6 BRÜCKENDECKUNG KOLUMNE Wie war dein Tag, Schatz? DIE KOLUMNE VON UND MIT MARCUS ERTLE Er war: ungewiss. Und alles nur wegen Fußball. Ja, da würde ich auch die Stirn runzeln, wenn ich nicht wüsste, warum gerade mich Fußball auch nur annähernd ungewiss werden lassen kann. Also das war so. Ich wurde in eine Diskussion zwischen Bekannten hineingezogen. Jochen M., ein BaWü- Schwabe, verkündete, dass er sich unglaublich auf das kommende Schwaben-Derby zwischen Augsburg und Stuttgart freue. Siegfried Z., ein bekannter Augsburger Denker, wies ihn zurecht, dass das überhaupt kein Schwaben-Derby wäre, weil Augsburg nicht schwäbisch sei. Da war erstmal betroffenes Schweigen im Saal. Ich habe mich als erster gefangen und meinte: Z. zuckte nur mit den Schultern und murmelte trotzig: „Schaudirhaltdiedoktorarbeitvomdingsbumsan.“ Ja, das war’s dann. Ich blieb betröppelt zurück und hab mir gedacht: „Bin ich jetzt noch Schwabe?“ Da musst Du nicht wieder die Augen verdrehen. Ich mache mir eben Gedanken. Damit bin ich nicht allein. Außer vielleicht hier und jetzt sozusagen. Ich dachte mir aber jedenfalls: was weiß ich denn schon wirklich, wer oder was ich bin? Oder warum will ich überhaupt etwas sein? Wieso diese Sehnsucht danach, etwas zu sein? Was ist schon das, was wir Heimat nennen? „Äh...so ein Quatsch, Augsburg ist doch schwäbisch.“ Dafür hatte Z. aber nur ein verächtliches Schnauben übrig und fragte dann: „Was ist denn schwäbisch, kannst Du das irgendwie definieren?“ Ich meinte: „Das hört man doch, also allein schon der Dialekt ist doch eindeutig schwäbisch.“ Das ist eindeutig augsburgerisch, meinte er abwinkend und sagte: „Was noch? Na? Was ist spezifisch schwäbisch?“ Jochen warf ein: „Das sieht man doch schon auf ganz alten Landkarten, Herzogtum Schwaben!“ Da hat Z. nur gelacht: „Das sind doch nur poliiiiiiiitische Grenzziehungen. Wenn Augsburg Hessen zugeschlagen worden wäre nach irgendeinem Krieg, wäre Augsburg dann hessisch?“ Wieder Schweigen. Dann rief Cemal B.: „Ich bin anatolischer Schwabe!“ Und dann rief glaube ich Walter S.: „Ich bin griechischer Augsburger und Bayer!“ Dann ging es ganz schnell. Z. meinte, dass B. und S. sich fühlen könnten, wie sie wollen, es fehle ihnen sowieso an historischer Vorbildung. Aber in Wahrheit sei Augsburg weder schwäbisch noch bayerisch, sondern nur Augsburg. »Ich bin ein anatolischer Schwabe! « Gut, die CSU meint, Heimat sei wichtig und wenn ich auf Facebook die unzähligen Augsburg-Fotos und die begeisterten Kommentare der Augsburger darunter sehe, dann denke ich mir: Wieso seid Ihr alle so sehnsüchtig verliebt in das, was Ihr Heimat nennt? Wenn Ihr doch seht, dass auch die Heimat nicht mehr sicher ist. Aber an irgendwas müssen wir uns ja in einer Zeit der schwankenden Gewissheiten festhalten. Da fällt mir ein Witz ein. Ein Ehepaar liegt abends im Bett, beide lesen. Er blickt vom Buch auf, wendet sich seiner Gattin zu und fragt: „Sag mal, wärst Du manchmal gern ein Mann?“ Sie überlegt kurz und sagt: „Nein, Du?“ Guter Witz, oder? Ist gut, Schatz Arno L., der alte Quälgeist, wollte noch ausgleichen: „Jeder soll das sein, was er will!“ Aber S. war schon aufgestanden, hat sich dicht vor Z. gestellt und wollte mit Nachdruck wissen: „Fehlende Vorbildung? Redest Du da jetzt mit mir?“
„VIELMACHGLAS“ Vorpremiere am Mittwoch, 7. März Doppelte *Solange der Vorrat reicht. im März! „Midnight Sun“ am Mittwoch, 21. März Mit freundlicher Unterstützung von: cinemaxx.de/ln