STARK!STROM Magazin #4
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BUhnen-Strom<br />
ALICE IN CHAINS + MOTHER’S CAKE<br />
30.06.2018 – Wien, Arena Open Air<br />
Blumen<br />
Es war die Zeit der plakativen Weltschmerzposen,<br />
der globalisierten Ziegenbärte, der Kopfsocken<br />
und der Furcht der damaligen Metalszene<br />
vor dem Abseits. Seattle in den USA avancierte<br />
zum Zentrum einer<br />
massiven Revolution<br />
der harten Klänge,<br />
Bands aus dieser<br />
Stadt starteten ein<br />
weltweit erfolgreiches<br />
Phänomen<br />
namens Grunge.<br />
Die kreativ völlig<br />
erstarrte Heavy-Branche<br />
befand sich auf dem Nebengleis, verdrängt<br />
durch die alternative Melancholie.<br />
NIRVANA, SOUNDGARDEN, PEARL JAM, STONE<br />
TEMPLE PILOTS sowie zahllose Trittbrettfahrer<br />
galten spätestens Mitte der Neunziger-Jahre<br />
als neue Darlings<br />
von Fans und<br />
Medien. So wie<br />
jene Formation,<br />
die in der<br />
Wiener Arena<br />
zu sehen war:<br />
ALICE IN CHAINS,<br />
mit Bestsellern wie „Dirt“ einst unter den<br />
Marktführern. Als Anheizer für dieses sommerliche<br />
Gastspiel fungierten die Austro-Aufsteiger<br />
MOTHER’S CAKE, Spezialisten für unkonventionelle,<br />
verschnörkelte, hypnotische<br />
„Anders als die Anderen“-Powerstilistik. Sehr<br />
feiner und sehr kompakter Gig, viel Dynamik,<br />
viel Applaus.<br />
Dann verwandelte sich St. Marx für kurze Zeit<br />
in Seattle. ALICE IN CHAINS, unterstützt durch<br />
eine raffinierte Lichtshow, sorgten für Grunge-Nostalgie:<br />
Riffs im Naheverhältnis zu BLACK<br />
SABBATH oder LED ZEPPELIN, mehrstimmige<br />
hymnische Innerlichkeits-Vocals, pessimistische<br />
Texte und Heldenposen von Frontmann<br />
Jerry Cantrell. Eine gekonnte Performance der<br />
sichtlich motivierten Band, stellenweise<br />
etwas glatt,<br />
frenetisch bejubelt<br />
in einer knackvollen<br />
Arena.<br />
Der gelungene Vergangenheitstrip<br />
mit<br />
vielen populären<br />
Songs wurde abgerundet<br />
durch den exzellenten Sound und<br />
die spürbare Hingabe eines überwiegend<br />
erstaunlich jungen Publikums. Nach der Zugabe<br />
erhielten die vier Musiker dann noch<br />
Blumen. Wer laut gängiger Grunge-Ideologie<br />
post-depressive Verwelkungserscheinungen<br />
erwartet hätte, wurde hier eines Besseren<br />
belehrt. Diese Geschenke blühten. Seattle war<br />
jetzt wieder St. Marx.<br />
www.arena.wien<br />
www.aliceinchains.com<br />
www.motherscake.com<br />
Christian Prenger<br />
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Alle Fotos © Sabine Böhm