26.03.2018 Aufrufe

Festspielzeit Frühling 2018

Das Magazin der Bregenzer Festspiele

Das Magazin der Bregenzer Festspiele

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Kaum ein Ort der Welt ist religiös so<br />

aufgeladen wie Rom, das noch heute<br />

Zentrum der katholischen Kirche<br />

ist. Welche Rolle spielt der Ort der<br />

Handlung für die Inszenierung?<br />

OPER IM FESTSPIELHAUS<br />

Der Ort spielt natürlich eine große<br />

Rolle, weil er das Herz nicht der Religion,<br />

aber der Kirche, der Institution<br />

ist. In Rom kann man am leichtesten<br />

erkennen, wie gewisse theatrale<br />

Mechanismen funktionieren, eben<br />

weil es die Keimzelle unserer katholischen<br />

Kirche ist und wir im Theater<br />

ganz Ähnliches machen. Das ist<br />

sicher eine kühne These: Es treffen<br />

sich Menschen an einem Ort, um in<br />

diesem Moment zu glauben, dass das<br />

Erlebte wahr oder wahrhaftig ist und<br />

uns erheben kann.<br />

Nur: Im Theater wissen wir, dass<br />

es sich um eine Illusion handelt.<br />

Dennoch wollen wir dahin gehen,<br />

weil uns dieser Glaube innewohnt,<br />

gerade in der kollektiven Form einer<br />

anonymen Masse. Es sind diese<br />

Momente, in denen man sich auf<br />

einen Inhalt konzentriert, aus dem<br />

Räderwerk des Alltags heraussteigt<br />

und dadurch ruhiger wird und der<br />

Zeit entflieht. Dabei kommt man<br />

auch sich selbst näher, wodurch eine<br />

Form von Trost entsteht. Das ist<br />

unter Umständen das Wichtigste,<br />

was den Glauben ausmacht, und das<br />

Schönste an ihm: dass er zu trösten<br />

vermag. Teilweise natürlich wider<br />

besseres Wissen, aber das ist nicht<br />

schlimm. In dem Moment, in dem wir<br />

an nichts mehr glauben, erscheint<br />

mir die Welt verloren!<br />

Ursprünglich in englischer Sprache<br />

komponiert, wird Goldschmidts Oper<br />

nun erstmals in der von ihm angefertigten<br />

deutschen Fassung aufgeführt<br />

werden. Welche Gründe sprechen für<br />

die deutsche Sprache in dieser Oper?<br />

Für mich bestand von Anfang an die<br />

Schwierigkeit, dass ein Komponist<br />

im Exil eine Handlung erzählt, die<br />

Beatrice Cenci lebte im Rom des 16. Jahrhunderts. Gemeinsam mit ihrer Stiefmutter<br />

Lucrezia wurde sie 1599 auf dem Platz der Engelsburg (im Bild hinten links) hingerichtet.<br />

dann wiederum in einem anderen<br />

Land stattfindet – zur Option stehen<br />

also Italienisch, Englisch und<br />

Deutsch. In dieser Situation fand ich<br />

es spannender, die Oper auf Deutsch<br />

spielen; das scheint mir selbst auch<br />

Goldschmidts Wunsch gewesen zu<br />

sein. Dadurch bekommt es für uns<br />

noch einmal eine Schärfe, weil das<br />

deutsche Wort hier anders funktioniert<br />

als das englische. Indirekt ist<br />

die Tatsache, das Stück auf Deutsch<br />

aufzuführen, schon ein Statement,<br />

gerade wegen der Zeit, in der es<br />

entstanden ist. Viel mehr lässt sich<br />

dem auch nicht hinzufügen, weil es in<br />

den meisten Fällen offensichtlich ist,<br />

warum Goldschmidt gewisse Stellen<br />

so komponiert hat. Schon musikalisch<br />

wird deutlich, was Goldschmidt<br />

zu der Zeit ausdrücken wie auch anklagen<br />

wollte. Die deutsche Sprache<br />

hilft uns dabei. Italienisch hätte ich<br />

wiederum für falsch gehalten. Aber<br />

vieles findet in dem Spannungsverhältnis<br />

zwischen Deutsch und<br />

Italienisch statt. In diesem Kontext<br />

wäre für mich auch Englisch falsch<br />

gewesen, da es eine Distanz aufgebaut<br />

hätte.<br />

JOHANNES ERATH<br />

spielte nach einem<br />

Violinstudium in der Orchesterakademie<br />

der Wiener Philharmoniker,<br />

bevor er sich der<br />

Opernregie zuwandte. In den<br />

vergangenen Jahren inszenierte<br />

er unter anderem an der Oper<br />

Frankfurt, Semperoper Dresden,<br />

den Staatsopern Hamburg und<br />

München sowie der Oper Graz,<br />

wo er für Die tote Stadt mit dem<br />

Österreichischen Musiktheaterpreis<br />

ausgezeichnet wurde.<br />

8

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!