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Hinz&Kunzt 300 Februar 2018

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Lebenslinien<br />

„So ein Schiff<br />

hat eine Seele“<br />

Der Kapitän der Cap San Diego geht von Bord. Jens Weber blickt auf 13 abwechslungsreiche<br />

Jahre an Bord des Museumsschiffs zurück. Mit allen Höhen und Tiefen.<br />

TEXT: SIMONE DECKNER<br />

FOTOS: DMITRIJ LELTSCHUK<br />

Neulich hat doch tatsächlich jemand die alte Kapitänsuniform<br />

aus der Ausstellung geklaut. Tragen<br />

wird der Dieb sie aber kaum können, vermutet<br />

Jens Weber. „Die gehörte mal einem sehr<br />

dicken Kapitän“, sagte er und lächelt. Der 60-Jährige hat sich<br />

trotzdem über den Dieb geärgert. Es war<br />

fast so, als hätte jemand bei ihm privat<br />

eingebrochen. „Für Seeleute ist so ein<br />

Schiff nicht in erster Linie ein Arbeitsplatz,<br />

es ist wie ein Zuhause“, sagt Weber.<br />

13 Jahre lang war die Cap San Diego<br />

das Zuhause des Mannes, der mit seinem<br />

grauen Vollbart und den blitzenden<br />

Augen aussieht wie ein Kapitän aus dem<br />

Bilderbuch. Weber heuerte 2005 als Geschäftsführer<br />

auf der Cap San Diego an.<br />

Zu der Zeit präsentierte sich der einstige „Schwan des Südatlantik“<br />

recht glanzlos: „Als ich kam, war sie ziemlich abgerockt“,<br />

erinnert sich Weber. 1961 als Stückgutfrachter gebaut,<br />

transportierte das Schiff lose Waren wie Kaffee, aber auch<br />

schon mal lebende Kühe auf der Route Hamburg–Südamerika.<br />

1986 sollte es verschrottet werden, doch die Stadt<br />

griff ein. Seither liegt die Cap die meiste Zeit im Hafen als<br />

„Als ich kam,<br />

war sie ziemlich<br />

abgerockt.“<br />

JENS WEBER<br />

39<br />

Museumsschiff. Webers erste Ausfahrt war dann auch recht<br />

kurz. Zwei Schlepper zogen den Frachter zu Blohm+Voss.<br />

Mehr als 600 Reparaturen waren nötig, um das Schiff mit<br />

dem rot-weißen Bug wieder flottzumachen – und 2,25 Millionen<br />

Euro. Seit 1989 ist die Cap San Diego im Besitz der<br />

Stiftung Hamburger Admiralität, aber<br />

um die teuren Wartungsarbeiten zu bezahlen,<br />

sind Spenden und viele Besucher<br />

nötig, die für Umsatz sorgen.<br />

Der gelernte Diplom-Wirtschaftsingenieur<br />

für Seeverkehr tüftelte anfangs<br />

mit seiner Frau an einem 10-Punkte-Programm,<br />

um die Cap San Diego auf lange<br />

Sicht in ruhiges Fahrwasser zu bringen.<br />

Sie wollten den Hotelbetrieb und die<br />

Gastronomie ausbauen, Events veranstalten,<br />

aber vor allem: regelmäßig auslaufen! „Das ist wirklich<br />

immer der spannendste Moment, wenn dieses Schiff in<br />

Fahrt geht“, sagt Weber und seine Augen blitzen noch etwas<br />

mehr. Heute verlässt die Cap San Diego rund zehn Mal im<br />

Jahr ihren Liegeplatz an der Überseebrücke.<br />

In den 1970er-Jahren fuhr Weber mehr um die Welt: erst<br />

als Ladungsoffizier, dann als Kapitän. „Gerade in den ersten

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