Querschnitt 21 / Februar 2007 - h_da: Hochschule Darmstadt
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<strong>Querschnitt</strong> <strong>21</strong><br />
wechselbeziehungen zwischen<br />
der FinAnzierung öFFentlicher<br />
VerkehrsProjekte und deren<br />
PlAnFeststellung<br />
autor •<br />
Dr.-Ing. Ingo Zelenka<br />
Lehrbeauftragter für schienenverkehr<br />
Fachbereich Bauingenieurwesen<br />
Ausgangssituation<br />
Die realisierung öffentlicher Verkehrsprojekte ist – von der<br />
Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt – in jüngster Vergangenheit<br />
grundlegenden reformen unterworfen worden. Die Auswirkungen<br />
dieser reformen und die Änderungen staatlichen<br />
Handelns werden jedoch nun allmählich für die Öffentlichkeit<br />
sichtbar und spürbar, eine kontroverse öffentliche Diskussion<br />
ist die Folge. Diese reformen sind nicht abgeschlossen und es<br />
ist zu erwarten, <strong>da</strong>ss aus unterschiedlichsten Gründen (europäische<br />
richtlinien, Stärkung des Wettbewerbs, usw.) der umfang<br />
und <strong>da</strong>s Tempo dieser reformen noch zunimmt. Die bisherige<br />
Situation sowohl im Bereich der Straße als auch der<br />
eisenbahn war geprägt von langjährig stabilen Strukturen im<br />
Bereich der Straßenbauverwaltungen des Bundes und der<br />
Länder und im Bereich der Deutschen Bundesbahn. So wur-<br />
de z. B. über eisenbahnbauprojekte in einem weitgehend geschlossenen<br />
Kreis fachlich und politisch entschieden, der Planfeststellungsbeschluss<br />
von der Deutschen Bundesbahn er-<br />
lassen und die Finanzierung durch die einstellung in deren<br />
Wirtschaftplan gesichert.<br />
entwicklungstendenzen<br />
Heute ist die realisierung öffentlicher Verkehrsprojekte zunehmend<br />
von neuen Modellen der Abwicklung geprägt. Im Vordergrund<br />
steht <strong>da</strong>bei <strong>da</strong>s Modell staatlichen rückzugs und die<br />
Übertragung von Aufgaben der Infrastrukturverantwortung<br />
auf private Betreiber, entweder durch die privatwirtschaftliche<br />
Organisation und Führung eines ehemals in direkter staatlicher<br />
Verwaltung stehenden Betriebes wie z. B. die Deutsche<br />
Bundesbahn oder die Initiierung von Public-Private-Partnership<br />
Projekten zum Bau und Betrieb einzelner, der öffentlichen<br />
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Verkehrsinfrastruktur dienenden Projekten. Damit zwangsläufig<br />
verbunden ist die Neuordnung öffentlicher Finanzierung<br />
von Verkehrsprojekten.<br />
Formen öffentlicher Finanzierung<br />
Der Bau und der Betrieb öffentlicher Verkehrsinfrastruktur ist<br />
grundsätzlich nach allein betriebswirtschaftlichen Grundsätzen<br />
und entsprechender rentabilität nicht oder nur in Ausnahmefällen<br />
möglich. Nicht umsonst hat der Gesetzgeber im Zuge<br />
der Bahnreform § 87e, Abs. 4 in <strong>da</strong>s Grundgesetz der Bundesrepublik<br />
Deutschland aufgenommen und <strong>da</strong>mit die Gewährleistung<br />
u. a. des erhalts und des Ausbaus des Schienennetzes<br />
der eisenbahnen des Bundes übernommen, um so dem Wohl<br />
der Allgemeinheit rechnung zu tragen.<br />
Dies geschieht z. Zt. auf der Basis des Zuwendungsrechtes<br />
nach Bundeshaushaltsordnung und ermöglicht es Zahlungen<br />
(Zuwendungen) für Bahnprojekte zu leisten, deren Zweck im<br />
staatlichen Interesse ist. Im Fall der Gleisinfrastruktur bildet<br />
<strong>da</strong>s Bundesschienenwegeausbaugesetz (BSchwAG) die rechtliche<br />
Grundlage für die Finanzierung von Investitionen. es ist<br />
nun, vereinfacht gesagt, in jedem einzelfall zu entscheiden, ob<br />
ein von der privatwirtschaftlich geführten Deutschen Bahn AG<br />
beabsichtigtes Projekt zuwendungsfähig, d. h. nach den gesetzlichen<br />
Grundlagen und bzgl. seines Zuwendungszwecks öffentlich<br />
finanzierungsfähig ist.<br />
konflikte zwischen baurecht und Finanzierung<br />
Zwar ist im regelfall der große rahmen für Finanzierungen<br />
auch politisch abgesteckt und in Form von rahmenvereinbarungen<br />
bzw. einzelvereinbarungen für Be<strong>da</strong>rfsvorhaben des<br />
Bundesverkehrswegeplans festgelegt. Typisch für Verkehrsprojekte<br />
ist aufgrund ihrer Linienförmigkeit und ihrer Vielfältigkeit,<br />
<strong>da</strong>ss sich im Zuge der entwurfsplanung Details ergeben,<br />
die im Planfeststellungsprozess mit den Betroffenen einer<br />
Lösung zugeführt werden müssen und auch finanzierungsrelevant<br />
sind. Bereits hier kommt ein privatwirtschaftlich agierender<br />
Vorhabenträger in Konflikte, denn Zugeständnisse an<br />
Betroffene zur Verfahrensbeschleunigung verbunden mit Kostensteigerungen<br />
sind nicht automatisch auch im Sinne der oben<br />
gemachten Ausführungen zuwendungsfähig und sind aus eigenmitteln<br />
zu finanzieren. Als Beispiel sei in diesem Zusammenhang<br />
die Höhe bzw. die Ausdehnung einer Lärmschutzwand<br />
oder <strong>da</strong>s Aussehen eines Stellwerkgebäudes im Bereich<br />
des als Weltkulturerbe eingestuften Mittelrheintals genannt.<br />
Die Neuausrichtung der realisierung von öffentlichen Verkehrsprojekten<br />
hat vielfältige Folgen. Verbunden mit der Delegation<br />
von Aufgaben auf privatwirtschaftlich geführte unternehmen<br />
schwindet auch die Möglichkeit der direkten politischen<br />
einflussnahme unterschiedlicher Gesellschaftsgruppen auf<br />
dort abzuwickelnde Projekte der Verkehrsinfrastruktur, <strong>da</strong>s Infrastrukturunternehmen<br />
entwickelt eine eigentlich gewünschte,<br />
für einige Man<strong>da</strong>tsträger aber zumindest überraschende<br />
eigendynamik. Hinsichtlich des Konfliktpotentials ist <strong>da</strong>bei natürlich<br />
zwischen Projekten bzw. Investitionen zur Bestanderhaltung,<br />
des Ausbaus und des Neubaus öffentlicher Verkehrsinfrastruktur<br />
zu unterscheiden.<br />
Durch die Aufsplittung der Verantwortlichkeit eines Verkehrsprojektes<br />
in Aspekte politischen Willens, Aspekte unternehmerischer<br />
rentabilität, Aspekte staatlicher Zuwendungszahlung<br />
orientiert an technisch-wirtschaftlicher Notwendigkeit<br />
Projektberichte<br />
und dem Aspekt öffentlicher Wahrnehmung und Diskussion<br />
ergeben sich ganz neue Wechselwirkungen, die bereits heute<br />
die realisierung von Verkehrsprojekten beeinflussen.<br />
Dabei muss deutlich werden, <strong>da</strong>ss Planfeststellung, d.h. Schaffung<br />
des Baurechtes, nicht mehr automatisch heißt, <strong>da</strong>ss für<br />
<strong>da</strong>s in rede stehende Projekt auch die Finanzierung automatisch<br />
gesichert ist. Auch umgekehrt, wenn auch weniger häufig,<br />
ist durch diese entkopplung unternehmerischen und staatlichen<br />
Handelns bereits bestehendes Baurecht kein zwingender<br />
Grund ein Verkehrsprojekt auch tatsächlich auszuführen.<br />
Fazit<br />
Alle an der realisierung öffentlicher Verkehrsprojekte Beteiligte<br />
bzw. direkt oder indirekt Betroffene müssen sich mit den<br />
neuen Gegebenheiten auseinandersetzen. Vielen, insbesondere<br />
politischen Man<strong>da</strong>tsträgern, ist sicherlich noch nicht in ganzer<br />
Dimension bewusst, welche Konsequenzen die Abkehr<br />
staatlichen Handelns hin zu privatwirtschaftlichem Handeln<br />
langfristig haben wird.<br />
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