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KUNST KULTUR JOKER 13<br />

Wie Picasso Picasso wurde<br />

Die Fondation Beyeler zeigt das Frühwerk der Blauen und Rosa Periode des Künstlers<br />

Pablo Picasso: „Arlequin assis sur fond rouge“,<br />

© Succession Picasso / 2018 ProLitteris, Zürich 2018<br />

Pablo Picasso: „Arlequin et sa compagne“, 1901<br />

© Succession Picasso / 2018 ProLitteris, Zürich 2018<br />

Die Fondation Beyeler hätte<br />

diese Ausstellung durchaus auch<br />

„Ich Picasso“ nennen können.<br />

Denn „YO Picasso“ heißt ein<br />

1901 entstandenes Selbstporträt<br />

des Malers. Sehr selbstbewusst<br />

und in bunten Farben schaut der<br />

junge Mann im weißen Hemd<br />

und vor einem blauen Hintergrund<br />

den Betrachter an. Im<br />

Verlauf der nächsten Jahre wird<br />

er zwar nichts von seinem Selbstbewusstsein<br />

einbüßen, aber doch<br />

zumindest einige Gewissheiten<br />

und auch das breite Farbenspektrum.<br />

Diskreter heißt es nun in<br />

der Fondation Beyeler: „Der junge<br />

Picasso. Blaue und Rosa Periode“.<br />

Die 75 Bilder und Skulpturen aus<br />

dem Frühwerk des Künstlers sind<br />

flankiert durch eine kleine Sammlungsschau.<br />

Mehr als 30 Werke<br />

von Pablo Picasso, mit dem Ernst<br />

Beyeler eine freundschaftliche<br />

Beziehung verband, sammelte<br />

dieser zeit seines Lebens, so dass<br />

man jetzt in Riehen eine wirklich<br />

umfassende Präsentation Picassos<br />

erleben kann. So ganz spart man<br />

in der Fondation dann aber doch<br />

nicht mit den Superlativen. Es sei<br />

die hochkarätigste Ausstellung<br />

seit der Eröffnung des Museums<br />

heißt es dort. Man glaubt es gerne,<br />

verpassen sollte man sie jedenfalls<br />

nicht. Man kann hier beim<br />

Werden eines Künstlers zuschauen,<br />

„Ich wollte Maler werden und<br />

bin Picasso geworden“, sagt er<br />

einmal. Jenseits Geniekults sind<br />

einige der Bilder, die in der Ausstellung<br />

zu sehen sind, einfach<br />

großartig.<br />

Was das Frühwerk zu einem<br />

derart gewinnbringenden Thema<br />

macht, ist eine Einheitlichkeit bei<br />

großer Variabilität im Frühwerk<br />

von 1901 bis 1906. Picasso setzt<br />

sich in diesen ersten Jahren des 20.<br />

Jahrhunders, die er in Paris und<br />

Barcelona verbringen wird, mit<br />

existenziellen Themen auseinander.<br />

Der Selbstmord seines Freundes<br />

Carles Casagemas bringt eine<br />

Veränderung der Farbigkeit. Casagemas,<br />

der nur wenige Monate<br />

nach der gemeinsamen Ankunft<br />

in Paris im Jahr 1900 aus Liebeskummer<br />

Suizid begeht, sieht man<br />

auf einigen Arbeiten Picassos als<br />

Toten aufgebahrt. Mit ihm zieht<br />

das melancholische Blau in sein<br />

Werk und ein Stil, der auch auf El<br />

Greco zurückgreift. Und Casagemas<br />

ist der eigentliche Held in<br />

einem der Hauptwerke der Schau.<br />

„La Vie“, das 19<strong>03</strong> entsteht zeigt<br />

den jungen Mann in einem allegorisch<br />

wirkenden Bildaufbau.<br />

Eine junge nackte Frau lehnt sich<br />

an die Brust des Mannes, hinter<br />

dem zwei Bilder stehen, die einmal<br />

zwei kauernde ineinander<br />

geschmiegte Menschen zeigen,<br />

das andere Mal eine Frau, die<br />

ihren Kopf auf ihre Knie legt.<br />

Im Vordergrund ist auf diesem<br />

Großformat eine streng wirkende<br />

Frau zu sehen, die in einen blauen<br />

Umhang gehüllt ist und einen<br />

schlafenden Säugling auf ihrem<br />

Arm hat. Was diese Figuren miteinander<br />

verbindet, erklärt sich<br />

nicht. Röntgenuntersuchungen<br />

haben ergeben, dass Casagemas<br />

an die Stelle eines Selbstporträts<br />

trat, denn der junge Mann trug davor<br />

noch die Züge des Künstlers.<br />

Viele der in Paris entstandenen<br />

Bilder der Rosa Periode lassen ein<br />

Interesse daran erkennen, was das<br />

Menschsein ausmacht. Oft sieht<br />

man Familien – wie das junge<br />

Gauklerpaar mit ihrem Kind und<br />

einem Affen - die in Fürsorge<br />

und Liebe einander zugetan sind.<br />

Oder junge Artisten, die sich in<br />

ihrem Leben als Außenseiter und<br />

in Armut eine Stütze sind. Die Figuren<br />

wirken fragil und überaus<br />

zart. Und manchmal sieht man<br />

sie in Vereinzelung, als gäbe es<br />

keine Verbundenheit unter den<br />

Menschen oder Frauen in Bars<br />

vor Gläsern mit Absinth. Picasso<br />

zu dieser Zeit auch nicht eben<br />

wohlhabend hat einen Blick für<br />

die Verlorenen und Erniedrigten.<br />

Es sind Randexistenzen, die die<br />

Künstlerthematik variieren. Picassos<br />

eigene materielle Grundlage<br />

bessert sich dann 1906 als<br />

der Galerist Ambroise Vollard<br />

ein Konvolut an Arbeiten kauft.<br />

Nach dem anschließenden Aufenthalt<br />

in den spanischen Pyrenäen<br />

reduziert er die Figuren, die<br />

auch den Einfluss ethnografischer<br />

Kunst erkennen lassen, mit der<br />

sich Picasso in Paris beschäftigte.<br />

Doch das wäre schon wieder eine<br />

andere Geschichte.<br />

Der junge Picasso – Blaue und<br />

Rosa Periode. Fondation Beyeler,<br />

Baselstr. 101, Riehen/Basel.<br />

Montag bis Sonntag 10 bis 18<br />

Uhr, Mittwoch 10 bis 20 Uhr. Bis<br />

26. Mai.<br />

Annette Hoffmann

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