Develop³ Systems Engineering 01.2014
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Menschen & Unternehmen Titelstory<br />
develop 3 : Muss für ein erfolgreiches <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> in dem<br />
oben beschriebenen Sinne also ‚nur‘ ein im weitesten Sinne ‚offenes‘<br />
Modell entwickelt werden, das in der Lage ist, die daraus<br />
resultierende Komplexität handhabbar zu machen?<br />
Dumitrescu: Ja, ein disziplinunabhängiges Modell ist die Idealvorstellung<br />
– da müssen wir Schritt für Schritt darauf hinarbeiten.<br />
Ich sehe aber noch einen Punkt davor, der vor allem die Meden<br />
Beteiligten zusammen und fragen nach einem Modell, liefert<br />
der Konstrukteur ein 3D-Modell des Gehäuses, der Schaltungstechniker<br />
aber ein Schaltbild. Fragt man dann, wie sie<br />
sich über Probleme austauschen, stellen wir häufig fest, dass<br />
hier die Kommunikation verbessert werden muss. Unser Vorgehen<br />
ist dann, dass wir andere Methoden vorschlagen, um<br />
die Systeme disziplinunabhängig und damit letztlich systemübergreifend<br />
zu modellieren. In gewisser Weise ist dieses Problem<br />
aber hausgemacht!<br />
develop 3 : Hausgemacht? Könnten Sie das erläutern?<br />
Bild: it’s OWL<br />
„<strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong><br />
ist eine Diszi -<br />
plin, die Tools und<br />
Methoden für die<br />
durchgängige und<br />
disziplinübergreifende Entwicklung technischer<br />
Systeme bereitstellt – wobei das zu<br />
entwickelnde System und die Gesamtheit<br />
aller Entwicklungstätigkeiten im Mittelpunkt<br />
stehen.“<br />
Dr.-Ing. Roman Dumitrescu ist Geschäftsführer Strategie, Forschung<br />
und Entwicklung der it's OWL Clustermanagement GmbH in Paderborn<br />
sowie Leiter der Abteilung <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> am Fraunhofer-IPT<br />
in Paderborn<br />
thodik betrifft. Wie sieht das Modell aus, was für Informationen<br />
muss es beinhalten – noch vor den Schnittstellen wird es<br />
in der Fachgruppe um die Methodik gehen. Dazu gehört dann<br />
auch, dass sich die ‚klassischen‘ Konstrukteure in den Unternehmen<br />
damit auseinander setzen müssen, dass bezüglich<br />
der Gesamtfunktionalität am Ende des Tages auch die Elektrotechnik,<br />
Informatik und die Automatisierung eine wesentliche<br />
Rolle spielen. Oftmals ist es ja so, dass diese Prozesse traditionell<br />
nacheinander durchgeführt werden, basierend jeweils<br />
auf Design-Reviews – besser wäre es aber, wenn sich alle Beteiligten<br />
zu Beginn einmal zusammenfinden und zunächst<br />
das Verständnis über das zu entwickelnde System in einem<br />
Modell zusammentragen.<br />
develop 3 : Im ersten Schritt geht es also zunächst einmal um die<br />
organisatorische Aufstellung?<br />
Dumitrescu: Ja, nehmen wir etwa stellvertretend ein Beispiel<br />
aus der elektrischen Verbindungstechnik. Setzen wir uns mit<br />
Dumitrescu: Nun – wir haben die Leute so ausgebildet und<br />
dann auch noch die Unternehmen entsprechend organisiert!<br />
An dieser Stelle besteht an Hochschulen und Unternehmen<br />
gleichermaßen Optimierungsbedarf. Die Vermittlung von<br />
spezialisiertem Fach-Know-how ist zwar gut und erforderlich,<br />
es fehlt aber das Verständnis, dass es neben der eigenen Disziplin<br />
auch andere Kollegen gibt, die an einer Entwicklung mitwirken.<br />
Dieses Verständnis muss geschaffen und gestärkt<br />
werden, hier fehlt vor allem die entsprechende Methodenkompetenz.<br />
develop 3 : Der einzelne Konstrukteur, Entwickler und auch Automatisierer<br />
muss also so weit ‚über den Tellerrand‘ blicken können,<br />
dass er sich mit den Kollegen verständigen kann?<br />
Dumitrescu: Exakt so ist es. Wir haben übrigens in der eingangs<br />
erwähnten Studie auch untersucht, welche Wege es<br />
denn gibt, zum <strong>Systems</strong> Engineer zu werden. Neben speziellen<br />
Studiengängen, von denen ich persönlich nicht überzeugt bin,<br />
denke ich, dass die Ausbildung zum traditionellen Ingenieur<br />
mit den zahlreichen Vertiefungen sinnvoll ist – was fehlt, sind<br />
zusätzliche Ausbildungsinhalte, in denen erläutert wird, wie<br />
die anderen Disziplinen ‚ticken‘ und wie man kooperieren<br />
kann, um einfach effizienter zu arbeiten. Der Blick auf die<br />
Hochschulen zeigt, dass das nicht so einfach ist, denn aufgrund<br />
der Einteilung in Fakultäten ist es oft nicht möglich, sich<br />
Vorlesungen aus anderen Bereichen anrechnen zu lassen. Viele<br />
Probleme sind also gerade in diesem Bereich selbst verursacht.<br />
develop 3 : Blickt man auf die sich daraus logischerweise ergebende<br />
Diskussion Richtung Industrie 4.0 fällt auf, dass hier neben<br />
Mechanik- und Elektrotechnikingenieure sowie Automatisierer<br />
auch die ITler treten – die Anforderungen sind also noch einmal<br />
höher?<br />
Dumitrescu: Interessanterweise wird das durch die Studie<br />
ebenfalls belegt. Gefragt wurde dort unter anderem, welche<br />
Anforderungen die Unternehmen an ihre Ingenieure stellen.<br />
Heraus kam, dass neben dem Fachwissen in der Breite fast<br />
gleichbedeutend die Soft Skills sind – und dabei geht es nicht<br />
um die Fähigkeit zum Präsentieren oder Ähnliches. Es zeigt<br />
sich vielmehr: Die meisten Probleme in den Unternehmen<br />
tauchen nur an den Schnittstellen zwischen den Disziplinen<br />
auf! Und diese bekommt man nur in den Griff, wenn man sich<br />
unterhält und kommuniziert – leider haben Entwickler mit<br />
sehr fokussierten Aufgabenstellungen das ein bisschen ver-<br />
12 develop 3 systems engineering 01–2014