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BERLIN 11<br />
Michael Müllers neue Soli-Jobs<br />
VonAwie Aufräumen bis Zwie Zugbegleitung. Wann geht’s los mit dem Grundeinkommen und werkriegt’s?<br />
Von<br />
MELANIE REINSCH<br />
Berlin – Sven Apitzsch kann<br />
sehr wütend werden, wenn<br />
er auf das Thema Hartz IV<br />
angesprochen wird. „Es<br />
wird ständig behauptet,<br />
dass Hartz-IV-Empfänger<br />
nur zu faul zum Arbeiten<br />
sind“, sagt der 51-Jährige.<br />
Doch das stimme einfach<br />
nicht. Apitzsch möchte gerne<br />
arbeiten. Vielleicht gibt<br />
es für den Langzeitarbeitslosen<br />
bald eine neue Chance.<br />
Am Mittwoch wird das Eckpunktepapier<br />
zum solidarischen<br />
Grundeinkommen<br />
(SGE) verabschiedet und von<br />
Senatschef Michael Müller<br />
der Öffentlichkeit vorgestellt.<br />
Es ist Müllers Idee, Hartz IV<br />
zu überwinden.<br />
Apitzsch ist gelernter Offset-<br />
Drucker und hat vor mehr als<br />
13 Jahren seinen Job verloren,<br />
seitdem bezieht er Hartz IV.<br />
Momentan verteilt er bei<br />
Wind und Wetter Flyer, um<br />
sich ein bisschen etwas dazuzuverdienen.<br />
„Denn Hartz<br />
Warum unsere Regierung<br />
auf Hohlköpfe setzt<br />
Rund eine Milliarde<br />
Euro hat die Bundesregierung<br />
in den letzten<br />
Jahren für externe Beratung<br />
ausgegeben. Anscheinend<br />
haben viele Ministerien<br />
nicht genug Fachkompetenz<br />
in den eigenen<br />
Reihen. Wobei sich die<br />
Kosten natürlich lohnen,<br />
wenn im Nachhinein Geld<br />
eingespart wird. Viele<br />
kennen das von zu Hause,<br />
wenn die Dame des Hauses<br />
fragt: „Wieso fehlt wieder<br />
Geld in der Haushaltskasse?“<br />
„Na ja, äh ...“ „Gib<br />
es zu: Du warst im Puff!“<br />
„Nein, so kann man das<br />
nicht sehen, es handelte<br />
sich eher um einen Intensiv-Kontakt<br />
mit externen<br />
Fachberatern zur Verbesserung<br />
interkörperlicher<br />
Kommunikation!“ „Gut,<br />
ich gebe hiermit weitere<br />
Gelder für das Projekt<br />
frei.“ „Wie bitte?“, wird er<br />
verdattert fragen, „Du<br />
gibst Gelder frei? Aber –<br />
wir wollten doch sparen!“<br />
„Genau, wenn deine Fachkompetenz<br />
auf diesemGebiet<br />
ein erträgliches Maß<br />
erreicht hat, können wir<br />
endlich den Gärtner feuern!“<br />
Besonders das Verteidigungsministerium<br />
fiel in<br />
den letzten Jahren durch<br />
IV“, sagt Apitzsch, „das reicht<br />
zum Leben nicht.“<br />
Neulich hat Apitzsch vom<br />
solidarischen Grundeinkommen<br />
(SGE) erfahren, das der<br />
Regierende Michael Müller<br />
(SPD) in Berlin plant. Müller<br />
will in der Hauptstadt ab Juli<br />
mit 1000 Menschen ein bisher<br />
neues Modell testen: Wer mindestens<br />
ein Jahr arbeitslos<br />
war, soll die Chance bekommen,<br />
eine unbefristete, sozialversicherungspflichtige<br />
Vollbeschäftigung<br />
bei einem kommunalen<br />
oder gemeinnützigen<br />
Träger anzunehmen.<br />
Freiwillig natürlich. Gezahlt<br />
wird Tarif- oder Landesmindestlohn.<br />
Voraussetzung dafür<br />
ist, dass es vorher bereits<br />
Versuche gegeben hat, die<br />
SGE-Kandidaten in den ersten<br />
Arbeitsmarkt zu integrieren.<br />
Seit Wochen basteln die Arbeitsgruppen<br />
an der Konkretisierung<br />
dieser neuen Jobs.<br />
Denn eine Voraussetzung war<br />
stets: Die Jobs dürfen keine<br />
bestehende Arbeit verdrängen.<br />
Interessenten können<br />
künftig in unterschiedlichsten<br />
Tätigkeitsfeldern arbeiten –<br />
von Awie Aufräumen bis Z<br />
Mensch<br />
Meyer<br />
Kabarettist<br />
Chin Meyer<br />
schreibt jeden<br />
Mittwoch und<br />
Sonnabend<br />
im KURIER<br />
eine Vergabepraxis für Beraterverträge<br />
auf, die in etwa<br />
so transparent war wie<br />
Milchglas in einer dunklen<br />
Nacht. Einige Berater sollen<br />
derart eng mit führenden<br />
Verteidigungsleuten<br />
verbandelt gewesen sein,<br />
dass man darum bittet, den<br />
Begriff „Vetternwirtschaft“<br />
durch „Kameraden-Kneipe“<br />
zu ersetzen.<br />
Nun ist man schnell versucht,<br />
anderezukritisieren –<br />
abervielleichtliegteseinfach<br />
am System. Immerhin heißt<br />
der Top-Posten im Ministerium<br />
„Minister“ –ein Wort,<br />
dassichjaeigentlichaus„Mini“<br />
und „Ster“ zusammensetzt.<br />
Mini heißt klein, Ster<br />
ist einMaß fürHohlräume –<br />
glauben Sie ernsthaft, dass<br />
ein Job Genies anzieht, der<br />
als „kleiner Hohlkopf“ ausgeschrieben<br />
ist?<br />
Auch in den Kitas soll es neue Jobs geben.<br />
Hier sind die<br />
Foto: Imago<br />
wie Zugbegleitung. Insgesamt<br />
gibt es zehn verschiedene Einsatzfelder.<br />
So werden im Bahnund<br />
Busbegleitservice des öffentlichen<br />
Nahverkehrs Jobs<br />
entstehen –zum Beispiel auf<br />
den beliebten Bus-Touristenstrecken<br />
100 und 200 für Menschen<br />
mit Fremdsprachenkenntnissen.<br />
Weitere Möglichkeiten:<br />
Hinweise auf Sehenswürdigkeiten<br />
für Touristen,<br />
Auskünfte zu Fahrplänen und<br />
Strecken. Mobilitätshelfer sollen<br />
die Verkehrsbetreuung von<br />
Schülern und älteren Menschen<br />
an Verkehrsknotenpunkten<br />
übernehmen. Als Bahnhofsbetreuer<br />
ist man Ansprechpartner<br />
und kontrolliert die Sauberkeit<br />
oder meldet Vandalismus<br />
oder Graffiti.<br />
60er,<br />
70er,<br />
80er,<br />
zuhause!<br />
RADIO ausBERLIN