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Botanik<br />
Ein Urlaubstag in den Hohenheimer Gärten<br />
Der älteste Gartenteil ist der Exotische Garten. Er geht<br />
auf die einst größere Englische Anlage zurück, die Herzog<br />
Carl Eugen mit seiner späteren Gemahlin Franziska von<br />
Hohenheim 1776-1779 begründete, und an deren Ausbau<br />
er bis zu seinem Tode 1793 rastlos arbeitete. Englische<br />
Gärten waren, nach der Mode der Zeit, Landschaftsgärten,<br />
die bewusst den Gegensatz zum streng gegliederten Barockgarten<br />
suchten. Sechs Jahre später (1785) wurde auf<br />
der Stelle eines alten Barockschlösschen der Grundstein<br />
für ein neues Schloss gelegt. Es sollte kein Lustschloss,<br />
sondern ein Residenzschloss werden. Geplant waren 75<br />
Räume auf zwei Etage. Das große botanische Interesse<br />
von Franziska von Hohenheim prägte von Anfang an die<br />
Gartengestaltung.<br />
Mit dem Anpflanzen heimischer und exotischer Pflanzen<br />
und Bäumen und mit der Einrichtung von nachgebildeten<br />
antiken und mittelalterlichen Bauten schuf sich das Herzogpaar<br />
eine romantische ländliche Welt. Die Anhäufung<br />
mit Monumenten und Gebäuden veränderte allerdings den<br />
ursprünglichen Charakter des Landschaftsgarten erheblich.<br />
Dieser Garten war zu Lebzeiten des Herzogspaar für die<br />
Öffentlichkeit nicht zugänglich und diente als Kulisse für<br />
Hoffeste sowie zum Aufenthalt in Mußestunden. Von den<br />
Architekturen des 18. Jahrhunderts gibt es heute noch das<br />
„Spielhaus“, das „Wirtshaus zur Stadt Rom“ und Reste der<br />
„drei Säulen des donnernden Jupiter“. In dem „Spielhaus“<br />
das einst dem Herzogpaar als Ort für gesellige und festliche<br />
Veranstaltungen diente, ist nach grundlegender Veränderung<br />
das Museum zur Geschichte Hohenheims eingerichtet.<br />
Blaugrüne Mammutbäume<br />
„Es gibt eine Kraft aus der Ewigkeit,<br />
und diese Kraft ist grün.“<br />
Hildegard von Bingen, 1098–1179<br />
Im Neckartal, südlich von Stuttgart, liegt Hohenheim.<br />
Hier wurde Geschichte gemacht und wurden Geschichten<br />
geschrieben. Auf einer Gesamtfläche von ungefähr 35 ha<br />
erstrecken sich die Hohenheimer Gärten. Sie sind ein botanisch<br />
äußerst vielseitiges, gartenbaulich sehr schönes und<br />
historisch über mehr als zwei Jahrhunderte gewachsenes<br />
Ensemble verschiedenartigster Gartenteile und sind eine<br />
wissenschaftliche Einrichtung der Universität Hohenheim<br />
für die Forschung und Lehre und wegen ihres hohen wissenschaftlichen<br />
Wertes international weithin bekannt.<br />
Der Exotische Garten fand Beachtung bei den Intellektuellen<br />
gegen Ende des 18. Jahrhunderts. Die Urteile fielen<br />
jedoch sehr verschieden aus: J.W. v. Goethe, der 1797<br />
auf seiner dritten Schweizer Reise Hohenheim besuchte,<br />
gefiel der Garten überhaupt nicht. Er sei „mit kleineren<br />
und größeren Gebäuden übersät, die mehr oder weniger<br />
teils einen engen, teils einen Repräsentationsgeist verraten“1.<br />
Ganz anders Fr. Schiller. Er, der als Schüler in der<br />
von Herzog Carl Eugen gegründeten Karlsschule viel unter<br />
dem Herzog zu leiden hatte, erkannte 1795 in dem Garten<br />
einen tieferen Sinn. „Ländliche Simplizität und versunkene<br />
städtische Herrlichkeit, die zwei äußersten Zustände der<br />
Gesellschaft, grenzen auf eine rührende Art aneinander,<br />
und das ernste Gefühl der Vergänglichkeit, verliert sich<br />
wunderbar schön in dem Gefühl des siegenden Lebens“.<br />
Ludwig Uhland soll im Sommer 1814 als er die Gärten<br />
besuchte durch die Szene „Drei Säulen des Donnernden Jupiters“<br />
zu der Ballade „Des Sängers Fluch“ angeregt worden<br />
sein. Die drei Säulen des donnernden Jupiters wurden<br />
den Tempelruinen auf dem Forum Romanum in Rom im<br />
Maßstab 1:4 nachgebaut. Der Schaft der östlichen Säule<br />
von den drei Säulen steht auch heute noch, die beiden anderen<br />
Säulen liegen als Trümmer am Boden.<br />
„Noch eine hohe Säule zeugt<br />
von verschwund’ner Pracht,<br />
auch diese, schon geborsten,<br />
kann stürzen über Nacht.“<br />
(Ballade „Des Sängers Fluch“).<br />
10 durchblick 2/<strong>2007</strong>