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Im Sommer 1943<br />
machte ich im Landjahr<br />
meine Hauswirtschaftsprüfung.<br />
Die<br />
Theorie war überstanden.<br />
Heute war<br />
der Tag der Praxis.<br />
Morgens um acht Uhr<br />
bekamen wir, mein<br />
Mitprüfling Waltraud<br />
und ich, das Kuvert,<br />
in dem die Arbeiten<br />
für den Vormittag<br />
aufgeführt waren.<br />
Also: Ich musste<br />
ein Kleid waschen,<br />
eine weiße Bluse<br />
bügeln, eine Leinenschürze<br />
flicken, ein<br />
großes Doppelfenster mit Rahmen säubern und natürlich<br />
kochen. Ich musste gefüllte Gurken braten und einen<br />
großen Rollbraten herrichten. Waltraud, mein Mitprüfling,<br />
richtete einen Hefekloß mit Kompott an. Zusammen<br />
mussten wir auch noch eine schöne Tischdekoration<br />
machen und dann natürlich das fertige Essen auch noch<br />
stilgerecht servieren. In der großen Küche lag alles bereit,<br />
was wir benötigten.<br />
Ich ging aber zuerst ins Waschhaus, um alles zu erledigen,<br />
was mich später beim Kochen nicht mehr belasten<br />
konnte. Ich machte mich an die Arbeit. Alles klappte<br />
prima, ich lag gut in der Zeit. Dann aber zurück in die<br />
Küche. Während mich nach kurzer Zeit der prachtvolle<br />
Rollbraten anlachte, entwickelten sich die Gurken zu<br />
meinem Feind. Ich hatte sie ausgekratzt und mit Gehacktem<br />
gefüllt. Mit Zahnstochern wurden sie zusammengehalten<br />
und so ins heiße Fett gelegt. So weit – so<br />
Lassen Sie Ihren<br />
Trauring umarbeiten<br />
Aus einem alten Trauring kann<br />
ein wunderschöner Schmuckring<br />
werden, der seine Innengravur<br />
behält – mit Farbstein oder<br />
Brillant.<br />
Ihr Altgold nehmen wir in Zahlung.<br />
Unterhaltung<br />
Warum der Rollbraten „Rollbraten“ heißt?<br />
Bei jeder Scheibe Fleisch, die ich ihnen auf den Teller legte,<br />
musste ich mir ein innerliches Lachen verkneifen.<br />
ab € 98,-<br />
Am Dicken Turm<br />
Peter Müller | Kölner Straße 48 | 57072 Siegen | <strong>02</strong>71 53616<br />
gut – aber sobald ich<br />
sie wendete, blieb das<br />
Braune in der Pfanne<br />
und die Gurke war<br />
wieder grün. Diese<br />
Prozedur brachte mich<br />
zur Verzweiflung.<br />
Gurke braun – Gurke<br />
drehen – Gurke grün.<br />
So was Blödes werde<br />
ich nie in meinem<br />
Leben auf den Tisch<br />
bringen, schwor ich<br />
mir, habe ich auch nie<br />
getan. Sonst klappte<br />
alles richtig gut, auch<br />
bei meinem Mitprüfling.<br />
Wir machten einen<br />
hübschen Tischschmuck<br />
und deckten<br />
den großen Tisch für den Prüfungsausschuss. Als Letztes<br />
machte ich noch die Soße des Rollbratens. Schmeckte<br />
alles noch mal ab und war zufrieden mit mir. Die Prüferin<br />
auch, denn sie lächelte mir zu. Nun musste alles so gut<br />
serviert werden, dass der Eindruck passte. Ich band mir<br />
eine lange, weiße Schürze vor, löste das dünne Seil vom<br />
Rollbraten und legte ihn fein säuberlich auf die bereits<br />
dekorierte Fleischplatte. Es schlug gerade zwölf, – ooh<br />
– als ich voller Stolz meinen Braten die hohe steinerne<br />
Treppe von der Küche zum Speisesaal hochtrug.<br />
Da ..., was war das? Ein Ruck ging durch meinen<br />
ganzen Körper. Ich konnte absolut nicht weitergehen.<br />
Hilfe ..., ich bin gelähmt!!! Was war geschehen? Simpel,<br />
Simpel, ich stand auf meiner langen Schürze. Stocksteif,<br />
bewegungsunfähig. Mein Rollbraten aber war im Gegensatz<br />
zu mir mopsfidel. Er sprang von der Platte und<br />
hopste und rollte, hopste, hopste und rollte, keine Stufe<br />
auslassend die ganze, lange Treppe hinunter. Unten stand<br />
die Prüferin. Fassungslos! Sekunden vergingen. Dann<br />
rief sie mich zurück. Schnappte den Braten vom Boden<br />
mit der Hand, zog ihn kurzerhand durch die Soße. Legte<br />
ihn auf eine neue Platte, band mir eine saubere Schürze<br />
um und erweckte mich mit einem Klaps auf den Po zu<br />
neuem Leben. Ich erkannte, was geschehen war, welch<br />
eine Chance ich bekommen hatte und eilte vorsichtig und<br />
erleichtert in den Speisesaal. Allen am Tisch schmeckte<br />
es vorzüglich und waren voll des Lobes. Bei jeder Scheibe<br />
Fleisch, die ich ihnen auf den Teller legte, musste<br />
ich mir trotz meiner Aufregung ein innerliches Lachen<br />
verkneifen.<br />
Jedenfalls wusste ich seit dem Vorfall, warum der<br />
„Rollbraten“ ... Rollbraten heißt!<br />
Inge Göbel<br />
6 durchblick 2/<strong>2007</strong>