SOCIETY 355 / 2010
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WISSENSCHAFT<br />
SALZBURG<br />
20 Jahre Europäische Akademie der Wissenschaften und Künste<br />
„Aller Anfang ist hin geordnet<br />
auf Vollendung“*<br />
Von EVA VON SCHILGEN<br />
Die Europäische Akademie der Wissenschaften und Künste hielt ihr jährliches Festplenum<br />
ab, bei dem die neuen Mitglieder vorgestellt und Protektoren und Ehrentitel verliehen<br />
wurden. Im August wurde der Toleranzpreis an eine hervorragende Persönlichkeit vergeben.<br />
Am Anfang stand eine Idee und drei Visionäre:<br />
der Salzburger Herzchirurg<br />
Felix Unger, der Wiener Erzbischof<br />
Franz Kardinal König und der Politikwissenschaftler<br />
und Philosoph Nikolaus Lobkowicz.<br />
Ihr Plan war es, einen weltweiten Dialog<br />
entstehen zu lassen, der über alle<br />
politischen, konfessionellen, ideologischen<br />
und wirtschaftlichen Grenzen hinweg ethische<br />
und wissenschaftliche Akzente setzt.<br />
Heute zählt die Akademie der Wissenschaften<br />
und Künste rund 1.400 Mitglieder,<br />
darunter 27 Nobelpreisträger. Wissenschaftler,<br />
Forscher, Denker, Industrielle,<br />
Wirtschaftler und Politiker. Aber auch<br />
Schriftsteller und Künstler aus Europa,<br />
Asien und den USA haben in diesen Jahren<br />
ein Wissensnetzwerk von unglaublichen<br />
Dimensionen geknüpft.<br />
Persönliche Kontakte bietet das jährliche<br />
Festplenum in Salzburg, bei der die neuen<br />
Mitglieder begrüßt und aufgenommen werden<br />
und die Ehrenpräsidenten und Protektoren<br />
ernannt werden. Mit der Ernennung<br />
von Protektoren in den Ländern, in denen<br />
Felix Unger, Ursula Piëch,<br />
Ferdinand Piëch<br />
die Akademie Delegationen hat, soll Verbindendes<br />
von Wissenschaft und Kunst mit der<br />
Politik geschaffen werden.<br />
***<br />
Milo Dukanovic Protektor der Akademie<br />
In Anwesenheit der Salzburger Landeshauptfrau<br />
Mag. Gabi Burgstaller und zahlreicher<br />
Persönlichkeiten aus Wirtschaft,<br />
Politik, Kunst und Kultur wurde dieses Jahr<br />
Milo Dukanovic, der Premierminister von<br />
Montenegro, zum Protektor ernannt. 1952<br />
geboren, studiert er Wirtschaftswissenschaften<br />
und tritt danach in den Bund der<br />
Kommunisten Jugoslawiens ein, dem er als<br />
ZK-Mitglied angehört. Nach dem Zerfall des<br />
Vielvölkerstaates wird er ein Mitglied der<br />
demokratischen Partei der Sozialisten und<br />
von 1991 bis 1998 Premierminister, von<br />
1998 bis 2002 Staatspräsident der Republik<br />
Montenegro. Bei den Parlamentswahlen<br />
2002 wird Dukanovic wieder zum Premierminister<br />
gewählt. Nach der Volksabstimmung<br />
2006 erfüllt sich sein Wunsch, Montenegro<br />
in die Unabhängigkeit von Serbien<br />
zu führen. Im Oktober desselben Jahres<br />
übergibt er das Amt des Ministerpräsidenten<br />
an seinen Nachfolger, kehrt aber, da dieser<br />
erkrankt, 2008 wieder in diese Funktion<br />
zurück und wird bei der Wahl 2009 mit<br />
mehr als fünfzig Prozent bestätigt.<br />
Ebenfalls zum Protektor ernannt wurde<br />
Jerzy Karol Buzek, der Präsident des Europäischen<br />
Parlaments und ehemaliger Ministerpräsident<br />
Polens. Buzek, geboren 1940, studierte<br />
Chemie an der Schlesischen Technischen<br />
Universität in Gleiwitz sowie an der<br />
Universität Cambridge in Großbritannien.<br />
Er veröffentlichte an die 200 wissenschaftliche<br />
Abhandlungen und Patente. Das ehemalige<br />
Mitglied der Gewerkschaft Solidarnosc<br />
war von 1980 bis 2001 Ministerpräsident.<br />
In dieser Funktion war es sein<br />
Ziel, Polen in die Europäische Union und in<br />
die NATO zu führen. 2004 wurde er Abgeordneter<br />
des Europäischen Parlamentes<br />
und 2009 zu dessen Präsidenten gewählt. Er<br />
war Professor für technische Wissenschaften<br />
in Oppeln, vertrat in der Internationalen<br />
Energieagentur Polen, war Vizerektor<br />
der Universität Czestochowa, Mitbegründer<br />
von INCREASE, einem polnisch-deutschen<br />
Netzwerk wissenschaftlicher Einrichtungen,<br />
und Gründer der Polnischen<br />
Diplomatenschule. Er ist Mitglied zahlreicher<br />
Akademien und besitzt die Ehrendoktorwürden<br />
von Seoul, Dortmund und Isparta.<br />
***<br />
Würdigung Nikolaus Lobkowicz‘<br />
Die Ehrenpräsidentenwürde auf Lebenszeit<br />
wurde Nikolaus Lobkowicz, einer der<br />
drei „Architekten“ der Akademie, aufgrund<br />
seiner Verdienste um die Akademie<br />
aber auch wegen seiner wissenschaftlichen<br />
Leistungen verliehen. Der aus einer alten<br />
aristokratischen Familie stammende Philosoph<br />
und Hochschulpolitiker wurde 1931<br />
in Prag geboren und emigrierte nach der<br />
kommunistischen Machtübernahme zunächst<br />
in die USA. 1950 kehrt er nach Europa<br />
zurück und studiert in Deutschland<br />
Philosophie. An zahlreichen Universitäten<br />
war er als Lehrender oder Präsident tätig,<br />
66 | <strong>SOCIETY</strong> 3_10<br />
*THOMAS VON AQUIN (UM 1225-1274)