Thermenland Magazin Dezember 2017
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AKTUELLES<br />
Landrat Franz Meyer zieht Bilanz zum Vorsitz Niede<br />
„Eine Europaregion funktioniert nur, we<br />
Das Jahr <strong>2017</strong> geht zu Ende. Es war das Jahr, in<br />
dem der Bezirk Niederbayern den Vorsitz in der<br />
Europaregion Donau-Moldau (EDM) innehatte.<br />
Diese Donau-Moldau-Region reicht von Kehlheim<br />
bis weit ins tschechische Kernland nach Iglau<br />
(Jihlava), Bezirkshauptstadt des Kraj Vysočina nördlich<br />
von Brünn. Eine enge Zusammenarbeit in<br />
Form einer Europaregion soll dafür sorgen, dass<br />
das Land zwischen den Metropolen München,<br />
Wien und Prag im europäischen Wettstreit der<br />
Regionen behaupten kann. „Nur eine erfolgreiche<br />
Zusammenarbeit der Kommunalpolitik in der<br />
Tschechischen Republik, in Österreich und in<br />
Deutschland kann dazu führen, dass wir im Wettstreit<br />
mit den Metropolregionen bestehen“, hatte<br />
Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich in einem<br />
Interview mit dem <strong>Thermenland</strong> <strong>Magazin</strong> betont.<br />
Als Vorsitzender des Niederbayerischen Landkreistages<br />
vertritt Passaus Landrat Franz Meyer die weit<br />
überwiegende Mehrzahl der niederbayerischen<br />
Kommunen. Darum wollten wir zum Ende des niederbayerischen<br />
Vorsitzes in der EDM wissen, was<br />
in diesem Jahr erreicht wurde.<br />
<strong>Thermenland</strong> <strong>Magazin</strong>: Herr Landrat Meyer, während<br />
unsere Nachbarn in Ober- und Niederösterreich<br />
uns seit jeher bestens vertraut sind und<br />
gerade, was das Innviertel angeht, auch eine<br />
gemeinsame Brauchtumstradition verbindet, ist<br />
uns das Land jenseits des Bayerwalds doch auch<br />
nach der politischen Wende recht fremd geblieben.<br />
Wie gut kennen Sie als engagierter Verfechter<br />
der Europaregion Donau-Moldau bereits den Kraj<br />
Vysočina aus eigenem Erleben?<br />
Landrat Franz Meyer: Ja das stimmt, unsere unmittelbaren<br />
niederbayerischen Nachbarn in den<br />
Regionen Pilsen und Budweis sind uns zweifelsohne<br />
bekannter, aber wenn man sieht, wie sehr<br />
die politisch verantwortlichen in der Region<br />
Vysočina an einer Zusammenarbeit mit Österreich<br />
und auch Bayern interessiert sind, so verspreche<br />
ich mir durchaus Vorteile für die gesamte Europaregion,<br />
wenn Vysočina weiterhin mit dabei ist. Ich<br />
selbst kenne die Vysočina und die Region um Iglau<br />
(Jihlava) auch noch nicht so gut, aber ich freue<br />
mich, dass die Kollegen im kommenden Jahr den<br />
politischen Vorsitz in der Europaregion übernehmen<br />
werden und dann wird sich sicher auch die<br />
Möglichkeit ergeben, diese Region noch näher<br />
kennen zu lernen.<br />
„Wir müssen uns zwischen<br />
München, Prag und Wien behaupten“<br />
Es ist von Passau aus ein komplizierter und weiter<br />
Weg dorthin. Nicht eigentlich schon zu weit?<br />
Meyer: Ja sicherlich, es ist weit, jedoch ist selbst<br />
die Vysočina nicht unerreichbar und aus meiner<br />
Sicht muss eine Europaregion auch eine gewisse<br />
Größe haben, um auf nationaler und insbesondere<br />
auch europäischer Ebene wahrgenommen zu werden.<br />
Und genau das wollen wir ja auch - wir möchten<br />
mit unseren Anliegen ernst genommen werden,<br />
wir wollen unseren Region weiter nach vorne<br />
bringen und letztlich wird es darum gehen, wie<br />
und ob wir uns die nächsten Jahrzehnte im diesem<br />
Spannungsfeld der metropolen Räume zwischen<br />
München, Prag und Wien behaupten können.<br />
Wege sind das Rückgrad der Wirtschaft. Das ist<br />
gerade für die Vernetzung ländlicher Regionen<br />
wichtig. Die Anbindung des Passauer Landes nach<br />
Südböhmen über Straße und Schiene ist da nicht<br />
gerade beispielhaft. In wieweit besteht hier Hoffnung<br />
auf Verbesserungen?<br />
Meyer: Ja das ist richtig, ohne vernünftige Verkehrsachsen<br />
kann man so ziemlich alles vergessen. Wir<br />
alle wissen, dass wir und die Wirtschaft bestmögliche<br />
Verkehrsinfrastruktur benötigen und da haben<br />
wir in der Tat noch großen Nachholbedarf. Wenn<br />
das Passauer Land und die Verbindungen nach<br />
Südböhmen ansprechen, so ist die Situation absolut<br />
unbefriedigend. Eine Schienenverbindung<br />
existiert quasi überhaupt nicht und auch das Straßennetz<br />
ist sehr unbefriedigend. Erst in der vergangenen<br />
Woche führten wir hierzu ein Gespräch mit<br />
der neuen Generalkonsulin Tschechiens in München<br />
und wir haben sie inständig darum gebeten,<br />
uns sobald die Regierung in Prag steht, einen Termin<br />
mit dem zuständigen Verkehrsminister Tschechiens<br />
zu arrangieren. Die Verbindung zwischen<br />
Philippsreut und Strakonice auf der I4 muss dringend<br />
verbessert werden und auch eine Schienenverbindung<br />
sollten wir nicht kampflos aufgeben.<br />
„Landkreise werden in Europa<br />
nicht wahrgenommen“<br />
Sieben Regionen von Tirschenreuth über Pilsen<br />
und Budweis bis Krems wollen sich in der Europaregion<br />
enger zusammenschließen. Warum setzen<br />
Sie sich so sehr für diesen Zusammenschluss<br />
ein?<br />
Meyer: Ganz einfach, weil die Grenzen offen sind<br />
und wir davon enorm profitieren. Würde man auf<br />
grenzüberschreitende Zusammenarbeit verzichten,<br />
so würde in unserer Region das Bruttoinlandsprodukt<br />
um bis zu 15% sinken, das hat eine kürzlich<br />
von der EU veröffentlichte Untersuchung ergeben.<br />
Wir waren einst Zonenrandgebiet in der Bundesrepublik<br />
Deutschland und jetzt mitten in Europa,<br />
haben Vollbeschäftigung und es geht uns besser<br />
als je zuvor. Zudem prägen immer mehr Regionen<br />
das Bild in Europa und wir müssen als starke<br />
gemeinsame Region mit denselben Interessen<br />
auftreten und dafür Politik machen. Ein einzelner<br />
Landkreis wird heute nicht mehr wahrgenommen,<br />
selbst Niederbayern ist auf der Landkarte Europas<br />
ein kleiner Fleck, die Chancen der Zukunft liegen<br />
für mich in der Zusammenarbeit und der Bündelung<br />
gemeinsamer Interessen. Übrigens, viele<br />
andere Regionen in Europa machen uns das<br />
bereits sehr erfolgreich vor.<br />
In diesem Jahr sollten für die Europaregion verbindliche<br />
Strukturen, Finanzen und eine gemeinsame<br />
Rechtsform geschaffen werden. Wieweit<br />
sind Sie damit?<br />
Meyer: Ja das streben wir an. Wenn die EDM ihr<br />
Potential zur Entfaltung bringen will, werden wir<br />
eine verbindlichere Zusammenarbeit benötigen.<br />
Das heißt letztlich, wir müssen gemeinsame Ziele<br />
noch enger definieren, Umsetzungszeiträume festlegen<br />
und alles noch straffer organisieren. Außerdem<br />
wird es auch Maßnahmen geben, deren Realisierung<br />
nicht von heute auf morgen möglich sein<br />
wird und dazu brauchen wir Kontinuität und<br />
gegenseitige Verlässlichkeit, selbst bei einem<br />
Wechsel politischer Zuständigkeiten. Das geht nur<br />
mit mehr rechtlicher Verbindlichkeit der Kooperation<br />
und daran arbeiten wir. Aber es ist auch<br />
schwieriger Prozess und ob es letztlich dann auch<br />
klappen wird, ist noch offen.<br />
„Wir müssen anfangen,<br />
die Europaregion zu leben“<br />
Geht es bei der Europaregion eigentlich eher um<br />
eine politisch-wirtschaftliche Kooperation gegen-<br />
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