund<br />

Instinktausstattung, da sind ihm die Tiere in vielen Belangen<br />

haushoch überlegen, sondern in erster Linie seinen<br />

geistigen Fähigkeiten. Zu ihnen zählen neben der Sprachfähigkeit<br />

u. a. die Befähigung, abstrakt und in Begriffen denken<br />

zu können, eine Leistung, die es ihm ermöglicht, sich<br />

an veränderte Lebensbedingungen anzupassen. Darüber<br />

hinaus ist er in der Lage, Selbstbewusstsein zu entwickeln<br />

und mit ihm das Potenzial zur Selbstreflexion. Zu diesem<br />

geistigen Vermögen, das sich im Evolutionsprozess über<br />

Jahrtausende hinweg entwickelt hat, sind, nach heutigem<br />

Wissen, nur der Mensch und in schwächerer Form höher<br />

entwickelte Primaten fähig. Aber genau diese besondere<br />

„Begabung“ zur Selbstreflexion, im Zusammenspiel mit<br />

seinem „Talent“, abstrakte Gedanken zu entfalten, könnte<br />

der Auslöser für die Entwicklung religiöser Gedanken gewesen<br />

sein. Warum? Weil diese „Sonderausstattung“ im<br />

Menschen „geistige Nebenwirkungen“ hervorriefen.<br />

Durch diese neue Fähigkeit, sich selbst und seine Existenz<br />

zum Gegenstand seiner Gedanken machen zu können,<br />

sah und erfuhr sich der Mensch plötzlich als ein unvollkommenes<br />

und in seiner Existenz bedrohtes, endliches Wesen.<br />

Dieses Selbstbildnis seiner körperlichen Bedürftigkeit und<br />

geistigen Verlorenheit löste in ihm tiefe Unruhe und existenzielle<br />

Ängste aus und ließ ihn nach dem „Warum“ seiner<br />

persönlichen Existenz fragen. Eine sehr treffende, symbolische<br />

Aussage über diese erkannte eigene Zerbrechlichkeit<br />

finden wir im Alten Testament in Gen. 3, 7 wo es heißt:<br />

„... da gingen ihnen die Augen auf und sie erkannten, dass<br />

sie nackt waren ...“. Unabhängig von jeglicher theologischer<br />

Interpretation dieses Textes, diese gespürte, psychologische<br />

Nacktheit, diese bewusst gewordene archaische Todesangst<br />

war es, die den Menschen Ausschau halten ließ nach einer<br />

Lösung, das Bewusstsein seiner vergänglichen Existenz<br />

überhaupt ertragen zu können. Er suchte nach einer wärmenden<br />

Kraftquelle für seine erkrankte, nackte Seele, um<br />

durch sie gespeist, seinem mühseligen Dasein einen<br />

Allgemeine Bilderläuterung<br />

Die Fragen nach Glaube und Religion werden von uns Menschen unmittelbar hinter der Stirn gestellt.<br />

Dort im Stirnhirn (Präfrontale Cortex) befinden sich die sogenannten „Neuronen der Moral“. Ist das der<br />

Grund, warum wir in den fünf großen Weltreligionen symbolische Zeichen auf der Stirn finden?<br />

36 durchblick 2/<strong>2007</strong>


tieferen Sinn und dauerhaft festen Halt zu<br />

geben. Und er fand sie, diese Kraftquelle,<br />

mithilfe seiner geistigen Fähigkeiten,<br />

insbesondere aber durch die Möglichkeit,<br />

sich selbst zu transzendieren, d. h.<br />

die Grenze seiner sinnlichen Erfahrung<br />

überschreitende Gedanken entwickeln zu<br />

können. Mit dieser geistigen Ausstattung<br />

versehen, schuf sich der Mensch eine<br />

übersinnliche, jenseitige Welt, eine Welt,<br />

die frei ist von erdgebundenen Abhängigkeiten<br />

und endlicher Begrenztheit. Diese<br />

Hoffnung und das Vertrauen auf eine ausgleichende,<br />

überirdische Kraft (Gott) und<br />

eine heile Scheinwelt (Himmel) ohne Leid,<br />

Schmerz und Vergänglichkeit, waren ein<br />

wirksames, psychologisches Gegenmittel<br />

gegen die Folgen einer tiefsitzenden Urangst<br />

gegenüber übermächtigen Naturgewalten.<br />

Sie stärkten sein persönliches Selbstwertgefühl<br />

und, was besonders wichtig war, sie stabilisierten seine narzisstische<br />

Homöostase (sein psychisches Gleichgewicht)<br />

und sicherten ihm so seine Lebensfähigkeit, denn, wie uns<br />

die Psychologie lehrt, kann eine Destabilisierung der narzisstischen<br />

Homöostase lebensbedrohende Folgen für den<br />

Menschen haben. So gesehen, also psychologisch betrachtet,<br />

war die „Gottesidee“ für das Überleben des Menschen,<br />

als ein sich erkennendes Individuum, eine unabdingbare<br />

Notwendigkeit. Oder naturwissenschaftlich<br />

gefragt:<br />

Wären Glaube und<br />

Religion, wie auch immer<br />

geartet, nicht schon längst<br />

ausgestorben und in den<br />

Köpfen der Menschen<br />

wieder verschwunden, hätte<br />

die Spezies Mensch als „Homo religiosus“ nicht einen<br />

wirksamen, evolutionären Lebensvorteil davon? Und das<br />

bis heute?<br />

Philosophischer Kopfzeile Essay<br />

Christen schlagen das Kreuz auf die Stirn, wie hier das Aschenkreuz<br />

als Zeichen der Buße und Vergänglichkeit am Aschermittwoch.<br />

Diesem Gedanken zu folgen, würde aber bedeuten: Gott<br />

ist nur ein vom Menschen selbst „gedachter Gott“. Sozusagen<br />

sein selbst erzeugtes, geistiges Placebo, das ihm hilft,<br />

seine ihm bewusst gewordene hinfällige Existenz überhaupt<br />

ertragen zu können. Schon von Aristoteles ist zu hören:<br />

„Die Vorstellung der Menschen von Göttern entspringt einer<br />

doppelten Quelle: den Erlebnissen der Seele und der<br />

Anschauung der Gestirne.“ Demnach wäre die Frage zu<br />

stellen: Ist die über Jahrtausende hinweg entstandene Vielfalt<br />

schon vergangener und noch existierender Stammes<br />

und Weltreligionen, in den unterschiedlichsten Kulturen<br />

rund um den Globus, in Wirklichkeit nichts anderes, als<br />

eine inhaltlich flexible, der geistigen Entwicklung angepasste,<br />

psychologisch aber notwendige Überlebensstrategie<br />

der Evolution, um menschliches Leben wie das unsrige<br />

auf diesem Planeten überhaupt zu ermöglichen? Das wiederum<br />

hätte zur Folge, dass die biblische Aussage im Alten<br />

Testament „... und Gott erschuf den Menschen nach seinem<br />

Bild, ... Gen.1, 27) gewissermaßen auf den Kopf gestellt<br />

wird, denn es würde bedeuten, nicht Gott erschuf den Menschen<br />

und mit ihm Himmel und Erde, sondern der Mensch<br />

erschuf sich Gott und den Himmel, um mit dem Bild seiner<br />

Selbstreflexion, das ihm seine existenzielle Verworfenheit<br />

und Bedeutungslosigkeit im kosmischen Spiel von Raum<br />

und Zeit vor Augen führt, überhaupt leben zu können. Wie<br />

auch immer es in der Entwicklungsgeschichte<br />

des<br />

Menschen gewesen sein<br />

mag, beim Anblick dieser<br />

von Naturkatastrophen<br />

bedrohten Welt, in all<br />

ihrer Zerrissenheit, mit<br />

ihren Missständen, Ungerechtigkeiten,<br />

Kriegsgebieten und Flüchtlingselend, mit<br />

ihrem millionenfachen menschlichen und tierischen Leid,<br />

scheint mir eines sicher zu sein: „Es muss einen Himmel<br />

geben, damit die Erde keine Hölle wird“. Aber sehen wir<br />

weiter.<br />

Die Vorstellung der Menschen von Göttern<br />

entspringt einer doppelten Quelle:<br />

den Erlebnissen der Seele und der Anschauung<br />

der Gestirne. (Aristoteles)<br />

Die Frage nach Gott, ein zeitloses Streitthema<br />

Die Frage nach der Existenz Gottes ist sicherlich so<br />

alt wie die Menschheit selbst. Wenn man versucht ihr<br />

nachzugehen und etwas genauer fragt, wann eigentlich<br />

ist Religion in die Köpfe der Menschen gekommen und<br />

mit welcher Begründung, verlieren sich sehr schnell die<br />

Spuren im Nebel der über Jahrmillionen dauernden evolutiven<br />

Entwicklungsgeschichte. Mehr als Hypothesen und<br />

Vermutungen vonseiten der Paläonthropologie sind nicht<br />

zu haben. Die Rückschlüsse auf Religiosität unserer Vorfahren<br />

sind sehr dürftig und ihre Begründungen basieren,<br />

abgesehen von Ausgrabungen alter Kultstätten und Höhlenmalereien,<br />

überwiegend auf Funde an und in Begräbnisstätten.<br />

Die gefundenen Grabbeigaben lassen<br />

durchblick 2/<strong>2007</strong> 37


vermuten, dass der Glaube an ein Leben nach dem Tod, also<br />

religiöses Gedankengut, schon sehr früh in den Köpfen der<br />

Menschen verankert gewesen sein muss. Erste Spuren von<br />

Religiosität finden sich bereits vor rund 300.000 Jahren, also<br />

schon zu Zeiten des Homo erectus. Relativ gesicherte Hinweise<br />

auf Religiosität allerdings liefern erst Gräberfunde<br />

aus der Zeit von vor ca. 120.000 Jahren, auch in Gebieten<br />

des Neandertalers, der vor ca. 30.000 Jahren ausgestorben<br />

ist. Aber, wie das nun mal so ist bei uns Menschen, nicht<br />

alle unsere Vorfahren waren<br />

wohl religiös. Es gibt Experten,<br />

die nicht ausschließen<br />

wollen, dass diejenigen Gruppenverbände,<br />

die durch eine,<br />

in welcher Form auch immer<br />

gearteten archaischen Religion fest miteinander verbunden<br />

waren, gegenüber „unreligiösen“ loseren Gruppen einen<br />

Lebensvorteil hatten. Dies wissenschaftlich zu begründen,<br />

ist sicherlich heute nicht mehr möglich. Sei‘s drum. Eines<br />

ist jedoch sicher, seit „Menschengedenken“ gab und gibt<br />

es unter uns „Gläubige“ und „Ungläubige“, Menschen mit<br />

einer religiösen Lebenseinstellung und Menschen, die,<br />

um hier einen Ausspruch von Max Weber zu gebrauchen,<br />

„religiös unmusikalisch“ sind. Mit dem Aufkommen der<br />

modernen Naturwissenschaften im neunzehnten Jahrhundert<br />

und ihren wissenschaftlichen Erkenntnissen hat die<br />

Zahl der Unreligiösen in den westlichen Industriegesellschaften<br />

allerdings erheblich zugenommen. Unabhängig<br />

aber ob religiös oder nicht religiös, in beiden Fällen war<br />

und bleibt es wohl immer eine Glaubenssache, denn auch<br />

der Ungläubige „glaubt“ nur, dass es Gott nicht gibt, denn<br />

einen gültigen Beweis seiner Nichtexistenz kann er nicht<br />

erbringen. Schon von Kant ist zu hören: „Wo will der angebliche<br />

Freigeist seine Beweise hernehmen, dass es kein<br />

höchstes Wesen gibt?“<br />

Von dieser Aussage Kants aber unbeeinflusst, hat die<br />

Evolutionsforschung und mit ihr das Wissen über die biologische<br />

Entwicklung und Ausstattung des Menschen und hier<br />

speziell die Erkenntnisse der modernen Hirnforschung, der<br />

Gottesfrage wieder neue Nahrung zugeführt und sie erneut<br />

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Philosophischer Kopfzeile Essay<br />

Nicht der Geist formt die<br />

Materie, sondern die Materie<br />

formt den Geist<br />

in den Fokus der Öffentlichkeit rücken lassen. Die Gründe<br />

hierfür liegen nicht in den eigentlichen Erkenntnissen<br />

selbst, sondern in den Schlussfolgerungen, die aus ihnen<br />

gezogen werden und die bei manchen Naturwissenschaftlern<br />

schon dogmatische Züge aufweisen. Nach Meinung<br />

der meisten Hirnforscher haben alle geistigen Leistungen<br />

und mentalen Fähigkeiten des Menschen, auch wenn sie<br />

in ihrer Komplexität bis heute noch nicht vollständig erkannt<br />

sind, ihren Ursprung ausschließlich in neurophysiologischen<br />

Prozessen des Gehirns.<br />

Sowohl der menschliche Geist als<br />

auch das Seelenleben des Menschen<br />

sind für sie immer an Eigenschaften<br />

materieller Substanzen gebunden<br />

und werden durch diese maßgeblich<br />

bestimmt. Nicht der Geist formt die Materie, sondern die<br />

Materie formt den Geist, lautet das Credo vieler Naturwissenschaftler.<br />

Für sie ist unser ganzer Organismus, insbesondere<br />

aber unser Gehirn, nichts anderes als eine Überlebensmaschine<br />

für die stärksten Gene und ausschließlich auf<br />

dieses Ziel hin ausgerichtet. Alle Phänomene des Geistes,<br />

wie das ICH, der freie Wille, ethische Vorstellungen, der<br />

Glaube an die Existenz eines höheres Wesens sowie jegliche<br />

Form von Religion, sind nichts anderes als Konstrukte<br />

des menschlichen Gehirns und eine von den Genen gesteuerte<br />

Anpassungsstrategie. Somit ist auch Gott nur ein<br />

Hirngespinst und sitzt in der Falle der Hirnforscher. Aber,<br />

so ist hier zu fragen, liefert uns die moderne Hirnforschung<br />

hierfür schlüssige Beweise und wenn ja, welche sind das?<br />

Gehen wir dieser Frage einmal etwas nach.<br />

Auf der Suche nach Gott im Gehirn<br />

Hirnforscher wären keine Wissenschaftler, wenn sie<br />

nicht versuchen würden, die Ursachen, nach denen sie suchen,<br />

aufzuspüren und ihnen auf den Grund zu gehen. So<br />

auch bei der Suche nach eventuellen Beweisen für die Existenz<br />

bzw. die Nichtexistenz Gottes im Gehirn.<br />

Was aber liegt bei dieser Suche näher, als zu erforschen:<br />

Was passiert eigentlich im Gehirn von Menschen, die beten<br />

oder meditieren? Hat ein mystisches Erlebnis (eine Gotteserfahrung?!)<br />

Auswirkungen auf das menschliche Gehirn<br />

und wenn ja welche? Gibt es so etwas wie eine „religiöse<br />

Begabung“, so wie es eine musikalische gibt? Sind Glaube<br />

und Religion genetisch bedingt und auch vererbbar? Diesen<br />

und anderen Fragen nach einer wechselseitigen Beeinflussung<br />

und Abhängigkeit von einerseits biologischen<br />

Eigenschaften und andererseits religiösen Empfindungen<br />

sind in den letzten Jahren überwiegend nordamerikanische<br />

Wissenschaftler in unterschiedlichen Studien und Experimenten<br />

nachgegangen. Aus dieser Aufgabenstellung heraus<br />

hat sich eine, für einige Wissenschaftler und Theologen<br />

etwas fragliche, neue „Neuro-Disziplin“ entwickelt,<br />

die „Neurotheologie“. Der Begriff wurde 1984 von dem<br />

amerikanischen Theologen James B. Ahsbrook geprägt.<br />

Ziel und Aufgabe dieser relativ jungen wissenschaftlichen<br />

Fachrichtung ist es, Zusammenhänge zwischen neu-<br />

38 durchblick 2/<strong>2007</strong>


Philosophischer Kopfzeile Essay<br />

rophysiologischen Vorgängen und religiösen<br />

Phänomenen zu erkennen und zu<br />

beschreiben. Sie bildet so etwas wie eine<br />

interdisziplinäre Brücke für den Dialog<br />

zwischen der naturwissenschaftlich ausgerichteten<br />

Neurologie und der geisteswissenschaftlich<br />

orientierten Theologie.<br />

Sie zu überschreiten, fällt allerdings vielen<br />

Experten auf beiden Seiten oft schwer.<br />

Nun, auf diesem neu entstandenen<br />

„neurotheologischen“ Forschungsgebiet<br />

hat es in den letzten Jahren einige wissenschaftliche<br />

Untersuchungen gegeben,<br />

deren Publikationen (nicht unbedingt<br />

Ergebnisse) für einiges Aufsehen und interdisziplinären<br />

Diskussionsstoff gesorgt<br />

haben. Nachstehend die wohl interessantesten<br />

Erkenntnisse mit ihren für mich<br />

wichtigsten Aussagen in Kurzfassung.<br />

Da ist zunächst der bereits eingangs erwähnte Neuropsychologe<br />

Vilaynur Ramachandran von der University of<br />

California in San Diego, der mit Untersuchungen zur sogenannten<br />

Schläfenlappen-Persönlichkeit bekannt wurde<br />

und in deren Zentrum die schon seit langem bekannte<br />

Korrelation (Wechselwirkung) spezifischer Formen der<br />

Epilepsie (Temporallappen-Epilepsie) mit extremen Erscheinungen<br />

von Religiosität stehen.<br />

Die eindeutige Lokalisierbarkeit der von der Schläfenlappen-Epilepsie<br />

betroffenen Hirnregionen hat Ramachandran<br />

zu der populistischen Mutmaßung veranlasst,<br />

dort (= hinter dem linken Ohr) den Sitz des „Gottes-Moduls“<br />

im menschlichen Gehirn gefunden zu haben. Sind<br />

epileptische Anfälle (fokale Epilepsie) auf diese relative<br />

kleine Hirnregion begrenzt, gehen diese oft, wenn auch<br />

nicht in allen Fällen, mit Erlebnissen göttlicher Gegenwart<br />

einher, dem Gefühl „in Flammen zu stehen“ und sich in<br />

einem unmittelbaren Kontakt mit Gott zu befinden. Diese<br />

Gefühle reichen von der tiefsten Verzweiflung bis zur<br />

höchsten Ekstase. Dieser Zusammenhang zwischen Epilepsie<br />

und Religion ist nicht neu. Eine Reihe berühmter<br />

Persönlichkeiten, die mystische Visionen erlebt (erlitten?)<br />

haben, waren Epileptiker. Bei aller medizinischen Zurückhaltung<br />

scheint sicher zu sein, dass die heilige Teresa<br />

von Avila, der Mystiker und Theologe Emanuel Swedenborg,<br />

der Apostel Paulus (Saulus), der Prophet Mohammed<br />

und der russische Schriftsteller Fjodor Dostojewski<br />

zeitweise veränderte Bewusstseinszustände erlebt haben,<br />

die wir heute rückwirkend eng mit Epilepsie assoziieren<br />

würden. So ist die Bekehrungsvision des Apostels Paulus<br />

auf seinem Weg nach Damaskus (AG 9, 1-29) aller Wahrscheinlichkeit<br />

nach auf einen epileptischen Anfall zurückzuführen.<br />

Warum, so fragt Dostojewski einmal, soll sich Gott<br />

nicht gerade in einem kranken Gehirn offenbaren. Für<br />

Im Judentum ist das Anlegen der Gebetskapsel (Tefillin) ein<br />

Symbol dafür, dass der Mensch sich mit seinem Denken, Fühlen und<br />

Wollen in den Dienst Gottes stellt.<br />

(Bildquelle: www.version.foto.de)<br />

Ramachandran selbst haben seine Untersuchungen (u. a.<br />

auch über Hautreaktionen) gezeigt, dass sich bei dieser<br />

Form von Epilepsie für viele Betroffene die Wertigkeit<br />

gegenüber „weltlichen Dingen“ wie z. B. Sexualität verändert.<br />

Er sagt: „Viele Eigenschaften machen uns menschlich,<br />

aber keine ist rätselhafter als die Religion. ... es gibt<br />

eine neuronale Basis für religiöse Erfahrungen.“ Andere<br />

Neurologen allerdings halten diese Erlebnisse für nichts<br />

anderes als krankhafte Fantasien eines in seiner Funktion<br />

gestörten Gehirns.<br />

Auf die Bedeutung des Schläfenlappens (Temporallappen)<br />

als den Sitz religiöser Empfindungen wurde auch der<br />

kanadische Neurologe Michael Persinger aufmerksam. Er<br />

wurde bekannt durch seinen „Gotteshelm“, einen umgebauten<br />

und mit Magnetspulen ausgestatteten Motorradhelm,<br />

mit dessen Hilfe er durch Magnetstimulation versuchte,<br />

religiöse Erfahrungen zu induzieren (auszulösen).<br />

Er setzte dabei die beiden Gehirnhälften von über 1000<br />

Versuchspersonen ca. 30 Minuten lang einem schwachen,<br />

horizontal verlaufenden Magnetfeld aus, um religiöse<br />

Empfindungen herbeizuführen. Über 80 % der Probanden<br />

berichteten anschließend von eigentümlichen Empfindungen,<br />

die sie überwiegend religiös deuteten. Sie erlebten<br />

sich in einem schwebenden Zustand, vernahmen Stimmen<br />

und spürten die Anwesenheit einer fremden Präsenz (Gott,<br />

Schutzengel), obwohl nachweislich keine andere Person<br />

im Versuchsraum anwesend war. Für Hirnforscher sind<br />

derartige Erlebnisse neuro-psychologisch durchaus erklärbar.<br />

Nach Auffassung von Persinger haben seine Experimente<br />

gezeigt, dass es sich bei religiösen Erlebnissen wie<br />

der einer „Gotteserfahrung“, um rein neurophysiologische<br />

Prozesse handelt, die sich jederzeit „herstellen“ lassen und<br />

deren Inhalte abhängig sind von der individuellen Prägung<br />

(Kindheit/Erziehung) der Betroffenen. Er deutet sie als<br />

„illusionäre Hirnprodukte“.<br />

durchblick 2/<strong>2007</strong> 39


Einen anderen Ansatz bei der Spurensuche<br />

nach den Ursachen von Religiosität<br />

im Menschen wählte der ebenfalls schon<br />

am Anfang genannte amerikanische Molekularbiologe<br />

Dean Hamer. „Aus mehr<br />

als 2.000 DNA-Proben isolierte er ein sogenanntes<br />

Gottes-Gen, eine Genvariation,<br />

deren Träger gläubiger sind als andere“<br />

(Klappentext zum gleichnamigen Buch)<br />

Titel und Text scheinen zu besagen, dass<br />

ein einziges Gen ausreichend ist, um Religiosität<br />

im Menschen zu begründen. Weit<br />

gefehlt, denn in seinem Buch spricht er<br />

später von etwa 50 möglichen Gottes-Genen,<br />

von denen er glaubt, eines, das Gen<br />

VMAT2, unter den rund 35.000 menschlichen<br />

Genen gefunden zu haben. (Ich verzichte<br />

hier bewusst auf die Begründung.)<br />

Schließlich kommt er zu der Schlussfolgerung,<br />

dass es im Menschen eine erbliche Prädisposition<br />

zum Spirituellen gibt. Eine wissenschaftliche Erkenntnis,<br />

die auch schon aus der Zwillingsforschung hinreichend bekannt<br />

ist. Das von ihm gefundene Gen VMAT2 macht die<br />

Menschen also nicht zu Gläubigen oder gar regelmäßigen<br />

Kirchgängern, sondern liefert Hinweise auf die gesamte<br />

Gehirnbiochemie bei der Entfaltung von Spiritualität. Für<br />

Hamer selbst gilt: „Wie Gedanken und Emotionen im<br />

Gehirn gebildet werden, ist etwas, was die Wissenschaft<br />

untersuchen kann. Ob die Überzeugung wahr oder falsch<br />

ist, nicht. Spiritualität ist letztlich eine Frage des Glaubens<br />

– nicht der Genetik.“ Sein Fazit: „Wie spirituell wir sind,<br />

wird (– auch – d. V.) genetisch bestimmt. Wir erkennen<br />

Gott nicht, wir spüren ihn.“<br />

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Philosophischer Kopfzeile Essay<br />

Während des Gebetes berührt der Moslem mit der Stirn die Erde,<br />

um seine Niedrigkeit und Ergebenheit gegenüber Allah zum Ausruck<br />

Die wohl interessantesten Untersuchungen bei der Suche<br />

nach Anzeichen von Religiosität im Gehirn waren für<br />

mich diejenigen Experimente, bei denen die Gehirne, sowohl<br />

buddhistischer Mönche als auch christlicher Nonnen,<br />

während ihrer Meditationsübungen bzw. ihren kontemplativen<br />

Gebeten mithilfe modernster bildgebender Verfahren<br />

beobachtet wurden. Insbesondere zwei amerikanische<br />

Wissenschaftler mit ihren Verfahren erregten dabei Auf-<br />

zu bringen.<br />

merksamkeit, der Neuropsychologe Richard Davidson und<br />

der Radiologe Andrew Newberg. Im Hirnforschungslabor<br />

von Davidson wurden auf Geheiß des Dalai Lama höchstpersönlich<br />

acht tibetische Mönche in die enge Röhre eines<br />

lärmenden Magnetresonanztomographen (Abk. f. MRT)<br />

gesteckt, eine für Meditationsübungen doch recht ungewöhnliche<br />

Umgebung. Ziel war es dabei zu sehen, was im<br />

Gehirn der Mönche vor sich geht, wenn sie ihren Geist einer<br />

spirituellen Einkehr (das Einswerden mit der Natur des<br />

Geistes) zuführen. Eine geistige Aufgabe, mehr schon eine<br />

Herausforderung, die nur „Meditationsprofis“ mit mehr als<br />

10.000 Praxisstunden bewältigen konnten. Der Radiologe<br />

Newberg wählte ein anderes Verfahren, die sogenannte<br />

Single Photon Emission Computed Tomography (Abk.<br />

SPECT). Sie bot die für diese Experimente realistischsten<br />

Situationen für meditative Übungen. Die Probanden konnten<br />

ihre Meditation außerhalb des Scanners in einem abgedunkelten<br />

Raum (Stille / Kerzen / Räucherstäbchen)<br />

abhalten, was bei der Positronen-Emissions-Tomografie<br />

schwierig und bei der funktionellen Magnetresonanztomografie<br />

(Davidson) unmöglich ist. Während der Meditation<br />

waren die Meditierenden mit einer Baumwollschnur mit<br />

dem Beobachter (Newberg) verbunden und zogen an ihr,<br />

sobald sich ihr meditativer Zustand seinem transzendenten<br />

Höhepunkt näherte. Das war für den Radiologen Newberg<br />

der Moment, dem Meditierenden eine radioaktive Substanz<br />

intravenös zu verabreichen, um das Durchblutungsmuster<br />

im Gehirn während des meditativen Höhepunktes festzuhalten<br />

und es nach Beendigung der Meditation im bildgebenden<br />

SPECT-Verfahren wieder sichtbar zu machen.<br />

Unabhängig davon, welches dieser beiden Verfahren<br />

angewandt wurde, bei beiden Methoden wurden neurobiologische<br />

Veränderungen im Gehirn registriert. Nicht<br />

nur die Hirnströme und ihre unterschiedlichen Frequenzen<br />

(Gamma-Wellen und Delta-Wellen) veränderten sich, sondern<br />

auch die Intensität an Aktivität in den Hirnarealen,<br />

die zum einen für die Aufmerksamkeit und zum anderen<br />

für die Orientierung zuständig sind. Während im<br />

40 durchblick 2/<strong>2007</strong>


Philosophischer Kopfzeile Essay<br />

Orientierungsfeld = OF 2 )<br />

(im hinteren Bereich des<br />

Gehirns) die Aktivität<br />

nachlässt, nimmt sie<br />

im „Aufmerksamkeitsfeld“=<br />

AF 2 ) (im vorderen<br />

Bereich des Gehirns) zu.<br />

Was bedeutet das? Nun,<br />

das Orientierungsfeld hat<br />

die primäre Aufgabe, die<br />

Orientierung des Individuums<br />

im physikalischen<br />

Raum zu gewährleisten,<br />

indem es eine klare Abgrenzung<br />

zwischen Ich<br />

und Nicht-Ich vornimmt<br />

und sozusagen eine Grenze<br />

zieht zwischen mir als<br />

Person und dem Rest<br />

der Welt. Patienten mit<br />

Schädigungen in dieser<br />

Im Buddhismus strahlt das<br />

Auge der Erleuchtung von der<br />

Stirn des Buddha ...<br />

Bildquelle: www.buddhismus.at<br />

Gehirnregion können beispielsweise ihr Bett nicht finden<br />

und wenn sie es gefunden haben, sich nicht hinlegen. Da<br />

dieser Abgrenzungsprozess unentwegt stattfindet, ruht das<br />

Orientierungsfeld sozusagen nie. Umso erstaunlicher ist<br />

das Ergebnis. Mit der Inaktivierung dieses Areals scheint<br />

die Ich-Welt-Grenze aufgehoben und mit ihr der Bezug zu<br />

Raum und Zeit. Dies erklärt das Gefühl der Meditierenden<br />

von Ewigkeit und Endlosigkeit, die Auflösung des Selbst<br />

in etwas Größeres, Umfassenderes – ein Einheitsgefühl mit<br />

dem Universum, wovon Mystiker aller Kulturen berichtet<br />

haben (Unio mystica, Nirwana, Tao, Brahman-atman).<br />

Newberg vertritt die Hypothese, wonach „spirituelle Erfahrung<br />

in ihrem Ursprung und Wesen auf das Engste mit<br />

der menschlichen Biologie verflochten ist. Diese Biologie<br />

bedingt in gewisser Weise den Drang zu Spiritualität“ 3 ) .<br />

Er ist der Überzeugung „... den Beweis für einen neurologischen<br />

Prozess erbracht zu haben, der es uns Menschen ermöglicht,<br />

die materielle Existenz zu transzendieren und mit<br />

einem tieferen, geistigen Teil von uns selbst in Verbindung<br />

zu treten, der als absolute, universelle Realität wahrgenommen<br />

wird, die uns mit allem Seienden vereint“. 3 )<br />

So viel zu den mir bekanntesten Experimenten der Hirnforschung.<br />

Allerdings sollte ich noch auf einen wichtigen<br />

Punkt hinweisen. Es ist die Gefahr der Gleichsetzung von<br />

tief religiösen, mystischen Erlebnissen mit anderen außergewöhnlichen<br />

Bewusstseinszuständen, hervorgerufen<br />

durch psychisch pathologische Prozesse, drogeninduzierte<br />

Rauschzustände, psychotische Halluzinationen und Auditionen<br />

(übernatürliches Hören) sowie die bereits angesprochenen<br />

epileptischen Anfälle. Obwohl es erkennbare Unterscheidungsmerkmale<br />

zwischen beiden geistigen Zuständen<br />

gibt, dürfte es trotzdem schwierig sein, immer eine klare<br />

Grenze zu ziehen. In diesem Sinne äußerte sich der bekannte<br />

Hirnforscher Detlef Linke wenige Monate vor seinem<br />

... und im Hinduismus gilt das<br />

dritte Auge auf der Stirn als ein<br />

Zeichen der wahren Erkenntnis.<br />

Bildquelle: www.drreis.de<br />

eigenen Tod in Anlehnung<br />

an die bereits erwähnte<br />

Aussage Dostojewskis:<br />

„Warum sollte nicht die<br />

Wahrheit in einem von<br />

Krankheit gezeichneten<br />

Gehirn besonders leicht<br />

zum Ausdruck kommen?“<br />

und auch Eugen Drewermann<br />

fragt in seinem<br />

zweiten Band „Atem des<br />

Leben“ (S. 684): „Kann es<br />

demnach nicht sein, dass<br />

im Anfall einer Epilepsie<br />

in den Kerker unserer<br />

irdischen Existenz ein<br />

Lichtschein fällt, der uns<br />

ein Leben lang jene andere<br />

Wirklichkeit zeigt, nach<br />

der wir uns eigentlich sehnen?“<br />

Was bleibt festzuhalten?<br />

In diesem Beitrag habe ich die Frage aufgeworfen, sitzt<br />

Gott in der Falle der Hirnforscher?<br />

Nachdem wir nun ein klein wenig über die Ergebnisse<br />

der Hirnforschung Bescheid wissen und die Ansicht der<br />

meisten Wissenschaftler kennen, dass Gott für sie nur<br />

eine Projektion des menschlichen Gehirns ist, bleibt doch<br />

zu fragen: Wenn es denn stimmt, dass Gott nur ein Konstrukt<br />

religiös denkender Menschen ist, also etwas, das<br />

es in Wirklichkeit gar nicht gibt, wie verhält es sich dann<br />

mit ihren eigenen Erkenntnissen? Ihre wissenschaftlichen<br />

Aussagen sind doch auch nur Konstrukte ihrer allerdings<br />

naturwissenschaftlich denkenden Gehirne und demzufolge<br />

genauso unrealistisch? Wenn Gott nur eine unwirkliche<br />

Projektion ist, dann sind es auch die Erkenntnisse der Hirnforscher.<br />

Sitzen somit die Hirnforscher nicht in ihrer eigenen<br />

Falle? Wie dem auch sei, die bisherigen Erkenntnisse<br />

der Neurotheologie sind nicht nur unvollständig, sie sind<br />

auch unterschiedlich interpretierbar. Ihre Bewertung und<br />

Deutung ist ganz offensichtlich abhängig von den weltanschaulichen<br />

Ansichten des jeweiligen Experten oder auch<br />

Nichtexperten und kann sowohl religionskritisch wie auch<br />

religionsstützend ausfallen. Eines aber scheint sich in wissenschaftlichen<br />

Studien immer deutlicher herauszustellen,<br />

dass der Glaube an Gott durchaus Lebensvorteile bringt,<br />

sowohl biologisch als auch psychologisch, denn entsprechende<br />

Untersuchungen haben gezeigt, dass religiöse<br />

Menschen nicht nur schwierige Lebenssituationen und<br />

Schicksalsschläge besser meistern, sondern dass sie auch<br />

länger leben. Aber aus der Tatsache, dass Menschen an Gott<br />

glauben und dieser Glaube ihnen hilft, folgt nicht zwangsläufig,<br />

dass es Gott auch wirklich gibt. Diese Feststellung,<br />

dass eine ethisch und moralisch notwendige „Gottesidee“<br />

nicht zwangsläufig mit einem metaphysischen<br />

durchblick 2/<strong>2007</strong> 41


Philosophischer Kopfzeile Essay<br />

Gottesbeweis verbunden ist, kennen wir schon von Immanuel<br />

Kant. So gesehen bleibt alles „beim Alten“, denn auch<br />

die neu gewonnenen neurophysiologischen Erkenntnisse der<br />

Hirnforschung liefern keinerlei Beweise weder für noch gegen<br />

die Existenz Gottes. Gott ist kein neuronales Erregungsmuster,<br />

nicht die Folge eines Ausfalls bestimmter Hirnstrukturen<br />

und auch nicht das Resultat einer mangelnden Balance<br />

zwischen verschiedenen Neurotransmittern. Deshalb: Auf der<br />

Ebene der Naturwissenschaft kann die Frage nach Gott auch<br />

heute nicht geklärt werden. Die verwendeten Werkzeuge und<br />

Methoden, und seien sie technisch und wissenschaftlich auch<br />

noch so fortschrittlich und modern, scheinen für eine Suche<br />

nach Gott nicht geeignet zu sein.<br />

Dazu ein einfaches Beispiel: Wale fängt man normalerweise<br />

mit Harpunen und Heringe mit Netzen. Wenn nun der<br />

Walfänger behaupten würde, dass es in den Weltmeeren keine<br />

Heringe gibt, weil er in seinem Leben noch nie Heringe gefangen<br />

hat, würde er seine Methode des Fischfangs schlicht<br />

überschätzen. Und was für den Walfänger gilt, gilt auch für die<br />

Naturwissenschaftler, denn diese müssen die Grenzen ihrer<br />

wissenschaftlichen Forschungstätigkeit erkennen und Vorsicht<br />

walten lassen bei allzu voreiligen Schlussfolgerungen.<br />

Eine dieser entscheidenden Grenze ist die von mir in anderen<br />

Beiträgen schon erwähnte Erforschung von subjektivem<br />

Erleben eines Menschen. Immer und überall nehmen Neurowissenschaftler<br />

und Verhaltenspsychologen die objektive<br />

Position der „dritten Person“ ein, sozusagen die „Außenperspektive“.<br />

Dabei werfen sie, um einen Ausdruck des Dalai Lama<br />

zu verwenden, aber „nicht genügend Licht auf die subjektive<br />

Erfahrung“ also auf die „Innenperspektive der ersten<br />

Person“ des fühlenden, denkenden und handelnden Subjekts.<br />

Aber diese innere Welt des Erlebens, das Seelenleben eines<br />

Menschen, kann in seinem Inhalt und seiner Bedeutung nur<br />

durch verbale und nonverbale Kommunikation des Subjekts<br />

selbst einem anderen gegenüber mitgeteilt und damit zum<br />

Ausdruck gebracht werden. Wichtig ist zu erkennen und zu<br />

akzeptieren, dass diese „innere Welt“ des Subjekts immer eine<br />

erlebte und damit auch eine reale Welt ist, auch wenn sie<br />

mit wissenschaftlichen Methoden nicht überprüfbar ist. Aber<br />

genau dieser wissenschaftlich noch unberührte innere Raum<br />

eines jeden Einzelnen von uns ist der Ort, wo unser Leben<br />

seine tiefste Erfahrung für uns bereithält durch die angeborene<br />

Fähigkeit zur Spiritualität (nicht zu verwechseln mit der durch<br />

Erziehung und Lebensumstände geprägten Religiosität).<br />

Der Begriff Spiritualität kommt in der materiell ausgerichteten<br />

Naturwissenschaft nicht vor. Kein Wunder, denn<br />

Spiritualität und Absicht vertragen sich nicht, genauso wenig<br />

wie spirituelle Erfahrungen nicht anstrebt oder angesteuert<br />

werden können. Spiritualität ist ein geistiges Erlebnis, und im<br />

christlichen Sinn verstanden eine tiefe Erfahrung im Grenzbereich<br />

zwischen Mensch und Gott, eine Berührung mit einer<br />

andersartigen Realität 4 ). Zu keiner Zeit in unserem Leben<br />

stellt sich die Frage nach der Existenz Gottes so intensiv und<br />

direkt, sind die Fragen nach einer Antwort ehrlicher und die<br />

spirituellen Erlebnisse wahrhaftiger, als am Ende unseres<br />

Lebens, im Angesicht des eigenen Todes, sozusagen in der<br />

Stunde der Wahrheit. Daher möchte ich meinen Beitrag auch<br />

mit einer Aussage der Schweizer Psychotherapeutin Monika<br />

Renz beschließen, die sie aufgrund ihrer umfassenden Forschungsarbeit<br />

mit spirituellen Erfahrungen Schwerstkranker<br />

und sterbender Menschen gemacht und in ihrem Buch<br />

„Grenzerfahrung Gott“ veröffentlicht hat: „Meines Erachtens<br />

braucht unsere Kultur ... eine Spiritualität des sog. personalen<br />

Gottes, innere Erfahrungen mit einem hörenden, mitfühlenden,<br />

sich mit dem menschlichen Leid identifizierenden<br />

Gott ... Über die Begegnung mit einem Gott als Gegenüber<br />

erleben wir uns ernst genommen in der Einmaligkeit unseres<br />

Person- und Subjektseins.“ 4 ) Die Beispiele, die Monika Renz<br />

in ihrem Buch aufführt, beschreiben in eindrucksvoller Weise,<br />

dass auch im Zustand vollkommener Unfreiheit, bedingt<br />

durch schwere Krankheit, die Fesseln des Todes und die Angst<br />

des Loslassens, dass Menschen in dieser ausweglosen Gefangenschaft<br />

am Ende ihres Lebens die tiefe spirituelle Erfahrung<br />

machen, dass es etwas gibt, dass ihnen eine unantastbare Würde<br />

verleiht und eine innere bedingungslose Freiheit schenkt,<br />

nämlich Gott.<br />

Eberhard Freundt<br />

1) Titel entnommen dem gleichnamigen Vortrag des Neuropsychologen<br />

Christian Hoppe (Universitätsklinik für Epilepsie, Bonn 27. 12. 20<strong>02</strong>).<br />

2) Ein für Nichtexperten gewählter Begriff von Andrew Newberg aus seinem<br />

Buch „Der gedachte Gott“. 3) Andrew Newberg: Der gedachte Gott,<br />

S. 18/19. 4) Monika Renz: Grenzerfahrung Gott S. 31/137<br />

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durchblick 2/<strong>2007</strong> 43


Gedächtnistraining<br />

Kopfzeile<br />

Jede Person, der Du begegnest, weiß etwas, das Du noch nicht weißt; lerne von ihr *<br />

Lachen Sie gern?<br />

Bringen Sie die Sätze in die richtige Reihenfolge<br />

1. Dann hebt er einen Holzsplitter vom Boden auf und<br />

fragt: „Was ist das?“<br />

2.. Der Jüngling beäugt den Splittter mit kritischem<br />

Blick – und plötzlich hellt sich sein Gesicht auf.<br />

3. Der Inhaber des Antiquitätengeschäfts schaut den<br />

jungen Mann, der sich als Lehrling bewirbt, prüfend<br />

an.<br />

4. „Du kannst sofort bei mir anfangen“, sagt der Geschäftsinhaber.<br />

5. „Ganz klar“, sagt er, „es handelt sich um einen Zahnstocher<br />

von Papst Johannnes X.“<br />

44 durchblick 2/<strong>2007</strong>


Gedächtnistraining<br />

Kopfzeile<br />

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durchblick 2/<strong>2007</strong> 45


Ein Rasierpinsel als „Corpus delicti“ im Zivilprozess<br />

vor dem Landgericht, das hat schon Seltenheitswert.<br />

Der Pinsel, als Weihnachtsgeschenk für ihren Onkel von<br />

einer jungen Dame in einer Siegener Drogerie gekauft, war<br />

nach Überzeugung seines Besitzers nicht in der Lage, Seife<br />

in den Schaum umzuwandeln, der<br />

zum Einseifen männlicher Gesichtshälften<br />

unentbehrlich ist. Ein weiterer<br />

Defekt wurde dem Dachshaarprodukt<br />

angelastet: „Der Pinsel spritzte und fiel<br />

immer wieder um,“ meinte der Kläger.<br />

Er habe ihn - aufgrund des mangelnden<br />

Stehvermögens - mit magnetischer<br />

Hilfe an der Wand befestigt. Ein halbes<br />

Jahr habe er noch gehofft, die Schaumschlägerei<br />

in den Griff zu kriegen, umsonst.<br />

Dann brachte er den Pinsel schließlich<br />

dem Drogisten zurück, der ihn umgehend<br />

der Lieferfirma einschickte, die<br />

makellose Qualität und Schäumungsfähigkeit<br />

bescheinigte. Der Pinselbesitzer<br />

beließ es nicht dabei und klagte.<br />

Unterhaltung Kopfzeile<br />

Ein Pinsel vor Gericht<br />

Corpus Delicti<br />

Der beklagte Drogist hatte den Vorschlag gemacht, einen<br />

Barbier mit Seifenschälchen, Seife und Handtuch ins Verfahren<br />

einzubeziehen, der den Kläger im wahrsten Sinn<br />

des Wortes perfekt einseifen sollte. Darauf ging dieser aber<br />

nicht ein und erschien nicht zum Termin.<br />

Das Proberasieren am Kläger wäre<br />

sicher im Bereich der Justiz eine Weltpremiere<br />

geworden. Der Richter erklärte<br />

schließlich kurz und knapp, dass die<br />

Klage zurückgewiesen wird. Für den<br />

Pinselkauf wäre als Käuferin am Ende<br />

die bartlose Dame zuständig gewesen,<br />

die für eine Proberasur nicht die nötigen<br />

Voraussetzungen mitbringen konnte. Und<br />

somit lasse sich nichts mehr beweisen.<br />

Den Pinsel des Anstoßes nahm der Drogist<br />

- mit einem ganzen Körbchen voller<br />

Vergleichsexemplare - wieder mit. Dem<br />

Kläger blieb überlassen, sich nun doch für<br />

das ihm zustehende Dachshaarprodukt,<br />

für andere Pinsel oder für einen Bart zu<br />

entscheiden.<br />

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46 durchblick 2/<strong>2007</strong>


Historisches Kopfzeile<br />

Das war uns vor 20 Jahren wichtig<br />

aus dem „durchblick“ 2 – 1987<br />

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durchblick 2/<strong>2007</strong> 47


Als gelernter Metallmeister<br />

erfasste er sofort: Das ist kein<br />

normales Material<br />

Menschliches Kopfzeile<br />

Uri Shaham (Bild)<br />

aus Israel hat bei<br />

uns das Buch „Die<br />

Geschichte Israels“<br />

veröffentlicht, eine<br />

schnelle Übersicht<br />

über die Historie<br />

des alten und neuen<br />

Israels. Gelegentlich<br />

schreibt er Beiträge<br />

für den „durchblick“,<br />

So auch über seine<br />

allzu menschlichen<br />

Erlebnisse während<br />

seines letzten Besuch<br />

in Deutschland.<br />

Moderne Zeiten,<br />

mit ihren Geräten und Automaten, sind ja eigentlich etwas<br />

Feines. Vorausgesetzt natürlich, dass man diese auch<br />

bedienen kann. In unserem Alter (60 +) gelingt einem das<br />

nicht immer. Über eine solche „schmerzhafte“ Erfahrung<br />

möchte ich berichten.<br />

Kein Urinal für Uri<br />

Die Odyssee am Pinkulatorium<br />

Während meines Urlaubs in NRW wollte ich natürlich<br />

auch die Domstadt Köln besuchen. Bereits auf dem<br />

Bahnhof in Siegen verspürte ich einen leichten Druck auf<br />

der Blase. Weil der Zug schon abfahrbereit auf dem Gleis<br />

stand, dachte ich mir, „gehe ich einfach im Zug aufs Örtchen“.<br />

Diesem Wollen konnte ich aber keine Taten folgen<br />

lassen. So „dreckig“ ging es mir dann doch noch nicht. In<br />

Köln angekommen, wurde es langsam Zeit! Frohen Herzens<br />

folgte ich zielstrebig den Schildern WC.<br />

Dort angekommen, stehen vor mir weitere Personen,<br />

die auf Erleichterung hoffen. Hinter mir wird nicht nur die<br />

Schlange immer länger, auch die Gesichter. Es ging nicht<br />

vorwärts! Ein Automat behinderte das Weiterkommen. An<br />

diesem Automat blickte mich ein Mann, der offensichtlich<br />

die Bedienungsanleitung nicht verstand, verzweifelt an.<br />

Ich spreche zwar gebrochen Deutsch und ein zerquetschtes<br />

Englisch, konnte damit aber auch nicht helfen. Mein Hintermann<br />

zuckte auch die Schultern und sagte: „Nix verstehn.“<br />

Der Afrikaner vor mir kapitulierte!<br />

Nun endlich war ich der Nächste. Begriffen hatte ich,<br />

wo sich der Einwurfschlitz für Kleingeld befand. Nur, mein<br />

vorhandenes Kleingeld wollte dieser dusselige Automat<br />

nicht. Also versuchte ich es mit einem Zehn-Euro Schein.<br />

Dabei zwang sich mir die Fage auf, ob ich nur in ein „Pinkulatorium“<br />

will oder ob ich mich in einem Kasino befinde.<br />

Der Automat spuckte mir seine ganzen kleinen Münzen als<br />

Wechselgeld zurück. Nicht nur, dass die Auffangschale voll<br />

war, ich musste mit Druck auf der Prostata noch über den<br />

Boden kriechen, um mein Kleingeld aufzusammeln. Jetzt<br />

hatte ich nicht nur eine volle Blase, auch noch „zwei Kilo“<br />

Münzen in meinem viel zu kleinen Geldbeutel machten mir<br />

das Leben schwer.<br />

Endlich schien der Weg frei zur Entlastung! Denkste!<br />

Ich hatte nicht die vermeintliche Eintrittskarte ins Reich<br />

der Seligkeit gelöst, sondern lediglich einen Wechselautomaten<br />

bedient! Auch dem Afrikaner, der vor mir in der<br />

Schlange war, stand mittlerweile das Wasser bis zu den<br />

Augen. Ich konnte niemandem mehr helfen, ich war mittlerweile<br />

selbst zum Notfall geworden. Im ersten Geschäft<br />

raste ich ohne große Erklärung zur Toilette, entledigte ich<br />

mich meiner Not und wunderte mich dabei nicht mehr,<br />

warum der Rhein gelegentlich Hochwasser führt. Für den<br />

armen Afrikaner hoffte ich, dass er sein Problem ebenfalls<br />

gut gelöst bekam.<br />

Für die Gestrigen war die „Alte Welt“ in manchem doch<br />

bequemer, und für Menschen wie mich wünsche ich eine<br />

kleine Ecke als Naturreservat, wo auch die Ungebildeten<br />

problemlos pinkeln können.<br />

Uri Shaham<br />

48 durchblick 2/<strong>2007</strong>


Alternde Kopfzeile Gesellschaft<br />

Leistungsfähige Altenpflege durch gesunde und motivierte Beschäftigte<br />

die Qualität der Pflege. Und wenn die Deutschen ans Alter<br />

denken, ist es ihnen am wichtigsten, einmal von motivierten<br />

und engagierten Pflegekräften versorgt zu werden.<br />

Das gilt für 76 Prozent der befragten Bundesbürger ab 50<br />

Jahren, wie eine im Auftrag der BGW durchgeführte Forsa-<br />

Umfrage belegt. Ebenfalls deutlich mehr als die Hälfte der<br />

Befragten legt bei einem möglichen Umzug ins Pflegeheim<br />

großen Wert auf eine feste Bezugsperson (61 Prozent) und<br />

staatlich geprüftes Pflegepersonal (59 Prozent).<br />

Qualitätsmanagerin Bärbel Brandt<br />

freut sich über den Erfolg.<br />

„Viele Altenpflegerinnen und -pfleger sind so ausgebrannt,<br />

dass sie häufig ans Aufhören denken.“ Mit dieser<br />

Feststellung bezieht sich die Berufsgenossenschaft für<br />

Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) auf eine<br />

europäische Studie und stellt außerdem fest, dass Deutschland<br />

hier deutlich schlechter abschneidet als zahlreiche<br />

andere Länder.<br />

Die BGW ist die gesetzliche Unfallversicherung für<br />

mehr als 540.000 private und gemeinnützige Einrichtungen<br />

im Gesundheitswesen und der Wohlfahrtspflege.<br />

Sie muss krankmachende Belastungen wahrnehmen und<br />

entsprechende Vorschläge zur Verbesserung machen, denn<br />

eine ihrer zentralen Aufgaben ist der Gesundheitsschutz<br />

in der Arbeitswelt. Aber der angesprochene Missstand ist<br />

nicht nur eine Angelegenheit der Pflegefachkräfte und der<br />

Berufsgenossenschaft, denn gesunde Beschäftigte sichern<br />

Diese naheliegenden Erwartungen sind jedoch immer<br />

schwerer erfüllbar, wenn gleichzeitig die Anforderungen<br />

der Kostenträger und des Gesetzgebers wachsen. Das Dilemma<br />

war 2005 Grund für die BGW-Initiative „Aufbruch<br />

Pflege“, mit der sie sich für eine leistungsfähige Altenpflege<br />

mit gesunden und motivierten Beschäftigten einsetzt.<br />

In den >mitteilungen< 2/<strong>2007</strong> des BGW werden entsprechende<br />

Handlungsmöglichkeiten vorgestellt. Dazu<br />

Prof. Dr. Gerhard Mehrtens, Vorsitzender der BGW-Geschäftsführung:<br />

„Worauf man besonders achten sollte und<br />

was die Belohnung für den Einsatz ist, erzählt der Erfahrungsbericht<br />

aus dem Marienheim Siegen.“<br />

Das Marienheim Siegen hat gemeinsam mit seinen drei<br />

Schwestereinrichtungen das Präventionsangebot qu.int.as ®<br />

der BGW eingeführt. – qu.int.as ® steht für Qualitätsmanagement<br />

mit integriertem Arbeitsschutz. Es handelt sich<br />

um eine Kombination, die Mitarbeitern und Bewohnern<br />

zugute kommt und sich betriebswirtschaftlich auszahlt.<br />

Erich Kerkhoff<br />

(Quelle: Magazin des BGW 2/<strong>2007</strong>. Mit freundlicher Genehmigung<br />

der Redaktion. Weitere Informationen: www.bgw-online.de)<br />

Statistiken, Prognosen und Interpretationen<br />

Angaben des Statistischen Bundesamtes zufolge hat<br />

die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland von 2003<br />

bis 2005 um 2,5% bzw. 52.000 Personen zugenommen.<br />

Danach waren im Dezember 2005 in Deutschland 2,13<br />

Millionen Menschen pflegebedürftig im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes.<br />

Zwei Drittel (67%) der Pflegebedürftigen<br />

waren älter als 75 Jahre; ein Drittel (33%) waren<br />

Hochbetagte; sie waren 85 Jahre und älter.<br />

Ende 2005 lebten in der Bundesrepublik 605.000 Personen,<br />

die 90 Jahre und älter waren. Von ihnen waren 60%<br />

bzw. 364.000 pflegebedürftig. Bei den 85- bis unter 90-<br />

Jährigen beträgt die entsprechende Pflegequote – also die<br />

Wahrscheinlichkeit pflegebedürftig zu sein – rund 36%; bei<br />

den 75- bis unter 85-Jährigen ist sie erwartungsgemäß mit<br />

14% niedriger; bei den 65- bis unter 70-Jährigen war der<br />

Wert mit rund 3% deutlich geringer.<br />

Mit Einführung der Pflegeversicherung - am 1.04.1995<br />

für ambulant Versorgte bzw. am 1.07.1996 für stationär<br />

Versorgte - war dies absehbar. Der seinerzeit verantwortliche<br />

Arbeitsminister war jedoch der Auffassung, dass die<br />

Lebenserwartung nach dem Jahr 2000 nicht weiter zunehmen<br />

wird. Diese Prognose war bekanntlich unzutreffend;<br />

wir werden in großer Zahl das 90. und auch höhere Lebensjahr<br />

erreichen. Darin liegt ein Grund für die bevorstehende<br />

Reform der Pflegeversicherung. Ein weiterer Grund ist in<br />

der seit Jahren viel zu niedrigen Geburtenrate zu sehen.<br />

Nun ist zu befürchten, dass eine Diskussion um die Reform<br />

der Pflegeversicherung hier ansetzt. Aber: Das Statistische<br />

Bundesamt hat eine deutliche Auswirkung der Alterung<br />

erst für das Jahr 2<strong>02</strong>0 berechnet. Bis dahin steigt der<br />

Altenquotient nur moderat. Eine Reformdiskussion, die sich<br />

auf die „unausweichlichen“ Folgen des Alterungsprozesses<br />

beschränkt, wäre demnach im Ansatz irreführend und würde<br />

von der Frage einer Verteilung des gesellschaftlichen<br />

Reichtums und der Teilhabe am Produktivitätsfortschritt<br />

ablenken. Quelle: Statistisches Bundesamt (Wiesbaden), Febr. <strong>2007</strong><br />

Erich Kerkhoff<br />

durchblick 2/<strong>2007</strong> 49


Unterhaltung/Impressum<br />

Kopfzeile<br />

Das fiel uns auf …<br />

… dass Adoptivkinder zu sammeln in Hollywood<br />

gerade Mode ist.<br />

So begrüßenswert es ist, dass z. B. Madonna sich um<br />

Straßenkinder wie um ihren Adoptivsohn David in Malawi<br />

kümmert, so bleibt doch die Frage, ob es nicht besser wäre,<br />

den Kindern in ihrer Heimat zu helfen, statt sie in eine<br />

völlig andere Kultur zu verpflanzen.<br />

… dass einige Fahrradhersteller jetzt auch an Senioren<br />

denken.<br />

So stellen einige Fabrikanten jetzt Typen mit einem besonders<br />

tiefen Einstieg her. Für manche Senioren könnte<br />

das sicher eine Hilfe beim Radfahren sein. Außerdem<br />

werden auch noch die Knie durch einen tiefer gesetzten<br />

Schwerpunkt entlastet. Allerdings lassen sich die Firmen<br />

(Wulfhorst, Hercules) diese Erleichterungen teuer bezahlen.<br />

... dass im deutschen Pflegesystem eklatante Missstände<br />

herrschen.<br />

Zu diesem Ergebnis kommt die TNS Emnid-Studie zur<br />

„Pflegesituation in Deutschland“ im Auftrag der Marseille-<br />

Kliniken AG. Dazu sind die Betroffenen und Angehörigen<br />

von Pflegefällen sowie die Generation 50+ bundesweit befragt<br />

worden.<br />

… Lösungen von Seite 44 Gedächtnistraining<br />

Achtung Rot:1.Herz, 2.Blut, 3.Tomate, 4.Geranium, 5.Vogelbeere,<br />

6.Purpur, 7.Gefahr, 8.Ziegeldach. Pfeilrechnen: 147. Zahlen-Pyramide:<br />

128. Kastenrätsel: Bier, hier, Stier, Riese, sieben, lieben, Lieder,<br />

Bienen, liegen, Papier, fliegen, fliehen, vierzig, riechen, Schienen, Klavier.<br />

Dreiecke: 27.<br />

Zu guter Letzt …<br />

Das Autoradio von Redaktionsleiter Friedhelm Eickhoff<br />

hat jetzt einen CD-Player. Für den Freund guter Hörspiele<br />

eine willkommene Abwechslung auf langen Strecken. So<br />

auch kürzlich auf der Fahrt von Siegen nach München. In<br />

der Raststätte Steigerwald wird schon als rituelle Handlung<br />

der erste Kaffee fällig. Auto abgestellt, Kaffee getrunken,<br />

zurück ins Fahrzeug. Die Vorfreude auf den weiteren<br />

Hörgenuss beim zweiten Teil kommt auf. CD-Player angemacht,<br />

alte CD auswerfen klappt nicht. Noch mal: Knopf<br />

für den Auswurf bedient. Nichts tut sich, die Scheibe will<br />

nicht ans Tageslicht! CD-Radio ausgebaut, CD-Radio eingebaut,<br />

nichts.<br />

In der Betriebsanleitung schien ein solcher Störfall<br />

nicht vorzukommen. Inzwischen sind 30 Minuten vergangen.<br />

Dem Redaktionschef fehlt jetzt der Durchblick. In<br />

der Annahme, dass die alte CD sich verhakt haben könnte,<br />

versucht er, eine weitere Silberscheibe nachzuschieben, um<br />

Verhaktes zu lockern. Die „Reparatur-CD“ flutscht in die<br />

Tiefe und verschwindet. Jetzt erst kommt die Erleuchtung:<br />

Bereits vor der Kaffeepause hat der Chef die gehörte CD<br />

entfernt, es war überhaupt kein Tonträger mehr im Gerät!<br />

durchblick<br />

Herausgeber:<br />

durchblick-siegen Information und Medien e.V., im Auftrag der<br />

Stadt Siegen – Leitstelle Leben im Alter<br />

Anschrift der Redaktion:<br />

„Haus Herbstzeitlos“ · Marienborner Straße 151 · 57074 Siegen<br />

Telefon + Fax: <strong>02</strong> 71/ 6 16 47 · Mobil: 01 71/ 6 20 64 13<br />

E-Mail: redaktion@durchblick-siegen.de<br />

Internet: www.durchblick-siegen.de<br />

Öffnungszeiten:<br />

dienstags bis donnerstags von 10.00 bis 12.30 Uhr<br />

dienstags auch von 15.00 bis 20.00 Uhr<br />

Redaktion:<br />

Maria Anspach; Friedhelm Eickhoff (verantw.); Eberhard Freundt;<br />

Dieter Gerst; Inge Göbel; Gerda Greis; Dorothea Istock; Erich Kerkhoff;<br />

Erika Krumm; Horst Mahle<br />

An dieser Ausgabe haben ferner mitgewirkt:<br />

Barbara Kerkhoff; Thomas Benauer; Toni Diehl; Helga Siebel-<br />

Achenbach; Sabine Völkel; Edith Maria Bürger; Uri Shaham; Peter<br />

Spar; Annette Freundt<br />

Fotos/Zeichnungen/Grafik (soweit nicht im Bild angegeben):<br />

SATURN, M. Anspach, D. Istock, E. Freund, F. Fischer, T. Benauer,<br />

E. Kerkhoff, Astrid E. Schneider, F. Eickhoff, D. Gerst, S. Völkel,<br />

H. Mahle, Anica Henning, Titel: db-Photo-Shop-Club Tessie Reeh,<br />

Gottfried Klör, Agnes Spar, P. Spar und Maik Schäfer<br />

Gestaltung: durchblick-buchreihe,<br />

Gesamtherstellung:<br />

Vorländer · Obergraben 39 · 57072 Siegen<br />

Verteilung:<br />

Helga Siebel-Achenbach Ltg., alle Redakteure, Ellen Schumacher,<br />

Fred Schumacher, Hannelore Münch, Fritz Fischer, Paul Jochem,<br />

Ingrid Drabe, Helga Sperling, Hermann Wilhelm, Helmut Drabe,<br />

Elisabeth Flöttmann, Dieter Wardenbach<br />

Erscheinungsweise:<br />

März, Juni, September, Dezember<br />

Auflage:<br />

8 500. Der durchblick liegt kostenlos bei den Sparkassen, Apotheken,<br />

Arztpraxen, den Zeitungsverlagen der City-Galerie, in Geschäften<br />

des Siegerlandzentrums und in öffentlichen Gebäuden aus. Für die<br />

Postzustellung berechnen wir für vier Ausgaben jährlich 8 Euro.<br />

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die<br />

Meinung der Redaktion wieder. Die Redaktion behält sich vor, eingesandte<br />

Beiträge und Leserbriefe zu kürzen. Unverlangte Beiträge<br />

werden nicht zurückgeschickt. Für unsere Anzeigenkunden gilt die<br />

Preisliste 6/2004.<br />

50 durchblick 2/<strong>2007</strong>

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