Berliner Zeitung 12.12.2018
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
22 * <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 290 · M ittwoch, 1 2. Dezember 2018<br />
·························································································································································································································································································<br />
Feuilleton<br />
Hinab in die<br />
Sphäre der<br />
Erhöhung<br />
Barocke Weihnachtsmusik<br />
mit Al Ayre Español<br />
Ein ganz und<br />
gar frommer<br />
Aufklärer<br />
Zum Toddes Philosophen<br />
Robert Spaemann<br />
VonMartin Wilkening<br />
Spanische Weihnachtsmusik –<br />
das ist im Land der Bach-Kantaten<br />
ein unbekanntes Feld, wie überhaupt<br />
die Musik aus dem Spanien<br />
des 18. Jahrhunderts eher am Rand<br />
des großen europäischen Barock-<br />
Konzerts mitspielt. Um diesem<br />
Missstand abzuhelfen, gründete der<br />
Organist Eduardo López Banzo vor<br />
dreißig Jahren sein Ensemble Al<br />
Ayre Espanol, das sich mittlerweile<br />
über sein Kernrepertoire hinaus<br />
weltweit einen Namen gemacht hat<br />
und auch in der Originalklang-<br />
Reihe der <strong>Berliner</strong> Philharmonie<br />
schon zu hören war.<br />
Mit einem Gesangsquintett und<br />
acht Musikern war Al Ayre Español<br />
jetzt wieder im Kammermusiksaal<br />
zu Gast und entfaltete ein weihnachtliches<br />
musikalisches Panorama<br />
aus der Zeit um 1720. Es<br />
überraschte durch seine Ausgelassenheit,<br />
die Farbigkeit, mit der sich<br />
hohe Kunst und gewitzter Alltagston<br />
hier begegnen. Drei kleinformatige<br />
Weihnachtskantaten vertreten<br />
das Genre offizieller Andacht und<br />
Anbetung. José de Torres, Organist<br />
des Madrider Hofs, setzte in seinen<br />
Kantaten weniger auf Virtuosität als<br />
auf Anmut und Schlichtheit, einen<br />
farbigen Wechsel der Solostimmen<br />
und die innere Lebendigkeit in der<br />
Begegnung mit dem Kind in der<br />
Krippe.<br />
Im Wechselgesang von Stimmen<br />
und kommentierendem Ensemble<br />
erreicht er zuweilen einen fast ekstatischen<br />
Gestus. Und zentrale<br />
theologische Gedanken des Weihnachtserlebnisses<br />
wie die Paradoxie<br />
vomHinabsteigen in die Sphäredes<br />
Stalls,die zur Erhöhung wird, finden<br />
konzentrierten musikalischen Ausdruck.<br />
DieInterpreten des Gesangsquintetts<br />
mit zwei Sopranen, Countertenor,<br />
Tenor und Bass tragen<br />
diese Stücke auf natürliche Weise<br />
mit klaren, frischen Stimmen vor,<br />
gleichermaßen kompetent als Solisten<br />
wie im Ensemble.<br />
Ein Teil des Ensembles Al Ayre<br />
Español<br />
MARCO BORGGREVE<br />
Dennoch bleibt das Konzert<br />
nicht in erster Linie durch diese<br />
Kantaten im Gedächtnis, sondern<br />
durch die ganz eigentümlich anmutenden,<br />
scherzhaften Szenarien, die<br />
in Form einer „Jácara deNavidad“,<br />
eines Weihnachtstanzliedes, beide<br />
Konzertteile abschließen. Auch sie<br />
waren Teil der öffentlichen Weihnachtsmusik.<br />
José de San Juan und<br />
Juan Francés de Iribarren sind die<br />
Namen der Komponisten, ihreTextdichter<br />
sind unbekannt. Beide Lieder<br />
funktionieren im Wechsel von<br />
Solisten und einem Chor,der sie zur<br />
Darbietung herausfordert.<br />
In einem dieser Lieder schüttelt<br />
es den Protagonisten angesichts<br />
der Rohheit und des Hochmuts<br />
der Welt immer wieder mit einem<br />
finsteren „Hu, hu, hu!“, das begeistertvom<br />
Chor aufgenommen wird.<br />
Im anderen, angelegt als feuriger<br />
Fandango, sprühen Luzifers Funken<br />
mit Kastagnettenklängen bis<br />
zu den Menschen. DieKleider mögen<br />
sie ihnen versengen, den Herzen<br />
aber vermögen sie zu Weihnachten<br />
kein Leid zu tun.<br />
Gelassen lächelnd: „Bademeister“, 1958 Goldig schimmernd:„Kauernde“, Zustand 1959<br />
Schön bepackt: „Tänzer“, 1968 KUNSTHANDEL KARGER/H. BÜCHNER (3)<br />
Preuße mit lyrischemTemperament<br />
Das Stilwerk zeigt eine Gedenkschau zum Hundertsten des <strong>Berliner</strong> Bildhauers Waldemar Grzimek<br />
VonIngeborg Ruthe<br />
Merkwürdig, dass es in<br />
der ansonsten so gedenkwütigen<br />
<strong>Berliner</strong><br />
Kunstlandschaft nur<br />
eine einzige Galerieausstellung gibt,<br />
die an Waldemar Grzimek<br />
(1918–1984) erinnert. Immerhin besitzt<br />
die Nationalgalerie zehn als<br />
Hauptwerke einzuordnende Plastiken<br />
Grzimeks.Zusehen sind sie freilich<br />
fast nie. Und auch jetzt, im Geburtstagsmonat<br />
Dezember, fand<br />
sich kein Plätzchen in einem der<br />
Häuser der Staatlichen Museen.<br />
Fern vonder Spree, aber mitten in<br />
den Revolutionswirren nach dem<br />
Ende des Ersten Weltkrieges vor 100<br />
Jahren, kam Grzimek in Ostpreußen<br />
zur Welt. Dieser Lyriker der Bildhauerei<br />
kam ins Berlin der Nachkriegszeit.<br />
Er formte seine Gipse,<br />
Bronzen, Holzfiguren und Steine erst<br />
im Osten, dann, nach dem Mauerbau,<br />
im Westen der Stadt.<br />
DieGalerie vonWilfried Karger im<br />
Stilwerkhat nun vorallem Grzimeks<br />
handlichere Bronzen aufgestellt –<br />
fröhliche, ironische, erotische Antipoden<br />
zur grüblerischen, melancholischen<br />
Denkmalsplastik dieses Bildhauers,<br />
der seine Auseinandersetzung<br />
mit Kriegserfahrung und Nationalsozialismus<br />
durch die<br />
Gestaltung der Buchenwaldglocke<br />
im Glockenturm des Konzentrationslagers<br />
Buchenwald (1958) und in<br />
Form eines Mahnmals für das Konzentrationslager<br />
Sachsenhausen<br />
(1960) verbildlichte. Von ihm<br />
stammt ebenso das nachdenkliche –<br />
von den DDR-Kulturfunktionären<br />
bekämpfte –Heinrich-Heine-Denkmal<br />
am Weinbergsweg (1958). Das<br />
sei zu „lässig“, „zu wenig heroisch“,<br />
„zu introvertiert“, „zu wenig repräsentativ“,<br />
„ohne Pathos und Monumentalität“,<br />
so das bornierte Urteil.<br />
Glätte und Pathos aber,das besagen<br />
alle Werke, waren Grzimeks<br />
Kunst fremd.<br />
Sinnliche Dynamik<br />
liebte er<br />
umso mehr. Die<br />
preußische Bildhauerschule<br />
von<br />
Schlüter über<br />
Schadow bis zu<br />
Blumfeldt lebt<br />
darin weiter:statuarische<br />
Strenge über<br />
raumgreifende<br />
Bewegung bis<br />
zur sinnlichen<br />
Ein Grübler,dessen Bronzen viel Humor<br />
verraten: Waldemar Grzimek. ARCHIV GRZIMEK<br />
und lyrischen<br />
Interpretation.<br />
Grzimek war<br />
einer der markanten, auch prägenden<br />
Bildhauer der 1950er- bis<br />
1970er-Jahre. Damals tobte der<br />
dumme ideologische Kunststreit<br />
Realismus gegen Abstraktion. Wobei<br />
Letztere damals in der stalinistischen<br />
frühen DDR „Formalismus“<br />
oder „bürgerlich dekadent“ genannt<br />
wurde. Der Kalte Krieg auch in der<br />
Kunst vernichtete Kreativität und<br />
auch Existenzen. Grzimek hielt an<br />
der menschlichen Figur fest, aber<br />
Heldenbilder verweigerte er, genauso<br />
wie auch andere Bildhauer<br />
seiner Generation das taten: Gustav<br />
Seitz, Theo Balden, Wil Lammert,<br />
Fritz Cremer. Grzimek konnte poetisch,<br />
ernst und traurig, aber auch<br />
witzig sein. Sein bronzener „Bademeister“<br />
von1958 zeigt Gelassenheit<br />
schlechthin. Die Gestalt, die da auf<br />
einem Hocker im Stadtbad sitzt,<br />
scheint zufrieden mit sich und der<br />
Welt, auf dem<br />
Bauch lustige<br />
Fältchen, auf<br />
den Lippen ein<br />
Lächeln, das<br />
entweder der<br />
Sonne oder unsichtbaren<br />
Leuten<br />
ringsum gilt.<br />
Dabei war<br />
dem Künstler im<br />
August 1961 das<br />
Lachen vergangen.<br />
Der Antifaschist<br />
und linke<br />
Künstler wurde<br />
von der Kulturdoktrin<br />
als „Formalist“<br />
gerügt und gedemütigt. Er<br />
kehrte der DDR den Rücken, gab<br />
sein Atelier in Schönschornstein bei<br />
Erkner und die Professur an der<br />
Kunsthochschule Weißensee auf.<br />
Aber er verließ in seiner Frustration<br />
auch die zum Weggang nicht bereite<br />
Frau samt Kind.<br />
West-Berlin wurde die neue<br />
Wahlheimat. Seine begabte Tochter<br />
Sabina Grzimek wusste er in guten<br />
Händen. Sie wurde die Ziehtochter<br />
und spätere Meisterschülerin des<br />
Dystopie heute und morgen<br />
Freundes Fritz Cremer (von ihm ist<br />
das Buchenwald-Denkmal in der<br />
Formsprache von Rodins „Bürger<br />
vonCalais“).<br />
Unter den figürlichen Bildhauern<br />
der Nachkriegszeit war Grzimek ein<br />
Spieler. Ob bronzenes Paar, Liegende,<br />
Kniende, Tanzende, Schwebende,<br />
Kriechende oder Tierdarstellung<br />
–esgeht um Bewegung −aber<br />
nicht als Motiv, sondern als Verteilung<br />
vonVolumen im Raum. Unddie<br />
entstehende Spannung meint das<br />
quicklebendige, nicht das zur Form<br />
erstarrte Leben. Deutlich wird das<br />
auch an der Brunnenplastik am Wittenbergplatz,<br />
die erst im Jahr nach<br />
Grzimeks Todaufgestellt wurde.<br />
Stromlinienförmiges gibt es bei<br />
ihm nicht, Unregelmäßigkeiten und<br />
Brüche umso mehr. Daverrät sich<br />
Grzimek auch als temperamentvoller<br />
lyrischer Fabulierer.AmNachlass<br />
ist abzulesen, wie sich eine neue Auffassung<br />
von Bildhauerei der Nachkriegszeit<br />
den Wegbahnte.Grzimeks<br />
Plastik vereint Reales mit abstraktem<br />
Formen-Ordnen. Dabei war er am<br />
einzelnen „Figürlichen“ nicht so interessiert<br />
wie am komplexen Körper<br />
und dessen eigenartiger Logik.<br />
Nichts Symbolisches oder Allegorisches<br />
sollte entstehen, sondern<br />
Plastik, die ein Körpergefühl ausdrückt,<br />
gebaut auf einer geometrischen<br />
Grundform. Das nun führte<br />
auch zu leicht kubistischen Formen,<br />
wie etwa beim „Bademeister“.<br />
Kunsthandel Karger, Im Stilwerk. Kanststr.17,<br />
bis 19.Januar,Di–Fr 14–19/Sa 10–19Uhr<br />
Zwei Konzertbesuche an einem Abend waren möglich: The WarOnDrugs und The Legendary Pink Dots<br />
VonJohannes von Weizsäcker<br />
Zum Glück beginnen Veranstaltungen<br />
an Orten, die Kultur als<br />
Werbefläche nutzen, meist früh; so<br />
kann man sich früh wieder entziehen<br />
und seinen Abend anderswo<br />
beenden. Wie etwa am Montagabend,<br />
als die US-amerikanische<br />
Rockband The WarOnDrugs in der<br />
Verti-Halle am Mercedes Platz gastierte<br />
–obwohl Ihr Korrespondent<br />
beinahe gar nicht erst hineingelassen<br />
wurde, dadas zwanzigköpfige<br />
Security-Team, das von einem besonders<br />
furchteinflößenden Manager<br />
trainiert worden sein muss, den<br />
mitgebrachten leeren Stoffbeutel<br />
nicht zulassen durfte.<br />
Der Beutel landete im Müll und<br />
der Korrespondent in der Halle, wo<br />
er sofortvon einem der circa fünfzig<br />
hier anwesenden Security-Mitarbeiter<br />
angewiesen wurde, eine am<br />
Boden aufgezeichnete Linie nicht<br />
zu übertreten. Gleichzeitig spielten<br />
Die Grenzlinien wurden in der VertiMusic Hall im Publikum wie auf der Bühne geachtet:<br />
Adam Granduciel von The WarOnDrugs.<br />
ROLAND OWSNITZKI<br />
The WarOnDrugs ihresehr schöne,<br />
aber ebenfalls keine Grenzlinien<br />
überschreitende Musik: eine Art<br />
Aufarbeitung melancholischer US-<br />
Rocksongwritertradition für die<br />
Youtube-Generation.<br />
Gitarrist, Sänger und einziger<br />
Songautor Adam Granduciel kanalisiert<br />
insbesondere Bob Dylan und<br />
Bruce Springsteen, ein kleiner<br />
Hauch TomPetty ist auch mit dabei.<br />
Seine Musik erzählt dank Vintage-<br />
Atmosphären und Halleffekten von<br />
einer großen amerikanischenWeite,<br />
die natürlich psychische Untiefen<br />
und Befindlichkeiten spiegelt, so<br />
etwa im Stück „Pain“ vomaktuellen<br />
Album „A Deeper Understanding“,<br />
wo Granduciel seine Erfahrungen<br />
mit Depression verarbeitet.<br />
Durchaus ergreifend, in seiner<br />
Vermeidung jeglichen Störgeräu-<br />
sches allerdings fast erschreckend.<br />
Daher schnell weiter, durch die<br />
nasse Stadt nach Westen, um im<br />
Quasimodo der britisch-niederländischen<br />
Psych-Wave-Gruppe The<br />
Legendary Pink Dots bei der Arbeit<br />
zuzusehen; diese gab ein herzerwärmendes<br />
Konzert voller John-<br />
Carpenter-Film-tauglicher Akkordfolgen<br />
und Industrial-Atmosphären,<br />
aber auch Gedichtvorträgen<br />
und Triphop-Ambiencen.<br />
Wobei diese schon lange vordem<br />
Phänomen des Triphop entstanden<br />
sind: Seit 1980 verweben Keyboarder<br />
und Sänger Edward Ka-Spel sowie<br />
Keyboarder Phil Knight dystopische,anSyd<br />
Barret und David Bowie<br />
geschulte Gesänge mit elektronischen<br />
Beats, die zunächst primitiv<br />
anmuten, bei näherem Hinhören<br />
aber Nuancen enthüllen. Wenn dereinst<br />
nach der Apokalypse die Mercedes<br />
Plätzeunserer Welt in Ruinen<br />
stehen, träumen die Geister in der<br />
Luft diese Musik.<br />
VonArnoWidmann<br />
Die Nachbarschaft, in der er<br />
hier steht, hätte Robert Spaemann<br />
wohl nicht gefallen. Die Sexualisierung<br />
unserer Lebensverhältnisse<br />
war in seinen Augen<br />
Sünde. Womöglich noch schlimmer<br />
schienen ihm Abtreibung und<br />
der Wunsch Homosexueller, sich<br />
zu verheiraten. Dem Papst im Ruhestand,<br />
Benedikt XVI, stand er<br />
näher als Papst Franziskus.<br />
Robert Spaemann wurde am 5.<br />
Mai 1927 in Berlin geboren. Seine<br />
Eltern wurden 1930 katholisch.<br />
1942 wurde Vater Heinrich Spaemann,<br />
nach dem Todder Mutter<br />
Robert Spaemanns, Priester. Der<br />
spätere Philosophieprofessor –<br />
in Stuttgart, Münster und München<br />
–wuchs auf als „Sohn des<br />
Kaplans“. Er war Gegner der Wiederbewaffnung<br />
und auch ein<br />
scharfer Kritiker der Atomenergie.<br />
Als Kern seines Konservativismus<br />
erschien darum vielen seine Entschlossenheit<br />
zur Bewahrung der<br />
Schöpfung. Der Christ, so Spaemann,<br />
muss allem „Lebendigen<br />
zubilligen, etwas zu sein jenseits<br />
des Begriffs, den ich von ihm<br />
habe.“ Solche Ansichten rückten<br />
ihn immer wieder in die Nähe grüner<br />
Positionen.<br />
Man übertreibt nur wenig, wenn<br />
man den spezifischen Charakter der<br />
Baden-Württembergischen Grünen<br />
und den Erfolg, den sie dort gerade<br />
auch in konservativen Milieus haben,<br />
bezieht auf die öffentliche Präsenz<br />
Spaemanns und seinen in vielen<br />
Medien vertretenen Abscheu gegenüber<br />
jeder Ideologie der Machbarkeit.<br />
Spaemann beschäftigte<br />
sich in seiner Dissertation mit dem<br />
französischen christlich-konservativen<br />
Staatstheoretiker Louis-Gabriel-Am-broise<br />
de Bonald, einem<br />
Ultraroyalisten. Ein dezidierter<br />
Feind der Demokratie.<br />
RobertSpaemann (1927–2018)<br />
BORGGREVE<br />
Spaemanns Habilitation über<br />
Erzbischof Francois Fénelon<br />
(1651–1715) wird nächstes Jahr im<br />
Rahmen der Gesamtausgabe neu<br />
aufgelegt werden. Fénelon, der um<br />
den rechten Glauben und gegen<br />
Ludwigs XIV. aggressive Außenpolitik,<br />
seinen Luxus und sein Lotterleben<br />
kämpfte, war ein frommer<br />
Aufklärer. Das war eine Position,<br />
mit der sich Spaemann lange identifizierte.<br />
Er hat auch wesentlich<br />
dazu beigetragen, dem Begriff<br />
„konservativ“ eine neue Prägung<br />
zu geben. Das scheint ein Widerspruch<br />
in sich. Aber in ihm bewegt<br />
sich alles Leben. Wer seinen Gottesglauben<br />
nicht nachvollziehen<br />
konnte, wer die Hände über dem<br />
Kopf zusammenschlug, als er<br />
Schwulenehen verurteilte, weil sie<br />
gegen die Lehre der Kirche und gegen<br />
die Christi verstoßen, der tat<br />
trotzdem gut, ihm zuzuhören.<br />
Wir alle haben blinde Flecken<br />
und taube Stellen.Gerade die Aufgeklärten<br />
bedürfen der Aufklärung.<br />
Spaemann konnte einem das vielleicht<br />
nicht bei-, aber doch nahebringen.<br />
Wermehr von ihm wissen<br />
will, der lese: „Über Gott und die<br />
Welt –Eine Autobiographie in Gesprächen“.<br />
RobertSpaemann ist am<br />
10. Dezember mit 91 Jahren in Stuttgartgestorben.