SPORTaktiv Winterguide 2017

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„EIN SEILBAHN- TECHNIKER MUSS SCHWINDELFREI SEIN UND IMMER EINEN BLICK FÜR DIE SKIHASERL HABEN.“ Alle müssen schwindelfrei sein, weil auf den baumhohen Stützen rumschrauben, das macht sich ja nicht von selbst, das ist Handarbeit. Angst vor Schlamm, Nässe und auch vor Hitze „und allem, was es sonst noch so gibt in der Natur“, sollten seine Leute ebenfalls nicht haben. In Sexten begann der moderne Wintertourismus im Jahr 1950, als die erste Seilbahn errichtet wurde. Seither gibt es auch den Beruf des Seilbahntechnikers, wobei die Arbeiter ihr Können früher aus anderen Berufen mitgebracht haben. Erst in den letzten zehn, 15 Jahren ist es zu dieser ganz speziellen Ausbildung gekommen, die übrigens nur in der Berufsschule in Hallein angeboten wird. Die Vorbereitung für den Winter beginnt im Frühjahr. Gleich wenn der letzte Schnee geschmolzen ist, werden die Schneekanonen revisiert, und ab September werden die Pisten vorbereitet. Das klingt jetzt nach überschaubar viel Arbeit für doch sehr viel Zeit, aber für Rudl ist das fast die stressigste Phase des Jahres. „Da sind wir stark vom Wetter abhängig und manchmal spielt uns die Natur halt einen großen Streich. Regen, Schnee, Sturm. Wir machen hier ja keinen Bürojob. Da kann es dann schon sein, dass einer von uns rumzickt.“ Und mit einem Augenzwinkern schiebt er verschmitzt hintennach: „Somit bleibt der Beruf aber immer spannend.“ Gschichtln und Geschichte Sexten wurde bereits 925 oder 965 erstmals urkundlich erwähnt, aber das war eine Fälschung aus dem 12. Jahrhundert, also angeblich, wird zumindest gesagt. Kaiser Otto I. hat die Almgebiete „Uiscalina, Sexta und Nemes“ an die Kirche St. Maria und St. Korbinian in Freising übertragen, aber das Kloster Innichen, dem das vorher gehört hat, schrie damals eben FAKE NEWS. Auch woher der Name Sexten stammt, ist nicht eindeutig klärbar. Im Italienischen heißt Sexten Sesto und das steht für Wölbung oder Spitzbogen, was zu den spitzen Dolomiten passen würde. Eindeutiger ist es bei der Gegend, dem Pustertal: Das kommt vom slawischen Wort „pust“ und bedeutet öde oder unfruchtbar. Eigentlich gibt es aber auch dazu eine andere Meinung, weil einige Historiker sagen, nein, nein, nein, das kommt vom keltischen Busturus, angeblich ein Stammesfürst der Saevaten. Aber apropos „So genau kann man es nicht sagen“: Die Seilbahntechniker haben ein sehr altes Ritual und zwar das Spleißwasser, das ein ganz besonderes und klares Wasser ist. Beim Seilspleiß, das ist das Ende des Seils, wird das Seil rund gemacht. Also damit es eine Umlaufbahn machen kann, muss es bei der Berg- und Talstation eine Runde machen. Man könnte auch für einen Laien sagen, das Seil muss in der Seilbahn eingespannt werden. Rudl sagt jedenfalls: „Wenn diese besondere Tat durchgeführt wurde, gibt es das Spleißwasser zu trin- RUDOLF EGARTER ist Pistenchef und Seilbahntechniker in Sexten in Südtirol ww.drei-zinnen.info ken … Eigentlich aber ist das nichts anderes als hochprozentiger Alkohol.“ Ob Sexten, Puster oder Spleiß, die Leute hier mögen Geschichten. Es sind Geschichten, die unterhalten sollen, nicht angeben oder prahlen, sondern immer mit einem Schmunzeln und Augenzwinkern. Wie auch Rudl, wenn er auf die Frage, ob es einen Berufsethos der Seilbahntechniker gibt, mit stoisch ernstem Gesichtsausdruck antwortet: „Ein Seilbahntechniker muss zwei Dinge können: schwindelfrei sein und immer einen Blick für die Skihaserl haben.“ Für den Nachsatz setzt er sein Lächeln wieder auf: „Was damit gemeint ist, kann sich nun wohl jeder selber denken.“ Im Ernst aber ist sich Rudl der Besonderheit seines Berufes bewusst. Fast täglich können neue Herausforderungen auf ihn und seine Mitarbeiter zukommen, das verlangt Kreativität und Kompetenz im Umgang mit der Technik und manchmal auch nur einen einzigen richtig gesetzten Schlag mit dem Hammer. Sie alle arbeiten mit Menschen und mit der Natur für das Vergnügen und für die Sicherheit von Menschen, in ihrer Heimatgegend, ohne Pendeln, weswegen Rudl abschließend für alle spricht: „Den Job wechseln will keiner, weil er ist der schönste, den wir uns vorstellen können.“ 362 <strong>SPORTaktiv</strong>
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