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SchlossMagazin Fünfseenland Dezember 2018

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gespielt, bis er dann einfach zu alt dafür wurde. Geübt haben Vater und Sohn Gleißl<br />

für ihre Rollen eigentlich nie so richtig. „Da wächst man irgendwie rein“, betont Rudi.<br />

Ohnehin sei es eigentlich nicht schwer. „Das Wichtigste ist, auf die Kinder einzugehen.<br />

Erst frage ich die Kleinen immer nach ihrem Namen und Alter, um die ganze<br />

Spannung rauszunehmen.“ Dann wird ein Gedicht oder Lied vorgetragen. Nicht selten<br />

mit etwas Hilfe der Eltern. Und wenn das alles schön geklappt hat, gibt`s die begehrten<br />

Nikolaus-Packerl: liebevoll geschnürte Päckchen, die Rudi und Benedikt an<br />

die Kinder verteilen. Gepackt werden sie von der Uschi vom Heimatverein. 50 Stück<br />

an der Zahl. Jedes Jahr. Ursula Zierer-Kühne gibt sich immer viel Mühe. Die Kinder<br />

finden in den Päckchen Nüsse, Mandarinen, etwas Lebkuchen und einen Weihnachtsmann<br />

aus Schokolade – ganz klassisch. „Wir wollen bayerisches Brauchtum bewahren.<br />

Hier geht es nicht zu wie bei der Coca Cola-Werbung mit dem ganzen Theater.“<br />

Das ist Rudi Gleißl wichtig. Genauso wichtig ist es ihm, dass die Botschaft des Teilens<br />

den Kindern vermittelt wird.<br />

Eine Glocke, der Bischofsstab und ein goldenes Buch gehören zu den weiteren<br />

Utensilien des Nikolaus. „Das Messgewand, das ich jedes Jahr trage, ist schon ganz<br />

alt. Wir wissen gar nicht mehr, woher es ursprünglich herstammt“, erläutert Rudi.<br />

Sehr aufwendig hergerichtet auch der Krampus mit Rute, Jutesack, rostiger Kette<br />

und mehreren Tiertotenschädeln, darunter ein Fuchsunterkiefer, ein Reh- und ein<br />

Dachskopf. Das Gesicht tief schwarz, roter Lippenstift und auch die Augen sind mit<br />

roter Farbe geschminkt, wie blutunterlaufen. Dazu ein echter Rauschebart, den<br />

sich der 33-jährige Benedikt schon Wochen vorher stehen lässt. Seine Rolle ist eher<br />

wortkarg. Er knurrt und rasselt nur furchterregend mit der Kette. „Meist gehe ich<br />

dabei in die Knie, um den Nikolaus größer erscheinen zu lassen“, erklärt Benedikt.<br />

Der Krampus als Schreckgestalt ist schon seit ewigen Zeiten der Gehilfe des Heiligen<br />

Nikolaus. Der Brauch ist vor allem im südlichen Bayern, in Österreich und im<br />

Ostalpenraum beheimatet. Der Krampus darf grimmig unartige Kinder in ihre<br />

Schranken weisen. Doch wenn er es zu doll treibt, bremst ihn der Heilige Nikolaus<br />

auch schon mal aus.<br />

Gut eine Stunde dauert jedes Jahr der Auftritt von Nikolaus und Krampus auf dem<br />

stimmungsvollen Dießener Weihnachtsmarkt, der in diesem Jahr auch sein 40. Jubiläum<br />

feiert. „Es richtet sich immer ein bisschen nach den Kindern und wie lange sie<br />

für die Gedichte brauchen“, betont Benedikt. Vor ein paar Jahren hätten deutlich<br />

weniger Kinder ein paar Verse vortragen können. Mittlerweile geht es wieder –<br />

auch wenn die meisten Gedichte eher kurz ausfallen. Doch alle wollen ja ein Päckchen<br />

bekommen! Und was motiviert den Nikolaus? „Das schönste sind für mich die<br />

Kinderaugen. Diese strahlenden Kinder, davon zehre ich manchmal das ganze Jahr<br />

über... bis zur nächsten Adventszeit“, sagt Rudi, der eigentlich mal als Geschäftsführer<br />

eines britischen Unternehmens sein Geld verdient hat. Heute bewirtet der<br />

längst in Rente gegangene 69-jährige begeisterte Hobbykoch immer mal wieder<br />

Gäste im Hinterhaus des Dießener Schmuckwerks. Sohn Benedikt ist Künstler, engagierter<br />

Baumpfleger und Möbelschreiner. Mit 15 erkrankte er an Knochenkrebs<br />

und verlor seinen rechten Arm. Seine Lebensfreude und unglaubliche Energie konnte<br />

er aber bewahren: „Unser Auftritt auf dem Weihnachtsmarkt in Dießen ist immer<br />

ein ganz besonderer Moment. Und auch mir ist es sehr wichtig, dass diese alte<br />

Tradition weitergelebt wird.“ #<br />

informationen<br />

Nikolaus und Krampus auf dem Dießener Weihnachtsmarkt<br />

am 8. <strong>Dezember</strong> um 17:00 Uhr

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