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Berliner Kurier 20.02.2019

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*<br />

BERLIN 11<br />

Michael Müllers neue Soli-Jobs<br />

VonAwie Aufräumen bis Zwie Zugbegleitung. Wann geht’s los mit dem Grundeinkommen und werkriegt’s?<br />

Von<br />

MELANIE REINSCH<br />

Berlin – Sven Apitzsch kann<br />

sehr wütend werden, wenn<br />

er auf das Thema Hartz IV<br />

angesprochen wird. „Es<br />

wird ständig behauptet,<br />

dass Hartz-IV-Empfänger<br />

nur zu faul zum Arbeiten<br />

sind“, sagt der 51-Jährige.<br />

Doch das stimme einfach<br />

nicht. Apitzsch möchte gerne<br />

arbeiten. Vielleicht gibt<br />

es für den Langzeitarbeitslosen<br />

bald eine neue Chance.<br />

Am Mittwoch wird das Eckpunktepapier<br />

zum solidarischen<br />

Grundeinkommen<br />

(SGE) verabschiedet und von<br />

Senatschef Michael Müller<br />

der Öffentlichkeit vorgestellt.<br />

Es ist Müllers Idee, Hartz IV<br />

zu überwinden.<br />

Apitzsch ist gelernter Offset-<br />

Drucker und hat vor mehr als<br />

13 Jahren seinen Job verloren,<br />

seitdem bezieht er Hartz IV.<br />

Momentan verteilt er bei<br />

Wind und Wetter Flyer, um<br />

sich ein bisschen etwas dazuzuverdienen.<br />

„Denn Hartz<br />

Warum unsere Regierung<br />

auf Hohlköpfe setzt<br />

Rund eine Milliarde<br />

Euro hat die Bundesregierung<br />

in den letzten<br />

Jahren für externe Beratung<br />

ausgegeben. Anscheinend<br />

haben viele Ministerien<br />

nicht genug Fachkompetenz<br />

in den eigenen<br />

Reihen. Wobei sich die<br />

Kosten natürlich lohnen,<br />

wenn im Nachhinein Geld<br />

eingespart wird. Viele<br />

kennen das von zu Hause,<br />

wenn die Dame des Hauses<br />

fragt: „Wieso fehlt wieder<br />

Geld in der Haushaltskasse?“<br />

„Na ja, äh ...“ „Gib<br />

es zu: Du warst im Puff!“<br />

„Nein, so kann man das<br />

nicht sehen, es handelte<br />

sich eher um einen Intensiv-Kontakt<br />

mit externen<br />

Fachberatern zur Verbesserung<br />

interkörperlicher<br />

Kommunikation!“ „Gut,<br />

ich gebe hiermit weitere<br />

Gelder für das Projekt<br />

frei.“ „Wie bitte?“, wird er<br />

verdattert fragen, „Du<br />

gibst Gelder frei? Aber –<br />

wir wollten doch sparen!“<br />

„Genau, wenn deine Fachkompetenz<br />

auf diesemGebiet<br />

ein erträgliches Maß<br />

erreicht hat, können wir<br />

endlich den Gärtner feuern!“<br />

Besonders das Verteidigungsministerium<br />

fiel in<br />

den letzten Jahren durch<br />

IV“, sagt Apitzsch, „das reicht<br />

zum Leben nicht.“<br />

Neulich hat Apitzsch vom<br />

solidarischen Grundeinkommen<br />

(SGE) erfahren, das der<br />

Regierende Michael Müller<br />

(SPD) in Berlin plant. Müller<br />

will in der Hauptstadt ab Juli<br />

mit 1000 Menschen ein bisher<br />

neues Modell testen: Wer mindestens<br />

ein Jahr arbeitslos<br />

war, soll die Chance bekommen,<br />

eine unbefristete, sozialversicherungspflichtige<br />

Vollbeschäftigung<br />

bei einem kommunalen<br />

oder gemeinnützigen<br />

Träger anzunehmen.<br />

Freiwillig natürlich. Gezahlt<br />

wird Tarif- oder Landesmindestlohn.<br />

Voraussetzung dafür<br />

ist, dass es vorher bereits<br />

Versuche gegeben hat, die<br />

SGE-Kandidaten in den ersten<br />

Arbeitsmarkt zu integrieren.<br />

Seit Wochen basteln die Arbeitsgruppen<br />

an der Konkretisierung<br />

dieser neuen Jobs.<br />

Denn eine Voraussetzung war<br />

stets: Die Jobs dürfen keine<br />

bestehende Arbeit verdrängen.<br />

Interessenten können<br />

künftig in unterschiedlichsten<br />

Tätigkeitsfeldern arbeiten –<br />

von Awie Aufräumen bis Z<br />

Mensch<br />

Meyer<br />

Kabarettist<br />

Chin Meyer<br />

schreibt jeden<br />

Mittwoch und<br />

Sonnabend<br />

im KURIER<br />

eine Vergabepraxis für Beraterverträge<br />

auf, die in etwa<br />

so transparent war wie<br />

Milchglas in einer dunklen<br />

Nacht. Einige Berater sollen<br />

derart eng mit führenden<br />

Verteidigungsleuten<br />

verbandelt gewesen sein,<br />

dass man darum bittet, den<br />

Begriff „Vetternwirtschaft“<br />

durch „Kameraden-Kneipe“<br />

zu ersetzen.<br />

Nun ist man schnell versucht,<br />

anderezukritisieren –<br />

abervielleichtliegteseinfach<br />

am System. Immerhin heißt<br />

der Top-Posten im Ministerium<br />

„Minister“ –ein Wort,<br />

dassichjaeigentlichaus„Mini“<br />

und „Ster“ zusammensetzt.<br />

Mini heißt klein, Ster<br />

ist einMaß fürHohlräume –<br />

glauben Sie ernsthaft, dass<br />

ein Job Genies anzieht, der<br />

als „kleiner Hohlkopf“ ausgeschrieben<br />

ist?<br />

Auch in den Kitas soll es neue Jobs geben.<br />

Hier sind die<br />

Foto: Imago<br />

wie Zugbegleitung. Insgesamt<br />

gibt es zehn verschiedene Einsatzfelder.<br />

So werden im Bahnund<br />

Busbegleitservice des öffentlichen<br />

Nahverkehrs Jobs<br />

entstehen –zum Beispiel auf<br />

den beliebten Bus-Touristenstrecken<br />

100 und 200 für Menschen<br />

mit Fremdsprachenkenntnissen.<br />

Weitere Möglichkeiten:<br />

Hinweise auf Sehenswürdigkeiten<br />

für Touristen,<br />

Auskünfte zu Fahrplänen und<br />

Strecken. Mobilitätshelfer sollen<br />

die Verkehrsbetreuung von<br />

Schülern und älteren Menschen<br />

an Verkehrsknotenpunkten<br />

übernehmen. Als Bahnhofsbetreuer<br />

ist man Ansprechpartner<br />

und kontrolliert die Sauberkeit<br />

oder meldet Vandalismus<br />

oder Graffiti.<br />

60er,<br />

70er,<br />

80er,<br />

zuhause!<br />

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