Calluna Herbst 2018
Das Vier-Jahreszeiten-Magazin der Südheide, Ausgabe Herbst 2018
Das Vier-Jahreszeiten-Magazin der Südheide, Ausgabe Herbst 2018
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••• Diese Orte, die auf keiner Karte verzeichnet sind, ziehen<br />
ihn magisch an. Jochen Weise ist auf dem Dorf bei<br />
Göttingen groß geworden. Jahrgang 1946, als Kind kannte<br />
er keine Spielplätze. Sein Spielplatz war überall. »Wir Kinder<br />
hatten einen großen Aktionsradius«, sagt er. Der Entdeckergeist<br />
von damals ist noch immer in ihm, wenn er<br />
durch die Landschaft streicht. Bevorzugt auf dem Fahrrad,<br />
mit dem er besser als im Auto über noch so schmale Holperpisten<br />
»näher dran« kommt. »Ich kann die Landschaft<br />
lesen«, sagt Jochen Weise. Wo die Brennnesseln höher<br />
wachsen als anderswo, wo sich inmitten eines flachen<br />
Ackers ein kleines Wäldchen gleich einer Insel hebt oder<br />
der Rest einer Backsteinmauer im Wald verschwindet,<br />
geht der Maler auf Spurensuche. So gelangt er an einen<br />
Angelteich mit einer mehr oder minder morschen Holzhütte,<br />
wo nach dem letzten Vatertagsgelage eine geleerte<br />
Schnapsflasche im Wasser zwischen Schilfhalmen dümpelt,<br />
ein umgekippter Grill im hohen Gras liegt. Bei Neubokel<br />
entdeckte er durch Zufall baufällige Baracken, darin<br />
lauter Stockbetten, nun verlassen und verfallen. Es ist nur<br />
eine Vermutung, dass hier zuletzt Spargelstecher untergebracht<br />
waren. Jochen Weise mag diese Gedankenspiele,<br />
die Frage, warum etwas so ist, wie er es vorfindet. »Ich<br />
sauge die Veränderung in mich auf.« Die Fundstücke in<br />
der Landschaft – seien es Melkschuppen, Ackergerät oder<br />
Baumaterialien – sind vergängliche Zeitzeugnisse, selbst<br />
dem Wandel und der Vernichtung unterworfen. Bald werden<br />
auch die letzten Schuppen auf den Wiesen zusammengesunken<br />
und überwuchert sein. Was länger bleibt, muss<br />
aus Stein sein. Und überall an den Biogasanlagen entsteht<br />
ein neuer Kleinkosmos von dem, was übrigbleibt.<br />
Weise sammelt, wenn er umherstreift, Bilder und Eindrücke.<br />
Hinter jedem seiner Werke, sei es Malerei, Zeichnung<br />
oder Druck, steckt »ein realer Ort«, und doch<br />
überschreitet der Maler die Grenzen der Dokumentation,<br />
wann immer es ihm passt oder die Komposition es verlangt.<br />
Zur Brettersammlung stellt er die Baustellenbake<br />
hinzu, setzt bunte Balken zwischen Brennnesseln und<br />
Lochblech, schmuggelt gebogenes Rohr und Drahtgeflecht<br />
zwischen Geradliniges und greift in der »Karmesinrotphase«<br />
beherzt in den Farbtopf. Der Künstler mag das<br />
Landleben und das Spiel mit Form, Farbe und Technik<br />
gleichermaßen, in seinem, vom Kunstkritiker Raimar<br />
Stange so bezeichneten »Provinz-Realismus« findet er den<br />
Rahmen dafür. Die Verfremdung geht indes nie so weit,<br />
dass nicht mehr zu erkennen wäre, was Weise dargestellt<br />
hat. Ein Mal hatte ihn tatsächlich ein Bauer »erwischt«,<br />
wie er draußen in der Natur in einem kleinen Aquarell<br />
einen ungeordneten Haufen landwirtschaftlicher Hinterlassenschaften<br />
aufs Papier bannte. Der Bauer war ein bisschen<br />
schuldbewusst: »Sollte ich mich dafür jetzt<br />
schämen?« Am Ende kaufte er Jochen Weise die beiden<br />
Bilder ab, die aus den Skizzen entstanden waren.<br />
50 <strong>Calluna</strong> I HERBST <strong>2018</strong>