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Berliner Kurier 18.01.2019

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POLITIK<br />

Im Land der<br />

Blechlawinen<br />

MEINE<br />

MEINUNG<br />

Von<br />

Christian<br />

Burmeister<br />

Herzlich Willkommen im<br />

Land der Blechlawinen!<br />

Im abgelaufenen Jahr summierten<br />

sich die Staulängen<br />

auf deutschen Autobahnenauf<br />

insgesamt 1,5 Millionen Kilometer.<br />

Das ist ziemlichgenau<br />

die Strecke zweimal zum<br />

Mond und zurück oder 37-mal<br />

den Äquator entlang. Eine der<br />

Hauptursachen sind Baustellen.<br />

Oder genauer: mieses<br />

Baustellenmanagement. Ganz<br />

vermeiden lassen sich Sanierungsarbeiten<br />

natürlich nicht.<br />

Sie sind der Preis dafür, dass<br />

immer mehr Autos und Lastwagen<br />

unterwegs sind. Aber<br />

an mancher Stelle darf man<br />

die Verkehrsbehörden schon<br />

fragen, ob bei den Bauarbeiten<br />

nicht mehr gebummelt wird,<br />

als nötig wäre.<br />

Um nicht weiter von Staurekord<br />

zu Staurekord zu stolpern,<br />

muss die Politik endlich<br />

umsteuern. Dabei geht es<br />

nicht darum, Autofahrer so zu<br />

nerven, dass sie vom Fahren<br />

ablassen. Sondern darum, die<br />

Alternativen bestmöglich aufzustellen:<br />

preiswerter oder sogar<br />

kostenloser, serviceorientierter<br />

und massiv ausgebauter<br />

Nahverkehr, eine ebensolche<br />

Deutsche Bahn und in den<br />

Städten viel mehr und bessere<br />

Radwege. Auf diese Weise<br />

würden alle profitieren. Auch<br />

die Autofahrer.<br />

FRAU DESTAGES<br />

Rita Süssmuth<br />

Die frühere Bundestagspräsidentin<br />

Rita Süssmuth (CDU)<br />

wird Ehrensenatorin der<br />

Technischen Universität<br />

(TU) Berlin.<br />

Damit würdige<br />

die<br />

Universität<br />

insbesondere<br />

ihr Engagement<br />

für<br />

die Entwicklung<br />

der TU Berlin,<br />

teilte die<br />

Hochschule<br />

mit. Die CDU-Politikerin gehört<br />

dem Kuratorium der TU<br />

Berlin seit 2006 als externes<br />

Mitglied an. Von 2010 bis<br />

2018 war die 81-Jährige Vorsitzende<br />

des Hochschulgremiums.<br />

Foto: Christian Spicker/Imago<br />

Berlin – Staurekord auf deutschen<br />

Autobahnen! Laut<br />

ADAC gab es 2018 bundesweit<br />

im Schnitt täglich 2000<br />

Staus. Insgesamt standen<br />

Fahrer und ihre Autos<br />

459000 Stunden Stoßstange<br />

an Stoßstange. In der Regierung<br />

hat man verschiedene<br />

Antworten auf das Problem.<br />

Die Gründe für den Anstieg der<br />

Staus (plus drei Prozent gegenüber<br />

2017) waren laut ADAC<br />

ein Anstieg der Baustellenzahl<br />

und eine leicht gestiegene Kfz-<br />

Fahrleistung. Bundesverkehrsminister<br />

Andreas Scheuer<br />

(CSU) schiebt die Verantwortung<br />

für die 745 000 Staus<br />

im vorigen Jahr auch den Bundesländern<br />

zu: „Wir leben jetzt<br />

in Zeiten, in denen sich der<br />

Verkehrsminister dafür entschuldigen<br />

muss, dass es Baustellen<br />

gibt. Lange Jahre gab es<br />

zu wenige Baustellen, das wurde<br />

auch kritisiert.“<br />

Die Länder bauen und sanieren<br />

im Auftrag des Bundes die<br />

Autobahnen. Bis 2030 stehen<br />

dafür etwa 43 Milliarden Euro<br />

bereit. „Ich habe bereits selbst<br />

Baustellen erlebt, an denen<br />

scheinbar niemand arbeitet“,<br />

so Scheuer. „Wir setzen uns<br />

auch für Baustellen ein, die 24<br />

Stunden besetzt sind.“ Er gehe<br />

Hinweisen von Bürgern auf<br />

„Schlafbaustellen“ oft auch<br />

persönlich nach. Es gebe<br />

manchmal Gründe, warum<br />

eine Baustelle unbesetzt sein<br />

kann, sagte Scheuer. Beispielsweise<br />

wenn Baumaterial trocknen<br />

müsse.<br />

Für Cem Özdemir (Grüne),<br />

Vorsitzender des Verkehrsausschusses<br />

im Bundestag, verfolgt<br />

die Bundesregierung<br />

grundsätzlich das falsche Konzept.<br />

„Mit Verkehrsmitteln,<br />

mit denen wir uns immer weiter<br />

in Megastaus und Klimakrise<br />

manövrieren, kommen wir<br />

nicht weiter voran“, sagte er<br />

dem RedaktionsNetzwerk<br />

Deutschland (RND). „Als<br />

Männer sollenmehrputzen!<br />

Wolfgang Schäuble mahnt zu Gerechtigkeit bei Haushalt und Erziehung<br />

Berlin –Parlamentspräsident<br />

Wolfgang Schäuble (CDU) hat<br />

in einer Feierstunde im Bundestag<br />

an die Einführung des<br />

Frauenwahlrechts vor 100 Jahren<br />

erinnert.<br />

Und hat das Ganze mit einer<br />

Mahnung an die Männer verbunden:<br />

Unbezahlte Tätigkeiten<br />

wie Kindererziehung,<br />

Hausarbeit und Pflege müssten<br />

anders aufgeteilt werden. Weil<br />

es bei der Familienarbeit in<br />

deutschen Haushalten weiterhin<br />

immer noch arg ungerecht<br />

zugehe.<br />

Wastun gegen<br />

den Stau-<br />

Wahnsinn,<br />

Herr Scheuer?<br />

Deutschlands<br />

Autofahrer<br />

steckten im<br />

Vorjahr insgesamt<br />

459 000 Stunden<br />

im Verkehr fest<br />

„Mit Verkehrsmitteln,<br />

mit denen wir uns<br />

immer weiter in<br />

Megastaus und<br />

Klimakrise manövrieren,<br />

kommen wir nicht<br />

weiter voran“<br />

Cem Özdemir (Grüne), Vorsitzender des<br />

Verkehrsausschusses im Bundestag<br />

„Das ist eine weithin akzeptierte<br />

Erkenntnis, an deren<br />

Umsetzung Männer gelegentlich<br />

mit Nachdruck erinnert<br />

werden müssen.“<br />

Schäuble weiter: „Erst wenn<br />

Frauen und Männer wirklich<br />

frei entscheiden können, wo sie<br />

die Prioritäten in ihrem Leben<br />

setzen wollen, ohne auf Beruf<br />

oder Familie oder gesellschaftliches<br />

Engagement zu verzichten,<br />

ist das Ziel erreicht.“<br />

Am 19. Januar 1919 durften<br />

Frauen in Deutschland erstmals<br />

wählen. Bei der Wahl zur<br />

Schwabe blutet mir das Herz,<br />

wenn ich daran denke, wie viel<br />

Geld unsere Volkswirtschaft<br />

täglich durch Staus und vollgestopfte<br />

Straßen verliert. Und<br />

vor allem verlieren Autofahrer<br />

kostbare Lebenszeit, die sich<br />

nicht nachholen lässt. Zehn<br />

Jahre Retro-Straßenbaupolitik<br />

à la CSU sind einfach keine<br />

Antwort auf moderne Mobilitätsbedürfnisse.“<br />

Wer das<br />

nicht glauben wolle, könne die<br />

Weimarer Nationalversammlung<br />

nutzten weit über 80<br />

Prozent ihr neues<br />

Recht, 37 Frauen<br />

wurden ins<br />

Parlament gewählt<br />

und<br />

stellten damit<br />

fast neun Prozent<br />

der Abgeordneten.<br />

Bundestagspräsident<br />

Wolfgang Schäuble<br />

unzähligen genervten Pendler<br />

fragen, die „trotz Milliardensummen<br />

für Straßenneubau<br />

und Flächenfraß tagtäglich im<br />

Stau warten“. Özdemir fordert<br />

mehr Investitionen in Bahn,<br />

Bus, Radwege: „Davon profitieren<br />

dann auch alle, die lieber<br />

Auto fahren wollen.“<br />

Sören Bartol, Verkehrsexperte<br />

der SPD, zum RND: „Damit<br />

die Autofahrer weniger im<br />

Stau stehen, braucht es mehr<br />

Foto: Wolfgang Borrs/dpa

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