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2007-02

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Botanik<br />

Ein Urlaubstag in den Hohenheimer Gärten<br />

Der älteste Gartenteil ist der Exotische Garten. Er geht<br />

auf die einst größere Englische Anlage zurück, die Herzog<br />

Carl Eugen mit seiner späteren Gemahlin Franziska von<br />

Hohenheim 1776-1779 begründete, und an deren Ausbau<br />

er bis zu seinem Tode 1793 rastlos arbeitete. Englische<br />

Gärten waren, nach der Mode der Zeit, Landschaftsgärten,<br />

die bewusst den Gegensatz zum streng gegliederten Barockgarten<br />

suchten. Sechs Jahre später (1785) wurde auf<br />

der Stelle eines alten Barockschlösschen der Grundstein<br />

für ein neues Schloss gelegt. Es sollte kein Lustschloss,<br />

sondern ein Residenzschloss werden. Geplant waren 75<br />

Räume auf zwei Etage. Das große botanische Interesse<br />

von Franziska von Hohenheim prägte von Anfang an die<br />

Gartengestaltung.<br />

Mit dem Anpflanzen heimischer und exotischer Pflanzen<br />

und Bäumen und mit der Einrichtung von nachgebildeten<br />

antiken und mittelalterlichen Bauten schuf sich das Herzogpaar<br />

eine romantische ländliche Welt. Die Anhäufung<br />

mit Monumenten und Gebäuden veränderte allerdings den<br />

ursprünglichen Charakter des Landschaftsgarten erheblich.<br />

Dieser Garten war zu Lebzeiten des Herzogspaar für die<br />

Öffentlichkeit nicht zugänglich und diente als Kulisse für<br />

Hoffeste sowie zum Aufenthalt in Mußestunden. Von den<br />

Architekturen des 18. Jahrhunderts gibt es heute noch das<br />

„Spielhaus“, das „Wirtshaus zur Stadt Rom“ und Reste der<br />

„drei Säulen des donnernden Jupiter“. In dem „Spielhaus“<br />

das einst dem Herzogpaar als Ort für gesellige und festliche<br />

Veranstaltungen diente, ist nach grundlegender Veränderung<br />

das Museum zur Geschichte Hohenheims eingerichtet.<br />

Blaugrüne Mammutbäume<br />

„Es gibt eine Kraft aus der Ewigkeit,<br />

und diese Kraft ist grün.“<br />

Hildegard von Bingen, 1098–1179<br />

Im Neckartal, südlich von Stuttgart, liegt Hohenheim.<br />

Hier wurde Geschichte gemacht und wurden Geschichten<br />

geschrieben. Auf einer Gesamtfläche von ungefähr 35 ha<br />

erstrecken sich die Hohenheimer Gärten. Sie sind ein botanisch<br />

äußerst vielseitiges, gartenbaulich sehr schönes und<br />

historisch über mehr als zwei Jahrhunderte gewachsenes<br />

Ensemble verschiedenartigster Gartenteile und sind eine<br />

wissenschaftliche Einrichtung der Universität Hohenheim<br />

für die Forschung und Lehre und wegen ihres hohen wissenschaftlichen<br />

Wertes international weithin bekannt.<br />

Der Exotische Garten fand Beachtung bei den Intellektuellen<br />

gegen Ende des 18. Jahrhunderts. Die Urteile fielen<br />

jedoch sehr verschieden aus: J.W. v. Goethe, der 1797<br />

auf seiner dritten Schweizer Reise Hohenheim besuchte,<br />

gefiel der Garten überhaupt nicht. Er sei „mit kleineren<br />

und größeren Gebäuden übersät, die mehr oder weniger<br />

teils einen engen, teils einen Repräsentationsgeist verraten“1.<br />

Ganz anders Fr. Schiller. Er, der als Schüler in der<br />

von Herzog Carl Eugen gegründeten Karlsschule viel unter<br />

dem Herzog zu leiden hatte, erkannte 1795 in dem Garten<br />

einen tieferen Sinn. „Ländliche Simplizität und versunkene<br />

städtische Herrlichkeit, die zwei äußersten Zustände der<br />

Gesellschaft, grenzen auf eine rührende Art aneinander,<br />

und das ernste Gefühl der Vergänglichkeit, verliert sich<br />

wunderbar schön in dem Gefühl des siegenden Lebens“.<br />

Ludwig Uhland soll im Sommer 1814 als er die Gärten<br />

besuchte durch die Szene „Drei Säulen des Donnernden Jupiters“<br />

zu der Ballade „Des Sängers Fluch“ angeregt worden<br />

sein. Die drei Säulen des donnernden Jupiters wurden<br />

den Tempelruinen auf dem Forum Romanum in Rom im<br />

Maßstab 1:4 nachgebaut. Der Schaft der östlichen Säule<br />

von den drei Säulen steht auch heute noch, die beiden anderen<br />

Säulen liegen als Trümmer am Boden.<br />

„Noch eine hohe Säule zeugt<br />

von verschwund’ner Pracht,<br />

auch diese, schon geborsten,<br />

kann stürzen über Nacht.“<br />

(Ballade „Des Sängers Fluch“).<br />

10 durchblick 2/<strong>2007</strong>

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