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Neue Szene 2018-03

Stadtmagazin für Augsburg (Bayern)

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6 BRÜCKENDECKUNG KOLUMNE<br />

Wie war dein Tag, Schatz?<br />

DIE KOLUMNE VON UND MIT MARCUS ERTLE<br />

Er war: ungewiss. Und alles nur wegen Fußball.<br />

Ja, da würde ich auch die Stirn runzeln, wenn ich<br />

nicht wüsste, warum gerade mich Fußball auch<br />

nur annähernd ungewiss werden lassen kann. Also<br />

das war so. Ich wurde in eine Diskussion zwischen<br />

Bekannten hineingezogen. Jochen M., ein BaWü-<br />

Schwabe, verkündete, dass er sich unglaublich auf das<br />

kommende Schwaben-Derby zwischen Augsburg und<br />

Stuttgart freue. Siegfried Z., ein bekannter Augsburger<br />

Denker, wies ihn zurecht, dass das überhaupt kein<br />

Schwaben-Derby wäre, weil Augsburg nicht schwäbisch<br />

sei. Da war erstmal betroffenes Schweigen im Saal. Ich<br />

habe mich als erster gefangen und meinte:<br />

Z. zuckte nur mit den Schultern und murmelte trotzig:<br />

„Schaudirhaltdiedoktorarbeitvomdingsbumsan.“<br />

Ja, das war’s dann. Ich blieb betröppelt zurück und hab<br />

mir gedacht: „Bin ich jetzt noch Schwabe?“<br />

Da musst Du nicht wieder die Augen verdrehen. Ich<br />

mache mir eben Gedanken. Damit bin ich nicht allein.<br />

Außer vielleicht hier und jetzt sozusagen. Ich dachte<br />

mir aber jedenfalls: was weiß ich denn schon wirklich,<br />

wer oder was ich bin? Oder warum will ich überhaupt<br />

etwas sein? Wieso diese Sehnsucht danach, etwas zu<br />

sein? Was ist schon das, was wir Heimat nennen?<br />

„Äh...so ein Quatsch, Augsburg ist doch<br />

schwäbisch.“<br />

Dafür hatte Z. aber nur ein verächtliches Schnauben<br />

übrig und fragte dann: „Was ist denn schwäbisch,<br />

kannst Du das irgendwie definieren?“<br />

Ich meinte: „Das hört man doch, also allein schon<br />

der Dialekt ist doch eindeutig schwäbisch.“<br />

Das ist eindeutig augsburgerisch, meinte er abwinkend<br />

und sagte: „Was noch? Na? Was ist spezifisch<br />

schwäbisch?“<br />

Jochen warf ein: „Das sieht man doch schon auf ganz<br />

alten Landkarten, Herzogtum Schwaben!“<br />

Da hat Z. nur gelacht: „Das sind doch nur<br />

poliiiiiiiitische Grenzziehungen. Wenn Augsburg<br />

Hessen zugeschlagen worden wäre nach<br />

irgendeinem Krieg, wäre Augsburg dann hessisch?“<br />

Wieder Schweigen. Dann rief Cemal B.: „Ich bin<br />

anatolischer Schwabe!“<br />

Und dann rief glaube ich Walter S.: „Ich bin<br />

griechischer Augsburger und Bayer!“<br />

Dann ging es ganz schnell. Z. meinte, dass B. und S.<br />

sich fühlen könnten, wie sie wollen, es fehle ihnen<br />

sowieso an historischer Vorbildung. Aber in Wahrheit<br />

sei Augsburg weder schwäbisch noch bayerisch,<br />

sondern nur Augsburg.<br />

»Ich bin ein<br />

anatolischer<br />

Schwabe! «<br />

Gut, die CSU meint, Heimat sei wichtig und wenn<br />

ich auf Facebook die unzähligen Augsburg-Fotos<br />

und die begeisterten Kommentare der Augsburger<br />

darunter sehe, dann denke ich mir: Wieso seid Ihr alle<br />

so sehnsüchtig verliebt in das, was Ihr Heimat nennt?<br />

Wenn Ihr doch seht, dass auch die Heimat nicht mehr<br />

sicher ist. Aber an irgendwas müssen wir uns ja in einer<br />

Zeit der schwankenden Gewissheiten festhalten.<br />

Da fällt mir ein Witz ein.<br />

Ein Ehepaar liegt abends im Bett, beide lesen. Er blickt<br />

vom Buch auf, wendet sich seiner Gattin zu und fragt:<br />

„Sag mal, wärst Du manchmal gern ein Mann?“<br />

Sie überlegt kurz und sagt: „Nein, Du?“<br />

Guter Witz, oder?<br />

Ist gut, Schatz<br />

Arno L., der alte Quälgeist, wollte noch ausgleichen:<br />

„Jeder soll das sein, was er will!“<br />

Aber S. war schon aufgestanden, hat sich dicht vor Z.<br />

gestellt und wollte mit Nachdruck wissen: „Fehlende<br />

Vorbildung? Redest Du da jetzt mit mir?“

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