Berliner Zeitung 12.12.2018
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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 290 · M ittwoch, 12. Dezember 2018 15 *<br />
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Berlin/Brandenburg<br />
Verurteilter<br />
Mörder auf<br />
freiem Fuß<br />
Verfahren dauerte zu lange:<br />
Mann aus Haft entlassen<br />
Eine überlange Verfahrensdauer<br />
ist der Grund dafür, dass das<br />
Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg<br />
am vergangenen Donnerstag<br />
einen wegen Mordes verurteilten<br />
Mann nach einem Jahr und neun<br />
Monaten in Haft auf freien Fuß gesetzt<br />
hat. Das bestätigte Gerichtssprecherin<br />
Judith Janik am Dienstag.<br />
Der Mann aus Stahnsdorf (Potsdam-Mittelmark)<br />
war im Februar<br />
dieses Jahres vom Landgericht Potsdam<br />
wegen Mordes an seiner Ehefrau<br />
zu zehn Jahren Haft verurteilt<br />
worden. Der 64-Jährige hatte gegen<br />
das Urteil Revision eingelegt.<br />
Die Gerichtsentscheidung habe<br />
erst nach viereinhalb Monaten<br />
rechtskräftig zugestellt werden können,<br />
weil das Protokoll der Hauptverhandlung<br />
verspätet unterzeichnet<br />
worden sei, so das OLG. Dadurch sei<br />
das Revisionsverfahren erheblich verzögert<br />
worden. Daher sei die Fortdauer<br />
der Untersuchungshaft unverhältnismäßig.<br />
Eine nicht nur kurzfristige<br />
Überlastung des Gerichts könne<br />
kein Grund für die Anordnung der<br />
Haftfortdauer sein, erklärten die<br />
Richter. Eine derartige Situation falle<br />
in den Verantwortungsbereich des<br />
Staates.<br />
Nach Überzeugung des Potsdamer<br />
Landgerichts ist der Mann am<br />
1. Weihnachtsfeiertag 2015 absichtlich<br />
mit seiner Frau im Auto auf einer<br />
Landstraße gegen einen Baum gefahren.<br />
Während der damals 63-Jährige<br />
schwer verletzt überlebte, starb<br />
die 57-Jährige an den Folgen ihrer<br />
Verletzungen. Das Gericht ging davon<br />
aus, dass der Mann wegen<br />
schwerer Depressionen einen sogenannten<br />
erweiterten Suizid geplant<br />
hatte.<br />
Linken-Fraktionschef Ralf Christoffers<br />
teilte am Dienstag mit, dass<br />
der Fall im Rechtsausschuss diskutiertwerde.<br />
(dpa)<br />
OLIVER KALKOFE<br />
klingt immer noch kratzig. Der Komiker<br />
hat im Studio in Adlershof bei<br />
den Aufnahmen für seinen Jahresrückblick<br />
„Fresse, 2018!“, der am<br />
27. Dezember auf Tele 5laufen wird<br />
(und Silvester dann gleich noch<br />
mal), seine Stimme gnadenlos überbeansprucht:<br />
„Bei den Aufnahmen<br />
zu einer Anti-Merkel-Demo habe ich<br />
mir die ruiniert, weil ich da so besinnungslos<br />
brüllen musste.“<br />
Seit fast 25 Jahren –2019 feiert<br />
Kalkofes TV-Mattscheibe das volle<br />
Vierteljahrhundert –bereitet er den<br />
Fernsehmüll auf. Kalkofe sucht sich<br />
das Schlimmste aus den Programmen<br />
heraus, springt in Maske und<br />
Kostüm der Hauptpersonen ins Bild<br />
und parodiertbissig. DieZuschauer,<br />
die durch ihren Fernsehkonsum oft<br />
schon argabgestumpft sind, bekommen<br />
von ihm vorgeführt, wie<br />
schlimm das ist, was sie da täglich<br />
konsumieren.<br />
Kalkofe schont sich nicht. Er erzählt<br />
beim Besuch in seinem Haus in<br />
Nikolassee von der Grenzerfahrung<br />
am letzten Drehtag für seine neue<br />
Sendung: „Die letzte Aufnahme in<br />
der Rolle von Ross Anthony bei der<br />
royalen Hochzeit in Windsor war<br />
speziell. Da dachte ich zum ersten<br />
Mal, dass ich ohnmächtig werde,<br />
weil die Kraft wegwar.Und ich hoffte<br />
so, dass eine Aufnahme genügt, weil<br />
ich mir sicher war, dass es für keine<br />
zweite reicht.“<br />
Das Fernsehjahr 2018 war wieder<br />
so schrecklich, dass Kalkofe für seine<br />
Mattscheibe-Sendungen eine große<br />
Auswahl hatte. Besonders scheußlich<br />
fand er den schnell abgesetzten<br />
Versuch, den Finanzunternehmer<br />
und früheren AWD-Chef Carsten<br />
Maschmeyer mit der Sat.1-Sendung<br />
„Start up!“ zum Helden der Wirtschaft<br />
hochzustilisieren. Zur Spitzengruppe<br />
der besonders herausragenden<br />
TV-Miesigkeiten des Jahres<br />
gehören für ihn aber auch „Promi-<br />
Big-Brother“ und die Echo-Verleihung<br />
(„Dakonnte man mal deutlich<br />
sehen, wie Medien funktionieren.“).<br />
Auch wenn Kalkofe ordentlich<br />
austeilt, bekommt er kaum etwas<br />
Wühlen im Fernseh-Müll<br />
Oliver Kalkofe sucht das Schlimmste<br />
aus den TV-Programmen zusammen,<br />
feiert öffentlich Weihnachten und<br />
freut sich auf die ruhige Zeit<br />
Oliver Kalkofe ganz privat mit Dexter,einem gutmütigen Goldendoodle<br />
Designer Harald Glööckler fürchtet Kalkofes<br />
bissigen Humor. IMAGO STOCK&PEOPLE<br />
von Andreas Kurtz<br />
ak@andreaskurtz.net<br />
CHRISTIAN SCHULZ<br />
Carsten Maschmeyer kommt in Kalkofes<br />
Show nicht gut weg.<br />
IMAGO STOCK&PEOPLE<br />
vonseinen Opfernzurück. Wasganz<br />
unterschiedliche Gründe hat:<br />
„Manche sind einfach doof und kapieren<br />
es nicht. Aber die meisten<br />
sind privat viel netter und normaler.“<br />
Sogar der Modedesigner Harald<br />
Glööckler.Mit dem war Kalkofe<br />
in einer Talkshow. Da hieß es vorher:<br />
„Herr Glööckler hat Angst vor<br />
ihnen.“ Am Ende hat der schräge<br />
Designer sich bedankt.<br />
Auch wenn es bei den Streamingdiensten<br />
Beispiele für gute Serien<br />
gibt und durch Kooperationen solche<br />
wie „Babylon Berlin“ und „Das<br />
Boot“ auch im Fernsehen landen,<br />
macht sich Kalkofe keine Sorgen um<br />
seine eigene berufliche Zukunft:<br />
„Für mich wirdesimmer genug Futter<br />
geben.“ Seine Opfer haben das<br />
Pech, dass sich heute nichts mehr so<br />
einfach versendet. Gerade das, was<br />
man am liebsten nie wieder sehen<br />
würde, lässt sich im Internet ewig<br />
finden.<br />
Derzeit läuft auf www.tele5.de<br />
eine Abstimmung über die besten<br />
Clips aus 25 Jahren Mattscheibe.Gut<br />
möglich, dass in diesem Zusammenhang<br />
wieder der Vorwurfaufkommt,<br />
dass Kalkofe sich bei der Arbeit offensichtlich<br />
besonders gern Frauenkleider<br />
anzieht: „Das verfolgt mich,<br />
dass es immer heißt: Ichsehe besser<br />
aus als das Original. Ichhabe da keinen<br />
Fetisch. Aber verkleidet habe ich<br />
mich schon immer gern.“<br />
Während Kalkofe sich mit dem<br />
Fernsehmüll beschäftigen musste,<br />
kam das lustvolle Schauen von Filmen<br />
etwas zu kurz: „Die stapeln sich<br />
schon, rund um Weihnachten habe<br />
ich endlich Zeit dafür.“<br />
Aber zwei Termine muss er noch<br />
hinter sich bringen: Am 17. Dezember<br />
gibt es im Schiller-Theater<br />
„Wenn’s denn sein muss: Frohes<br />
Fest!“, seine besinnlich böse Weihnachtsshow.<br />
Am 18. Dezember wiederholt<br />
er die in München.<br />
Zu Hause wartet Dexter, ein gutmütiger<br />
Goldendoodle; die Kreuzung<br />
aus Golden Retriever und Pudel<br />
genießt bei Kalkofes längst den<br />
Status eines vollwertigen Familienmitgliedes.<br />
NACHRICHTEN<br />
Land will 450 Millionen Euro<br />
für Digitalisierung ausgeben<br />
DieLandesregierung will bis 2022<br />
etwa 450 Millionen Euro für die Digitalisierung<br />
einsetzen. Es gehe um<br />
konkrete Erleichterungen für Bürger,<br />
aber auch für Firmen, sagte Staatssekretär<br />
Thomas Kralinski. DasKabinett<br />
habe eine Agenda mit etwa 200<br />
konkreten Maßnahmen beschlossen.<br />
So sollenVerwaltungsdienstleistungen<br />
digitalisiertwerden. Kfz-<br />
Kennzeichen oder Elterngeld können<br />
online beantragt werden. 2019<br />
sollen die ersten 20 Schulen über<br />
eine Cloud ans Netz gehen, etwa<br />
1200 kostenlosen WLAN-Hotspots<br />
soll es geben.(dpa)<br />
Strohlaster fängt Feuer:<br />
Rauchwolken auf der A10<br />
Aufdem nördlichen <strong>Berliner</strong> Ring ist<br />
am Dienstag aus ein mit Strohbeladener<br />
Lkw in Brand geraten. Menschen<br />
wurden nicht verletzt. Das<br />
Feuer zwischen den Dreiecken Pankowund<br />
Barnim führte zu starker<br />
Rauchentwicklung, Anwohner wurden<br />
aufgefordert, Fenster und Türen<br />
geschlossen zu halten. DieFeuerwehr<br />
löschte den Brand nach etwa<br />
eineinhalb Stunden. (dpa)<br />
Bundespräsident würdigt<br />
Arbeit für Sterbenskranke<br />
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier<br />
hat das Engagement des Arbeiter-Samariter-Bundes<br />
für sterbenskranke<br />
Menschen gewürdigt. Mit<br />
dem Projekt„Wünschewagen“ verhelfe<br />
er Menschen in ihren letzten Lebenstagen<br />
zu einem besonderen Erlebnis,sagte<br />
Steinmeier am Dienstagabend<br />
anlässlich eines BenefizkonzertsinCottbus.Bei<br />
dem Projekt fährt<br />
der ASB die Menschen noch einmal<br />
an ihren Lieblingsortund erfüllt ihnen<br />
einen letzten Lebenswunsch.<br />
DasStaatsoberhaupt kam in diesem<br />
Jahr bereits zum zweiten Malindie<br />
Lausitzstadt. (dpa)<br />
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